Berlin: 20 000 gegen Überwachungsstaat

rudi riot 23.09.2007 14:58 Themen: Freiräume Medien Repression Soziale Kämpfe
Am gestrigen Sonnabend demonstrierten rund 20 000 Menschen gegen die geplanten und aktuell bestehenden Bundesgesetze zur Verschärfung der "Sicherheitsmaßnahmen".
Gestern fand in Berlin eine Großdemonstration unter dem Motto "Freiheit statt Angst" statt.
Den Aufrufen mehrerer politischer Gruppen, bürgerlichen Organisationen und der Parteien FDP, Bündnis '90/Die Grünen und DIE.LINKE folgten rund 20000 Menschen.
Von linksradikaler Seite moblisierte ein Bündnis diverser Gruppen bundesweit zu einem antikapitalistischen Block unter dem Motto "NO JUSTICE - NO PEACE! Kein Friede mit dem deutschen Polizeistaat!"
Themen dieses Blockes waren neben den von Bundesinnenminister Schäuble geforderten Gesetzestexten, die bestehenden Paragraphen 129, 129a und 129b, die wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung Inhaftierten Oliver, Florian und Axel, sowie der 30.Jahrestag der Mordnacht von Stuttgart-Stammheim.
Bereits zu Beginn behinderte die Berliner Polizei, dass ein ungestörtes Aufstellen der Demonstration mit seinen Blöcken möglich war. Dabei wurden rund 400 Personen eingekesselt, weil sie sich der Vorkontrollen entzogen. Mit etwa einer halben Stunde Verspätung lief die Demonstration nun los. Laut und entschlossen zeigte sich der etwa 4000 Personen große linksradikale Block, in welchem sich alle Altersklassen wiederfanden.
Als der Bebelplatz gegenüber der Humbold-Universität erreicht wurde, wurden die Demonstrat_Innen von der Lautsprechermoderationen aufgefordert an jenem ruhig und ohne Parolen vorbei zu ziehen. Grund hierfür war, dass der gestrige Tag mit dem wichtigsten jüdischen Feiertag zusammenfiel und der Bebelplatz jener war, an welchem die große Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten stattfand. Weiter zog die Demonstration am Palast der Republik vorbei zur Ecke Karl-Liebknecht-Straße/Spandauer Straße, wo sie rechts einbog und vor dem Neptunbrunnen eine Zwischenkundgebung abhielt.
Dabei wurde die Demonstration, im speziellen der linksradikaler Block vollkommen zerrissen, weil alle Teilnehmer_Innen dazu aufgefordert wurden, die Straße zu verlassen und sich vor die Bühne zu begeben.
Hier wurde seitens der Polizei auch deutlich gemacht, dass man die bis dato friedlich verlaufende Demonstration stören werde, wenn das Vermummen mit den im Vorfeld genehmigten Schäuble-Masken nicht eingestellt, die Seitentransparente auf 1,5m-Länge eingeschränkt und die Verknotung der Transparente nicht eingestellt werde. Die im Vorfeld getroffenen Absprachen, dass die Polizei unbehelmt und nicht direkt an der Demo auftreten werde, sowie, dass es seitens Polizei nicht zum Abfilmen kommen werde, wurden von der Berliner Polizei nicht eingehalten.
Als die Demonstration nun weiterzog und in den Mühlendamm einbog, bekunndeten die Führer der 23sten Hundertschaft gegenüber Ordner_Innen erstmals konkret, dass sie "kein Interesse an einer friedlichen Demonstration [hätten], [...]wenn die Vermummug nicht eingestellt werde.[...][Sie seien dann] gewillt mit Gewalt gegen den linksradikalen Block vorzugehen."
Man beachte, dass der Demonstration bis dato gänzlichst friedlich verlaufen war!
Das Bestreben der Berliner Polizei gegen den Block vorzugehen, konnte durch Eingrafen der Order_Innen in der Breiten Straße noch verhindert werden. Da es nun von Seiten der Polizei stark danach aussah, die Sache endgültig eskalieren lassen zu wollen, wurden alle Ordner_Innen der anderen Blöcke zum "Kein Friede..."-Block abgeordert.
Am Schloßplatz jedoch prügelten sich die Hundertschaften 14 und 23 von zwei Seiten in den vorderen Teil der Demonstration, wobei einige Transparente, darunter das Fronttransparent, an die Polizei verloren wurden. Mehreren Zeug_Innenaussagen zur Folge griffen die Beamten der 23sten Einsatzhundertschaft die Demonstration mit dem Schrei "Judenschweine" an.
Es ist fest zu halten, dass Ordnungswidrigkeiten, wie das Verknoten von Transparenten und Vermummung seitens der Polizei mit Straftaten, wie Körperverletzung und Diebstahl beantwortet wird bzw. wurden.
Nach etwa 10 Minuten hatte sich der Block nun wieder formiert und die Demonstration lief weiter, ehe die Berliner Polizei Unter den Linden zwischen Neuer Wache und Humbold-Universität erneut in den Block prügelte und erneut etliche Transparente beschlagnahmte.
Nach einem daraufhin folgenden allgemeinen Chaos konnte sich der Block nach gut 20 Minuten wieder formieren. Augenscheinlich waren gerade einma von den Anfangs etwa 20 Transparenten 4 übrig geblieben. Da die Berliner Polizei von Anfang an daran interessiert war die Demo unfriedlich ablaufen zu lassen und die für die Veranstalter_innen der "Kein Friede..."-Blockes nun untragbar wurde, entschieden diese den linksradikalen Block rund 500 Meter vor dem Demonstrationsendpunkt auf der Kreuzung Unter den Linden/Friedrichsstraße aufzulösen.

