Neonazi-Treffpunkt Hard Rock in Langgöns

Ulrich Brosa 06.08.2007 00:32
Eine relatistische Einschätzung der politischen Lage in Hessen ordnet die nazistischen Organisationen nach Gefährlichkeit etwa so:
1) Polizei und Verfassungsschutz
2) Justiz
3) Vereine e.V. beim Amtsgericht
4) die politischen Parteien
5) die einheimische Presse
6) das Amüsiergewerbe
Wer selbst schon mit Nazis handfest zu tun hatte,
ekelt sich vor den "Zeichen-gegen-Rechts-Setzern" und
den "anständigen Aufständischen". Es sind meist führende
Mitglieder der politischen Parteien, die sich beim
rechten Pöbel anbiedern und zugleich einen "demokratischen"
Heiligenschein verschaffen wollen.

Ein Mensch, der in Hessen länger wohnt als ich,
hat anlässlich einer angeblichen Aufklärungsveranstaltung
über das Hard Rock in Langgöns aufgeschrieben, wie Politik
in Hessen wirklich funktioniert. Die Verfilzung zwischen
Neonazis, dem Amüsiergewerbe, den politischen Parteien,
der einheimischen Presse, den Vereinen, Polizei und Justiz
wird richtig analysiert.

Ein Artikel über diese Aufklärungsveranstaltung
war ein paar Wochen lang auf
 http://spdnet.sozi.info/hessen/giessen/langgoens/index.php?nr=3114&menu=1
gespeichert, ist aber jetzt nur noch im Google-Cache
von "spd hard rock langgöns" zu finden.

Wer in Hessen sagt, wie es wirklich ist, muss mit der Zerstörung
seines Lebens rechnen. So war der, von dem ich folgende E-Mail habe,
nicht bereit seinen wirklichen Namen zu veröffentlichen.

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Sehr geehrter Herr S.,

kurz möchte ich Ihnen meine Empfindungen darüber schildern, wie die gestrige
Veranstaltung in Langgöns gelaufen ist.

Bei mir entstand das Gefühl einer intensiven Kränkung. Allein zu meiner
Entschuldigung kann ich vorbringen, nicht gewusst zu haben, dass zum Thema
"Neonazi-Treffpunkt: Hardrock in Langgöns" eine erweiterte Fraktionssitzung der
SPD und der Partei DIE GRÜNEN stattfinden sollte. Ich habe gedacht, dass ich eine
Veranstaltung des Antifaschismus-Referates des AStA des
Justus-Liebig-Universität Gießen besuche. Damit hätte ich sicherlich keine oder
zumindest wesentlich weniger Probleme gehabt.

Vor Ort musste ich jedoch feststellen, dass es sich um eine Veranstaltung des
SPD-Ortsvereins Langgöns handelte. Unter diesen Umständen war es nicht
verwunderlich, dass sich dort u.a. der Bürgermeister von Langgöns, Herr R. samt
gleichgesinnter Genossen aufhielt. Über dessen Person hätten meines Erachtens
vorher Erkundigungen eingezogen werden müssen. Er gehört der SPD Langgöns an.
Hin und wieder verfolge ich, was Herr R. so in seiner Gemeinde, insbesondere vor
Wahlen tut. Danach bin ich der Auffassung, dass dieser sich intensiv an dem
Wettlauf der Sozialdemokraten beteiligt, die CDU rechts zu überholen.

Eine Person wie Herr R. hat keinerlei Interesse daran, dass Herr D. die
Nazi-Umtriebe in der Diskothek Hardrock in Langgöns unterbindet. Dass dies die
SPD-Fraktion im Gemeindeparlament bzw. Ortsverband der SPD Langgöns tatsächlich
anders sieht, dafür konnten sich gelegentlich der gestrigen Veranstaltung keinerlei
Anhaltspunkte zeigen.

Das Ziel besteht darin, Herrn D. in Ruhe seine Geschäfte mit seiner Diskothek
machen zu lassen, auch wenn dieses Lokal zu einem hessenweiten Treffpunkt der
Nazi-Szene geworden ist. Herr D. zahlt fleißig Steuern, die z.T. der
Gemeindekasse zufließen.

