Wahlprognose: Guatemala vor Rechstruck

pirata 09.09.2007 09:04 Themen: Weltweit
Wenige Tage vor der Wahl am 9. September prognostizieren die beiden größten Tageszeitungen des mittelamerikanischen Landes erstmals einen Sieg des rechtsradikalen Präsidentschaftskandidaten Otto Perez Molina von der „Partido Patriota“. Bislang gingen alle Umfragen von einer knappen Führung im ersten Wahlgang des moderaten Alvaro Colom aus. Es gilt allerdings als sicher, dass es zu einem zweiten Wahlgang am 4. November kommen wird.
Es scheint so, als würde der moderate Kandidat Alvaro Colom in die Geschichtsbücher Guatemalas als ewiger Verlierer eingehen. Zum dritten mal kandidiert der selbsternannte Sozialdemokrat nun schon, und zum wiederholten mal könnte der Kelch des gewinnenden Präsidentschaftskandidaten ganz knapp an ihm vorbeigehen. Vor vier Jahren führte er schon die Umfragen an, blieb aber dann kurz vor der Ziellinie Zweiter. Niemand zweifelte damals, dass er es ganz sicher 2007 schaffen wird. Doch der Teufel ist ein Eichhörnchen und kam mit dem damaligen Nobody Otto Perez Molina daher.
Der ehemalige General und Sunnyboy wurde vor vier Jahren als Sicherheitsberater in die Regierung berufen und schmiss nach nur drei Monaten den Büttel hin. Er war wohl sauer, dass er nur oberster Sicherheitsberater und nicht gleich Innenminister wurde. Die letzten Jahre verbrachte Otto Perez nicht nur mit Oppositionspolitik, sondern vor allem mit Spendergelder-Sammeln für seine rechtsradikale Partido Patriota (PP). Keine Partei war in der aktuellen Legislaturperiode so medienpräsent wie seine PP. Otto Perez sammelte Geld aus den USA, den reichsten Wirtschaftsclans Guatemalas und wohl auch von den Großen der Drogenmafia. Sie halfen die Botschaft von der „starken Hand“ in die Köpfe der einfachen Guatemalteken zu hämmern. Nur ein Manko hatte er. Er war General in Zeiten der Militärdiktatur, danach war er Chef des militärischen Geheimdienstes und der Präsidentengarde. In allen drei Funktionen hat er, so zivile Menschenrechtsorganisationen – etliche Menschen umbringen lassen.
In Guatemala hat es durchaus Tradition, Mörder zu Präsidenten zu wählen. 1999 gewann der rechtsradikale Alfonso Portillo, der im Wahlkampf offen zugab, in seinen jungen Jahren zwei mexikanische Studenten umgebracht zu haben. Das sei damals Notwehr gewesen, redete er sich raus, um aber im gleichen Atemzug zu bekennen: „Wenn ich mich selbst verteidigen kann, kann ich auch das Land verteidigen“. Den Guatemalteken gefiels, sie wählten einen bekennenden Mörder zum Präsidenten.
Das Argument, Otto Perez ist ein Mörder, zieht damit nur bedingt.
Und warum schafft es nicht der pseudosozialdemokratische Colom? Immerhin ist er bei Umfragen bekannter als der Papst? Vielleicht hat er sich selbst verbraucht. Schon vor vier Jahren hatte er mit dem berechtigten Vorwurf zu kämpfen, er erhalte Sponsoren-Gelder von der rechtsextremen FRG, die der Ex-Diktator Rios Montt anführt. Man kann auch jetzt davon ausgehen, dass Colom weniger von der Drogenmafia – wie Otto Perez – sondern eher aus rechtsextremen Kreisen (die sich wiederum auch von Drogengelder nähren) seinen Wahlkampf finanziert.
Das ganze ist ein Teufelskreis. Auch Giammatei, dritter in der Liste der aussichtsreichsten Kandidaten und Mitglied der Regierungspartei GANA hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon Menschen umbringen lassen. Als er im vergangenen Jahr Chef aller Gefängnisse Guatemalas war, stürmte die Polizei und Militär einen Hochsicherheitstrackt. Acht Insassen wurden dabei getötet. Sorry, hingerichtet. Zumindest besagt dies der Bericht des Menschenrechtsbeauftragten der Regierung. Demnach wurde alle Insassen gezielt hingerichtet. Unter den Ermordeten war auch der berühmte „El Columbiano“, einer der bekannteste Drogendealer des Kontinents. Laut Gerüchten soll er kurz zuvor einen Teil seiner Drogenmillionen der Otto Perez Partei „Partido Patriota“ gespendet haben. Und nicht, wie vor vier Jahren, der Partei von Giammatei, die derzeit an der Regierung ist. Aus Frust soll ihn die derzeitige Regierung umgebracht haben. Und um bei den Fakten zu bleiben: „El Columbiano“ und sieben weitere Häftlinge wurden – so der Menschenrechtbeauftragte der Regierung – von der Regierung umgebracht, die genauen Gründe liegen allerdings bis heute im Dunkeln. Dass Giammatei als oberster Gefängnisaufseher seine Finger im Spiel hatte, liegt aber auf der Hand. Er könnte übrigens in vier Jahren die Präsidentschaftswahl gewinnen.
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