Proteste gegen Verhaftungen

Ralf Streck 21.08.2007 09:16
Am letzten Freitag wurde das Mitglied des Solidaritätskomitees mit Itoiz, Julio Villanueva Villanueva verhaftet, als er seinen Führerschein verlängern wollte. Zahlreiche Menschen solidarisierten sich gestern am Knast von Iruna (Pamplona) mit ihm ( http://www.gara.net/paperezkoa/20070821/34474/es/Amigos-solidarios-Julio-Villanueva-denuncian-castigo-defender-tierra). Sie forderten seine Freiheit und die sofortige Stilllegung des Projekts, bevor es zu einer Katastrophe wie einem Dammbruch kommt.
Vergessen sollte man nicht, dass noch immer Batasuna Chef Arnaldo Otegi im Knast sitzt. Der Vermittler im Friedensprozess wurde nach dem Ende des Friedensprosses plötzlich unter einem Vorwand inhaftiert. Zahllose Menschen solidarisierten sich auf einem Kongress in Korsika mit ihm oder haben einen Aufruf für seine Freilassung unterzeichnet.
Julio Villanueva ist einer der Personen, die 1996 ein Kabel, das zum
Betontransport für den Bau des Staudamms nötig war, gekappt hatten. Damit
haben sie das Urteil des Obersten spanischen Gerichtshof umgesetzt, das
das Projekt für "Null und Nichtig" erklärt hatte. Sehenswerte und preisgekrönte Multimedia-Darstellung  http://www.eitb.com/itoiz/es/eitb24_itoiz_es.asp

Die Aktion war gut durchdacht und vorbereitet ( http://de.indymedia.org/2005/08/125316.shtml). Es ging darum, ein System von Kabeln zu zerschneiden (mittels Winkelschleifer), mittels der großen Behälter mit Beton transportiert werden, die zur Errichtung der Staumauer benötigt wurden - über die gesamte Länge der riesigen Staumauer, die so hoch wie der Kölner Dom ist. Die Aktion verlief frielich und an sich perfekt. Die Auswirkungen konnten sich die Gruppenmitglieder nicht einmal selbst vorstellen: Der Baustopp den das Gericht nicht verfügt hatte (dafür hätten die Gegner Millionen hinterlegen müssen) wurde faktisch für ein Jahr umgesetzt.

Die Antwort des „Rechtsstaates“ war allerdings brutal und radikal. Acht des Kollektivs wurden zu fast fünf Jahren Haft verurteilt. Als Vorwand wurde dafür eine "Entführung" konstruiert, weil sie den Wachmann für fünf Minuten in seiner Wachhütte eingesperrt haben. Zwei der Betroffenen haben ihre Strafe bisher schon abgesessen. Nach welchen Kriterien die
Verurteilten verhaftet werden ist unklar. Sicher ist es kein Zufall, dass
dies genau nach der Bildung der neuen Regionalregierung geschah. Siehe auch  http://de.indymedia.org/2007/08/191072.shtml.

Zur Erinnerung: Der Staudamm von Itoitz im Irati-Tal (Navarra) ist Teil eines Wasserplans, der von den GegnerInnen als "die grösste ökologische, wirtschaftliche und soziale Katastrophe in der Geschichte des spanischen Staates" bezeichnet wurde ( http://de.indymedia.org/2003/06/55728.shtml). Mit dem Staudamm wurden nicht nur Naturschutzgebiete geflutet, sondern die linke Seite ist in einem unsicheren Hang verankert, der längst ins Rutschen gekommen ist. Noch dazu kommt, was die Planer auch nicht vorausgesehen hatten, dass das Gewicht des Staudamms auf eine Erdfalte drückt und mehr als 1000 Erdbeben seit der Befüllung ausgelöst hat. Die Katastrophenszenarien, die angesehenste Staudammbauer entwickelt haben, gehen von Tausenden Toten aus, wenn der Damm wie erwartet bricht. Vergleiche auch:  http://de.indymedia.org/2007/06/186085.shtml)

Letztlich wurde das absurde Vorgehen sogar vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgesegnet, auf den ein ernormer Druck aus Spanien ausgeübt wurde. ( http://de.indymedia.org/2003/09/62688.shtml).

Für die Freiheit von Arnaldo Otegi

Seit knapp zwei Monaten befindet sich nun auch der Batasuna-Chef Arnaldo Otegi im Knast. Die plötzliche Verhaftung des Vermittlers im Friedensprozess darf als Rache verstanden werden ( http://de.indymedia.org/2007/06/183463.shtml), kurz nachdem die Untergrundorganisation ETA ihre Waffenruhe beendete  https://posting.de.indymedia.org/2007/06/181638.shtml .

