Absurdes bei den Wahlen in Oaxaca

Ralf Streck 10.08.2007 13:55 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Vom 3. bis zum 5. August fand in der mexikanischen Hauptstadt ein "Tribunal Popular" (Volkstribunal) statt, um über die Verbrechen hochrangiger Politiker des Landes zu urteilen. Hauptangeklagte waren Präsident Felipe Calderón, dessen Vorgänger und Parteifreund Vicente Fox und der (noch) Regierungschef des Bundesstaates Oaxaca. Sie und andere wurden für zahllose Verletzungen der Menschenrechte verurteilt. Bei den Wahlen im Bundesstaat Oaxaca glänzte die Bevölkerung am Sonntag durch Abwesenheit. 64 Prozent blieb fern und folgten dem Aufruf der Volksbewegung APPO nicht eine "Strafwahl" durchzuführen. Die Ex-Staatspartei PRI, mit Unterstützung der Grünen, wird deshalb weiter Oaxaca regieren, wofür der Koalition 17 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten genügten.
Absurder könnte die Situation im unruhigen Bundesstaat Oaxaca kaum sein. Lange hatten zahllose Menschen in dem südlichen Bundesstaat dafür gekämpft, den Gouverneur Ulises Ruiz Ortiz abzusetzen. Der ließ im letzten Sommer die Sicherheitskräfte mit brutaler Gewalt gegen streikende Lehrer vorgehen, was auch Tote zur Folge hatte. Damit löste er einen Volksaufstand gegen seine Regierung der Ex-Staatspartei "Partei der Institutionellen Revolution" (PRI) aus, die Mexiko sieben Jahrzehnte mit Korruption und Wahlbetrug regierte. Mit Unterstützung des konservativen Präsidenten Calderón, nach dessen umstrittenen Machtantritt im vergangenen Dezember, wurde die Volksbewegung und ihr politischer Ausdruck die "Volksversammlung der Völker Oaxacas" (APPO) erneut mit brutaler Gewalt unterdrückt.

Doch statt nun die Verantwortlichen an den Urnen abzustrafen, glänzten viele Anhänger der APPO, die stets mit riesigen Demonstrationen ihre Mobilisierungsfähigkeit unter Beweis stellte, mit einem Wahlboykott, zu dem niemand aufgerufen hatte. Zwar haben sich ursprüngliche Meldungen vom Montag nicht bestätigt, wonach fast 80 Prozent der 2,4 Millionen Wähler die Stimmabgabe verweigerten, doch nach neuen Daten waren es immer noch stolze 64 Prozent, die den Urnen fern blieben. Damit verhalfen sie den alten Machthabern erneut zum Wahlsieg.

Der "Allianz zum Aufbau", eine Koalition aus der PRI und der obskuren "Grünen Ökologischen Partei Mexikos" (PVEM), die vor allem auf Macht aus ist und für die Todesstrafe eintritt, konnte mit nur 413.000 Stimmen die Wahlen in Oaxaca gewinnen. In allen 25 Stimmbezirken liege sie deutlich vor der Linkskoalition "Für das Wohl aller", hinter der federführend die "Partei der Demokratischen Revolution" (PRD) steht. Nach Auszählung fast aller Stimmen, hat die Linkskoalition nur knapp 240.000 Stimmen erhalten. Die Aufforderung der APPO zu einer Strafwahl, in der gut 350 Gruppen vereint sind, wurde nicht befolgt. Deshalb konnten PRI und PVEM mit nur 17 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten den Wahlsieg erreichen. Mit Franco Vargas, wird wohl ein Vertrauter von Ulises Ruiz zum neuen Gouverneur gewählt werden.

Zwar ist es auch diesmal wieder zu Unregelmäßigkeiten gekommen, Stimmen wurden gekauft und Angehörige der Opposition eingeschüchtert, doch ist letztere doch eher über ihre eigene Heterogenität und ihre fehlende Strategie gestolpert. Der APPO-Sprecher Cástulo López Pacheco räumte ein, dass die Kampagne für eine "Strafwahl" gescheitert ist: "Es wurden große Anstrengungen dazu unternommen, aber es funktionierte nicht, weil die Oppositionsparteien nur wenig Glaubwürdigkeit besitzen". Als Konsequenz wurde die Besetzung (Plantón) inzwischen aufgegeben, wenngleich die APPO erklärt, nicht ruhen zu wollen, bis die Gefangenen aus dem Knast gelassen werden und die Mörder im Gefängnis sitzen.

