FabrikbesetzerInnen bei Lone Star in FFM

alix 07.09.2007 21:06 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe
Gestern, am 6.9. fuhren mehr als achtzig KollegInnen der besetzten Fahrradfabrik Bike Systems aus dem thüringischen Nordhausen nach Frankfurt/Main. Dort unterhält der Finanzinvestor Lone Star ein Büro. Lone Star hatte die Firma vor anderthalb Jahren aufgekauft und im Juni die Schließung verkündet. Daraufhin haben die 135 FahrradwerkerInnen am 10. Juli ihren Betrieb besetzt.

Siehe auch:  http://de.indymedia.org/2007/07/188547.shtml
Da die "Fürsten und Magnaten", wie die KollegInnen die hohen Herren in einem für diesen Tag gedichteten Lied nennen, nicht bereit waren, zu ihnen zu kommen, sind sie eben selbst nach Frankfurt gefahren. Am Bahnhof wurden sie von ein paar Frankfurter IGM-KollegInnen erwartet, die die Demo für sie angemeldet hatten. Nachdem sich alle mit IGM-"Streiktüten" oder Heuschreckenkostümen ausstaffiert hatten, zog eine lautstarke Demo über die Hauptstraßen zur Hamburger Allee 14, dem Sitz von Lone Star. Die Herren scheinen Angst vor der Öffentlichkeit zu haben. Nur ein winziges Papierschildchen am Briefkasten deutet darauf hin, dass in diesem Glaspalast Lone Star sitzt. Die KollegInnen bauten sich zunächst vor dem Gebäude auf und sangen ihr Protestlied, zum Rhythmus der Trommeln, die sie aus Lacktonnen und anderen Materialien aus ihrem Betrieb gebastelt hatten. Die Sprechchöre "Rauskommen!" zeigten keine Wirkung, also versuchten einige KollegInnen, zu Lone Star vorzudringen. Schließlich wurde eine dreiköpfige Verhandlungsdelegation zugelassen.

Die Forderungen der FahrradwerkerInnen an Lone Star sind:
* Rücknahme des Gesellschafterbeschlusses vom Juni 2007 über die Abwicklung der Fabrik;
* Weiterführung der Produktion oder Verkauf an einen strategischen Investor;
* Rücknahme des Insolvenzbeschlusses vom 10.8.2007.

Erwartungsgemäß kam bei dieser Verhandlung nichts raus. Nach mehr als zwei Stunden Belagerung zogen die KollegInnen wieder zu ihren Bussen, um nach Nordhausen zurückzufahren. Nicht ohne vorher noch mal zu bekräftigen, dass der Kampf weiter geht, wie sie es auch in ihrem Flugblatt mit Clara Zetkin gesagt hatten: "Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Erst recht!"

Die Umstände sind tatsächlich nicht günstig. Durch den Insolvenzantrag stehen die KollegInnen jetzt ohne Einkommen da. Obwohl noch niemand gekündigt wurde und die Arbeitsverhältnisse fortbestehen, zahlt Lone Star keine Löhne mehr und versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Das Insolvenzverfahren wird erst im November eröffnet. Erst dann können die Lohnforderungen aus der Insolvenzmasse erfüllt werden. Um diese Zeit mit Arbeitslosengeld zu überbrücken, mussten die BesetzerInnen zum Arbeitsamt. Viele haben vorsorglich auf den Antrag geschrieben, dass sie nicht bereit sind, bei der MIFA zu arbeiten. Das ist die Fahrradfabrik im 40 km entfernten Sangerhausen, in die sich Lone Star ebenfalls eingekauft hat. Die Arbeitsbedingungen sollen dort wesentlich schlechter sein, und die Belegschaft eingeschüchtert. Eine "Lösung", die Arbeiten für die MIFA unter solchen Bedingungen beinhaltet, ist für die KollegInnen aus Nordhausen nicht akzeptabel.

Genau zwei Monate dauert diese Fabrikbesetzung inzwischen an. Am Anfang hatten die KollegInnen durch viele Aktionen und zahlreiche Präsenz am Werkstor auf sich aufmerksam gemacht. Nach einer Sommerpause, in der die Streikschichten nur notdürftig besetzt waren, planen sie jetzt neue Aktivitäten gegen den "milliardenschweren Gegner".

