Gericht glaubt Fahrscheinkontrolleuren nicht

zugucker 04.08.2007 11:15 Themen: Medien Repression
In Berlin wurde diese Woche ein Fernsehjournalist freigesprochen, der vier Jahre lang den Falschaussagen von mehreren Kontrolleuren der Berliner Verkehrsgesellschaft augesetzt war. Die Kontrolleure wollten den Journalisten zwingen, seine Filmaufnahmen einer Fahrscheinkontrolle herauszugeben. In der Folge kam es auf einem Berliner U-Bahnhof zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung.
Vier Jahre lang war der Journalist Anatol Wiecki aus Berlin zu Unrecht dem Vorwurf der Körperverletzung ausgesetzt, weil mehrere Kontrolleure der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) bei der Polizei und vor Gericht im Zusammenhang mit einer gewalttätigen Auseinandersetzung gegen ihn falsch ausgesagt hatten. Zu dem Vorfall kam es, weil der Reporter eine Ticket-Kontrolle auf einem Bahnsteig in Berlin-Mitte filmte, was von den acht in zivil gekleideten Kontrolleuren offensichtlich nicht gewünscht wurde. Obwohl er sich sofort als Pressevertreter legitimiert hatte, wollten die Fahrscheinkontrolleure den Journalisten zur Herausgabe des Materials zwingen. Der Fernsehreporter konnte per Handy die Polizei informieren.

Ursprünglich waren die "Belastungszeugen", alles Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsunternehmens, welches von der BVG für Fahrscheinkontrollen in Bus und Bahn beauftragt ist, wegen ihres rabiaten Vorgehens gegen den Journalisten im Visier der Staatsanwaltschaft. Offensichtlich gemeinschaftlich einigten sich die von der Berliner Verkehrsgesellschaft als Kontrolleure eingesetzten Gewalttäter, die laut Aussagen von mehreren Zeugen den Journalisten in den Schwitzkasten genommen und "wie eine tote Sau" über den U-Bahnhof getragen haben sollen, später auf eine Falschaussage bei der Polizei. Dem Journalisten wurde unterstellt, er habe einen der Kontrolleure mit einem Faustschlag verletzt.

Die Frage, ob er eine Verletzung durch einen Faustschlag bei seinem Kollegen sehen konnte, verneinte einer der Kontrolleure vor Gericht. Vermutlich um einer Anklage wegen Falschaussage vor Gericht zu entgehen, konnten sich einige Kontrolleure plötzlich nicht mehr an ihre Falschaussage bei der Polizei erinnern oder erschienen erst gar nicht, obwohl die Verhandlung aus letztgenannten Grund sechsmal anberaumt wurde. Auch sagten Angestellte der Berliner Verkehrsgesellschaft, die den Vorfall im August 2003 aus ihrem Aufsichtshäuschen mitbekamen, für den Journalisten aus. Am Ende glaubte der Richter den Falschaussagen der anderen Kontrolleure, die gegen den Journalisten aussagten, nicht. Denn die privaten Kontrolleure hatten sich nicht nur untereinander zur Falschaussage verabredet, sondern wollten auch die BVG-Angestellten überreden: "Ihr haltet doch zu uns! Wir sind doch Kollegen!".

Was zumindest die Sicherheitsfirma, die von der öffentlich-rechtlichen Berliner Verkehrsgesellschaft beauftragt ist, von der Pressefreiheit hält, lässt sich angesichts der Aussage eines privaten Kontrolleurs vor Gericht nur erahnen:
"Das hat man uns bei der Schulung nie gesagt, dass man Pressevertreter bei ihrer Arbeit nicht behindern dürfe. Erst nach dem Vorfall haben wir eine Sonderschulung erhalten, wo man uns gesagt hat, dass man Journalisten nicht schlagen dürfe".

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Ergänzungen

ik war dabei

schwarzfahrer 04.08.2007 - 20:01
tja, das ist ja lustig, dass dabei doch noch was rumkommt. wir wurden von der selben kontrolle vorher angehalten an diesem tag, sagten ihnen unsere scheine weggeworfen zu haben nachdem wir die bahn verliessen, was uns nicht geglaubt wurde. das ging dann soweit , dass einige kontrolleure ihre kollegen abhalten mussten uns zu attackieren. jedenfalls erhielten wir jeweils eine strafe von je 80euro, da wir auch noch räder mit uns führten. dass dort gefilmt wurde erfuhr ich dann einige tage später durch meine mutter, die mich im fernsehen gesehen hat. mensch mensch! erst da war uns klar, dass jemand den vorgang gefilmt haben muss. jedenfalls gab sich die bvg nach einem anruf meinerseits sehr zurückhaltend und gab uns 12 monate zeit unsere "schuld" zu begleichen, was doch sehr verwunderte. dass dieser vorfall noch so weit reichen würde, hätte ich nicht gedacht. uns kam später auch noch zu ohren, dass eine station weiter die selben typen eine gruppe touristen attackiert haben soll, da diese auf dem bahnhof sitzend, auf jemand wartend, keine tickets vorweisen konnten. wahrscheinlich waren sie da immernoch im "blutrausch". in jedem fall waren das recht finstere typen. als die auf uns zukamen waren wir fast schon erleichtert, dass es "nur" kontrolleure waren...nunja......

neu regelung

---- 04.08.2007 - 21:12
man sehe und staune: so reagiert das berliner unternehmen auf diese situation

Pressestelle der Berliner Straßenbahnbetriebe/ a>

filmen dürfen absofort nur noch presseleute die sich vorher eine bescheinigung geholt haben


frei fahrt für alle!

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Nee, Nee, Nee — eher brennt die BVG!!!

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Kommentar — ich