18.10. 1977 aus der Sicht des Auslands

Renate Döhr,Irlandgruppe Omega.Berlin 26.09.2007 22:02
International waren die Reaktionen nicht nur der radikalen Linken auf die Stammheimer Todesnacht 1977 teilweise viel eindeutiger als der in der damaligen Bonner Republik.
Wie Teile des Auslands auf die Todesnacht in Stammheim 1977 reagierte

Die unerträglichen Beiträge in Zeitung und Fernsehen zu "30 Jahre
deutscher Herbst" reduzieren die ehemaligen Mitglieder der RAF auf
brutale Killer. Anne Siemens hatte schon in der "ZEIT" einen mehr als
rührseligen Artikel über die Witwe eines Polizisten gebracht. Dies
hat sie jetzt im Fernsehen wiederholt. Kein Wort über die politischen
Hintergründe, z.B. das Morden der USA in Vietnam-mit Unterstützung
der BRD. Kein Wort über die "shoot-to-kill"- Methoden der deutschen
Staatsmacht. Und erst recht kein Wort über die Ereignisse am 18.10.77
in Stammheim.
Wer an Selbstmord zweifelt, kann nur "TerroristIn" sein! Dies war und
ist die Sichtweise der BRD.
Im Ausland sah dies bereits direkt nach den Ereignissen anders aus. In
Zürich z.B. gab es ziemlich lange jedes Jahr am Todestag Aktionen als
Zeichen der Solidarität-mit großer Beteiligung.
Zu diesem Thema ein Artikel aus einem Sonderheft des ak
(Arbeiterkampf): " Wir glauben immer noch nicht an Selbstmord" (Ende
1977)
"Ausländische Presse: "Es war Mord"

Während die "Selbstmord"-Behauptung des BRD-Staates vom allergrössten
Teil der westdeutschen Presse und der Öffentlichkeit bis weit hinein
in die Linke gläubig aufgenommen wurde, wurden in der ausländischen
Presse und Öffentlichkeit stärkste Zweifel laut bis hin zur
unverblümten Feststellung: "Es war Mord".

- Die italienische Linke veröffentlichte einen Appell, der von
zahlreichen Tageszeitungen übernommen wurde. In diesem Appell heisst
es u.a.: "Wir haben es mit einem Mord an eingesperrten und wehrlosen
Männern und Frauen zu tun oder - was für einen Staat noch schlimmer
wäre - mit einer bewussten Anstiftung zum Selbstmord. Wir haben es zu
tun mit einer "Endlösung", mit einer Vernichtungsaktion." Dieser
Appell wurde von rund 1.000 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens
unterschrieben darunter auch Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoir.
(il manifesto, 19.10.77)

- Die griechische Jannoe Panhellenische Sozialistische Bewegung
(PASOK) forderte: "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat
nicht nur die Pflicht, Erklärungen beizubringen, sondern auch der
ganzen Menschheit Beweise vorzulegen, dass die Mitglieder der
Organisation Baader-Meinhof nicht von Organen ihres Staates
exekutiert worden sind."

- Die griechisch-linkssozialdemokratische Initiative für Demokratie
und Sozialismus" schrieb: "Die Todesumstände der politischen
Gefangenen...führen uns griechische Demokraten zu der Überzeugung,
dass es sich um einen organisierten politischen Mord handelt." Diese
Erklärung wurde u.a. vom Präsidenten des Rechtsanwältevereins,
Evangjelos Jannopoulos, mitunterzeichnet.
Die griechischel Jannoe Panhellenische Sozialistische Bewegung
(PASOK) forderte: "Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat
nicht nur die Pflicht, Erklärungen beizubringen, sondern auch der
ganzen Menschheit Beweise vorzulegen, dass die Mitglieder der
Organisation Baader-Meinhof nicht von Organen ihres Staates
exekutiert worden sind."
Der amerikanische Autor Thomas G. Buchanan schrieb in "Le Monde": Was
die Baader-Gruppe betrifft, sind zwei Hypothesen möglich: Entweder
sind sie von ihren Wärtern beiseite geschafft worden...oder sie haben
sich dank der Komplizenschaft eines Teils ihrer Wärter...mit Waffen
und Kommunikationsmitteln ausgerüstet. Was völlig ausgeschlossen ist,
ist die Hypothese eines Selbstmordes ohne solche Komplizenschaft."
(25.10.77)

- Die Anwaltskammer der USA bezeichnete es als "absurd..., dass
Pistolen und Messe in die Zellen eingeschmuggelt werden können.
(Hessischer Rundfunk, 28.10.77)

- "Le Monde" (21.10.77), Frankreich, fragt: "Und was ist mit Baader?
Wie konnte er sich mit einem Genickschuss umbringen? Das ist alles
sehr verwirrend."

- In der griechischen "Eleftherotipia" (25.10.77) war zu lesen: "In
Westdeutschland...schlagen seit dem vergangenen Dienstag
dämonisch die Warnglocken eines neuen, unmenschlichen und
bestialischen Faschismus."

- "Dagens Nyheter", Schweden, stellt fest: "Die Behörden sprachen von
Selbstmord, ohne auch nur die geringsten kriminaltechnischen
Untersuchungen gemacht zu haben."
- Das dänische "Ekstra Bladet" (20.10.77) formuliert: "Ein peinlicher
Gestank von unbeantworteten Fragen schwebt über der Stadt und über
den Leichen im Stammheim-Gefängnis...Die Umstände um die drei
Selbstmorde in Stammheim lassen es mehr als berechtigt erscheinen,
sich an gewisse Ereignisse im Nazi-Deutschland der 30er Jahre zu
erinnern."

