Berlin: Bundeswehr im Arbeitsamt gestört

Hans Dampf 07.09.2007 13:40 Themen: Militarismus Soziale Kämpfe
Erneut wurde in Berlin gegen die Werbeveranstaltungen der Bundeswehr in Arbeitsagenturen demonstriert. Nachdem im März, April und Mitte Mai die Veranstaltungen von Bundeswehr und Arbeitsamt abgesagt wurden, fand nun nach der Sommerpause die Rekrutierungsshow unter Polizeischutz statt. Aber nicht ohne Proteste.
Etwa 50 Interessierte besuchten die Bundeswehr-Veranstaltung im Arbeitsamt. Eine knappe halbe Stunde wurden der äußerst verunsicherte Bundeswehroffizier mit Fragen (siehe Junge-Welt-Artikel) gelöchert und kam mit seinem Vortrag nicht voran. Dann wurde die Veranstaltung unterbrochen, alle Personen hinausgebeten und die Räumlichkeiten gelüftet. Nur noch Menschen unter 20 Jahre erhielten danach die Möglichkeit an der weiteren Veranstaltung teilzunehmen. Wieder kamen einzelne Fragen, woraufhin die Fragenden hinausgebeten wurden. Schließlich war nur noch ein speziell von der Bundeswehr eingeladener Hauptschullehrer mit seiner Schulklasse aus dem Wedding anwesend.

Unterdessen demonstrierten rund 50 Personen unmittelbar vor dem Eingang der Arbeitsagentur gegen die Werbeshow der Bundeswehr. Es wurden per Megaphon Redebeiträge zum Thema verlesen, zur Demo am 15.9. mobilisiert und die drei im Knast Berlin-Moabit gefangenen Antimilitaristen solidarisch gegrüßt (siehe  http://soli.blogsport.de ).

Der Leiter des Arbeitsamts, Bundeswehr-Vertreter und die Polizei versuchten mit ihrer Präsenz vor und im Arbeitsamt dafür zu sorgen, dass alles in geordneten Bahnen verläuft. Schließlich war die Presse anwesend und man wollte keine schlechten Bilder in den Medien sehen. So ein Aufgebot von Arbeitsamt, Bundeswehr und Polizei wird auch bei den kommenden Rekrutierungsveranstaltungen nötig sein.

Weiterer Bericht auf Indy:  http://de.indymedia.org/2007/09/193592.shtml

Die nächsten Termine in Berlin sind angekündigt für
BIZ Berlin-Mitte, Friedrichstraße 39, 10969 Berlin
11.10.2007, 15-18 Uhr (?)
22.11.2007, 15-18 Uhr

BIZ Hellersdorf, Janusz-Korczak-Str. 32, 12627 Berlin
11.10.2007 15-18 Uhr
06.12.2007 15-18 Uhr
14.02.2008 15-18 Uhr
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Ergänzungen

was hat die Armee auf'm Arbeitsamt zu suchen?

radio corax 07.09.2007 - 21:26
Der Aufschwung kommt! Das jedenfalls scheinen neuerdings Uniformierte zu versprechen, die lukrative Jobs anbieten. Neenee- nicht etwa in irgendwelchen LAndser-Heften, sondern in den Arbeitsagenturen, wie die Ämter so neudeutsch heißen. Am Donnerstag kommt die Bundeswehr in die Berliner Arbeitsagentur Mitte. Und dort werden sie dann, ähnlich wie unlängst in Halle, geschniegelt und smart für Kriegsjobs werben. Moderne Söldner-Werbung sozusagen, getarnt unter der Attraktivität von Hightech-ausbildung und gesicherten Verhältnissen. Initiativen aus der Friedensbewegung und der radikalen Linken nehmen dies zum Anlass für antimilitaristische Proteste. Das bundesweite Bündnis ?Bundeswehr wegtreten? ruft zu einer Kundgebung vor und im Arbeitsamt auf. Roland Wohlgemuth von diesem Bündnis im Gespraech mit Georg von Radio CORAX

Presseshow

. 10.09.2007 - 16:22
Neues Deutschland, 07.09.2007

Bundeswehr informiert unter Polizeischutz
Arbeitsagentur kündigt weitere Werbeveranstaltungen mit dem Militär an

