Heftiges Urteil gegen Marburger Studies

Theo Backe 30.08.2007 11:20 Themen: Bildung Repression
Drei Studierende wurden am Montag, den 27.8. nach einer 11stündiger Verhandlung vor dem Marburger Amtsgericht zu Haftstrafen zwischen 4 und 6 Monaten auf Bewährung verurteilt. Hinzu kommen je 200 Stunden Arbeit bei der Straßenmeisterei. Während der gesamten Verhandlung ging es recht turbulent im Gerichtssaal zu und nach der Urteilsverkündung flogen Clownsnasen auf den Richter und den Staatsanwalt, der mit seiner Forderung nach Geldstrafen weit weniger als das tatsächliche Urteil forderte.
Ausschlaggebend war der richterliche Vorwurf, es handele sich bei der sogenannten Autobahnblockade nicht nur um Nötigung sondern auch um Freiheitsberaubung, was weder der Staatsanwalt, noch irgendwer sonst so sah. Richter Taszis kann sich sicher sein nun endlich in die Medien kommen, jedoch um den Preis allseits belächelt zu werden. Die Betroffenen gehen in Berufung und sind v.a. wegen der anhaltenden Solidarität guten Mutes. „Dann muss uns halt das Landgericht freisprechen“ betonen sie.
Trotz Semesterferien und vermehrter Resignation im Kampf geben Studiengebühren erhielt dieser Prozess große öffentliche Aufmerksamkeit. So übernachteten mehrere Leute vor dem Amtsgericht und harrten den gesamten Prozess vor und im Gericht aus.
Die Angeklagten kündigten an am kommenden Dienstag, den 4.9. in vorauseilenden Gehorsam die ersten Sozialstunden abzuleisten. So ziehen – mit hoffentlich viel putzwütiger Unterstützung – ab 15:30Uhr vom Elisabeth-Blochmann-Platz vor der Mensa durch die Stadt auf das kein Straßenschild sauber bleibt. Und wehe jemand benutzt Farbe statt Wasser zur Straßenreinigung!!! Mit dieser Aktion soll auf das skandalöse Urteil aufmerksam gemacht werden.

Mehr Infos und Hintergründe:
Links zu den überwiegend positiven Presseartikeln:

 http://www.op-marburg.de/op/home.news/article.op.jsp?id=20070827.663056
 http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=15662&key=standard_document_32861700

 http://www.asta-marburg.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic_id=27&page_id=1400

 http://www.asta-marburg.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic_id=27&page_id=1400
 http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/393014

 http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,502442,00.html
 http://www.taz.de/index.php?id=deutschland&art=3785&id=deutschland-artikel&cHash=1c3548e73e
 http://www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=15662&key=standard_document_32897994
 http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/lokalnachrichten/aktuell/?em_cnt=1200111
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Ergänzungen

Bürgerrechtle berichteten über Gerichtsprozeß

MA pol Dragan Pavlovic 30.08.2007 - 12:32
Hallo,

die Bürgerrechtsorganisation hat dazu einen Presseartikel verfasst:

 http://www.hu-marburg.de/homepage/presse/info.php?id=209#pressemitteilung

und ist auch im Humanistischen Presseportal erschienen.

Woran es liegt, dass die Justiz in Deutschland so vehement politisch (und nicht etwa annähernd neutral ist), kann man unter "Das Problem" bei  http://www.gewaltenteilung.de nachlesen.


wieso

ganz vermehrter 31.08.2007 - 04:04
warum denn bitte "vermehrte resignation im kampf gegen studiengebühren"??? nachdem selbst die hessische generalstaatsanwältin ein negatives gutachten abgegeben hat, bestehen doch gute chancen, dass die studiengebühren als verfassungswidrig kassiert werden!

Widerspruch und Anregung

k.o.b.r.a. 31.08.2007 - 15:51
Der Position, dass die fehlende Gewaltenteilung das Problem, würde ich widersprechen - Filz ist nicht durch formale Trennungen zu stoppen. Würden höhere RichterInnen die anderen ernennen, entsteht keine Gewaltenteilung. Modernere RechtsphilosophInnen bestreiten ohnehin, dass es Gewaltenteilung überhaupt vom Konzept her gibt.