Weitere Informationen und Fotos bei Labournet:
 http://www.labournet.de/branchen/sonstige/fahrzeug/bikesystems.html

Spendenkonto:
Kreissparkasse Nordhausen
BLZ: 820 540 52
Konto-Nr. 30026518
Kennwort: Besetzer Bike Systems

Kontakt zu den BesetzerInnen:  fahrradwerk@gmx.de
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Ergänzungen

ArbeiterInnen von CHILAVERT solidarisieren

sich mit Bike-Systems 08.09.2007 - 12:38
zwar schon von anfang august, aber trotzdem ganz interessant:
geklaut von:  http://selbstverwaltetebetriebe.blogsport.de

Diese Woche ging ein Solischreiben der Selbstverwalteten Druckerei Chilavert aus Buenos Aires (empresa recuperada) an die ArbeiterInnen von Bike-Systems. Darin sprechen sie ihnen ihre Solidarität aus und erzählen kurz über ihre Erfahrungen. Sie sprechen davon, dass im Nachhinein die Selbstverwaltung der einzig gangbare Weg war. Hoffen wir, dass daraus eine wunderbare Freundschaft wird;-). Aber lest selbst

Buenos Aires, 30 de julio de 2007

A los compañeros trabajadores de Bike-Systems:

Les escribimos desde Argentina ya que gracias a nuestro amigo Leander nos hemos enterado de vuestra lucha por mantener sus puestos de trabajo.
Nosotros somos un grupo de trabajadores que en el año 2002 recuperamos el taller gráfico del que éramos empleados. Al igual que en su caso, la empresa estaba en quiebra y corríamos el riesgo de “quedarnos en la calle”, sin ninguna esperanza. Frente a esta situación unimos nuestra fuerza y logramos armar una cooperativa. Tras una larga lucha, que ha durado 7 meses, conseguimos la tenencia legal del edificio y las máquinas de la gráfica. Este no es el único caso en la Argentina, existen 180 empresas recuperadas. Juntos peleamos por la dignidad del trabajo.
Lo que nos parecía imposible se demostró como la salida más realista. Fue difícil afrontar ese nuevo desafío, pero gracias a la fuerza de todos los compañeros hoy mantenemos nuestros puestos de trabajo y logramos poner en funcionamiento la imprenta. Es una experiencia que nos reconforta y dignifica.
Desde acá vamos a apoyar su lucha. Estamos disponibles para lo que necesiten, esperamos sus noticias.
Fuerza Compañeros!!! Y como dijo Che Guevara:
“…sean siempre capaces de sentir en lo más hondo cualquier injusticia cometida contra cualquiera en cualquier parte del mundo. Es la cualidad más linda de un revolucionario.”
Un saludo fraternal.
Trabajadores de Cooperativa Chilvert.

An die KollegInnen ArbeiterInnen von Bike-Systems:

Wir schreiben Euch aus Argentinien nachdem wir dank unseres compañeros Leander von euerm Kampf zur Erhaltung eurer Arbeitsplätze gehört haben.
Wir sind eine Gruppe von Arbeitern, welche 2002 die Druckerei in der wir zuvor arbeiteten zurückgewonnen haben.
Gleich wie in eurem Fall, war die Firma in Konkurs geraten und wir liefen gefahr “auf der Strasse zu bleiben”, ohne irgendeinen Hoffnungsschimmer. Angesichts dieser Situation haben wir unsere Kräfte vereint und schafften es eine Kooperative zu gründen. Nach einem langen Kampf, welcher 7 Monate dauerte, errreichten wir das Besitzrecht am Gebäude und an den Maschinen. Dies ist nicht der einzigste Fall in Argentinien, es existieren 180 wiederhergestellte/wiedergewonnene Firmen (spanisch: empresas recuperadas). Zusammen kämpfen wir für die Würde der Arbeit.
Was uns unmöglich erschien erwies sich als der realistischste Ausweg überhaupt. Es war schwierig sich dieser neuen Herausforderung zu stellen, aber dank der Stärke aller Kollegen und Freunde haben wir bis heute unsere Arbeitsplätze erhalten und die Druckerei wieder in Gang gebracht. Dies ist eine Erfahrung die uns stärkt und unsere Würde zurück gibt.
Von hier aus werden wir euren Kampf unterstützen. Wir stehen euch für alles was ihr braucht zur Verfügung und warten auf eure Nachricht.
Fuerza Compañeros!!! (Kraft compañeros)
Und wie Che Guevara sagte:
“…mögt ihr immer in der Lage sein in der größten Tiefe jede begangene Ungerechtigkeit gegen irgendwen an jedem Ort der Welt zu erkennen. Dies ist schönste aller Qualitäten eines Revolutionärs.”
Ein brüderlicher Gruß.
Die ArbeiterInnen von Chilavert

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 3 Kommentare an

Besetzung <> Einteignung? — don't care

nicht naiv — muss ausgefüllt werden

@ besetzung — blub