Allein die Ausführungen des Referenten des antifaschistischen Pressearchivs und
Bildungszentrums Berlin, Herrn W. verdienten Beachtung, wobei bei mir der
Eindruck entstand, dass seine Erkenntnisse auf externen Recherchen beruhten und
kein Wissen über die historischen Grundlagen der Entwicklung der Nazi-Gruppen in
Mittelhessen vorhanden war. Ich spreche dies deshalb ausdrücklich an, weil ich
in Mittelhessen bereits seit meinem 15. Lebensjahr politisch aktiv gewesen bin.
Seit 35 Jahren ist bekannt, dass in Mittelhessen junge und alte Nazis aktiv sind
und Netzwerke aufbauen. Eines der Zentren befindet sich in Leun bzw.
Leun-Bischofen. Die Verbindungen reichen hoch bis in den nordhessischen Raum,
wobei ich den Ort Amöneburg mit seinem Verein "Berger 88" nicht unerwähnt lassen
möchte.

Die Personen, die den Nazi-Zirkeln angehören, sind seit Jahrzehnten sehr aktiv.
Insbesondere schreiben sie in der Lokalpresse fleißig Leserbriefe, die ohne
nennenswerte Zensur veröffentlicht werden. Dies war schon zu meiner Schulzeit
so. Auf diese Art und Weise fand ausländerfeindliches und rechtsradikales
Gedankengut eine gesegnete Verbreitung in Mittelhessen. Dass dies so ist,
verdankt die Szene hauptsächlich der tatkräftigen Mitwirkung der
mittelhessischen Lokalpresse.

Darüber hinaus konnte die Szene ihre Einflüsse auf die Polizei mit den Jahren
weiter ausbauen. Hier möchte ich noch einmal an die Organisation "Pro Polizei"
erinnern. Wer sich die Mitgliederliste genauer ansieht weiß, welches Gedankengut
dort heimisch ist. Viele der dortigen Mitglieder haben sich durch fleißiges
Leserbriefeschreiben als Rechtsradikale und Ausländerfeinde geoutet. Sie werden
in der Organisation "Pro Polizei" nicht nur geduldet, sondern eher gerne
gesehen.

Es besteht der Verdacht, dass die in Mittelhessen geschlagenen Nazi-Wurzeln in
relevante Bereiche der Strafverfolgungsbehörden und der heimischen Justiz
vorgedrungen sind. Wenn behauptet wird, die Strafverfolgungsbehörden und die
Justiz seien in Mittelhessen gelinde gesagt auf dem rechten Auge blind, so
dürfte es sich dabei in der Zwischenzeit um eine schmeichelhafte Untertreibung
handeln.

Falls Herr W. sich weiter mit der mittelhessischen faschistischen Problematik
beschäftigen möchte, sollte er vor allem in diesen Bereichen (Presse, Polizei,
Justiz, aber auch Fußballvereine) nachhaltig forschen. Er wird auf Dinge stoßen,
die er bis jetzt selbst nicht geahnt haben dürfte. Antifaschisten gelten in
diesen Bereichen bereits als Geächtete, wenn sie nicht gar verfolgt und mit
Gewalttaten Rechtsradikaler überzogen werden. Solche Straftaten werden wegen der
Nazi-Netze nur halbherzig oder gar nicht verfolgt.

Innerhalb der SPD und auch bei den DIE GRÜNEN sind diese Problematiken seit
mindestens 20 Jahren bekannt. Meine persönliche Einschätzung dazu ist, dass
keinerlei Interesse und auch kein politischer Wille dafür vorhanden ist und war,
diesen Missständen zu Leibe zu rücken.