Solche Vorgänge passieren nicht zufällig und deswegen wurde er schon verhaftet, nachdem die Waffenruhe begann, um den anlaufenden Friedensprozess zu torpedieren ( https://posting.de.indymedia.org/2006/04/143869.shtml). Die Sozialisten knicken damit vor der ultrarechten PP ein und versuchen so vor dem Wahldebakel im Mai ( http://de.indymedia.org/2007/06/179763.shtml) sich nach Rechts zu profilieren. Das ganze ist, wie die Macht wieder der ultrarechten UPN in Navarra zu geben und eine Spaltung zu riskieren ( http://de.indymedia.org/2007/08/191072.shtml), mehr als peinlich. Noch peinlicher war das Verbot des Satiremagazins "Jueves" ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25788/1.html).
Diese Vorgänge werden nur dafür sorgen, dass die Volkspartei (PP) im nächsten Jahr die Wahlen gewinnen wird. Die starke ultrarechte läßt sich nicht durch derlei Manöver davon abbringen lassen die Postfaschisten zu gunsten einer Partei zu wählen, für die Bezeichnung Sozialdemokraten noch zu links ist.

Diese "Sozialisten" haben nun nicht einmal mehr einen offenen Friedensprozess vorzuweisen und werden die ökonomische Katastrophe einer platzenden Immobilienblase ausbaden müssen, welche zwar unter der PP erzeugt wurde, aber gegen die sie (ebenfalls) nichts unternommen haben ( http://de.indymedia.org/2007/08/190975.shtml). Es zeigt sich, dass die PSOE kein Profil hat und nach dem Unfall (ihrem plötzlich Wahlsieg, wegen der Anschläge in Madrid  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16965/1.html) auch kein Projekt vertritt. Vielmehr versucht sie sich nun seit drei Jahren durchzumogeln.

Ein Zeichen, um die Möglichkeit eines Friedensprozesses wieder zu öffnen, wäre die Freilassung von Otegi, damit der Prozess wieder eine Chance erhält. Allerdings Auf einer Konferenz in Korsika haben 500 Teilnehmer nun die Freilassung von Otegi verlangt  http://www.eitb24.com/noticia/es/B24_62542/politica/EN-PRISION-6-JULIO-500-independentistas-cinco-paises-piden , damit der Prozess zu einer Dialoglösung des Konflikts vorankommen kann. "Es ist einer der wichtigsten Vermittler der patriotischen Linken, der eine bedeutungsvolle Tätigkeit bei der Suche einer demokratischen Lösung des Konflikts ausgeübt hat, den das Baskenland erleidet". Mehr als 7000 Menschen haben sich auf einer Webseite mit ihrer Unterschrift für die Freiheit von Otegi ausgesprochen.  http://www.arnaldoaskatu.org/

AUFRUF:
Die Unterzeichner dieses Aufrufs fordern die sofortige Freilassung Arnaldo
Otegis vor allem aus folgenden Gründen:

1. Politische Gespräche sind grundlegendes Instrument für die notwendige
und kontinuierliche Kommunikation zwischen Konfliktparteien. Nur durch sie
können Alternativen vorgestellt, debattiert und verhandelt werden. Solche
Gespräche sind Voraussetzung dafür, daß politische Vereinbarungen zustande
kommen, die dem Baskenland (Euskal Herria) die Chance für eine Zukunft in
Frieden und Freiheit eröffnet.

2. Einer der Hauptunterhändler der linken Unabhängigkeitsbewegung ist
Arnaldo Otegi. Seine Inhaftierung (aus nichtigem Grund) ist eine
schwerwiegende Beeinträchtigug dieser Chance, zumal Arnaldo Otegi eine
zentrale Rolle in den Gesprächen und bei der Suche nach einer politischen
Lösung des langandauernden Konfliktes um die Zukunft des Baskenlandes
spielt.

3. Vor allem deshalb erklären wir Unterzeichner öffentlich unsere
Ablehnung der Inhaftierung Arnaldo Otegis und verurteilen sie als eine
politisch motivierte Maßnahme. Wir verlangen von den Verantwortlichen
seine sofortige Freilassung.

Der Aufruf in mehreren Sprachen sowie die bislang weit über 6000
Unterschriften kann eingesehen und unterzeichnet werden unter:  http://www.arnaldoaskatu.org/

© Ralf Streck den 21.08.2007
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Ergänzungen