Critical Mass in Trier - Wir blockieren nicht

Schwarzer Bremsblock 28.07.2007 13:37 Themen: Freiräume
den Verkehr, wir sind der Verkehr! Die Autofahrer stehen nicht im Stau, sie sind der Stau!
Ein weltweiter friedlicher Zufall: In vielen Städten der Welt treffen sich Radlerinnen & Radler um gemeinsam die gleiche Strecke durch ihre Stadt zu fahren ...
Die erste Critical Mass in Trier fand statt. Etwas mehr als 50 Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer trafen sich um gemeinsam die Stadt zu erradeln.
Eine für Trier neuartige Aktionsform erprobten am Freitag mehr als 30 zumeist junge Leute: Scheinbar spontan starteten sie am Nachmittag vom Viehmarkt aus zu einer mehr als einstündigen Radtour über viel befahrene Straßen der Stadt. “Critical Mass” (Kritische Masse) nennt sich dieser organisierte Zufall, der andernorts längst etabliert ist. Bei vielen Passanten sorgte die Aktion für Erheiterung, und auch die meisten Autofahrer reagierten relativ gelassen.

TRIER. Um kurz nach 16 Uhr war die kritische Masse erreicht: Mehr als 50 junge und alte Menschen samt ihren mehr oder minder fahrtüchtigen Velos starteten vom Viehmarkt aus zu einer Radtour der etwas anderen Art. Eine offizielle Einladung hatte es nicht gegeben, und auch sonst liefen die Vorbereitungen mehr im Verborgenen ab. Mit gutem Grund: Die “Critical Mass”, wie sich diese Aktionsform nennt, lebt schließlich vom scheinbaren Zufall.

Anders als bei angemeldeten Fahrraddemos oder sonstigen Versammlungen gibt es weder einen Verantwortlichen noch eine wirkliche Organisation; allenfalls ein oder mehrere Urheber sorgen dafür, dass Tag und Uhrzeit der “spontanen” Aktion über Mundpropaganda oder Rundmails bekannt werden.

Wenn eine Gruppe Radfahrer zufällig gemeinsam die gleiche Strecke fährt, so beansprucht sie u.U. auch die gesamte Straßenbreite. Ab einer Gruppengröße von 16 Radfahrern dürfen diese eine Fahrspur in der ganzen Breite nutzen und müssen sich nicht mehr an den rechten Fahrbahnrand quetschen. Dafür ist es wichtig das kompakt gefahren wird. [StVO §27 Verbände] Daraus ergibt sich auch, dass Ampeln im Verband geschlossen überquert werden dürfen. Wenn der vordere Teil der Gruppe eine grüne Ampel überfährt darf die restlichen Gruppe folgen, selbst wenn die Ampel mittlerweile auf "rot" umgesprungen ist. Die übrigen Räder müssen also nicht ihrerseits Halte- oder Wartepflichten einhalten (LG Verden, Urteil vom 02.02.1989, Az. Ns Ds 2 Js 10396/88).

Behinderungen werden in Kauf genommen

Ohnehin verstehen sich die Urheber einer “Critical Mass” auch nicht als Verkehrshindernis, sondern als Teil des Verkehrs. Doch dass eine Ansammlung von Dutzenden Radfahrern und eine komplett in Beschlag genommene Fahrspur den motorisierten Verkehr nicht eben flüssiger fließen lässt, nimmt die kritische Masse durchaus in Kauf. Scheinbar zufällig führte die Route denn auch nahezu ausschließlich über stark frequentierte Verkehrsachsen.

Was für Trier ein Novum war, hat sich andernorts schon längst etabliert. Ob in Berlin oder Winnipeg, Stuttgart oder Vancouver - an vielen Orten der Welt setzt sich mit einiger Regelmäßigkeit eine kritische Masse in Bewegung. In Wien gab es bis zu Beginn dieses Jahrhunderts gar jede Woche eine Raddemo - die obendrein unter dem hierzulande eher negativ besetzten Kürzel RaF firmierte, was allerdings nur für Radfahren am Freitag stand. Mitunter führen diese Aktionsformen zu chaotischen Zuständen, doch das Debüt in der Moselstadt verlief praktisch reibungslos. Überhaupt benötige man für ein Verkehrschaos keine “Critical Mass”, bemerkte ein Teilnehmer, denn schließlich verabredeten sich Autofahrer ja auch so schon regelmäßig zum Stau…

Organisation?
Es gibt keine! Critical Mass organisiert sich von selbst.

Wir blockieren nicht den Verkehr, wir sind der Verkehr! Die Autofahrer stehen nicht im Stau, sie sind der Stau!

www.critical-mass-trier.de
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Ergänzungen

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Weiter so! — Fahrradgeurilla

woher infos? — raphael

infos — macht nichts