Vor allem trauen viele in Volksbewegung dem glatten und machthungrigen Sozialdemokraten und Schattenpräsidenten Andrés Manuel López Obrador (AMLO) nicht, der die Linkskoalition anführt. Dessen Programm und Vorstellungen ist für viele APPO-Anhänger derart weichgespült, dass sie sogar den Listen der PRD die Stimme verweigerten, obwohl darauf einige APPO-Vertreter kandidierten. Allerdings waren es viel weniger APPO-Kandidaten auf schlechteren Plätzen, als die PRD zunächst versprochen hatte. Für die PRD sollte diese heftige Schlappe eine Lehre sein. Sie sollte sich endlich und schnell nach einem neuen und glaubwürdigeren Kandidaten umsehen, der ein alternatives Programm für Mexiko vertritt, anstatt mit allen Mitteln versucht die Macht zu erringen.

Doch statt Selbstkritik macht die PRD in Oaxaca die Teilallianz mit der APPO für das Debakel verantwortlich. Carlos Navarrete, Koordinator der PRD im Senat sagte: "Seit zwei Jahren kennt Oaxaca keinen Frieden und keine Ruhe mehr". Zu den miesen Ergebnissen seiner Partei im Bundesstaat Baja California schwieg er. Die PRD blieb dort unbedeutend und die "Partei der Nationalen Aktion" (PAN) von Präsident Calderón, konnte trotz dessen unpopulären Politik der PRI dort die Macht abjagen.

Während diese Wahlschlachten gefochten wurden, saß vom 3. bis zum 5. August ein "Volkstribunal" auf dem zentralen Platz in der Hauptstadt zu Gericht über zentrale politische Verantwortliche des Landes. Eine Jury war aus Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zusammengestellt worden. Dazu gehörten: Universitätsprofessoren, Mitglieder von Menschenrechtsorganisationen, Schauspieler, Schriftsteller, aber auch Vertreter der APPO, der "Anderen Kampagne" der Zapatisten, dem Zusammenschluss aus 600 verschiedenen Organisationen unter dem Begriff "Nationaler Dialog" und der "Nationalen Demokratischen Konvention" hinter der die PRD steht.

Hauptangeklagte des politischen Verfahrens waren der Ex-Präsident Vicente Fox, sein Nachfolger Calderon oder der auch der Gouverneur in Oaxaca. Vorgeworfen wurde ihnen mit der öffentlichen Anklage auch schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Mord, Folter, Vergewaltigung, psychische Gewalt, Entführung), sowie Amtsmissbrauch, Korruption, Verstöße gegen internationale Arbeitsabkommen, etc. Das Tribunal, so die Organisatoren, wurde durchgeführt, weil das bestehende Rechtssystem in Mexiko die unparteiische Verteidigung der Opfer von Menschenrechtsverletzungen nicht gewährleiste.

Behandelt wurden nicht nur die Menschenrechtsverstöße in Oaxaca, sondern auch viele andere Vorgänge. Die Übergriffe in Salvador Atenco, wo ein lokaler Konflikt der Sicherheitskräfte mit Blumenverkäufern eskalierte und eine Person von der Polizei erschossen und Hunderte Verletzt wurden. Behandelt wurden auch ein schweres Grubenunglück, Übergriffe gegen streikende Stahlarbeiter, die zahllosen bisher straflosen Frauenmorde von Ciudad Juárez, die zahllosen ungeklärten Angriffe auf Pressevertreter, zu denen sich beinahe am Montag erneut ein Todesopfer gesellt hätte. Der Journalist Alberto Fernández Portilla, Nachrichtendirektor des Radios XEKZ, hatte Berichte über die Korruption im staatlichen Erdölkonzern Pemex und einer Gewerkschaft veröffentlicht und wurde von drei Kugeln getroffen und schwer verletzt.