Beängstigender finde ich, dass trotz der Vorhersehbarkeit der widerlichen Prozessführung und Verurteilung durch den Richter eine offensive Prozesstrategie verhindert wurde. Nach bisherigen Informationen haben Rechtshilfegruppe und AnwältInnen selbst deutlichen Einfluss darauf genommen, dass das Verfahren den Regeln entsprechend abläuft. Das ist ein sich wiederholender Effekt: Rechtshilfegruppen und AnwältInnen sind Garanten der Durchsetzung der Regeln der Herrschenden - als solche sollte deren Einfluss auf AktivistInnen eher in Zukunft mehr in Frage gestellt werden. In politischen Prozessen sind die Angeklagten (und nicht angeklagten Mitgemeinten) die wichtisten AkteurInnen. Sie haben die politische Botschaft. Sie zum Schweigen zu bringen oder ihr Verhalten zu reglementieren bedeutet, die Spielregeln der anderen Seite durchzusetzen.

In Mittelhessen wäre es einfach gewesen, auch Know-How für einen anderen Stil einfließen zu lassen. Das ist ganz bewusst, auch auf dringendes Anraten von AnwältInnen und Rechtshilfegruppen nicht gemacht worden. Ob der Richter in einem anderen Fall anders geurteilt hätte, ist Spekulation. Aber es wäre ihm schwerer gefallen und es hätte nicht nur vor dem Gericht politische Aktions- und Artikulationsmöglichkeiten gegeben. Dass es sie vorher und nachher (z.B. ja recht kreativ) gegeben hat, ist aber schon mal ein äußerst positiver Unterschied zu den meisten politischen Prozessen, wo sich die Angeklagten von RichterInnen, Staatsanwaltschaft, den eigenen VerteidigerInnen und den typischen Rechtshilfegruppen zu Statisten degradieren und den Mund verbieten lassen.

Offensive Rechtshilfe:  http://www.prozesstipps.de.vu
Aktionsideen:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression

Am Dienstag, den 4.9. läuft im Kino Traumstern (Lich) ab 20 Uhr die Veranstaltung "Fiese Tricks von Polizei und Justiz" mit Beispielen zu solchen offensiven Auseinandersetzungen. ( http://www.projektwerkstatt.de/fiesetricks). Ein Workshop zu kreativer Antirepression ist für Gießen gerade in der Debatte - und kann gerne auch mehrmals bzw. an anderen Orten laufen.

Kritiken an kreativer Antirepression sind erwünscht - das nach solchen Texten übliche Gehetze in Staatsschutzmanier nicht zu verhindern ...

Gerichte zu Aktionsplattformen machen. RichterInnen als Symbole und Vollstrecker von Herrschaftsinteressen demaskieren statt überzeugen wollen!

Mehr über den Richter

Ulrich Brosa 31.08.2007 - 21:12
Mehr Infos über den Richter Jürgen-Peter Taszis:
 http://de.indymedia.org/2007/08/192375.shtml

Schauprozess - Schock und Möglichkeit?!

N'solidarischer Mensch 01.09.2007 - 13:35
unter:  http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,502442,00.html ist zu lesen:
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Gegen Hunderte anderer Studenten wurde nicht ermittelt, nur gegen die ehemalige Asta-Sprecherin und ihre beiden Kommilitonen. "Ein Polizist, der bei der Demonstration dabei war, hat unsere Namen genannt, weil wir während der Blockade die ganze Zeit Kontakt zur Polizei hatten", sagt Behrendes. Nach ihren eigenen Angaben hat sie versucht, zwischen Demonstranten und Polizisten zu vermitteln. So sehen es auch der Marburger Uni-Kanzler Friedhelm Nonne und Uni-Präsident Volker Nienhaus. "Dass ausgerechnet die drei herausgegriffen werden, die versucht haben, Konfrontationen zu vermeiden, ist schon etwas irritierend", sagte Nienhaus der "Frankfurter Rundschau".
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Da kann ich nur sagen: Versteht denn keiner die Botschaft der Bullerei? Sie will euch doch nur weiterbilden und gibt eucht Tips: "Reden mit uns hat keinen Zweck"

ja und weiter is zu lesen:
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Behrendes kritisiert auch die aus ihrer Sicht "chaotische" Verhandlung: "Der Staatsanwalt kannte die Akten nicht, die Zeugen machten völlig widersprüchliche Angaben, die Fakten wurden nicht erfragt." Der Richter habe keinen Zweifel daran gelassen, dass er das Urteil schon vorher formuliert habe, so ein Vorwurf der 23-Jährigen Studentin. Sie und die beiden anderen Angeklagten hatten vergeblich versucht, den Richter wegen Befangenheit abzulehnen.
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Befangenheit is ja geradezu ne Verschleiherung seines Interessenstandpunktes. Natürlich ist er als bürgerlicher rechtsfanat und Vertreter der Eigentumsrechte Feind 1.derartiger Zweckentfremdungen von Staatseigentum Autobahn, 2. Freund und Helfer der Freund und Helfer und 3.Gegner der Oppositonsversuche gegen den Kapitalismus in seiner aktuellen neoliberalen Ausprägung und seinen Konsequenzen (Ja auch Wissen ist schon lange Ware).

