NDH: Produktion läuft in Selbstverwaltung an

Lukas Bakalar 20.09.2007 14:03 Themen: Freiräume Soziale Kämpfe
Die 135 Kolleginnen und Kollegen der Fahrradfabrik Bike Systems GmbH im thüringischen Nordhausen, die das Werk seit dem 10. Juli 2007 besetzt halten, haben beschlossen, die Produktion von Fahrrädern in Selbstverwaltung aufzunehmen. Dafür müssen bis zum 2. Oktober verbindlich 1.800 Bestellungen für Fahrräder eingehen. Beim Vertrieb arbeiten die Kollegen und Kolleginnen mit der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU zusammen (Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union).
Seit mehr als zwei Monaten hält die Belegschaft den Südharzer Betrieb der Firma „Bike Systems“ im 3-Schichtbetrieb besetzt. Verhindert werden soll so eine endgültige Demontage des bis auf die Lackierstraße leergeräumten und heruntergewirtschafteten Betriebes. Die beantragte Insolvenz vom 10. August hat kaum Aussicht auf Erfolg:

In der Zeit der Besetzung, durch Gespräche mit sich solidarisch Zeigenden entwickelten die Kolleginnen und Kollegen des Werkes die Idee, zunächst für kurze Zeit die Produktion in Selbstverwaltung wieder aufzunehmen. Dal es nicht nur darum gehen kann, den Abtransport der letzten Maschinen zu verhindern und auf einen neuen Investor zu warten, stieß die Idee, ein eigenes »Strike-Bike« herzustellen, auf immer größere Resonanz.

Die bisherige Story:

Die Geschichte der Ausschlachtung der Nordhausener Fahrradfabrik ist ein Skandal: Der interessierten Öffentlichkeit wird die texanische US-Investmentgesellschaft Lone Star (mit Büros in Frankfurt, Brüssel) als Besitzerin vorgeführt, die dieses Werk genauso „platt-saniert“ habe, wie auch das andere Biria-Stammwerk im sächsischen Neukirch (im November 2005 wurde die deutsche Biria AG von Lone Star geschluckt, Biria verkaufte weniger Fahrräder als erwartet). Die Hintermänner der Zerschlagung der Biria-Gruppe sind aber Lone Star und der Mitkonkurrent MIFA, die Mitteldeutsche Fahrradwerke AG im sachsen-anhaltinischen Sangerhausen. Die MIFA kaufte im Dezember 2006 die gatus 233. GmbH in Berlin, die zu dem einzigen Zweck gegründet wurde, die Vermögenswerte der Biria-Gruppe – ihr gehörten die Werke in Neukirch und Nordhausen - zu erwerben. Die Verschmelzung der Tochtergesellschaft gatus 233. GmbH mit der MIFA soll demnächst rückwirkend zum 1.1.2007 erfolgen.

Was will Lone Star?

Geht es um eine Marktbereinigung oder wird die Übernahme der MIFA bereits organisiert, um sie nur noch als Mantelgesellschaft zu nutzen? Jedenfalls erhielt die Lone Star als Dank für dieses abgekartete Spiel zwischen ihnen, der MIFA und der bankrotten Biria-Gruppe ein 25%-Aktienpaket von der börsennotierten MIFA ... Sämtliche Aufträge wanderten so von Neukirch und Nordhausen nach Sangerhausen. Die Biria-Gruppe muss aktuell 5,2 Millionen Euro öffentliche Subventionen zurückzahlen, nicht aber die ehemalige Besitzerin, Lone Star

Wer hat all dies eingefädelt?

Ist es der MIFA-Vorstand Peter Wicht - ehemaliger Kombinats-Direktor von Robotron? Zusammen mit seinem Kompagnon Michael Lehmann gehört ihm auch ein weiteres Aktienpaket an der Hyrican Informationssysteme AG (Ex-Lehmann & Partner), Massenproduzent billiger Computer für Kaufhausketten; im benachbarten Kindelbrück ist er Aufsichtsratsvorsitzender.