Nach der Auswertung von Zeugenaussagen und Berichten von Menschenrechtsorganisationen, Amnesty International untersucht gerade die Vorgänge in Oaxaca was auch die katholische Kirche unterstützt, wurde am Sonntag ein moralisches Urteil gesprochen. Es gäbe "genügende und schwerwiegende Indizien", um die Angeschuldigten und weitere hohe Politiker und Staatsbedienstete anzuklagen. Die Beschuldigten wird "moralisch die Befugnis abgesprochen, einem Akt im Namen Mexikos beizuwohnen oder im Namen des Landes zu sprechen". Sie wurden verurteilt, das Land nicht zu verlassen, damit sie für ihre Verbrechen von einem Volksgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden können. Von nun an wird der Gerichtshof als "reisend" fortgesetzt und sich vor Ort mit den verschiedenen Verbrechen staatlicher Organe oder der Staatsbediensteten beschäftigen.

© Ralf Streck, den 10.08.2007
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Ergänzungen

absurde Freilassungen in Oaxaca

adn 09.ago.2007 10.08.2007 - 15:03
Eigentlich hat Miguel Hidalgo die Sklaverei am 06.dez.1810 in Mexiko abgeschafft.

Mit einem halben Jahr Verspätung besucht diese Woche der Berichterstatter über die Situation von Häftlingen der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte der Organisation Amerikanischer Staaten, Florentín Meléndez, Oaxaca.

Dieser kann nun dem Despoten Ulises Ruiz Ortiz bestätigen, dass dieser 239 gefangene Indigenas, als Teil eines Programms welches die Bundesstaatsbehörden von Oaxaca mit dem Unternehmen Telmex von Carlos Slim Helú haben, »befreit« hat.

Bei einem offiziellen Akt welcher in den Einrichtungen eines Regierungsgebäudes statt fand. Sprach ein indigener Mensch im Namen seiner Freunde und sagte, dass er im Gefängnis war und keine finanziellen Mittel für eine Verteidigung hatte und dass er nun dank diese Programms frei gekommen ist.

URO erklärte der Zeitung adn seine Regierungsverwaltung hätte einen Bericht über diesen Vorgang angefertigt welcher dem Menschenrechtsberichterstatter zur Analyse übergeben wurde.

adn 09.ago.2007: Liberan a 239 presos indígenas, atestigua Florentín Meléndez

Verhaftete Katalanen

Ralf 11.08.2007 - 20:18
Wie in der Jornada von Freitag und in einer Pressemitteilung von EFE
(ebenfalls Freitag) berichtet, befinden sich die vier SpanierInnen (KatalanInnen)
Laia Serra Perelló, Ramón Sesén Marquina, Nuria Morelló Calafell und
Ariadna Nieto Espiné immer noch in Haft. Sie wurden am vergangenen
Sonntagabend auf dem Zocalo von Oaxaca verhaftet unter dem Vorwand
der "Stoerung der oeffentlichen Ordnung" («por escandalizar en vía
pública»).

Die Jornada berichtet von der skandaloesen Verhaftung, der
stundenlangen Misshandlungen und den sexuellen Uebergriffen, welche
die vier ausgesetzt waren. Laut der Pressemitteilung von gestern
sollen die vier der Soligruppe Colectivo Solidaridad con la Rebelión
Zapatista in Barcelona angehoeren. Sie befinden sich in Ixtapalapa im
Gefaengnis der Migrationspolizei in Mexiko Stadt.

Internationaler Druck ist dringend noetig, um erstens ihre Freiheit
zu erreichen und zweitens die Uebergriffe zu denunzieren.

Mehr zu den Hintergruenden auf:
Oaxaca: Detienen a 1 periodista de medios libres y a 4 turistas
españoles
 
http://www.kaosenlared.net/noticia.php?id_noticia=39471

Sin explicaciones, detienen a turistas españoles en Oaxaca
 http://www.jornada.unam.mx/2007/08/10/index.php?section=politica&artic
le=010n2pol

La policíade México detiene a cuatro españoles tras retirarles la
documentación
 http://www.diariodeleon.es/se_internacional/noticia.jsp?CAT=103&TEXTO=
6052387

Interviuwe mit Laia Serra im Knast von DF

 http://www.gara.net/paperezkoa/20070811/33123/es/Detenidos-arbitrariamente-Oaxaca-privados-libertad-de-manera-ilegal

2007ko abuztuaren 11a

GARA > Idatzia > Mundua

Detenidos «arbitrariamente» en Oaxaca y privados de libertad «de manera ilegal»

Sin documentación, sin dinero y retenidos en el Instituto Nacional de Migración de Iztapalapa, en México D. F. Así están cuatro ciudadanos catalanes que el pasado día 5 fueron detenidos «arbitrariamente» en Oaxaca y sometidos a maltratos «físicos, sexuales y síquicos».

