Nigeria: Schüsse gegen Umweltschützer

ekologistakmartxan 06.08.2007 23:03 Themen: Globalisierung Repression Ökologie
Die Situation der Gewalt im Sicherungsbereich von Ölkonzernen beginnt zunehmend zu eskalieren. In Nigeria wurden die Umweltschutzorganisation Social Action, die Wochenzeitung Nacional Point gewaltsam angegriffen; zwei Personen erlitten Schussverletzungen. Nicht die einzige Gewalttat um den Rohstoff Öl...
SCHÜSSE AUF UMWELTSCHÜTZERIN NIGERIA
Von der baskischen ÖkologInenorganisation: www.ekologistakmartxan.org

Seit den Wahlen im vergangenen April hat sich die Situation der Gewalt in Nigeria, dem wichtigsten ölproduzierenden Land Afrikas, zugespitzt und nimmt immer weiter zu. Seither hat es in der Hauptstadt der wichtigsten Ölzone, dem Nigerdelta, Port Harcourt, dutzende Tote gegeben. Die Wahlen werden als Betrug kritisiert und in den Tagen davor waren Kandidaten ermordet, verschleppt und durch Anschläge auf ihre Häuser genötigt worden.

In dem hier geschilderten Fall war das Ziel die ökologische Schwesterorganisation von Social Action, mit der wir einen Vertrag über eine Untersuchung der Auswirkungen der Öl-, und Gasfirmen in dem Gebiet unterhalten sowie auch unser Kollege und Geographieprofessor an der Universität California, Michael Watts, der ebenfalls mit einer Untersuchung zu Öl, Politik und Gewalt im Nigertelta befasst ist. Da sich die folgend geschilderten Vorfälle zu einem Zeitpunkt ereigneten, an dem wir uns treffen wollten, sahen wir uns gezwungen, unsere Zusammenkunft aufgrund der Gewaltsituation auszusetzen...

BRUTALER ANGRIFF

Der Angriff hat in der vergangenen Woche stattgefunden, als eine Gruppe bewaffneter Personen in die Räume von Social Action, die mit der Wochenzeitung National Point eingedrungen sind. National Point wird von AktivistInnen herausgegeben und hatte kürzlich Informationen über die Verbindungen zwischen Banden und Politikern veröffentlicht.

Die eingedrungene Gruppe suchte den "Weissen" und "das Geld" und feuerte in dem Büro Schüsse auf Michael Watts ab, der ins Krankenhaus gebracht werden musste sowie auf einen weiteren Mann, der zu Social Action gehört. Sie zielten zwar auf sein Bein, aber einer der Schüsse traf eine Hand des Professors, während
Richard Kenneth eine Schusswunde am Fuss erlitt. Michael wurde überdies mit dem Lauf einer Pistole geschlagen.

Die Überraschten waren mit dem Verfassen einer Homage an die Autorin Ibiba Don Pedro beschäftigt gewesen, die kürzlich von CNN als afrikanische Journalistin des Jahres (Bereich Umwelt) ausgezeichnet worden war. Die Ehre wurde ihr für ihre Artikel und Geschichten über die sozialen Auswirkungen der Ölkonzerne in Nigeria zuteil. Ibiba arbeitete bei National Point, schrieb aber auch für the Guardian.

Die Büros wurden vollkommen zerstört und die Angreifer entwendeten zudem zwei Laptops. Sie waren auf Motorrädern und unter lautem Schreien gekommen, was beweist, dass sie in der Gewissheit, Straflosigkeit zu geniessen vorgingen und dies in Port Harcourt, einer Stadt, die so militarisiert ist und unter Beobachtung steht, dass ihre Aktion auf jeden Fall hätte Verdacht erregen müssen.

Inzwischen wurde zudem ein Ölarbeiter ermordet, der zu einer Niederlassung der US-amerikanischen Firma Global Industries Ltd. gehörte. Erst am Wochenende davor war ein Libanese ermordet worden, während in Bayelsa bewaffnete Männer die Mutter eines für die Sicherheit der Ölfirmen zuständigen Beamten entführt hatten. In dieser Woche fanden zwei weitere Angriffe gegen offizielle, im Delta stationierte Militärs statt. Zwei Tage zuvor, am 23.07.07, ist ein Politiker einem Mord zum Opfer gefallen.

Die Gewalt im Nigerdelta ist auf militärisches Niveau angewachsen, denn zusammen mit der traditionellen Brutalität und der Korruption zugunsten der Multis, war es nach den Wahlen zu internen Spaltungen gekommen. Anderseits hat sich eine Gewalt des Typus Gangsterkriminalität entwickelt, vielfach im Umfeld des Militärs und der Ölkonzerne, wie es bei Social Action der Fall zu sein scheint, die zudem von verschiedenen politischen Fraktionen benutzt wird, um Rivalen zu nötigen. In vielen Fällen handelt es sich um Gewalt politischen Charakters, wie sie etwa in der Region der MEND in Erscheinung getreten ist; eine Organisation des Ijaw-Volkes, die den Anzug der Ölfirmen und ein Ende der sozio-ökonomischen Unterdrückung fordern. Ihr Agieren dient als Rechtfertigung für noch mehr Repression. Das Vorgehen der MEND hat in vielen Fällen dazu geführt, dass die Ölmultis aus der Region abgezogen sind, wie in 2006, als die MEND während einer Angriffsserie, eine Ölstation attackiert hatte, wobei sie 11 Militärs tötete und das Personal des Konzerns in ihre Gewalt brachte. Damals zog Shell 330 Angestellte aus Nigeria ab und zog in Erwägung, das Land ganz zu verlassen. In diesem Jahr bewirkte eine Aktion der MEND, dass Chevron einen Teil seiner Förderaktivitäten ausgesetzt hat.

