60 Nazis blamieren sich in Neuruppin

Inforiot 01.09.2007 19:11 Themen: Antifa
Am Sonnabend, dem 1. September haben in Neuruppin rund 60 Neonazis demonstriert. Der neonazistische "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) hatte den Aufmarsch kurzfristig organisiert. Als Anlass diente der Jahrestag des Naziangriffs auf Polen, dem Beginn des zweiten Weltkrieges. An Gegenaktionen beteiligten sich rund 800 BürgerInnen und Antifas. Eine Sitzblockade wurde von der Polizei aufgelöst. Mehrere Menschen wurden verletzt. 200 PolizistInnen waren im Einsatz, es gab mindestens zwei Ingewahrsamnahmen von GegendemonstrantInnen.
Schon morgens um 9.30 Uhr demonstrierte ein städtisches Bündnis gegen die Nazidemo. Daran beteiligt waren unter anderem Parteien, Initiativen wie das "MBT" und der alternative Jugendklub "Mittendrin". Auf einer Kundgebung in der Innenstadt erklärten RednerInnen, dass "Neuruppin bunt und nicht braun" sei. Der Neuruppiner Bundestagsabgeordnete Ernst Bahr (SPD) betonte, dass die historischen Nazis auch "am Leid der Vertriebenen Schuld" hätten. Im Stadtgebiet waren zudem Plakate und Transparente aufgehängt - unter anderem: "In Neuruppin ist nur die Wurst von Fleischer Dülfer braun".

Gegen Mittag wurden die eintreffenden Neonazis am Bahnhof Rheinsberger Tor mit "Nazis raus"-Rufen in Empfang genommen. Eigentlich hatte am Sammlungsort der Nazis von NazigegnerInnen per Traktor eine Ladung Gülle ausgekippt werden sollen - die Polizei verhinderte dies jedoch. Die Nazis hatten 200 Personen für ihre Veranstaltung angekündigt. Es waren tatsächlich jedoch nur rund 60. Nicht einmal der Anmelder, der Berliner Kameradschaftsaktivist Sebastian Schmidtke war zu seiner eigenen Demo gekommen. Zahlreiche Neonazis trafen darüber hinaus verspätet ein. Gerüchteweise wurde über eine Notbremsung in der Regionalbahn die Anreise verzögert. Wenn die Neonazis über ihren Lautsprecherwagen Durchsagen machten, wurde dies von der Anlage eines gegenüberliegenden Kulturzentrums mit Musik und Antinazi-Parolen übertönt.

Aktionsbündnis-Chef gegen Sitzblockade

Als die Nazis loslaufen wollten, gab es gleich am Anfang in der Karl-Marx-Straße eine Sitzblockade. Von Seiten des landesweiten "Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit" war diese Zivilcourage offenbar nicht erwünscht. Der Bündnis-Vorsitzende Heinz-Joachim Lohmann, Kirchenfunktionär aus Wittstock, rief per Polizeimegafon die NazigegnerInnen auf, ihre Blockade abzubrechen. Es sei bereits genügend Protest gezeigt worden, so Lohmann. Der Aufforderung kamen jedoch nur sehr wenige Menschen nach.

Polizeigewalt: Linkspartei-Politikerin verletzt

Die Blockade wurde von der Polizei mit recht harschem Einsatz aufgelöst. Ohne die Räumung hätten die Nazis nicht marschieren können. An der Kreuzung Marx-Präsidentenstraße ging die Polizei dann aus nicht erkennbarem Grund besonders brutal vor. Beispielsweise wurde einem etwa 15-jährigen Mädchen Tränengas ins Gesicht gesprüht. Auch Kirsten Tackmann, Kyritzer Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, sowie der Kreischef der Jusos wurden durch das Tränengas verletzt. Tackmann kündigte an, deshalb Anzeige zu stellen. Ein weiterer Mann musste ins Krankenhaus gebracht werden. Es gelang trotzdem vielen NazigegnerInnen, über die gesamte Demostrecke neben den Neonazis her zu laufen und ihren Protest direkt zu äußern - die rechten Parolen wurden niedergerufen. Zeitweise hatte der Aufzug die Qualität von einem Spießrutenlauf für die Neonazis.

Ein Neuruppiner Grünenpolitiker riss indes einem Naziredner das Mikrofon aus der Hand. Die Polizei gab ihm daraufhin einen Platzverweis. Das Mikrofon war jedoch zu Bruch gegangen: Hinterher gab es keine Redebeiträge mehr sondern nur noch Musik von den Nazis zu hören.

