S-Bahner in B und HH wollen morgen streiken!

Walter Uhlenberg 08.08.2007 22:53 Themen: Globalisierung Soziale Kämpfe Weltweit
Frankfurt am Main: Die Lokführer-Gewerkschaft will morgen früh die S-Bahnen in Berlin und Hamburg bestreiken. Ein GDL-Sprecher sagte, von 8 bis 10 Uhr seien die Gewerkschaftsmitglieder dort zum Streik aufgerufen.
Hier ein Text der Gruppe Internationale Solidarität [Magdeburg]
Solidarität mit den Streikenden!

Die Mitglieder der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) haben sich zum lang diskutierten Streik entschieden! Nun kann es dazu kommen, dass bundesweit der Zugverkehr nahezu lahm gelegt wird. Vielleicht kommen sie durch diesen Streik zu spät zur Arbeit oder haben Stress auf dem Weg zum lang ersehnten Urlaub. Aber anstatt uns über die Streikenden aufzuregen sollten wir uns mit ihnen solidarisieren!
Auch die GDL versuchte diese Option - die Ihnen vielleicht jetzt Schwierigkeiten bereitet - nicht oder erst als letztes Notbehelf einzusetzen, doch wurde dieser Schritt unumgänglich.


Die Deutsche Bahn

Die Deutsche Bahn ist mit 230.000 Arbeiterinnen und Arbeitern eines der größten Unternehmen Deutschlands. Im Jahr 2006 verbuchte das Unternehmen einen Umsatz von knapp 30 Mrd. € und einen Gewinn von knapp 2 Mrd. € .
Mit dem Wissen dieser Zahlen gingen die Gewerkschaften der DB in Tarifverhandlungen. Transnet und GDBA forderten 7% Lohnerhöhungen. Die GDL ging mit der Forderung eines Mindestgehalt von 2500€ in die Verhandlungen. Nachdem diese Forderungen nicht erfüllt wurden, kam es am 2.Juli zum ersten Streik -bundesweit standen Züge still. In den anschließenden Verhandlungen gaben Transnet und GDBA nach. Lediglich die GDL führte den Kampf weiter - rief weiter zum Streik auf und bekam die Antwort der Kapitalisten. Der Streik wurde teilweise mit Eilanträgen der Deutschen Bahn verboten.
Der Kampf der GDL hält jedoch an. Trotz einer medialen Hetze kämpfen sie weiter für ihre Forderungen.
Das Argument der DB - Bosse ist dabei lediglich lächerlich: sie fürchten höhere Bahnpreise - dabei sind es gerade die Chefs, die sich regelmäßig aus Preiserhöhungen profitieren und mit zu verantworten haben!
So ist das einzige Ziel der Deutschen Bahn Eliten um Mehdorn größtmögliche Gewinne zu erwirtschaften. Steigende Ticketpreise und sinkende Löhne sind also im Interesse der Kapitalisten. Und dabei spielt die Privatisierung der DB eine Rolle. Nachdem die Deutsche Bahn über 100 Jahre in öffentlicher Hand war, soll sie nun verkauft werden.
Die Privatisierung der Bahn hat bisher dazu geführt, dass kaum noch Menschen ein Ticket bezahlen können. Fast täglich, so kommt es einem vor, steigen die Bahnpreise. Privatisierungen von Großunternehmen machen die Unternehmen nicht "konkurrenzfähiger", sondern erhöhen die Gewinne der Kapitalisten.
Wohin das führt, können wir in Großbritannien sehen. Da hat die Privatisierung der Bahn Ende der 80er Jahre katastrophale Folgen gehabt. Die Bahn wurde für den Normalbürger praktisch unbezahlbar und hunderte Menschen starben in spektakulären Unfällen, deren Ursache nachgewiesener Maßen Sicherheitsmängel als Folge der Privatisierung waren. Vor ein paar Jahren erkannte selbst der Britische Staat was für eine Scheiße er da angestellt hatte und kaufte die komplett heruntergewirtschaftete Bahn für ein Heidengeld zurück.
Dies sind einige Gründe warum wir uns solidarisch mit den Streikenden zeigen sollten.


Zum aktuellen Streik

Der Streik ist einer der wirkungsvollsten Mittel im Arbeits- und Klassenkampf. Aber in den letzten Jahren wurde dieses Mittel nicht effektiv von den Beschäftigten eingesetzt. Gewerkschaften wie der DGB, Transnet oder Verdi versuchten eher durch einen „Burgfrieden“ mit den Firmenvorständen ihre marginalen Forderungen durchzusetzen.
Dass ein solcher Frieden eine eigentliche Kapitulation ist, können wir einerseits an den generellen Defizit zwischen der effektiven Bezahlung, die wir für unser geleistete Arbeit bekommen und dem Geld, was wir verbrauchen, um unser Leben bestreiten zu können. Laut einer Studie des Bundestages entwickelten sich die Reallöhne zwischen 1995 und 2004 um 0,9% zurück, während die von den restlichen westeuropäischen Ländern um durchschnittlich 7,4% stiegen.
Anderseits ist auch dass Erfüllen der Forderungen der UnternehmerInnen kein Garant dafür für sich, seine Kollegen und Kolleginnen oder seinem Betrieb irgendein Vorteil zu erreichen. Bestes Beispiel sind die KollegInnen von der Fahrradfabrik Bike Systems in Nordhausen, welche seit 2005 alle Forderungen der UnternehmerInnen nach Lohnverzicht und Mehrarbeit erfüllten und trotzdem am 10. Juli die Mitteilung erhielten, dass das Werk geschlossen werden soll. Heute wissen die MitarbeiterInnen von Bike Systems, dass wir lieber mehr Verlangen sollten, als uns in Verzicht üben.
Die reformistischen Positionen der Gewerkschaften vertreten überwiegend die Interessen des Kapitals und der Großunternehmen und nicht Ihre (die Menschen die keine Fabrik oder 1 Million Euro besitzen).
Diese passive Form des gewerkschaftlichen Kampfes hat so auch die heutige Lage der arbeitenden Klasse mit zu verantworten. Sinkende Reallöhne stehen so im Kontrast zu steigenden Konzerngewinnen und den steigenden Einnahmen aus den Steuererhöhungen. Auch die steigenden Lebenskosten stehen in einem Kontrast zu den sinkenden/stagnierenden Löhnen. Milchprodukte, Getreidewaren, Benzin, Mietpreise usw. - alles wird teurer, aber wir verdienen trotzdem nicht mehr - und so müssen Millionen Menschen trotz Arbeit staatliche Hilfe beantragen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer.
Dem kann langfristig nur ein Klassenkampf entgegenwirken, welcher von uns als Klasse geführt und umgesetzt wird. In diesem Prozess müssen wir eine gesamtgesellschaftliche Perspektive schaffen, wo ein Mensch nicht dem Mehrwert untergeordnet wird.
Auch wenn die Streikinhalte für dich keine unmittelbare Verbesserung bezwecken, bedarf dieser Widerstand deiner Solidarität. Unsere Forderungen sollten sich nicht nur an einem Mindestlohn für alle Arbeiterinnen und Arbeiter orientieren, sondern das bestehende System als solches in Frage stellen!

