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Antifademo in Landau am 3.10.

- 13.09.2007 21:41
Anlässlich des "Tag der Deutschen Einheit" findet am 3. Oktober in Landau eine Demo unter dem Motto "Gegen Deutschtümelei und Überwachungstaatlichkeit" statt. Thematisiert werden das zunehmende Erstarken eines nationalen Identitätswahns bis hinein in den Mainstream bei gleichzeitiger Ausweitung des Überwachungsapparates bis in den letzten Winkel der Gesellschaft.
Anlässlich des "Tag der Deutschen Einheit" findet am 3. Oktober in Landau eine Demo unter dem Motto "Gegen Deutschtümelei und Überwachungstaatlichkeit" statt. Thematisiert werden das zunehmende Erstarken eines nationalen Identitätswahns bis hinein in den Mainstream bei gleichzeitiger Ausweitung des Überwachungsapparates bis in den letzten Winkel der Gesellschaft.

Treffpunkt ist um 11 Uhr vor dem Hauptbahnhof in Landau


Im folgenden der Aufruf:

"Aufruf anlässlich der Demo „Gegen Deutschtümelei und Überwachungsstaatlichkeit“ am 3. Oktober in Landau


Postfaschistische Nationwerdung

Mit der am 3. Oktober 1990 gefeierten Wiedervereinigung war die Basis geschaffen für ein neues deutsches Selbstbewusstsein, welches zur Ausweitung der außenpolitischen Handlungsfähigkeit eine Umschreibung der eigenen Geschichte bedingte.

Während in der Bonner Republik noch versucht wurde, die Taten der Vergangenheit vergessen zu machen und Erinnerungspolitik Verdrängung bedeutete, schickte sich die rot-grüne Regierung ab 1998 an, die deutsche Schuld in eine globale Verantwortung umzuwandeln, die es Deutschland fortan ermöglichen sollte, international „unverkrampft“ agieren zu können. Dies äußerte sich nur Monate später im Angriffskrieg in Jugoslawien, wo die deutsche Regierung „serbische Konzentrationslager“ ausmachen konnte.

Einher mit der Abgeltung der eigenen Schuld durch die Übernahme der Verantwortung zur Verhinderung einer neuerlichen Shoa –wohlgemerkt nicht in Deutschland- ging deren Relativierung. Demnach hatte Deutschland in der Vergangenheit angeblich unter zwei Diktaturen zu leiden. Der "Sozialismus" der DDR wurde somit mit dem Nationalsozialismus auf eine Stufe manövriert. Eine Täter-Opfer-Umkehr wusste die deutsche Zivilgesellschaft als Opfer des NS-Regimes darzustellen und die alliierten Bombenangriffe als ebenso barbarische Akte wie die singuläre Vernichtung der europäischen Juden im Dritten Reich.

„Du bist Deutschland!“

Damit war die Grundlage für ein neues Nationalgefühl geschaffen, welches nun schnell seinen Weg über die Mitte bis hinein in Teile der so genannten Linken und den popkulturellen Mainstream fand, wo anscheinend nur darauf gewartet wurde, sich endlich wieder zu Deutschland bekennen zu dürfen.
Das schwarz-rot-gelbe Fahnenmeer während der WM 2006, Liebeserklärungen an die geläuterte Nation von Bands wie Mia und Imagekampagnen wie Du bist Deutschland waren das Resultat und Gleichzeitig die Legitimation zur Abschaffung von Bürgerrechten und sozialstaatlichen Standards, um den Wirtschaftsstandort Deutschland international konkurrenzfähiger zu machen. Das neu entstandene Kollektiv hatte fortan wieder Priorität und war für den oder die EinzelneN Grund genug, individuelle Einschränkungen und materiellen Verzicht in Kauf zu nehmen.

Die Veränderungen des „deutschen Klimas“ nach der Wiedervereinigung schufen auch den politischen Rahmen für ein Erstarken der Neonaziszene. Während die Regierung Kohl zur faktischen Abschaffung des Asylrechts Stimmung machte mit Parolen wie „Das Boot ist voll“, steckten militante Neonazis unter Beifall und mit Zutun der Zivilbevölkerung AsylbewerberInnenheime in Brand. Heute sinnieren die Nazis über den „Bombenholocaust“ der Alliierten, oder gehen wieder, wie unlängst in Mügeln, mit dem deutschen Mob auf „Ausländerjagd“, derweil Ex-Tagesschau-Sprecherin Eva Hermann der Familienpolitik der Nazis nachheult.
Während das Weltbild der Nazis die Errungenschaften der bürgerlichen Aufklärung negiert, stellen die momentanen Sicherheitsverschärfungen der Merkelregierung einen massiven Angriff auf diese dar.

Standort und innere Sicherheit

Das oben beschriebene kollektive Nationalgefühl macht es dem Staat um einiges leichter, Maßnahmen zur Wahrung der „inneren Sicherheit“ zu verschärfen.
Mit dem für einen reibungslos funktionierenden Kapitalismus zu schaffenden sicheren Standort Deutschland lassen sich die momentan zu beobachtenden sicherheitspolitischen Verschärfungen erklären. Um der dem Kapitalismus immanenten Konkurrenz zwischen souveränen Staaten standhalten zu können, benötigt der Deutsche Staat Instrumente, mit welchen er seiner Aufgabe gerecht wird, den Rechtsfrieden und die Garantie für die Sicherung der momentanen, der kapitalistischen Ausbeutung wahrenden, materiellen Besitzverhältnisse und damit das bestehende Kapitalverhältnis zur Zufriedenheit der Kapitalisten zu sichern, welche sich ansonsten andere Produktionsstandorte suchen würden.