Würde mich daher bezüglich der Nutzung des Gerichtssaals als politischen Aktionsraum in einem der vorangehenden Beiträge anschließen. Nirgendwo sonst wird wie in politischen Prozessen die Theatralik und die Schauprozesshaftigkeit offensichtlicher. Sogar so offensichtlich, dass es selbst bürgerlichen Medien wie dem Spiegel wie Schuppen von den Augen fällt. Ich will hier keine Werbung machen aber ich lese zur Zeit ein Buch, was in Bezug auf die Nutzung des Gerrichtssaal als politische Bühne sehr anregend ist: Die Jahre der Kommune I. Berlin 1967-69 geschrieben von Ulrich Enzensberger. Dort sind echt Theaterreife Prozessprotokolle drin in denen sich z.B. ein Fritz Teufel selbst verteidigt und die Richter ins Lächerliche zieht. So etwas kostet natürlich sehr viel Energie, Selbstbewusstsein und vor allem Mut von den Betroffenen und nicht zuletzt - und das is wohl eher das Hauptproblem - eine kritische Einstellung zur bürgerlichen Gesellschaft auf Seiten der Studierenden, ja und die is gerade bei jener gesellschaftlichen Gruppe aktuell äußerst selten anzutreffen, da bei den meisten Studis - schaut man sich in der Unihalle um und bemerkt die hochgereckten Nasen (findet man natürlich auch in fast jeder Subkultur)- die Identifikation mit der Herrschaft schon vollzogen ist. Die meisten Studis sind in ihrem eigenen Kopf eben nicht wirklich Studis, sondern wähnen sich bereits auf einem verhältnismäßig sicheren Arbeitsplatz am oberen Ende der Gesellschaft.
Dennoch, denn es hilft ja nichts: Avanti, Avanti!!!
Wenn der Staat wiederma seine Zähne zeigt, dann is mann natürlich solidarisch, auch mit Studenten, die mit den Bullen reden und sich dann über Probleme entsetzen... :-)

Vorsicht vor der Oberhessischen Presse

Ulrich Brosa 01.09.2007 - 17:28
Manfred Hitzeroth, der Sohn des Herausgebers und ehemaligen
Eigentümers der Oberhessischen Presse Dr. Wolfram Hitzeroth,
hat sich heute (1.9.2007) in "seiner Zeitung" so geäußert:

"Umstrittenes Urteil beruht nicht auf politischer Willkür

... die Richterschelte greift ein bisschen kurz. Denn der
Marburger Amtsrichter [Taszis] hat sich eingehend mit den
Vorgängen beschäftigt und nicht einfach aus politischer
Willkür ein Urteil gefällt...

Relativ sinnlos waren bei der Hauptverhandlung die
zeitraubenden Versuche der Verteidiger, nachzuweisen,
dass die Polizei am fraglichen Tag schlecht organisiert
war. Es bringt im Nachhinein auch nichts, nachzuprüfen,
ob die drei Angeklagten als Vermittler tätig waren..."

Wer in der Oberhessischen Presse die Lobpreisungen für
Dr. Reinfried Pohl und andere einheimische Rotarierer
gelesen hat, dem wird übel. Auch solche Sätze wie
"Es ist schlimm, dass wir uns von Türkenjungen terrorisieren
lassen müssen"
stammen aus der Oberhessischen Presse:
 http://www.althand.de/kirchhain.html#op
Übel war schon die Verleumdung des Theo K. als
"Geiselnehmer von Stadtallendorf", eine Gefälligkeit
der Oberhessischen Presse für die einheimischen Polizeifürsten.
 http://www.althand.de/polsprech.html

Die "Oberhessische" biedert sich seit langem
bei den politisch Mächtigen an. C.Hitzeroth war
ein Mitläufer des NS-Regimes.(Einfach in
 http://eldorado.uni-dortmund.de:8080/bitstream/2003/2967/1/welschunt.pdf
nach "Hitzeroth" suchen.)





Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Freiheitsberaubung? — Grübelnder

freiheitsberaubung — Richter Taszis

Freiheitsberaubung?! — Corny, Willi wills wissen, ANF-Hildesheim

Weiterklagen — Antifa - Studies

@ k.o.b.r.a — ikke

@ ikke — Jan

@ikke und K.O.B.R.A — Gießi

Irgendwann reicht es!!!! — Unfassbar