Meiningen (Südthür.): Nazis quälen Ökobauern

Antifaschistische Gruppe Südthüringen [AGST] 29.09.2007 22:11 Themen: Antifa
In Südthüringen stößt Naziterror auf eine Mischung aus Toleranz und Ignoranz. Widerstand dagegen kommt nur vereinzelt vor und wird notfalls von den Verantwortlichen kriminalisiert. In Melkers, einer 900-Seelen-Gemeinde etwa 10 km nördlich von Meiningen drangsalierten fünf Neonazis einen Ökobauern, fügten ihm schwere Verletzungen zu, beschimpften ihn antisemitisch, bespuckten ihn und töteten gar eine seiner Enten. Presse und Polizei schweigen.
Wieso gegen einen Ökobauern?

Das Haus des Bauern liegt zentral im Ort. Er erzählt von seinem Hof mit LPG-Stall außerhalb des Dorfes. Als ökologischer Landwirt ist man bestrebt Nahrungsmittel und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse möglichst naturschonend herzustellen. Das tierliebe und freundliche ältere Ehepaar hat einige Hunde aufgenommen. Viele weil sie krank waren und besonderer Zuwendung bedurften. Ein Hund ist erblindet. Ein anderer hat einen kaputten Unterkiefer.
Das Ehepaar beteiligte sich in der Vergangenheit schon oft an Anti-Nazi-Demonstrationen, ist gut informiert über aktuelle Entwicklungen und bestrebt sich antifaschistisch zu engagieren. Es sei schon ein paar Jahre her, erzählte der Bauer, als er mal in Kleinschmalkalden in einem Supermarkt einen Stapel „Nationalzeitungen“, die Parteizeitschrift der rechtsextremen DVU, entdeckte. Er stellte Verkäuferin und Geschäftsführerin zur Rede, kaufte alle Zeitungen und machte sie unschädlich. Das gefiel gar nicht, meint er. Der Sohn der Geschäftsführerin sollte später einer der Täter sein.
Am 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler und für jeden Provinznazi ein hoher Feiertag, hängt der Bauer immer eine „Stoppt Nazis“-Flagge aus dem Fenster, die er einmal im Nix-Gut-Versand bestellte.
Für Neonazis und das rechskonservative Klientel im Ort ist der tierliebe Ökobauer mit seiner alternativen Lebensweise, antifaschistischen Engagement und den Einsatz für Umweltschutz ein Dorn im Auge.
Am Samstag, dem 19. August schlug die Ablehnung und Anfeindung um in brutale Gewalt, ausgeführt durch junge Neonazis, die sich über Nacht Mut angetrunken hatten.

Was war passiert?

Gegen 6 Uhr morgens fuhr der Bauer, wie üblich auf seinen Hof, um die Tiere zu füttern. Ihn erwarteten 5 junge Männer, die ihm als Neonazis bekannt waren. Alle kamen aus dem Dorf bzw. dem Nachbarort und gröhlten „Heil Hitler“. Sie riefen dem Bauern „Du linke Ratte, jetzt kriegen wir dich!“ entgegen. Das Opfer verriegelte unter Schock sein Auto und versuchte mit den Neonazis zu reden und sie zum Weggehen zu bringen. Die Täter sprangen auf sein Auto, versuchten es anzuzünden, die Heckscheibe zu zerschlagen, es umzuwerfen. Vergebens. Daraufhin traten die Neonazis brutal auf eine Ente ein, bis sie leblos liegen blieb. Sie drohten weitere Tiere zu töten, wenn er nicht aussteigen würde. Der Bauer stieg aus und versuchte – immer noch unter Schock – zu flüchten. Die Neonazis verfolgten ihn, brachten ihn zu Fall und traktierten ihn mit Tritten und Schlägen.
Als der Bauer sich wieder aufrichtete zwangen sie ihn niederzuknien, bespuckten ihn und bedrohten ihn mit einer Holzlatte, beschimpften ihn als „dreckige stinkende Judensau“. Er sollte ihnen nachsprechen: „Adolf Hitler ist der Größte“ und „Ich bin eine stinkende Judensau“.
Ein Täter sagte schließlich: „Das hat keinen Sinn, mach ihn kalt.“ Mit einem Brett schlugen sie dem Bauern auf den Kopf und fügten ihm schwere Kopfverletzungen zu. Ein Neonazi filmte die Gräueltat mit seiner Handykamera und animierte die Schläger zur Flucht.
Der Bauer schleppte sich blutüberströmt zu seinem Auto. Er ist Bluter, nahm seine Medikamente ein und fuhr zu seinem Haus. Dort rief er die Polizei. Die Täter konnten kurz darauf gefasst werden. Während einer Befragung sagte einer der Polizisten zum Opfer, er solle sich nicht so aufregen, er sei ja gar kein Jude. Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die fünf jungen Nazis wegen gefährlicher Körperverletzung. Um an die Akten zu kommen schickt die Polizei den Bauer Spießrutenlaufen. „Wegen der Bearbeitung.“ ...