Fakt ist, dass die Demonstration friedlich war und geblieben wäre, hätte die Berliner Polizei nicht in den linksradikalen Block reingeprügelt.
Der Poliezi ist es anscheind wichtiger Ordnungswidrigkeiten wie Vermummung zu unterbinden, als friedlichen politischen Protest zu gestatten.

Positiv bleibt für den "kein Friede..."-Block anzumerken, dass sich unter ihm Gruppen diverser Ströhmungen sammelten. So liefen etwa die maoistischen "Revolutionäre Kommunist_Innen" neben antideutschen "TheorieOrganisationPraxis-Berlin" oder antiimperialistische Gruppen wie "Gruppe Internationale Solidarität" neben antideutschen Gruppen wie der "Autonomen Neuköllner Antifa" oder der "Antifaschistischen Jugend Aktion Kreuzberg".

Am gestrigen Sonnabend wurden rund 30 Personen durch Schläge und/oder durch massiven Pfeffersprayeinsatz hervorgerufene Haut- und Schleimhautreizungen verletzt.
10 Personen wurden laut Berliner Polizei festgenommen.
10 Polizisten erlitten leichte Verletzungen.
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Ergänzungen

Ergänzungen..

dabei 23.09.2007 - 17:00
Während des ersten Angriffs auf den linksradikalen Block kam es zu massivem Einsatz von CS Gas und Pfefferspray. Die ersten Reihen, welche schnell durch Polizeikeil vom Rest des Blocks abgespalten wurden, wurden teilweise "abgeduscht" mit dem Zeug, teils sah es dort aus, als hätte es stark geregnet. Hinzu kamen wild durch die Gegend tretende Bullen, Tonfadrehschläge, Fausthiebe, und so weiter und so fort. Ich persönlich halte die angegebene Zahl der Verletzten für ausdrücklich zu tief gegriffen. All dies wegen zu langer (teils verknoteter) Seitentransparente, und wohl der ein oder anderen Schäublemaske ("selber terror!"), welche passenderweise nur in unserem Block als Vermummung ausgelegt wurde.

Obwohl es auch nach den Bullenattacken kaum zu Gegenwehr kam (vereinzelt Berichte von 1, 2 fliegenden Plastikflaschen), waren wohl sowohl für die Medien als auch für einen Grossteil der MitdemonstrantInnen die Übeltäter schnell ausgemacht: nicht die permanent filmenden, mit Helikopter herumbrausenden, und behelmt die Demo begleitenden Staatsdiener, sondern diejenigen die auf dieser Demonstration am ehesten probierten ihre Anonymität zu wahren. Die Ironie der ganzen Geschichte, daß also die Polizei bei einer Demonstration gegen Überwachung, staatliche Kontrolle und für die Erhaltung der Privatsphäre, ebendiese angreift, blieb den meisten Mitlaufenden und Pressevertretern wohl verborgen.

Gut lief die Verweigerung der Personenkontrollen vor Beginn der Demo, alles andere wäre bei diesem Anlass auch eine Farce gewesen.
Einen herzlichen Dank auch an die anwesenden DemoSanis, ihr wart mal wieder echt super.

Pressespiegel

leser 23.09.2007 - 17:21
des AK Vorratsdatenspeicherung gibt es hier:

 http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Pressespiegel

Gutes Überblicksposting zur Demo

Kuno 23.09.2007 - 17:46

ZeugInnen von Festnahmen usw.

t 23.09.2007 - 18:05
ZeugInnen von Festnahmen und/oder Körperverletzungen durch PolizeibeamtInnen sollten sich beim

Berliner Ermittlungsausschuss (EA)
Gneisenaustr. 2a (U-Bahnhof Mehringdamm)
Tel.: 030 - 692 22 22
Sprechstunde Dienstag 20-22 Uhr

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Bilder

ak_antifa 24.09.2007 - 22:21
gibts hier:  http://ak.antifa.net > Bilder

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Maoisten positiv?? — Red Zack

TeilnehmerInnenzahl — demonstrant

xy — yx

23. — Anarchist

Block war ein Armutszeugnis — Selbstkritik, Aktion, Selbstkritik

kritik an der kritik — Vernunft

@a — Ketten machen Sinn

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@ Rickenharp — wenn schon denn schon

@autofokus — FLOP Kritiker

bullenstress — ...

Hallo!? — Mike/Umbruch

Sei MILITANT!!!!! — Autonomianer

20000? — igge

@Autonomianer — diskuS