Ainara LERTXUNDI | DONOSTIA

«Estamos absolutamente privados de libertad de manera ilegal. La convicción de la ilegalidad cometida nos da una gran fuerza», subrayó ayer la abogada catalana Laia Serra en declaraciones hechas a GARA desde el Centro de Internamiento del Instituto Nacional de Migración (INM) de Iztapalapa, en México D. F. El pasado día 5 fue detenida junto a Ramón Sesén, Nuria Morelló y Ariadna Nieto en Oaxaca. Un ciudadano mexicano también fue arrestado, aunque posteriormente quedó en libertad.

«No sabemos nada ni tampoco nadie nos dice nada. El miércoles recibimos la última visita de nuestro abogado porque desde entonces no le han permitido visitarnos. Ya ha presentado una denuncia ante la Fiscalía por este hecho», resaltó.

La detención arbitraria de estos cuatro ciudadanos catalanes que, además han denunciado haber sido objeto de «violencia física, sexual y síquica», ha tenido un gran eco tanto en México como a nivel internacional. Tal es así que la presidenta de la Comisión de Derechos Humanos del Senado mexicano, Rosario Ibarra, presentó una demanda de amparo para impedir la deportación que, en caso de producirse, «sería absolutamente ilegal y arbitraria», subrayó esta reconocida activista en defensa de los derechos humanos.

Los cuatro iban paseando por el centro de la ciudad cuando, de repente, se vieron rodeados por «elementos parapoliciales, algunos de ellos con armas de largo calibre, con uniforme azul oscuro y elementos de protección antibalística. Dos de ellos iban vestidos de civil. Nos obligaron a ponernos de cara a la pared y con las manos en la cabeza (...) Durante el trayecto les preguntamos el porqué de este hecho, a lo que contestaron con golpes e insultos. Fue entonces cuando uno de nosotros les mostró su credencial de prensa. Seguidamente, nos obligaron a estirarnos tapándonos con una lona, impidiendo todo contacto visual entre nosotros. Nos despojaron de nuestras mochilas, cangureras, documentación y dinero». Este es parte del testimonio escrito que han hecho llegar a los medios desde el centro de internamiento.

«Recibimos golpes, empujones, tirones de cabello, presión para agachar la cabeza provocando dolor en el cuello. A dos de las compañeras les levantaron la camiseta; una de ellas se quedó con los senos al aire y a otra en varias ocasiones le tocaron por encima de la ropa el culo, el pubis y el seno derecho», prosigue el relato. Al cabo de una hora, fueron conducidos a «otro lugar que parecía una comisaría», donde les tomaron sus datos personales.

«Pánico, desorientación...»

«Sentimos pánico, teníamos muchas preguntas sin respuesta, impotencia, desorientación... Cuando nos llevaron ante una juez, ésta se lavó las manos ante nuestras denuncias. Dijo que estábamos indocumentados cuando ellos nos quitaron toda nuestra documentación -entre ella mi acreditación internacional de abogada y la de prensa de mi compañera-, visa y dinero. Lo ocurrido es un auténtico escándalo», destacó Serra.

Como abogada e integrante de la Comisión Civil Internacional de Observación de los Derechos Humanos, visitó Oaxaca en diciembre para investigar los abusos cometidos en este Estado durante las movilizaciones de 2006 para exigir la dimisión del gobernador Ulises Ruiz. «Cuando estás en Oaxaca sabes que te puede pasar de todo, y todo es todo», afirmó.
El reelegido gobernador Ulises Ruiz arrastra un sinfín de denuncias

Con una abstención del 65%, Ulises Ruiz, del PRI, fue reelegido gobernador de Oaxaca en las elecciones del domingo. Ruiz arrastra una larga lista de denuncias de organismos mexicanos e internacionales. Tras la visita hecha a principios de este mes, Amnistía Internacional presentó un informe repleto de testimonios de tortura, malos tratos y juicios injustos, y dio cuenta de la muerte de una veintena de personas «en circunstancias controvertidas y víctimas de detenciones arbitrarias».

En julio, Human Rights Watch instó a Ruiz a investigar «los graves abusos» de la Policía contra la Asamblea Popular de los Pueblos (APPO) en la Guelaguetza popular del pasado 16 de julio. A. L.

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