Die Nazidemo führte vom Bahnhof durch die Innenstadt bis zum Neubaugebiet und dann wieder zurück. Es wurden Parolen wie "Nie wieder Krieg - nach unserem Sieg" und "Israel - internationale Völkermordzentrale" gerufen. Auf Transparenten und Plakaten wurde das "unbesiegbare Nordkorea" gefeiert und "Gegen Krieg und Kapital - unser Kampf ist national" proklamiert. Hauptredner war der Berliner KDS-Aktivist Michael Koth. Der KDS ist eine Splittergruppe im neonazistischen Spektrum, der eine obskure "Querfront"-Zusammenarbeit mit orthodoxen marxistischen Gruppen anstrebt. Auf der Abschlusskundgebung solidarisierte sich Koth mit dem "Kampf der Völker in Iran und Nordkorea".
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Ergänzungen

kommentar

dabeigewesener 02.09.2007 - 08:08
politische ergänzung.

der leiter des aktionsbündnisses hatte zusamen mit stadtvertretern überhaupt erst die duldung der blockade bei der polizei ausverhandelt, vorher hatte die polizei relativ rabiat leute abgedrängt, die auf die strasse wollten, und war dabei zu diesem zeitpunkt noch erfolgreich, da hier nur wenige verschten, den spielraum der demontrantInnen auszuweiten. .

die blockade sollte nach willen der offiziellen wohl nur temporär sein, bis die nazis kämen ... dass die leute -zugereiste wie bürger - dann nicht aufstehen wollten war von dieser seite aus wohl nicht eingeplant, aber richtig klasse, zumal keine spaltung innerhalb der demonstrantinnen zustande kam. so entstand erst die möglichkeit der ständigen begleitung der nazis durch gegnerInnen, welche die polizei mangels eines funktionierenden einsatzkonzeptes dann nicht mehr wirklcih abschütteln konnte.

sicher gibt es unterschiedliche politische spektren und daher auffassungen von antifaschismus bei einer solche provinzaktion, aber man sollte doch eher hervorheben, daß hier eine gelungene bündnisarbeit stattgefunden hat. die anmeldung einer demo plus aufruf zu spontanen protesten w ä h r e n d der nazidemo durch die stadtverordneten aller (!) parteien öffnete den rahmen eben für solche begleit- und blockadeaktionen der bürgerInnen und anderern antifaschistInnen. das unterscheided sich wohltuend von der distanziererei und spaltung die es oft in anderen städten zwischen offizieller politik und politischen aktivistInnen gibt. in neuruppin ist das auch nicht alles friede-freude-eierkuchen, aber es gibt wenig grund für prinzipielle anfeindungen.

montag werden sicher offizielle pressekonferenzen folgen, da sollte man mal drauf achten.

Pictures & Comments

inforiot 02.09.2007 - 12:00
HIER gibt es noch ein paar Bilder und weitere Kommentare.

Bilder auf ADF-Berlin

lklklk 02.09.2007 - 13:32
bei  http://www.adf-berlin.de und dann dem link folgen

unbesiegbares nordkorea

martin 03.09.2007 - 12:57
Das Plakat hält sich eine Nazi vors Gesicht

Alle Nazis auf einem Blick

Timur und sein Trupp 03.09.2007 - 17:01
Da es in Neuruppin nur ca. 60 Nazis waren, hier ein schneller Überblick

Die Nazis

im Überblick 03.09.2007 - 17:17
Zwischendurch gelang es der polizei den protest komplett auszusperren.
60 Nazies, umringt von Polizei, latschen durch einsamme Straßen von Neurupppin.

Bilder der Gegenproteste

ak_antifa 16.09.2007 - 03:05
...gibts hier:  http://ak.antifa.net/

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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mehr fotos

punka 01.09.2007 - 19:38
mehr fotos wären toll, da doch bekannte gesichter auf der demo waren, die man gerne mit namen benennen würde !!!

hahahahaha

Didièr Dragee 01.09.2007 - 21:59
wie geil ist das denn? "Solidarität mit dem unbesiegbaren Nordkorea" ? Muhaha, und dann heisst der Typ auch noch Michael KOT, wie scheisse kann man sein?

Danke Weltgeist

Wortspieler 04.09.2007 - 12:41
"KDS-Nazi Michael Koth"
der Name passt ja wohl, wie Arsch auf Eimer und ist offenbar Programm.