Marcus Brüning wurde ab dem 16. April 2007 für seine treuen Dienste in den MIFA-Vorstand berufen, nachdem er „von 2006 bis 2007 als Geschäftsführer bei der Biria-Gruppe, Neukirch/Nordhausen“ (MIFA-Halbjahresbilanz 2007) erfolglos tätig gewesen ist. Seine Kernkompetenzen „Interimsmanagement, Sanierungs- und Restrukturierungsberatung“ erlernte er u.a. als Prokurist der Dresdner Bank AG, München; heute ist er nebenbei Gesellschafter bei Günther & Partner: „Kauf und Verkauf von Unternehmen, Finanzierung und Restrukturierung“ in München.

Zwei Aufsichtsratsmitglieder der MIFA sind gleichzeitig im selben Gremium der Hyrican AG tätig: Uwe Lichtenhahn, Sparkassendirektor i.R. aus Mannheim und Hans-Joachim Rust, Leiter Risikomanagement der MLE-Bank GmbH – einerTochter des japanischen Mitsubishi-Konzerns.

Was haben Lone Star und Wicht, Lehmann und Brüning vor?

Wir klagen öffentlich an, dass diese offensichtlichen Zusammenhänge verschwiegen wurden, vielmehr scheint es, als wurde die global operierende Lone Star auserkoren, damit das Geheul von den Arbeitsplatz fressenden ausländischen „Heuschrecken“ ertönen kann. Das Konsortium aber besteht neben der Lone Star auch aus deutschen „Heuschrecken“ wie Peter Wicht (Hyrican AG aus Kindelbrück), der mit einem Streich 355 Arbeitsplätze seiner Konkurrenz vernichtet hat, um seinen Profitrate zu steigern. Will er nun zusammen mit der Lone Star seine beiden Firmen für fertigproduzierte Computer und Fahrräder aus Korea (Samsung ist der Hauptlieferant) sturmreif schießen?
Solcherart abgekarteten Spielen kann nur durch internationale Solidarität begegnet werden. Die FAU kündigt an, ihre internationalen Schwester-Gewerkschaften in der IAA um Solidarität zu bitten, um dem Vorgehen der Wicht-Lehmann-Gruppe und der Lone Star Widerstand entgegen zu setzen – vor allem aber, um die betroffenen Belegschaften zu unterstützen

Jetzt bietet sich die Chance der Selbstbehauptung:

Die Durchführung eines Konzepts, um die Produktion und den Vertrieb ohne Investor auf die Beine zu stellen. Wenn es gelingen sollte, 1.800 Vorbestellungen für die in Eigenregie produzierten Fahrräder zu sammeln, verbreiten wir solidarische Ideen und machen Kol-leginnen und Kollegen in ähnlichen und zukünftigen Situationen Mut;
Mut sich nicht „platt-sanieren“ zu lassen

!!!Schafft Aufmerksamkeit!!!

Bitte verbreitet diese Nachricht an Freunde/innen, Bekannte, Genossen/innen,
interessierte Projekte und andere Websites.

Wer in nächster Zeit ein Fahrrad braucht, kontaktiert bitte die Kolleg/Innen vor Ort
oder die nächstgelegene Ortsgruppe der FAU.

Helft unseren Kollegen in ihrem Kampf um Würde, Dasein und Brot(Geld).
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Ergänzungen

Der Text ist aneinigen Stellen falsch

FAU-FREUND 20.09.2007 - 14:47
Das anliegen ist gut und Solidarität nötig aber:
Der Text entspricht zwar nicht dem Text auf fau.org aber dafür konterkarriert er das Anliegen in einem Abschnitt, der sich um das verbreitete Bild der sog. "Heuschrecke" dreht.Der Text hier krtisiert erst das bild von Hedge-Fonds als ausländische "Heuschrecken" um dann einzelne Menschen als Insekten("Heuschrecken") zu diffamieren das ist wiederlich und genauso billig wie die Propaganda derIG-Metall
Auf der Seite der FAU steht da aber ganz sachlich was von einheimischen Kapitalisten

Der Abschnitt im orginal von FAU.org:
Was haben Lone Star und Wicht, Lehmann und Brüning vor?

