No Border Camp Ukraine - ein Rueckblick

i n uzhgorod 22.08.2007 02:19 Themen: Antirassismus Weltweit
Das No-Border Camp in der Ukraine ist zu Ende. Nur noch wenige Leute raeumten heute noch die letzten Reste auf. Vom 10. bis 20. August kamen 300 Leute aus ungefaehr 15 verschiedenen Laendern in die Naehe von Uzhgorod Nahe der slowakisch-ukrainischen Grenze. Die Region Transkarpatien ist ein wirklich interessanter Ort fuer ein solches Camp, da sich hier die Verlagerung der Politik der Abschiermung und des "Managments" von Migration an und ueber die Grenzen Europas zeigt.
Erst zwei Tage vor Beginn des Camps wurde entschieden trotz Trinkwasser- und Elektrizitaets- Problemen den am Fluss gelegenen Platz zu nutzen. So war in den ersten Tagen die Infrastruktur noch etwas provisorisch. Ein erster interessanter Workshop war ein Laenderbericht ueber die Migrations- und Fluechtlingspolitik in den verschiedenen Laendern. Waehrend tagsueber weitere Workshops stattfanden fuhren Samstag und Sonntag Abend jeweils zwei Busse voller Leute vom Camp nach Uzhgorod, wo ein von Leuten aus dem Camp organisiertes No-Border-Festival organisiert war. Es gab Konzerte auf dem Hauptplatz der Innenstadt. Viele Leute blieben stehen und die Stimmung war richtig gut. Durch die Redebeitraege und die Kein-Mensch-ist-illegal-Sprueche auf der fest installierten Videoleinwand, auf der ansonsten Sony-werbung lauuft, war die Message ziemlich klar. Je spaeter es wurde, desto mehr Leute tanzten und mit "No Border - No Nation - Stop Deportation" Slogans ging es dann wieder zu den Bussen zurueck ins Camp. Eine weitere Veranstaltung im Rahmen des No-Border-Festivals in der Stadt im Verlauf der Woche war eine Podiumsdiskussion im Puppentheater von Uzhgorod.
Es fanden waehrend des Camps viele Workshops zu migrationspolitischen Themen statt, wie European Neighbourhood Policy, Migration und Workers-mouvement, Internal Rassism und Nationalism, das Ukrainische Migrationsregime, das nahe Internierungslager in Pawschino, ueber die kommenden No-Border Camps in England oder an der Amerikanisch-Mexikanischen Grenze, ueber das Dublin II Abkommen und weitere. Neben diesen Themen und einem Treffen unterschiedlicher Food-Not-Bombs Gruppen fanden natuerlich auch Workshops zu anderen Themen statt, so zum Beispiel Trampen in Osteuropa, Kommunikationsnetzwerke in Russland, Indymedia in Osteuropa, Anti-/Repression, Squatting, Anarco-feminism, Theater of the oppressed, Domination over Schildren, Kapitalism is not a Conspiracy ueber Antideutsche, kritischer Blick auf Aktivismus, ueber PGA und so weiter. Anstrengend as usual und teilweise ziemlich kontrovers und zum Teil auch ganz schoen skuril waren die Morgenplenums und es zeigten sich doch ziemlich unterschiedliche Herangehensweisen und Rahmenbedingungen fuer ein solches Camp. (Da mir das auszufuehren im Internetkaffee im Moment zu kompliziert wird, lasse ich die Reibungslinien grade erst mal weg, koennen ja ergaenzt werden, nur mal soviel: Diskussion der Polizei Essen zu geben, die von Amnesie International nach dem Nazi-Ueberfall anfang des Monats auf das Camp in Sibirien zum Schutz des Camps angeordnet wurde, Menschen in Militaerlook von denen einer irgendwann nachts auch mal jemanden mit dem Messer bedrohte, komische Verhandlungen mit Nationalisten, die bei einem Kongress Bedingungen fuer uns aufstellten, damit sie uns nicht angreifen (eine Bedingung: die schwarz-roten Fahnen abzuhaengen, weil das ihre Farben sind), ...).
Am Mittwoch gab es in dem Hangar auf dem Camp-platz ein paar lustige Konzerte, jede Menge Vodka, Stage-Diving und andere Pogo-Spielchen.