Deutschland einig Überwachungsstaat

So genannte Sicherheitsexperten, allen voran Innenminister Wolfgang Schäuble bringen zur Zeit gemäß einer Salamitaktik ständig neue Maßnahmen zum Schutz der „inneren Sicherheit“ als Reaktion auf entsprechende Bedrohungsszenarien ins Spiel:

Vorratsdatenspeicherung, Online-Durchsuchung, Einsatz der Bundeswehr im Inneren, Sicherheitsverwahrung, §129a, großflächige Videoüberwachung, biometrische Pässe ... sind nur einige Stichworte eines endlosen Kataloges propagierter, potentieller Schritte auf dem Weg in eine Gesellschaft, welche Orwells berühmte Negativutopie „1984“ problemlos in den Schatten stellen könnte.

Die ständige Weiterentwicklung und Automatisierung von Sicherheits- und Überwachungstechnologien, im Übrigen ein Wirtschaftszweig mit ständig wachsender Bedeutung, impliziert auch ein ständig wachsendes Missbrauchspotential.

„Die Ketten spürt, wer sich bewegt?“

Menschen, die in irgend einer Form Systemkonformität vermissen lassen oder gar versuchen, den herrschenden Verhältnissen offensiv entgegenzutreten, haben seit je her mit repressiven Konsequenzen zu rechnen. Die derzeitige Forcierung des Sicherheitsapperats geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie die gesamte Gesellschaft unter Generalverdacht stellt.
In einer Gesellschaft, in der sich ein Großteil der Kommunikation über Medien, insbesondere das Internet vollzieht, kommen beispielsweise Eingriffe wie die geplante „verdachtstunabhängige Vorratsdatenspeicherung“, entsprechend derer die Kommunikationsdaten (Telefon, Mobilfunk und Internet) aller EU-BürgerInnen für mindestens 6 Monate gespeichert werden sollen, einer Beschneidung absoluter Grundrechte wie der Meinungs-, Presse-, und Informationsfreiheit gleich.
Der schon fast geflügelte Ausspruch „Ich habe nichts zu verbergen!“ fällt in diesem Zusammenhang nicht nur jeglichen „kritischen Geistern“ in den Rücken, sondern zeugt auch von einer unerschütterlichen Staatsgläubigkeit, die in ihrer schlimmsten Ausprägung im Nationalsozialismus bereits in Weltkrieg und letztlich in der industrielle Vernichtung von über 6 Millionen Menschen gipfelte.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die anschließend von den Alliierten in der BRD gesetzlich installierten Trennung von Polizei und Geheimdiensten hingewiesen, welche mittlerweile fast gänzlich ausgehöhlt wurde.

Freiheit vs. Sicherheit?

Die Debatte, inwieweit die bereits jetzt schon einer Farce ähnelnden Freiheiten des Individuums zu Gunsten seiner Sicherheit weiter eingeschränkt werden müsse, ist in diesem Zusammenhang irreleitend, da die realen Einschränkungen von „Freiheiten“ dem Individuum im Gegenzug oft nur das Gefühl eines Sicherheitszuwachses vorgaukeln. In Wahrheit zielen die forcierten Sicherheitmaßnahmen eben nicht auf einen Zuwachs des Individuums an Sicherheit, sondern stellen Instrumentarien der Krisenverwaltung im Kapitalismus dar.
Der zur Zeit sich vollziehende Sozialkahlschlag, von dem große Teile der Gesellschaft betroffen sind (Kinder, SchülerInnen, StudentInnen, SeniorInnen, Kranke, Arbeitslose, MigrantInnen,...) erfordert eben zunehmende Kontrolle. In Wahrheit ist nicht die Angst vor dem Internationalen Terrorismus treibende Kraft vieler geplanter Einschränkungen, sondern die Angst vor der eigenen Bevölkerung bzw. aus ihr erwachsender Widerstände (welche jedoch nicht zwangsläufig an einen emanzipatorischen Charakter gebunden sein müssen).
Wenn die bisher noch wirksamen Standortargumente und sozialen Konventionen nicht mehr greifen sollten (wovon wir leider noch weit entfernt sind), müssen eben entsprechende Repressions- und Kontrollinstrumentarien die bestehende Ordnung sichern.

Wer keinen Bock auf Überwachungsstaat hat oder sich gar, wie wir, die Möglichkeit einer „besseren“, freien Gesellschaft fernab von kapitalistischer Konkurrenz- und Verwertungslogik und all ihrer Auswirkungen bewahren will, steht jetzt in der Verantwortung, sich gegen den Abbau elementarer Grundrechte zu positionieren.

Antifa Landau
ld_kick_ass[at]yahoo.de"
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Ergänzungen

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bla — blabla

und danach nach MA! — monnemerin

Schaffbar — Schaffbar

alles schaffbar — Michel