Wir klagen öffentlich an, dass diese offensichtlichen Zusammenhänge verschwiegen wurden, vielmehr wurde die global operierende multinationale Lone Star auserkoren, damit das Geheul von den Arbeitsplatz fressenden ausländischen "Heuschrecken" ertönen konnte.
Das profitgierige Konsortium besteht aber neben der Lone Star auch aus einheimischen Kapitalisten wie Peter Wicht, der Hyrican aus Kindelbrück, der auf einen Streich 355 Arbeitsplätze seiner Konkurrenz vernichtet hat, um seinen Profitrate zu steigern.
Will er nun zusammen mit der Lone Star seine beiden Firmen für fertigproduzierte Computer und Fahrräder aus Korea (Samsung ist der Hauptlieferant) sturmreif schießen?
Diesem abgekarteten Spiel kann nur durch internationale Solidarität begegnet werden, die FAU wird ihre internationalen Schwester-Gewerkschaften in der IAA um Solidarität bitten, um dem Arbeitsplatz fressenden Durchmarsch der Wicht-Lehmann-Gruppe und der Lone Star auf dem europäischen Computer- und Fahrrad-Markt Widerstand entgegen zu setzen

Falsche Texte gibt es nicht

ger 20.09.2007 - 15:25
Falsche Texte gibt es nicht

Unter der Annhame, daß er nur irgendwo abgeschrieben wurde, bietet dieser text natürlich kein einwandfreies duplikat...

...und du findest also daß sich "einheimische kapitalisten" besser anhört als "Heuschrecken"
>>>mal zur Erklärung; der begriff "heuschrecken" steht hier in anführungszeichen- und da im vorangegangenen satz schon die verwendung des begriffs "heuschrecke" in kritischer weise gefallen ist, schließt sich der folgesetz dem an<<<

da es mir aber schwerfiel, die verwendung "einheimische kapitalisten" zu gebrauchen; änderte ich diesen begriff in dem satz so um, wie er jetzt eben aussieht. meiner meinung nach muß deine schlußfolgerung nicht die erste sein, auf die man dabei kommt

NPD unterstütz den Protest

Antifa Ndh 21.09.2007 - 15:26
hinweis zur npd und den protesten um und zu bike systems

so gut und so wichtig es ist, das es den protest und die unterstützung, bundesweit, gibt. so sehr sollte dabei aber auch darauf geachtet werden, wer unterstützt.

vor ort war auf jeden fall:
-> der vorsitzende des npd kv nordhausen tim koppermann - welcher unternehmer (bau) im Landkreis Marburg-Biedenkopf (Lahn) ist
-> marco kreutzer, mitglied im kampfbund detscher sozialisten (ks)und 1. beisitzer im npd kv nordhausen und administrator für die seiten nordthueringer-beobachter und npd-nordhausen.de ist.

ebenfalls haben sie sich an der unterschriftenaktion beteiligt, sind aber aufgrund des antifaschistischen engagements gestrichen worden. trotzdem für alle interssierten die seite mit der unterschriftenliste:
 http://daily.digital-attack.com/index.php?limit=100&back=1&PHPSESSID=08afed6ddd05fe02abd8ca3ffdb91633#list

Nazis als Unterstützer unerwünscht

TW 21.09.2007 - 18:38
"Als kleine Anerkennung für die Mühen und das aufrichtige Engagement, die
Interessensbekundungen und Hilfen aus der Bevölkerung lädt die Belegschaft
am kommenden Montag (24.09.) in der Zeit von 12.00 - 14.00 Uhr auf den
Parkplatz gegenüber dem Werksgeländes in der Freiherr-vom-Stein-Strasse 31
zu Gulasch aus der Kanone ein"

"Jedoch gibt es eine Einschränkung für die Einladung: Auf einer
Unterschriftensammlung der AeiD (Aktive Erwerbslose in Deutschland) unter
einen Brief an Herrn Müntefering mit Bezug auf die Bike Systems GmbH,
tauchten auch die Namen Tim Koppermann und Marco Kreutzer auf. Wie jetzt
bekannt wurde, sind beide führende Mitglieder der hiesigen NPD. Der
Betriebsrat gab daraufhin bekannt, dass die Belegschaft für jegliche
Unterstützung dankbar und froh ist. Dennoch will man sich ganz klar von
Parteien die durch Fremdenfeindlichkeit und Geschichtsverunglimpfung
auffallen abgrenzen und verzichtete daher auf diese Unterstützer."


 http://www.nnz-online.de/news/news_lang.php4?ArtNr=41713

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