Ausgehend von einem ziemlich eindruecklichen Workshop ueber die Situation im nahe gelegenen detention center in Pawschino wurde fuer den 17. August ziemlich spontan zwei parallel stattfindende Aktionen geplant. Ein Teil der AktivistInnen fuhr nach Pawschino, andere zogen ausgehend vom Migrations-Buero durch Uzhgorod. 30 bis 40 Leute fuhren also zum militaerisch gesicherten und tief im Wald gelegenen Gefangenenlager. Hier sind Maenner eingesperrt, die beim Versuch ueber die Grenze zu kommen festgenommen werden, oder von der Slovakei zuruechgeschickt werden. Das Lager ist vollkommen ueberfuellt, genau wie die Toiletten, es gibt kaum sauberes Wasser und die Situation dort ist wirklich ein Desaster und ist beispielhaft fuer die Unmenschlichkeit und Brutalitaet des (europaeischen und ausgelagerten) Grenzregiems. Vor dem Tor wurden Parolen gerufen, Laerm gemacht und Transparente entrollt. Einige Gefangene kamen an die Fenster und vor die Baracken und winkten. Als die Boarder Guards mit der Polizei drohten, machten sich die AktivistInnen wieder auf den Weg, um Repression innerhalb des Camps zu vermeiden. Etwas spaeter als diese Gruppe aber dennoch am Morgen machten sich ueber hundert Leute aus dem Camp auf in die Grenzstadt nach Uzhgorod. Einige Leute verteilten Flyer in dem Buerogebaeude, in dem unter anderem auch das Migrations-Buero ist. Von aussen wurden Parolen gerufen und Transpies machten auf die Forderungen aufmerksam. Die Fahne der Ukraine wurde ueberm Eingang durch eine schwarz-rote ersetzt und auch vom Dach aus wehte spaeter eine. Sprueche verschoenerten die Fasade. Danach zog die Demo weiter zum Regierungsgebauede und auf dem Weg wurden hunderte von Flyern an Buerger verteilt. In der Stadt angekommen zogen alle spontan und lautstark durch die Strassen.
Die letzten Tage wurden dann zwar leider von der Sicherheitslage bisschen zu sehr dominiert, wegen einem Fussballspiel in Uzhgorod mit Nazifans und den oben erwaehnten Nationalisten (die irgendwie keine Nazis sein sollen).
Trotz Schwierigkeiten und Widerspruechen bot das Camp Raum fuer viele Diskussionen, Kennenlernen und Austausch zwischen Aktivisten aus Ost- und West-europa. Auch wenn aus dem Camp heraus falls ich mich nicht taeusche nicht so viel Perspektive oder konkrete Kampagnen entstanden sind, so machen doch die vielen ausgetauschten Adressen und das Wann sehen wir uns wieder Hoffnung. Zumindest wurde ueber das das bisher im stillen gehaltene Pawschino etwas Oeffentlichkeit geschaffen (leider weniger fuer das Lager fuer Frauen) und der Kampf gegen Grenzen, Lager, Rassismus und diese ganze Scheisse wird hoffentlich von den TeilnehmerInnen des Camps und vielen anderen weitergetragen. Ein Gruss in diesem Sinne an das No-Border Camp in England und an der Grenze zu Mexiko und ein "No Border No Nation Stop Deportation - No Nation No Border Fight Law and Order" an alle.




weitere
 http://www.indymedia.org.uk/en/2007/08/378802.html
 http://deletetheborder.org/node/2294 bitte noch ergaenzen
siehe ab naechste Woche auch www.pawschino.antira.info
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Ergänzungen

(muss ausgefüllt werden)

(muss ausgefüllt werden) 22.08.2007 - 08:29
Hey,
danke für den informativen artikel! würde mich freuen noch genaueres über die erwähnten unterschiedlichen herangehensweisen bzw. das angesprochene konfliktmaterial zu hören.
auch schön, dass das lager zumindest nicht mit repression zu kämpfen hatte, das lässt doch hoffen..

grüße

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

interessant — gogool

entschwörung — ausgefüllt

Es geht ja nicht... — ausgefüllt

son schiet — geht nich an