Von den 2,5 Millionen Barrel, die Nigeria fördern könnte, wird aufgrund der politischen Lage nur 1/4 ausgebeutet. Die ausser Frage stehenden Gründe für das Ausbrechen dieser Hölle sind die extreme Armut der Bevölkerung, die billige Förderung und die Vorliebe, die Dinge durch Repression, in die zudem eine militärische Elite eingebunden ist, zu lösen.

Als baskische ÖkologInnen betrifft uns die Situation in Nigeria nicht nur wegen der flagranti ökologischen Verbrechen, die mit den Ölaktivitäten einhergehen, dem Hauptmotor dieses kapitalistischen Systems und die am meisten Umwerltschäden und Klimawandel verursachen. Hier wird indirekt viel Benzin von BP und Shell verkonsumiert. Aber auch viel Gas über die Anlage von BP in Abra (Bilbao), in der Bucht von Biscaya, von wo aus seine Verteilung geschieht und das als Teil der von uns verkonsumierten Energie verbrannt wird. Von dort kommt seit 2006 auch ein Teil des von den nationalen Konzernen Gas Natural und Repsol YPF vertriebenen Gases (in einem Umfang von 7 Millionen Tonnen jährlich). Bis jetzt galten diese beiden Unternehmen zusammen mit Iberdrola und Endesa, als Kunden des nigerianischen Flüssiggasunternehmens Gas Natural Licuado de Nigeria (NLNG), ein Koglomerat der historischen Firmen, die soviel Zerstörung und Unterdrückung nach Nigeria gebracht haben: Shell, Agip, Total und Nigerian Nacional, mit Sitz auf der Insel Bonny. Inzwischen aber machen wir Repsol und Gas Natural als Förderer und Produzenten direkt für die enormen Auswirkungen auf die Umwelt, die durch die traditionelle Aktivität in der Zone: Freisetzung oder Verbrennung von Gas, verursacht werden, verantwortlich.

Der Angriff vom 25. Juli war nichts anderes als der Versuch, diejenigen einzuschüchtern, die diese Situation anklagen und die gegenüber einem solchen Angriff nicht schweigen. Wir hoffen, dass sie auch dieses Mal sich nicht abbringen und zum Schweigen bringen lassen werden. Wir sind uns darüber bewusst, dass wir die Pflicht und Verantwortung haben, von hier aus anzuklagen, was dort geschieht und dafür, dass diese Ereignisse von der Internationalen Gemeinschaft nicht ignoriert werden. Ja dass wir sogar eine noch grössere Verantwortung haben, weil wir KonsumentInnen dieses Gases und Öls sind, die diese Umweltauswirkungen und diesen Terror verursachen und weil die betreffenden Konzerne hier ihren Sitz haben. Demtentsprechend bringen wir unsere Solidarität mit den angegriffenen Organisationen zum Ausdruck und mit Michael Watts ( http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Watts), dessen Genesung wir ebenso erhoffen, wie die von Richard Kenneth.
Homepage::  http://www.ekologistakmartxan.org
e-maila:  zor-ekologikoa@ekologistakmartxan.org
(Quelle:  http://euskalherria.indymedia.org/eu/2007/08/40945.shtml )

Übersetzung: tierr@

Die Alternative zum "Ölkrieg":
VON KYOTO NACH QUITO
Teil 1 bis 3:
 http://de.indymedia.org/2007/07/188274.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/07/188303.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/07/188420.shtml

Weitere Artikel zum Thema:
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Agrosprit: Aufruf zu Moratorium
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Die Mythen über Biokraftstoff
 http://de.indymedia.org/2007/06/185388.shtml


Ölkonzerne, Indigen@s, Umwelt... (Repsol,Nato, Ecuador)
 http://de.indymedia.org/2007/08/189591.shtml
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Ergänzungen

Simbabwe blutet aus!

Limpopo 06.08.2007 - 23:22

Die Vereinten Nationen warnen, dass die Simbabwer zu verzweifelten Überlebenstechniken gezwungen werden könnten. Im Ort Mutare wurde ein Fall publik, bei dem Studenten vor lauter Hunger Hunde schlachteten und verspeisten. Das tägliche Überleben wird zum Kampf, der alle Energie bindet. Bisher konnten sich noch viele Simbabwer im Nachbarland Südafrika mit Nahrungsmitteln versorgen - doch selbst da will Mugabe nun einen Riegel vorschieben. Künftig soll alle Importware von einem bestimmten Wert an besteuert werden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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gewalt — Antira