Junge und alte, überzeugte Antifaschisten, zu den letzteren zähle ich mich,
sollten sich auf keinen Fall vor einen "Gegen-Rechts-Karren" der SPD spannen
lassen. Die SPD hat in den vergangenen 30 Jahren überwiegend die Politik im
Lande bestimmt. Zum Teil tut sie es jetzt noch in den Landkreisen und Kommunen.
Es lässt sich unbestritten feststellen, dass sie aus parteitaktischen Gründen
versucht, die CDU rechts zu überholen. In Punkto Ausländerfeindlichkeit war die
SPD ohnehin nicht zu überbieten.

Aufrechte Antifaschisten können an Veranstaltungen derer Art, wie sie am
20.06.2007 in Langgöns stattgefunden haben, nur unter größter Überwindung
teilnehmen. Wenn ich gewusst hätte, dass es sich um eine Veranstaltung des SPD
Ortsvereins Langgöns gehandelt hat, wäre ich keinesfalls gekommen. Mein Wille,
die innere Emigration zu verlassen, hat durch diese Veranstaltung einen
nachhaltigen Rückschlag erlitten.

Der antifaschistische Widerstand wird einen weiteren, möglicherweise
historischen Totalschaden erleiden müssen, wenn er sich nicht frühzeitig mit der
Funktion der Presse, der Infiltration der Polizei und der Justizbehörden durch
rechtsradikale und faschistische Kräfte auseinandersetzt. Zudem ist eine
kritische Auseinandersetzung mit den ausländerfeindlichen Tendenzen in den
Parteien, nämlich vor allem SPD und CDU/CSU, aber auch DIE GRÜNEN, dringend
geboten.

Mit freundlichen Grüßen

Dieter Alexander

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Links mit Beispielen:

Fremdenfeindliche Verbindung zwischen Polizei, Gerichten,
Vereinen, Amüsiergewerbe und einheimischer Presse:
"Türkenjunge terrorisieren Deutsche"
 http://www.althand.de/kirchhain.html

Geld verdienen mit Neonazis, Stumpfsinn und Schlägereien:
Bumstreffen
 http://www.althand.de/bums.html

Verfilzung zwischen Polizei und Rechtsextremen:
"Zeig mich an, Thierau!"
 http://www.projektwerkstatt.de/polizei-rechte/

Vereine bei der Tradtionspflege:
Im TSV 1888 wird Türke gerichtet
 http://www.althand.de/bumstsv.html

Die "demokratischen" Parteien stören sich nicht an Hakenkreuzen:
 http://www.althand.de/hakenk.html

2 Links zur Erklärung des Titelbilds:

Die Krachgruppe Böhse Onkelz ist dem Vorbild der PolitikerInnen gefolgt:
sich anbiedern bei Neonazis mit antinazistischem Heiligenschein.
 http://www.althand.de/onkelzur.html

Das Nazi-Kotwort Jägermeister
 http://www.althand.de/jaegermeister.html
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Ergänzungen

Gegen die Entwertung des Begriffs

john 06.08.2007 - 12:24
Gegen die Entwertung des Begriffs "bürgerlich". Bürgerlich zu sein bedeutet auch bürgerliche Werte, wie Individualität, bürgerliche Freiheiten, bürgerliches Glücksversprechen usw. in Anschlag zu bringen, zu propagieren, zu verteidigen. Der deutsche Dorfmob, wie er sich nicht nur in Butzbach zusammnerottet und sich gegen jede Kritik von außen aggressiv zur Wehr setzt, jedenfalls ist fernab von jeglichen bürgerlichen Errungenschaften. Vielmehr wäre es denn ein Fortschritt wenn die lokale "Autonome Antifa" bürgerliche intersubjektive Verkehrsformen nach Butzbach bringen würde, so wie sie jedoch agierte, macht sie sich allerdings nur zum Büttel der Dorfgemeinschaft, des dörflich-deutschen Mobs, der seine Wohlfühlgemeinschaft gestört fühlt, mit Bürgerlichkeit im besten Sinne hat diese jedoch nichts zu tun, vielmehr ist es die Horde aus der Urzeit.

