Mannheim: Fotoreportage Demo gegen Abschiebungen

querfunk 17.09.2007 17:08 Themen: Antifa Antirassismus
Mannheim. Etwa 450 Menschen demonstrierten am vergangenen Samstag in Mannheim unter dem Motto "Abschiebungen verhindern! Abschiebeknäste abschaffen!". Zu der Veranstaltung rief ein Bündnis anarchistischer und linksradikaler Gruppen aus Mannheim und Heidelberg auf. Die Polizei war mit Pferdestaffel und Sondereinheiten vertreten, Ausschreitungen und Festnahmen gab es keine.
Einige hundert Menschen warten auf dem Paradeplatz bei Sonnenschein auf den Start der Demonstration, einige von ihnen entfalten Transparente, andere befestigen Boxen auf dem Lautsprecherwagen. Manche wiederrum sitzen einfach im Gras und dösen oder erzählen. Es ist 15 Uhr. Eine Viertel Stunde später beginnt der erste Redebeitrag. Er gibt wieder, warum die Anwesenden hier sind: um gegen Abschiebungen und Abschiebeknäste einzutreten, gegen staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus, der jene menschenverachtenden Verhältnisse erst möglich macht und für ein Ende des Kapitalismus und seiner Verwertungslogik.
Folgt man dem Aufruf des Bündnisses so sind Abschiebeknäste "nur die Spitze des Eisbergs, mithin brutalste Ausformung eines Systems, das Menschen ohne EU-Pass [...] einer Vielzahl diskriminierender und ausgrenzender Behandlungen aussetzt". Doch ohne die umfassende Akzeptanz einer Gesellschaft, da sind sich alle Teilnehmer_innen einig, wäre die Aufrechterhaltung dieser äußerst repressiven und ausgrenzenden Flüchtlings- und Migrationspolitik nicht denkbar.
Die Menge ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen. Von Kindern bis älteren Erwachsenen reicht die Altersspanne; die Mehrheit bilden jedoch Jugendliche und junge Erwachsene. Auch viele Migrant_innen und Flüchtlinge nehmen an der Veranstaltung teil. Als sich die Demo in Bewegung setzt, schallt aus dem Lautsprecherwagen Musik, dahinter spielt eine Sambaband. An der Spitze des Zuges läuft lautstark ein Schwarzer Block, ringsherum mit Transparenten umgeben. Dazwischen springen eine Handvoll Clowns umher.
Die meisten Bürger_innen schauen verwundert und neugierig der Masse hinterher, wie sie sich langsam ihren Weg durch die Breite Straße bahnt, begleitet von Sprechchören. Die Demonstrant_innen laufen zur Ausländerbehörde, an der eine Zwischenkundgebung stattfindet, über die Neckarstadt hin zum Herzogenried. Ziel ist die JVA. In dieser befindet sich auch der Abschiebeknast, durch eine seperate Mauer vom restlichen Haftbereich abgetrennt.
In der Innenstadt und der Neckarstadt schließen sich dem Demonstrationszug noch einige Menschen an, gerade Migrant_innen solidarisieren sich. Manche laufen eine Weile mit, andere hingegen bleiben bis zum Schluss dabei. Zeitweise zählt der Demozug mehr als 450 Teilnehmer_innen.
Die Polizei ist während der ganzen Veranstaltung über mit Sondereinheiten und Pferdestaffel anwesend. Sie hält sich weitesgehend zurück, übt aber (gerade) mit der Pferdestaffel ein deutliches Drohpotenzial aus, was einige aus der Demo erheblich verärgert. Als bei der Ankunft an der Betonmauer der JVA einige Böller hochgehen, stellt sich die berittene Polizei der Demo massiv entgegen. Doch diese lässt sich nicht provozieren und setzt ihren Weg nach kurzer Zwischenkundgebung in Richtung Haupttor der JVA fort.
Dort angekommen scheinen die Gemüter in Wallung zu geraten und der Großteil der Demonstrierenden stürmt auf das Tor zu und hämmert wild und wütend darauf ein, skandiert Sprechchöre wie "Nazis morden, der Staat schiebt ab. Das ist das gleiche Rassistenpack!". Einige taggen politische Parolen an das Stahlschott. Die Polizei versucht bei dem Ansturm einzugreifen, indem sie mit den Einsatzwägen den Demonstrierenden den Weg versperren will. Bei dieser riskanten Aktion streift sie mit den Autos einige Aktivist_innen; dass es dabei nur bei blauen Flecken bleibt ist reiner Zufall. Kurz darauf startet die Clowns Army einen Versuch die JVA zu infiltrieren und erklimmt die vergitterten Fenster. Immer mehr Leute strömen dem Geschehen hinzu, die Sprechchöre werden immer lauter und energischer und. Doch so schnell und unerwartet wie der Ansturm anfing, ebbte er auch wieder ab. Der Lautsprecherwagen rollt kurze Zeit später ein und die Abschlusskundgebung startet. Im Anschluss wird die Versammlung gegen 18.30 Uhr aufgelöst und die Masse zerstreut sich.
Eine Sprecherin des AK Antifa Mannheim kommentierte im Laufe des Tages, dass die Demonstration ein voller Erfolg war. "Wir haben nicht nur Abschiebungen und den Abschiebeknast kritisiert, sondern auch das gesellschaftliche Klima, in dem solche Zustände überhaupt erst möglich sind".
Was bleibt ist ein zerbrochenes Fenster, ein angezündeter Briefkasten und unzählige Parolen und Aufkleber auf den Toren der JVA. Stille Zeugen des Angriffs auf den Abschiebeknast als Symbol für "die Zustände und die Normalität, die unzähligen Menschen das Leben alltäglich zur Hölle macht" (aus dem Aufruf).

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weitere Artikel:
 http://de.indymedia.org/2007/09/194382.shtml (Pressemitteilung des AK Antifa Mannheim)
 http://de.indymedia.org/2007/09/194402.shtml (indybericht mit Bildern)
 http://www.autonomes-zentrum.org/ai/ (Bilder)
 http://www.akantifa-mannheim.de/archiv/070808Aufruf_Antifa_Demo.htm (Demo Aufruf)
 http://www.akantifa-mannheim.de (Bilder)
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Ergänzungen

the real pop antifa...

Marc T. 17.09.2007 - 17:53
Marc Terenzi hats leider wegen eines dringenden Termins nicht mehr zur Demo geschafft, solidarisierte sich aber am Mannheimer Bahnhof nochmal ausdrücklich mit den Zielen der Demo