Argentinien: Selbstverwaltung bedroht

transgresora 29.07.2007 22:29 Themen: Globalisierung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Das 20-stöckige Vier-Sterne-Hotel B.A.U.E.N mitten im Zentrum von Buenos Aires ist nach längerem Leerstand im März 2003 besetzt worden. 150 ArbeiterInnen betreiben es in Selbstverwaltung. Am 20. Juli wurde vom Gericht ein Räumungstitel erlassen. Innerhalb von 30 Tagen sollen die Arbeiterinnen ihr Hotel verlassen.
Auch gegen Zanon, die 2001 besetzte Kachelfabrik in Neuquén, gibt es neue Drohungen.
Die Überlassung der Kachelfabrik Zanon an die ArbeiterInnen bzw. an ihre Kooperative Fasinpat ist im Oktober 2006 um weitere drei Jahre verlängert worden. Aber einer der Gläubiger, die italienische Firma SACMI, legte dagegen Rechtsmittel ein und fordert das Ende der Arbeiterselbstverwaltung. Der Staatsanwalt schlug den Richtern vor, die Frist auf zwei Jahre zu verkürzen. Wenn das Gericht dem Gläubiger recht gibt, könnte eine Räumung unmittelbar oder im Oktober nächsten Jahres bevorstehen. Von der selbstverwalteten Kachelproduktion leben mittlerweile 470 Familien. Die compañer@s planen jetzt neue Aktionen zur Verteidigung ihrer Fabrik.

Die ArbeiterInnen des Hotel BAUEN haben bereits drei Räumungsdrohungen überstanden. Ebenso wie die compañer@s von Zanon können sie auf große Unterstützung zählen. Das ehemalige Luxushotel ist zu einem bei den Bewegungen beliebten Ort geworden, wo Treffen und Kulturveranstaltungen stattfinden. Auch sie mobilisieren jetzt zu verschiedenen Aktionen.

Weitere Informationen zu den selbstverwalteten Betrieben in Argentinien:
 http://www.labournet.de/internationales/ar/selbstverw.html

Seit zwei Jahren gibt es eine Online-Unterschriftensammlung, mit der die endgültige Enteignung des Hotels BAUEN zugunsten der ArbeiterInnen gefordert wird:
 http://www.petitiononline.com/bauen/petition.html

___________________________________________________

Übersetzung des Flugblattes, mit dem die ArbeiterInnen des BAUEN die Räumungsdrohung bekannt machen:


Eine neue Drohung: Räumungstitel für das Hotel B.A.U.E.N

Ein neues Urteil gegen die Kooperative:
Diese Maßnahme gefährdet den Lebensunterhalt von mehr als 150 Familien.

1978: Das Hotel BAUEN S.A. wurde für die Fußball-Weltmeisterschaft gebaut, dank der guten Beziehungen seines Inhabers Marcelo Iurcovich zu Mitgliedern der herrschenden Militärdiktatur. Er bekam einen Kredit von der Nationalen Bank für Entwicklung BANADE, die heute zur Bank Banco Nación gehört. Der Besitzer Iurcovich hat sich nie um das Hotel gekümmert, er hat dem Staat nichts von dem Kredit zurückgezahlt, er hat keine Steuern bezahlt und Millionen Pesos Schulden gemacht. Mit dieser Methode hat er große Gewinne gescheffelt. 1997 verkaufte er das Hotel an die Unternehmensgruppe Solari S.A. Deren Inhaber Solari ging auf dieselbe Weise vor wie sein Vorgänger, er bezahlte nur die erste Rate… Er führte das Hotel bis im Dezember 2001 der Konkurs erklärt wurde. 80 Familien wurden um ihren Lebensunterhalt gebracht, ohne jegliche Erklärung.

2003: Die Kooperative BAUEN wird gegründet. Die ArbeiterInnen haben das Hotel in einem völlig geplünderten und zerstörten Zustand vorgefunden. In den letzten vier Jahren mussten sie die gesamte Einrichtung instand setzen. Sie haben den Betrieb erfolgreich ans Laufen gebracht. Während das Land seine schlimmste Wirtschaftskrise durchlief, schufen sie mehr als 150 Arbeitsplätze. In vier Jahren haben sie zweifelsfrei gezeigt, dass eine Betriebsführung ohne Chef machbar ist. Das Resultat ist für jeden sichtbar. Vielleicht stört gerade das diejenigen am meisten, die denken, dass eine seriöse und erfolgreiche Verwaltung nicht von Arbeitern selbst gemacht werden kann.

20. Juli 2007: Die Richterin Paula Hualde verfügt die Räumung des Hotels und räumt den ArbeiterInnen eine Frist von 30 Tagen ein, das Gebäude zu verlassen. Dieses Urteil begünstigt diejenigen, die das Hotel ruiniert, dem Staat Verluste verursacht und die Arbeiter rausgeschmissen haben, und es widerspricht einem der Grundrechte der argentinischen Verfassung: frei arbeiten können.
Wir ArbeiterInnen des BAUEN möchten, dass die ganze Gesellschaft von diesem Angriff auf unsere Interessen erfährt. Wir möchten in Würde arbeiten, weiterhin unsere Fähigkeiten entwickeln und weitere Arbeitsplätze schaffen. Wir werden gegen das Urteil der Richterin Hualde Berufung einlegen, und wir werden nicht aufgeben.

Wir rechnen mit der solidarischen Unterstützung von politischen Organisationen, sozialen und kulturellen Bewegungen und der Bevölkerung. Wir werden gegen diese Maßnahme Widerstand leisten und organisieren verschiedene Aktionen, damit die ganze Gesellschaft uns in diesem Kampf begleitet.

6. August: Demonstration zum Gericht (Callao / Marcelo T.Alvear)
9. August: Pressekonferenz im Hotel
24. August: Große Kundgebung mit bekannten Bands und prominenten Persönlichkeiten.

Das BAUEN gehört allen! Keine Räumung!
 prensatrabajadoresdelbauen@yahoo.com.ar
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Viedeo zur Situation auf AgoraTV

SelbstverwalteteBetriebe 04.08.2007 - 16:14
bei AgoraTV gibt es eine 15min Doku zur aktuellen Situation ist interessant aber leider nur auf spanisch

 http://www.revolutionvideo.org/agoratv/programas/empresas_recuperadas/defensa_bauen_7.html