Freiraumaktion in Jena

blackredpress 07.10.2007 22:44 Themen: Freiräume
18 Uhr Ortszeit; ehemaliges Hortenkaufhaus über der Skyline von Jena: Über vierzig Jugendliche erklimmen das Dach des ehemaligen Konsumtempels. Musik wird gespielt, Bier und Club Mate getrunken, ein Transparent aufgehangen („Freie Räume benutzen!“) und sogar ein Grill ist da. Dann wird die friedliche Feier gestört...
...von uniformierten Spaßbremsen. Als Solidaritätsaktion mit den Kopenhagener GenossInnen im Kampf um ein neues Jugendzentrum sollte diese Partybesetzung ablaufen. Geplant war, einige Stunden locker beieinander zu sitzen, zu quatschen, zu tanzen und zu essen und trinken. Mangels selbstverwalteter Freiräume wurde hierzu kurzerhand das seit vielen Jahren leerstehende Horten-Kaufhaus auf dem Inselplatz in der Innenstadt temporär besetzt. Aktuell streiten sich wieder einmal FDP (Luxuswohnungen!) und CDU (Luxuseinkauf!) um die Verwendung des attraktiven Areals. Auf den Gedanken einer sozialen Nutzung kommt man freilich nicht. Wohl aber die Jugendlichen selber. Und wie der Samstag zeigte, haben diese auch wenig Lust auf lange Amtswege. So wurden vorhandene Eingänge, klein aber fein, genutzt um es sich gemütlich zu machen. Stimmung kam bald auf, als zunächst reguläre Polizeieinheiten mit Diskobeleuchtung vorfuhren und den Weg auf das annektierte Dach schnell fanden. A la „lässige Cowboy“ positionierten sich die Cops auf dem Dach und machten Smalltalk mit den Jugendlichen, die eine militante Verteidigung ihres Partyplatzes von Anfang an in keiner Weise erwogen. Die schizophrenen Beamten forderten die Jugendlichen zum Verlassen des Gebäudes auf – blockierten zugleich aber alle möglichen Ausgänge. Statt die rundum entspannte Situation friedlich zu entschärfen wurde mit Blaulicht im Eiltempo völlig unverhältnismäßig ganze Horden Bereitschaftspolizei aus Erfurt herangekarrt. Was denen die Jenaer KollegInnen so erzählt hatten, kann man nur vermuten. Scheinbar rechneten die Büttel jedenfalls mit dem Schlimmsten und stürmten in vollständiger Schutzmontur, behelmt mit Knüppeln in das Gebäude – natürlich nicht ohne dabei die eine oder andere Tür einzutreten. Völlig sinnlos. Auf dem Dach angekommen war die Party zügig vorbei. Gegen 19.30 Uhr durfte niemand auf dem mehr Bier trinken oder gar singen – wer es dennoch tat wurde von den Beamten „bei Seite“ genommen. Diese führten nun alle Jungendlichen im Spalier durch das dunkle Gebäude nach unten, den einen oder anderen polizeilichen Schupser darf man angesichts der vollkommen friedlichen Jugendlichen ungerügt Schikane nennen. Dann wurden noch fix von allen Personalien aufgenommen und mensch durfte woanders weiter feiern – einige taten dies bei einer spontanen Demonstration durch die City
Jenaer Antifas kommentierten die Aktion hämisch:

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Reyk Seela (CDU) stiftet Jugendliche zu Hausfriedensbruch an