Nach drei erfolglosen Versuchen im Frühjahr diesen Jahres hat die Bundeswehr gestern unter Polizeischutz eine Informationsveranstaltung für Schüler in der Arbeitsagentur Mitte durchgeführt. Rund 70 Demonstranten riefen vor der Agentur dazu auf, „die Bundeswehr in ihrem Streben nach mehr gesellschaftlicher Akzeptanz verbunden mit ihrer Selbstinszenierung im öffentlichen Raum zurück zu drängen.“ Seit fast einem Jahr organisiert sich bundesweit der Protest gegen Werbeveranstaltungen der Bundeswehr in Arbeitsagenturen. In Berlin waren solche Veranstaltungen bisher kurzfristig abgesagt worden, nachdem verschiedene Gruppen Proteste angekündigt hatten. „Bei diesen Veranstaltungen versucht das deutsche Militär neues „Menschenmaterial“ für seine derzeitigen und kommenden Kriege zu rekrutieren. Die Arbeitsagenturen und die Bundeswehr arbeiten hier Hand in Hand. Sie zielen damit vor allem auf Jugendliche, aber auch auf ALG2- Empfänger,“ so Roland Wohlgemuth, Sprecher der Initiative „Bundeswehr wegtreten“. Die Demonstranten forderten darüber hinaus die Freilassung der drei inhaftierten Aktivisten, die Ende Juli in Brandenburg festgenommen wurden.

In der Arbeitsagentur wird die Werbeveranstaltung bereits nach 20 Minuten unterbrochen. Zu viele kritische Nachfragen bringen den vortragenden Soldaten aus seinem Konzept. Nach einer zehn minütigen Pause, in der alle den Raum verlassen mussten, entscheidet die Polizei per Gesichtskontrolle über die weitere Teilnahme. Wer jung genug aussieht, darf wieder rein. Doch auch das Aussehen ist entscheidend. Draußen darf ein junger Mann nicht einmal die Arbeitsagentur betreten. „Beschweren sie sich doch beim Polizeipräsidenten,“ so der Beamte, der mit etwa zehn anderen den Eingang bewacht. Drei weitere Jugendliche dürfen auf mehrmaliges Nachfrage doch noch in den Raum. Vor der Tür gaben sich die 18-jährigen zwar „genervt von den Störern“, die Fragen, die gestellt wurden fanden sie dennoch interessant. „Das interessiert mich persönlich schon auch, was da so gefragt wurde,“ so einer der Abiturienten.

Rund 30 an der Debatte Interessierten wurde Hausverbot erteilt. Sie verließen die Agentur, nachdem ihnen Anzeigen wegen Hausfriedensbruch angedroht wurden. Die Arbeitsagentur in Mitte will auch weiterhin regelmäßig Veranstaltungen mit der Bundeswehr durchführen. „Selbstverständlich,“ so Geschäftsführer Christian Gärtner. „Die Bundeswehr ist ein Arbeitgeber wie jeder andere auch.“ Für den 11. Oktober ist zudem im Berufsinformationszentren Hellersdorf eine Veranstaltung geplant. Auch die Proteste werden fortgesetzt, die Initiative „Bundeswehr wegtreten“ werde weiterhin dazu aufrufen, gegen diese Werbeveranstaltungen zu demonstrieren, so deren Sprecher Wohlgemuth.

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Berliner Zeitung, 07.09.2007

Clownesk
(Mit großem Aufmacher-Foto)

In Farbe: Ein Demonstrant hat sich als Clown und Soldat verkleidet. Er gehörte zu rund 20 Menschen, die gestern vor dem Berufs-Informations-Zentrum in der Friedrichstraße gegen eine Informationsveranstaltung über Ausbildungsmöglichkeiten bei der Bundeswehr demonstrierten.

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junge Welt, 07.09.2007

Bundeswehr wegtreten

Rund 50 Kriegsgegner demonstrierten am Donnerstag vor dem Jobcenter Berlin-Mitte gegen den Versuch der Truppe, Erwerbslose als Kanonenfutter anzuheuern. Auch im Gebäude selbst stießen die sogenannten Wehrdienstberater bei ihrem Werbebesuch auf wenig Gegenliebe: »Wie hoch ist das Berufsrisiko, und wie sieht es mit Arbeitsschutz aus?« wollte ein Jugendlichwer wissen. »Was, wenn ich in Afghanistan ein Bein verliere?« fragte der nächste. Um die Rekrutierungsveranstaltung der Bundeswehr nicht gänzlich ad absurdum führen zu lassen, wurde die Polizei zu Hilfe gerufen, die die Kritiker des Gebäudes verwies.