Demogebühren vor Oberverwaltungsgericht Ba-Wü

UnterstützerInnenkollektiv 29.09.2007 14:51 Themen: Repression
Die Stadt Pforzheim reichte bereits am 27.07.2007 eine Berufung gegen das vom Verwaltungsgericht Karlsruhe am 29.03.2007 gefällte Urteil zu einer Klage gegen so genannte Verwaltungsgebühren bei Demonstrationen ein.
Grund für die Klage waren 3 im Jahr 2005 angemeldete Demonstrationen die sich gegen Rechtsextremismus ausgesprochen haben und hierbei so genannte Verwaltungsgebühren zwischen 20 und 150 Euro erhoben wurden. Auf Indymedia, regionalen als auch überregionalen Medien wurde hierzu bereits mehrfach berichtet.

Das Karlsruher Verwaltungsgericht gab den KlägerInnen bereits am 29.03.2007 Recht, dass die erhobenen Verwaltungsgebühren massiv in das Grundgesetz Artikel 8 eingreifen und die entstehenden Kosten in keiner Form den Anmeldepersonen einer Demonstration angerechnet werden dürfen, denn so würde das Recht auf Demonstrationsfreiheit eine Frage des Geldbeutels werden. Die Freiheit könne dann nicht mehr als demokratisches Mittel, sich kritisch und politisch zu äußern genutzt werden.

Diese Meinung teilt die Stadt Pforzheim allerdings nicht und hat wie zu erwarten, Berufung eingelegt und versucht nun in der 2. Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht in Mannheim ihr Recht auf Versammlungsgebühren zu bekommen. Ob sie hierbei Erfolge verbuchen kann ist nach wie vor fraglich, denn wie bereits bei den Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht in Karlruhe wird nach wie vor der Vergleich zwischen einer Baugenehmigung und einer Versammlungsgenehmigung angestellt. Zudem wird in der Begründung für die Berufung immer wieder darauf hin gewiesen, dass nicht alle Kosten sondern nur ein sehr geringer Teil der entstandenen Kosten in Rechnung gestellt werden.

Dass hier zuerst einmal die Frage nach Sportvereinen und öffentlichen Veranstaltungen mit deren kostenlosen Einsetzen von Polizei und Feuerwehr hinterfragt werden muss, steht ebenfalls im Raum, denn bei solchen Events, die politisch unspektakulär sind, werden auch keinerlei Gebühren für Vorbereitungen des Ordnungsamtes und Ausführungen der Staatsgewalt in Rechnung gestellt.

Da Pforzheim in diesem Bereich einen Musterprozess anstrebt, könnte die Gerichtsverhandlung vor dem Oberlandesgericht in Mannheim zu einer Landesweiten Bedeutung werden, denn sollte die Stadt Pforzheim in ihrer Revision Recht bekommen, könnten schon bald in ganz Baden-Württemberg solche Gebühren erhoben werden.

Dass dieses Urteil sogar Bundesweit von Bedeutung ist, liegt klar auf der Hand. Derzeit gibt es bundesweit keine einheitliche Regelung zu dieser Situation und so wird in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich geurteilt. Während in Bayern die „Versammlungsgebühren“ gerechtfertigt sind, ist in Hessen die Gebühr für Versammlungen in oberster Instanz gescheitert.

Die KlägerInnen hoffen nun, dass es landesweite Aktionen zu diesem Thema gibt und bei den nächsten Verhandlungen auf eine breite Unterstützung zählen können.

Demonstrationsfreiheit darf keine Frage des Geldbeutels sein!
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Ergänzungen

Nicht mürbe machen lassen!

Unterstützer 29.09.2007 - 16:07
Die nicht gerade als fortschrittlich bekannten Ordnungsbehörden in Pforzheim haben entweder noch nicht oder viel wahrscheinlicher noch nie begriffen, dass Demonstrationsfreiheit sogar in der Bundesrepublik Deutschland gerade auch als ABWEHRRECHT GEGEN DEN STAAT gedacht ist. Deshalb haben demokratische Grundrechte, die die Meinungs- und Versammlungsfreiheit betreffen, mit dem Baurecht recht wenig gemein.

Um eine Jubeldemo für die Pforzheimer Polizei zu machen, braucht mensch ja kein RECHT auf Versammlungsfreiheit, da die Polizeibehörde gegen sowas ja nichts einzuwenden hätte. Hätte diese die Möglichkeit die Ausübung dieses Rechts wie bisher durch willkürlich festgelegte Gebühren zu behindern, würde dieses Grundrecht zu Unrecht eingeschränkt - das hat auch das Gericht in erster Instanz erkannt und in seiner Begründung ausführlich die mit solchen Gebühren zusammenhängenden Problematiken erörtert. Beim Pforzheimer Ordnungsamt hat man das vielleicht nicht ganz verstanden oder will soetwas nicht verstehen.

Vielleicht wollen sie euch durch weiteres Hinauszögern der Sache auch nur mürbe machen. Schliesslich werden diese Schergen für ihr Tun noch bezahlt, während wir unsere kostbare Zeit mit Eingehen auf deren absurdes Demokratieverständnis verschwenden müssen.

Wäre interessant zu wissen, ob auch der Gemeinderat hinter dem Vorgehen dieser antidemokratischen Behörden steht (was im schwarz-braunen Pforzheim kein Wunder wäre), oder ob diese viel mehr ihren polizeilichen Privatkrieg gegen unliebsame AntifaschistInnen auf Kosten der Gemeindekasse führen.

Gefährlich wirds, wenn der ganze Mist von höhreren Kreisen als der Pforzheimer Popelverwaltung politisch gewollt ist und als weiterer ernsthafter Schritt beim heute alltäglichen und rasenden Abbau von Grundrechten mit aller Macht durchgedrückt werden soll.

Wenn das erkennbar werden sollte, ist statt Heiterkeit über die abstrusen Argumente der Pforzheimer Behörden und Freuen über deren bevorstehendes erneutes Scheitern vor Gericht breite Solidarität und Unterstützung nötig!

gebühren

nichtzahler 29.09.2007 - 18:01
"Während in Bayern die „Versammlungsgebühren“ gerechtfertigt sind, ist in Hessen die Gebühr für Versammlungen in oberster Instanz gescheitert. "


In Hessen wurde die gebühr bei Nazis abgelehnt, soweit ich weiß bei einer demo des ABM in Gladenbach 2004. Dort haben die Faschos in Mittelhessen dies erfolgreich durchgeklagt. Linke Stukturen haben die Gebühren noch nicht zahlen müssen weil sie sich auf die gerichtliche Entscheidung der Nazis berufen. Noch ist nicht 100%ig geklärt ob linke Versammlungen aus "kostenlos" sind...

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Pforzheim — outlaw