Vor einigen Stunden holte die Polizei drei Dutzend Jugendliche aus dem ehemaligen Horten-Kaufhaus am Inselplatz heraus. Die Bereitschaftspolizei mußte extra ihren Samstagabend-Skat unterbrechen und für teuer Geld anfahren. Hinter der Aktion der Jugendlichen steckt offenkundig der Stadtverordnete Reyk Seela von der CDU.
Seela hatte gestern an einem Infostand am Inselplatz seine „Wähler“ aufgehetzt, etwas zu unternehmen gegen den Leerstand dort seit über zehn Jahren (siehe TLZ und OTZ von heute). Früher hatte das erste richtige West-Kaufhaus der Stadt den östlichen Innenstadtbereich belebt – nun ist Ebbe in der Kasse der Einzelhändler auf dem Weg vom Zentrum dorthin.
Seelas Jugend reagierte prompt. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich aber Meinungsverschiedenheiten zwischen den Jugendlichen und ihm, die vermutlich auf Mängel in der innerparteilichen Schulung zurückzuführen sind. So forderten die Jugendlichen richtig „Freie Räume benutzen!“, dachten dabei aber laut ihres Flyers an ein Jugendzentrum. Dagegen schwebt Seela ein Saturn-Markt auf dem Inselplatz vor.
Anscheinend ist es den Verantwortlichen im CDU-Landesverband nicht gelungen zu vermitteln, dass die Rede vom selbständigen Denken und Handeln in ihren Materialien nur eine Phrase ist. Noch verheerender ist, dass auch die Vermittlung grundlegender Orientierungen gescheitert zu sein scheint. Ein Jugendzentrum in der Innenstadt würde nämlich gerade keine Belebung bedeuten, weil Leben direkt abhängig ist von Umsatz. Bekanntlich ist aber die Kaufkraft von Jugendlichen vergleichsweise gering.
Seela kann von Glück sagen, dass die Polizeiführung dies rechtzeitig erkannt und die Aktion abgebrochen hat. Das ist das einzig Gute in diesem Zusammenhang: Einmal mehr hat sich gezeigt, wie erfolgreich die von seinem Parteifreund Gasser angeleitete Bildungsarbeit innerhalb der Polizei ist. Jeder Beamte ein kluger Kopf. (Von wegen „Schnittlauch – außen grün, innen hohl“!)
( http://jena.antifa.net)
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Der Polizeieinsatz führte Eskalationstaktik, die DemonstrantInnen bereits beim Protest gegen den Heß-Marsch am 18. August und das „Fest der Völker“ am 8. September 'genießen' konnte, fort. Die Polizei will damit Linke gezielt kriminalisieren, frustrieren, für militante Aktionen gerichtlich angreifbar machen und von der Zivilgesellschaft abspalten.

Nicht mit uns! Wir feiern noch, wenn ihr längst wieder in euren Wannen sitzt...

Solidarische Grüße nach Kopenhagen, Nordhausen und überhaupt überall hin! Besetzte statt leuchtreklamebunte und braune Häuser!
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Ergänzungen

lokalpresse

leserin 07.10.2007 - 22:58
das schreibt die tlz:

Kaufhaus wurde besetzt

Jena. (tlz/bag) Eigentlich sollte es Solidaritäts-Party mit Jugendlichen in Kopenhagen werden, die ein neues Jugendhaus gefordert hatten. Denn auch hier in Jena gebe es leer stehende Gebäude, die genutzt werden könnten. Und so besetzten denn am Samstag gegen Abend rund 30 Jugendliche der linken Szene das ehemalige Horten-Kaufhaus. Nur wurde aus der Party auf dem Dach nichts. Denn die Polizei schritt ein.
"Wir werden die Personalien der Beteiligten aufnehmen", sagte Polizeikommissar Wilfried Mielke. Denn schließlich gehe es um Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung. Anfangs warteten die Polizeibeamten, auf dass die Jugendlichen das Haus wieder verlassen. Als es jedoch immer dunkler wurde, schritten die Polizisten etwas nachdrücklicher ein. "Das wäre sonst zu gefährlich, im Hause gibt´s kein Licht, wir wollen niemanden einer Gefahr aussetzen", so Mielke.

lokalpresse 2

leserin 07.10.2007 - 23:41
das sagt die otz:

Kaufhaus am Inselplatz in Beschlag genommen

Aktion aus Solidariät zu dänischer Jgend
Jena (OTZ). Offensichtlich angeregt durch die Demonstration von 5 000 Jugendlichen im dänischen Kopenhagen, die am Samstag mit der Forderung nach einem neuen autonomen Jugend- haus auf die Straße gegangen waren, eroberten gestern Abend in Jena 35 Jugendliche das leer stehende Kaufhaus-Gebäude auf dem Inselplatz.
Die Jugendlichen aus Jena und der Umgebung hätten sich widerrechtlich Zutritt zu dem Haus verschafft und sich in der oberen Etage und auf dem Dach aufgehalten, teilte die Polizei mit. Eine Funkstreife war gegen 18 Uhr auf die Personen auf dem Dach aufmerksam geworden, forderte Verstärkung an und stand den 35 Hausbesetzern schließlich mit 30 Beamten gegenüber. Gegen die Jugendlichen, die sich mit der Besetzung eher einen Spaß machen wollten, wird nun ermittelt wegen schweren Falles von Hausfriedensbruch. Nachdem alle Personen das Haus verlassen hätten, sei das Gebäude von der Feuerwehr wieder verschlossen und gesichert worden, informierte die Polizei und teilte mit, von nun an mehrmals täglich eine Streife an dem leer stehenden Objekt vorbei zu schicken.
Auf Flugblättern erklärten die Jenaer Besetzer ihre Solidarität zur Forderung ihrer Kopenhagener Kollegen von der Aktion "Grø ndalsvaenge Allé 13" (Aktion G13) nach einem neuen Jugendhaus (nachdem das alte zwangsgeräumt worden war), "denn auch hier in Jena werden Jugendklubs geschlossen und das Budget für Jugendarbeit ständig gekürzt".