Weltweit - gemeinsam kämpfen gegen Privatisierungen und Sozialabbau!
Spucken wir Ihnen in die Suppe!
Kapitalismus abschaffen - Für eine herrschaftsfreie und klassenlose Gesellschaft!

Gruppe Internationale Solidarität [Magdeburg]
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

hier

noch das flugi 08.08.2007 - 23:18
hier noch das flugbatt dazu

Weitere Informationen zum Bahnstreik

Leser 09.08.2007 - 11:12
JUNGE WELT:

Mehdorn sieht rot
 http://www.jungewelt.de/2007/08-06/056.php?sstr=gdl

»Es geht um das Streikrecht«
 http://www.jungewelt.de/2007/08-06/047.php?sstr=gdl

Einsatz statt »Einheit«
 http://www.jungewelt.de/2007/08-06/046.php?sstr=gdl

95,8 Prozent für Streik
 http://www.jungewelt.de/2007/08-07/058.php?sstr=gdl

Zum Ergebnis der GDL-Urabstimmung
 http://www.jungewelt.de/2007/08-07/022.php?sstr=gdl

»Kein Zwang zum Streikbruch«
 http://www.jungewelt.de/2007/08-08/053.php?sstr=gdl

Der Countdown läuft
 http://www.jungewelt.de/2007/08-08/060.php?sstr=gdl

Sympathie für GDL
 http://www.jungewelt.de/2007/08-08/043.php?sstr=gdl

Horrorurteil
 http://www.jungewelt.de/2007/08-09/049.php?sstr=gdl

Angriff aufs Grundgesetz
 http://www.jungewelt.de/2007/08-09/067.php


LABOURNET:

Tarifverhandlungen der Gewerkschaft Deutscher Lockführer - GDL - 2007
 http://www.labournet.de/branchen/dienstleistung/tw/bahn/gdl.html

LINKE ZEITING:

DIE LINKE unterstützt höhere Löhne für Bahnbeschäftigte
 http://www.linkezeitung.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=3137&Itemid=90

LINKS ZEITUNG:

Nur eingeschränkter Betrieb im morgendlichen Berufsverkehr
 http://linkszeitung.de/content/view/134734/1/

SAV:

Bahn: LokführerInnen auf dem richtigen Weg - JA zum Streik
 http://www.sozialismus.info/?sid=2226

WSWS:

Lokführer kämpfen an zwei Fronten
 http://www.wsws.org/de/2007/jul2007/lok-j11.shtml

Eine Frage der politischen Perspektive
 http://www.wsws.org/de/2007/jul2007/lokf-j19.shtml

Die Streikbrecherrolle von Transnet und DGB wird aggressiver
 http://www.wsws.org/de/2007/aug2007/lokf-a01.shtml

Lokführer stimmen mit 95,8 Prozent für Streik
 http://www.wsws.org/de/2007/aug2007/bahn-a08.shtml

Realo Gewerschaften

X-t-as 09.08.2007 - 18:12
"Die Gehaltsforderungen der Lokführer sind völlig überzogen" sagt GDBA-Chef Hommel.
Und der Gewerkschaftsführer hat noch weiter Sprüche auf Lager: "Aber Mehdorn hat den Auftrag, das Unternehmen gut zu führen, und was derzeit läuft, ist für die Bahn schädlich: weil es eine Menge Geld kostet und die Mitarbeitervertretung in Zukunft auch nicht einfacher wird." Darauf der SPIEGEL Reporter: "Das klingt arbeitgeberfreundlich für einen Gewerkschafter." Dann wieder Homel: "Das sind Stammtischparolen. Gewerkschaften müssen eine realistische Politik machen, für unsere Mitarbeiter, für das Unternehmen. Manchmal sind wir uns eben mit Herrn Mehdorn einig. Wir können doch nicht aus Prinzip Neinsager sein." SPIEGEL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,499099,00.html

Infos zum Bahnstreik

Leser 10.08.2007 - 01:03
TELEPOLIS:

Grundrecht auf Fortbewegung
 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25925/1.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 5 Kommentare an

@fuck of gis — ........

Streik ist immer eine gute Sache — Autonome Kommunisten Frankfurt

klasse flugi — al

GIS??? — A.S.

gdl — gdl