Die echten Namen

Ulrich Brosa 16.08.2007 - 00:05
Die SPD hat den oben zitierten Artikel
 http://spdnet.sozi.info/hessen/giessen/langgoens/index.php?nr=3114&menu=1
über den Neonazi-Treffpunkt im Hard Rock Langgöns ganz rasch von ihrer Website gestrichen. Der Artikel ist zwar nicht besonders gut, aber wichtig für alle, die die echten Namen wissen wollen. Darum hier ein paar Zitate:

Die Langgönser SPD und das Gießener "Bündnis gegen Rechts" hatten zu einer Podiumsdiskussion eingeladen - ca. 100 Teilnehmer waren der Einladung gefolgt.

Auszug aus Gießener Anzeiger vom 22.06.2007:

LANGGÖNS (pj). "Mittlerweile hat sich das ,Hard Rock´ zu einer Anlaufstelle für die rechte hessische Black-Metal-Szene entwickelt." Das stellte Michael Weiss vom "Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin" in Lang-Göns fest. ... Die Nationaldemokraten um ihren NPD-Vorsitzenden Marcel Wöll aus Hoch-Weisel bei Butzbach verfolgten in Hessen eine vierteilige Strategie...
Die NPD würde im so genannten "Kampf um die Dörfer" ihr rechtsextremes Gedankengut weitergeben. Im "Kampf um die Schulen" würden sie über Klassensprecher, Schulsprecher und Schüler ihren Einfluss ausbauen und auf Jungwählerfang gehen wollen...
Ein wichtiger Treffpunkt sei dabei die Diskothek "Hard-Rock" in Lang-Göns, so Weiss. Es sei festgestellt worden, dass sich Nazis dort bevorzugt treffen würden. "Das ,Hard Rock´ ist zwar kein Nazitreffpunkt im klassischen Sinn, dort sind aber immer größere Gruppen von Nazis anzutreffen", so Weiss und belegte dies mit Fotos, die junge Menschen mit eindeutig der rechten Szene zuzuordnenden Symbolen oder Sprüchen auf ihrer Kleidung zeigen. "Mittlerweile hat sich das ,Hard Rock´ zu einer Anlaufstelle für die rechte hessische Black-Metal-Szene entwickelt. Rechtsextreme Musiker, die sich zum Beispiel in Frankfurt nicht mehr in Ruhe treffen können, kommen nach Langgöns", hat Weiss beobachtet.
"Solche Frei- und Bewegungsräume darf es für die Nazis nicht geben!", forderte Weiss genauso wie die mit auf dem Podium sitzenden Frank Pötter (Lehrer aus Pohlheim), Gerald Dörr (Vorsitzender SPD Langgöns), Sonja Röhm (Jusos) und der Weidig-Schüler Daniel Guterding aus Lang-Göns...
Von Nazis angezettelte Schlägereien, zuletzt Anfang des Jahres, als mehrere Streifenwagenbesatzungen für Ruhe und Ordnung hätten sorgen müssen und offene und unterschwellige Werbung für demokratiefeindliche Organisationen seien an der Tagesordnung, so Weiss.
Solche Umtriebe sind zwar Diskothekenbetreiber Udo Dern ebenfalls ein Dorn im Auge, doch er betont auf Anfrage des Anzeigers: "Solange sich die Menschen ordentlich benehmen, sind sie bei mir Gäste wie jeder andere auch.". Alles, was radikal ist, gefalle ihm auch nicht, er könne aber nicht "jeden rausschmeißen, der eine Glatze hat oder ein T-Shirt mit dubiosen Zeichen trägt". Er jedenfalls verbiete Menschen, die verbotene Embleme tragen, den Eintritt in die Diskothek oder fordere sie auf, das Shirt auszuziehen. Im übrigen seien es lediglich "drei bis fünf Mann" gewesen, die derart aufgefallen seien.
Und: "Wir haben sie hier unter Kontrolle - eine Vertreibungsstrategie nützt da nur wenig. Wenn diese Leute nicht bei mir im ,Hard Rock´ sind, machen sie sich irgendwo anders breit", so Dern...

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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... — ...

...2 — ...2

Kotwort? — Elrik

lol — etwas durchgedreht

PS — Zonar