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

Mielke bestimmt nen Punker

derderimmerdaist 08.10.2007 - 00:08
Der Mielke ist bestimmtn Punker der immer zuhause besoffen rumloift und ganz stolz auf sich ist und meint punk sei ja eigentlich unpolitisch und er wuerde alle bullen verarschen(weill er selber oberbulle ist)... Weil er eigentlich dauerbesoffen ist und denkt damti wuerde er als Punker durchgehen, wollte er soine punkerfreunde ja nicht durch des dunkle Haus Wandern lassen, weil er dachte: Ich schaffs det ja selba nicht wie soilln die det schaffen?**
Schwupps seine Kollegen angerufen um die Punker rauszuholen... Das es letztendlich dann doch keine Punker waren hat der herr gernepunk mielke dann aber doch erst draussen unter laternenlicht gemerkt und dachte sich schwupps: Ick bin ja unpolitischer Punk, das sind boese linke KRawallmacher, da brauchen wir MINDESTENS die Personalien. Gesagt getan.


Herr mielke wieder nachhause um zu versuchen den dauerrausch mit ner falsche korn undner muetze schlaf auszutreiben <)

tschuldigung das ich gerad den punk mit dieser anekdote so beschmutzt habe...

Bloeder bulle..

Schoene Aktion

NAechstes ma emfpangt ihr die ordentlich uffem Dach wa?

Warum?

g13 08.10.2007 - 11:04
Warum wurde dieser beitrag wieder aus der kategorisierung genommen? Wegen diesem bischen crossposting? Das ist doch minimal.
Wird jetzt schon zensiert, bzw. halb gelöscht auf indy?

kein crossposting

Achim 08.10.2007 - 11:38
Zitat indy:
"ein Flugblatt, eine Presseerklärung oder eine Stellungnahme einer Gruppe reinkopiert."

Das ist es meiner meinung nach nicht!

Zitat Indy:
"Indymedia will eine Plattform für engagierte MedienmacherInnen und ihre eigenen Inhalte bieten."

Das sollte eigentlich bei der betrachtung überwiegen oder?

habdamalnefrage

monsieurkritike 08.10.2007 - 15:19
Ich habe nichts gegen solche oder ähnliche Aktionen.
Aber wieso wird dabei in Kauf genommmen, dass Leute von den Bullen erwischt werden?
Ich finde es grenzt schon langsam an Masochismus, wie selbstverständlich sich Leute den Bullen und der Repression anbieten.
Gibt es keine Aktionen, bei denen eine Festnahme ausgeschlossen werden kann?
Sind die Betroffenen es nicht Leid sich mit Repression, Knast, finanziellen Kosten, Gerichten usw. rumzuschlagen, anstatt gleich zur nächsten Aktion überzugehen?

festnahme ausschließen

xAntifaJenax 08.10.2007 - 16:49
Wir konnten uns ja schlecht mit 35 Leutz vom Dach abseilen ohne dass das auffällt.....Der einzigste Weg vom Dach runter wäre an den Bullen vorbei und dies wäre aber nicht durchzusetzen gewesen da von Vornherein beschlossen wurde die Aktion friedlich zu beginnen und auch friedlich zu beenden!
Eine andere Location hätte vielleicht ein verschwinden ermöglichen können. Da die Polizei aber schon nach 10 min da war hätte niemand von der Aktion was mitbekommen (was ja offenkundig das Ziel war)also war es nötig die Räumung hinauszuzögern!
2 Thüringer Zeitungen berichteten und das nicht im negativen.
Verbesserungsvorschläge werden gern entgegengenommen =)