- Und Nico Haasbroek, seinerzeit Korrespondent in Bonn, schrieb in
der niederländischen "Haagse Post" (29.10.77): "Für Revolutionäre
(...) ist Selbstmord das allerletzte Mittel. Wenn dort soviel Waffen
und Sprengstoff vorhanden waren, dann würde es eher auf der Hand
gelegen haben, erst zu fliehen zu versuchen. Oder um einen Feind
(einen Vertreter des Staates) zu ermorden."
Dass die Anwälte der Gefangenen das Waffenarsenal in die Zellen
geschmuggelt haben können, "hat eher mit bösartiger Suggestion zu tun
als mit der Wirklichkeit. Dazu gab es viel zu scharfe
Kontrollen...Die Möglichkeit ist grösser, dass die Waffen über einen
anderen Weg hereingelotst worden sind...Ich habe die Vermutung, dass
die eine oder andere Kraft den Mord auf dem Gewissen hat (am
wahrscheinlichsten ist in der Tat eine Geheimdienstorganisation,
wobei an den Bundesnachrichtendienst und die Möglichkeit der
Beeinflussung durch ein Organ wie den CIA zu denken ist) Diese
Organisation kann zum Mord angestiftet bzw. den Mord ausgeführt
haben...Natürlich hat man auch alles Interesse daran, den Mord so zu
inszenieren, dass es nach Selbstmord aussieht...Es ist ebenso
verständlich, dass man eine beschränkt unabhängige Untersuchung nur
zugesteht, wenn man sicher ist, dass dies zu keinem anderen Schluss
als Selbstmord führen kann."

Die Linke im Ausland
Während die Linke in der BRD lange zu Ereignissen um die toten Gefangenen und wegen der Repression und der Hetze schwieg, gab es massive Proteste weltweit.Es gab Demonstrationen, militante Aktionen gegen deutsche Einrichtungen und Firmen in Frankreich, Italien, Schweiz, Belgien,Griechenland und den USA u.a.
In Griechenland wurde Christos Kassimis, er gilt als Gründungsmitglied des
Revolutionaeren Volkskampfes (ELA), bei einem Bombenanschlag auf ein Lager der AEG
in Athen erschossen.
Renate Döhr, Irlandgruppe Omega, Berlin
Dieser Artikel ist in der neuesten Ausgabe des Gefangenen Infos 329 erschienen.
Weitere Themen:
- Weitere Artikel zu den Ereignissen um den 18.10.1977
- Zu den Festnahmen von Oliver, Florian und Axel, die am 31.7. in Berlin wegen §129a inhaftiert sind.
- Zur Situation von Leonard Peltier und Mumia Abu-Jamal
Das Gefangenen Info kostet 1,55 Euro und ist zu beziehen über:
 gnn-hamburg@freene.de
Gefangenen Info im Netz: www.political-prisoners.net
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Ergänzungen

Einer muß der Bluthund sein

Noske SPD 27.09.2007 - 15:39
Der deutsche Staatsapprat hat zwischen 1933 und 1945 unter Führung des Reichskanzlers Adolf Hitler noch ganz andere Verbrechen in seinen Gefängnissen an seinen Gefangenen begangen als 1977 in Stuttgart-Stammheim unter der Führung des Bundeskanzlers und Nazi-Oberleutnants Helmut Schmidt SPD.
Keiner dieser Nazi-Beamten, Nazi-Richter, Nazi-Staatsanwälte, Bürgermeister, Gestapos, Politiker usw. wurde in der postfaschistischen Adenauerrepublik für seine Verbrechen an der eigenen Bevölkerung und den europäischen Völkern zur Verantwortung gezogen - im Gegenteil! Die Taten wurden vertuscht, die Täter anonymisiert, entkriminalisiert und resozialisiert. Jeder ehemalige Nazi-Beamte bekam pauschal einen Rechstanspruch auf Widereinstellung in den BRD-Staatsdienst und eine Nachzahlung für die seit 1945 entgangnen Beamtengehälter. Eein nettes Sümmchen in den 50er Jahren, als die meisten Bewohner der BRD noch von Pellkartoffeln und Steckrüben leben mussten.
Die Ersten, die in der BRD fett grinsend auf der Freßwelle schwammen, und frech auf ihren alten Amtssesseln Platz nahmen, waren die alten Nazis aus dem Staatsapparat!
Die Ermordung von politischen Gefangenen in ihren Zellen gehört zum Standardprogramm von Faschisten und Sozialfaschisten.
Helmut Schmidt SPD setzte 1977 nur die Tradition von Ebert, Noske, Scheidemann SPD 1919 fort: "Einer muß de Bluthund sein!"
Schon vergessen?

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Mein Tip !

Zona Rossa 26.09.2007 - 22:24
Lies einfach mal den Bader-Meinhof Komplex ! Da steht echt viel drin, wahrscheinlich mehr als in irgendwelchen Zeitungen vor 30 Jahren oder irgendwelchen Mini-Broschüren

@zona rossa

mona fossa 27.09.2007 - 10:46
was für eine peinliche ergänzung - der baader meinhof komplex ist von stefan aust verfasst worden, dem spiegel redakteur, der auch die unsägliche dokumentation zum 30. jahrestag des deutschen herbstes zu verantworten hat, in dem er mit taschenspielertrix zu zeigen versucht, dass es nur selbstmord gewesen sein kann. kein wort jedoch verliert er über den genickschuss bei baader und die selbstmorduntypischen indizien bei den anderen gefangenen.