Das Schweigen brechen!

In den Tagen und Wochen darauf, trat das Schweigen ein. Die Polizei bemühte sich nicht um eine Pressemitteilung zum Vorfall. Die Presse schwieg bis heute. Einmal hielt man den Bauer an „die Sache nicht an die große Glocke zu hängen“. Bezug nehmend auf die Vorkommnisse in Mügeln sei dies rufschädigend für die Gemeinde, das Gewerbe und den Tourismus.
Samstagnacht (29.09.07) bekam der Bauer einen Anruf: „In 5 Tagen bist du tot.“ Er hat Angst um seine Frau und seine Tiere, schläft schlecht, aufgeben will er nicht. Er hat sich trotz knapper finanzieller Mittel einen Anwalt genommen. Er möchte gegen die Nazis nun vorgehen und die Gewalt, die man ihm und seinen Tieren antat, öffentlich machen. Das Schmerzensgeld, sollte er etwas bekommen, möchte der Bauer trotz seiner engen finanziellen Lage nicht für sich behalten und überlegt es an engagierte Opferhilfeprojekte zu spenden.

Die Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST) solidarisiert sich mit dem Opfer und ruft auf den Vorfall nicht weiter tot zu schweigen. Seid solidarisch, veröffentlicht den Naziterror in euren Publikationen, sprecht darüber und helft mit das Schweigen zu brechen!
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Ergänzungen

Pressemitteilung der AGST

Stefan Müller 29.09.2007 - 22:24
PRESSEMITTEILUNG

Nazis quälen Ökobauern

Naziterror ist Alltag in Südthüringen. Im etwa 10 km nördlich von Meiningen gelegenen Melkers wurde am 19. August ein Ökobauer von Neonazis drangsaliert und gedemütigt. Polizei und Presse schweigen bisher. Die Ermittlungen gegen die Täter laufen.

Am Morgen des 19. August fuhr der Bauer auf seinen Hof, um seine Tiere zu füttern. Dort wurde er von fünf Neonazis aus dem Ort schon erwartet. Sie riefen „Heil Hitler“, beschimpften ihn als „dreckige, stinkende Judensau“ und sagten „Du linke Ratte, jetzt kriegen wir dich“. Die Neonazis töteten brutal eine Ente und drohten weitere Tiere zu töten. Den Bauern forderten sie auf vor ihnen niederzuknien und sich selbst zu demütigen. Unter Androhung körperlicher Gewalt zwangen sie den Bauern „Adolf Hitler ist der Größte.“ und „Ich bin eine stinkende Judensau.“ zu sagen. Im Anschluss schlugen sie ihm mit einer Holzlatte auf den Kopfen und fügten ihm so schwere Kopfverletzungen zu. Als die Täter von ihm abließen und weg gingen, schleppte sich der blutüberströmte Bauer zu seinem Auto. Er benötigte durch eine Bluterkrankheit Medikamente.

Die Polizei fasste die Täter noch am selben Tag, verweigerte es aber eine Pressemitteilung herauszugeben und schweigt bis heute über den Vorfall.

Der antifaschistisch engagierte und umweltbewusste Bauer wird nun von den Tätern bedroht. In der Nacht von Freitag (28.09.) auf Samstag (29.09.) bekam er einen Anruf. Der Anrufer drohte ihm. In fünf Tagen werde er tot sein. Der Bauer schläft schlecht, hat Angst um seine Frau und seine Tiere.

„Die Antifa Südthüringen solidarisiert sich uneingeschränkt mit dem betroffenen Ökobauern und fordert alle Medien auf, sich dem Fall anzunehmen und Öffentlichkeit zu schaffen.“, so Stefan Müller, Pressesprecher der Antifaschistischen Gruppe Südthüringen (AGST). „Naziterror stößt in Südthüringen nur allzu oft auf Ignoranz oder wird gar toleriert. Antifaschisten und Zivilgesellschaft müssen gegen den Terror und das Schweigen entschlossen und gemeinsam Widerstand leisten.“, so Müller weiter.

PRESSEMITTEILUNG ENDE

bunte/rote hilfe

helfer 30.09.2007 - 13:15
vllt sollte sich der landwirt mal mit der roten oder bunten hilfe in verbindung setzen, die kann doch da bestimmt finanziell auch ein bisschen was biegen ?!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

solidarität — chucky

Polizist — antifa

mutig, mutig — dein name

will bild sehen — mueg