"Der Coup ist gelungen"

Antifas aus OL 26.07.2007 15:42 Themen: Antifa
Kreative AntifaschistInnen behindern Nazi-Kundgebung in Wilhelmshaven. (Ol/Whv) Am 28. Juli wollte die NBD („National-Sozialistischen Bewegung Deutschland“) eigentlich eine Kundgebung in Wilhelmshaven abhalten. Diese Kundgebung sollte unter dem Motto „Schluss mit der Fremdherrschaft" stehen und die angebliche „Besatzung Deutschlands“ durch „Usrael“ und die „USA“ thematisieren. Organisiert wurde sie vom „Bundesvorsitzenden“ des NBD, dem seit einem Jahr in der „Szene“ aktiven Silvio Reinhold Krug [1]. Das Engagement einiger AntifaschistInnen hat allerdings die Bemühungen des Organisatoren zur Farce werden lassen.
Silvio Reinhold korrespondierte nämlich fast zwei Wochen mit vermeintlichen Sympathisanten aus dem Nazi-Milieu, die jedoch in Wirklichkeit AntifaschistInnen waren. Den AntifaschistInnen gelang es, fast die gesamte organisatorische Leitung der Kundgebung zu übernehmen. Sie stellten den „Lautsprecherwagen“, sowie Ordner und den „Versammlungsleiter“. Am Tag der Kundgebung sollten sie den „Bundesvorsitzenden“ Krug nach Wilhelmshaven fahren. Des Weiteren sollten sie ein Transparent mit der Aufschrift „Gegen die Besatzungsherrschaft“ anfertigen. „Der Coup ist gelungen. Nur weil wir uns als Nazis ausgegeben haben und die technische Infrastruktur in unsere Hände gelegt wurde, können wir heute davon ausgehen, dass die Kundgebung in Wilhelmshaven nicht stattfinden wird“ äußert sich Kurt Gloger [2], ein Sprecher, der AntifaschistInnen.

Holocaust Leugnung und andere „130er“
Die AntifaschistInnen nahmen per E-Mail Kontakt mit dem Bundesvorsitzenden auf. Sie gaben sich als Nazis aus und fragten an wie die NBD („National-Sozialistische Bewegung Deutschland") zum Holocaust stehen würde. Davon würde eine Teilnahme an der Kundgebung abhängig gemacht.
Dies hat funktioniert. Schon in einer der ersten E-Mails des Bundesvorsitzenden leugnete dieser den Holocaust: „Der Holocaust selber ist eine reine Erfindung (...). Die damals angeblich umgekommenen Juden, und dessen Nachkommengeneration sitzen seit 45 in New York (...)“ [3]. Dies sei die „generelle Position“ des NBD zum Thema. Konsequenterweise wird auch auf der inzwischen abgeschalteten Internetseite vom „angeblichen Holocaust“ [4] gesprochen.

Holocaust Leugnung per "Elektropost" [3]...

... und auf der "Weltnetzseite" [4].

Gleichzeitig fragte Silvio Reinhold Krug an, ob die AntifaschistInnen „Lautsprecher“ zur Verfügung stellen könnten: „Die Frage ist wichtig da unserer Verstärker (...) durchgeknallt ist und die Lautsprecher hat es dadurch ein wenig beschädigt.“ [5] Des Weiteren wollte er, dass die AntifaschistInnen den „Versammlungsleiter“ übernehmen sollten.
Er habe nämlich „ein Paar 130er“ (d.h. mehrere Verfahren wegen Volksverhetzung) und könne die Aufgabe daher nicht übernehmen. Auch diese Aufgabe wurde also in die Hände der AntifaschistInnen gelegt.


Die Bitte nach Ordnern und Versammlungsleiter [5].

... und schon ist man Redner.

Das verpatzte Treffen.

Daraufhin wollte der begeisterte Silvio Reinhold Krug die vermeintlichen Nazis auch wirklich treffen. Dabei gab er der antifaschistische Recherchegruppe die Wahl des Ortes vor: „Pass auf (…) sag wann und wo, und bring alle Kameraden mit, ich bringe die Dokumente und die Anfahrtwegestrecke für den Lautsprecherwagen mit. Montag wäre gut, also bitte bis morgen Abend um Antwort, morgen Abend rufe ich die E-Post wieder ab [6].“ Aufgrund der offensichtlichen Verrücktheit, die den „Vorsitzenden“ der „Bewegung“ eher an Parodie erinnern lässt, wurde auf eine direkte Kontaktaufnahme verzichtet.
Es gelang den den AntifaschistInnen Silvio Reinhold Krug nach Oldenburg zu holen. Dort telefonierte er vollkommen frustriert, doch statt den so sehnlichst erwarteten Kameraden aus Oldenburg erreichte er lediglich eine Mailbox: „Sag mal, wollt ihr mich verarschen? Melde dich sofort“ war das einzige was Silvio Reinhold Krug hervorbrachte. „Ja! Wir wollten ihn verarschen“ erzählt Kurt Gloger. „Aber wir haben dafür gesorgt, dass er uns weiterhin glaubt“.

Treffen in Oldenburg [6].

Der Bundesvorsitzende verzweifelt in Oldenburg.

Zeugnis dessen ist ein kurzer „Pressebericht“ des „Nationalsozialisten“, den Krug auf die bitte der AntifaschistInnen geschrieben hat: Dort heißt es: „Antiva wird gewalttätig. Sie überfällt Versammlungsleiter! Am Samstag, den 21.07.07 überfiel die Antifa in Oldenburg vor einem internen Treffen der Versammlunsgleitung den stellv. Versammlungsleiter und den Inhaber des Lautsprecherwagens“ [6]. Zeitgleich meldete sich Krug in einer E-Mail: „Heil dir mein Freund, ist also doch wahr. die Antifa-Plage hat mich gestern schon angerufen und gemeind, sie hätte euch am oder vor dem Bahnhof nieder gestreckt. Ich garantier dir un ihm für die Sicherheit da ich auf Grund dieser Tatsache mit Polizei der Polizei jetzt Klartext reden werde.. Auf jedenfall, werde ich deine Mail an die Stadt weiter leiten, damit sie den Ernst der Lage erkennen“ .
Ab diesem Zeitpunkt hatten sich die AntifaschistInnen solch eine Vertrauensbasis geschaffen, dass sie sogar als Redner auftreten sollten.
Tatsache ist, dass es diesen „Angriff“ in der Realität niemals gegeben hat. Die wilde Schilderung der angeblichen Schlägerei brachte Silvio Reinhold Krugaber aber dazu, den vermeintlich geschlagenen "Kameraden" wieder voll zu vertrauen. Schließlich waren sie nicht einfach nicht aufgetaucht, sondern „Opfer“ des linken „Terrors“ geworden.
„In seiner Welt sind wir zu echten Kameraden geworden“ erzählt Kurt Gloger. „Er wiederholte mehrmals die Bitte, doch bei uns zu übernachten, weil er ansonsten keine Möglichkeit hätte von Bremerhaven nach Wilhelmshaven zu fahren“. Auch fühlte er sich verfolgt und berichtete: „Ich erhielt bereits Drohungen, meine Wohnung wird bereits von der Polizei überwacht.“

Angeblicher Angriff.

Die Angst vor der Antifa.

Artikel für die Antifa.

Paranoia

Der Einzeltäter.
Krug rief öfter aus einer Telefonzelle an. Sein einziges Kommunikationsinstrument ist sein Handy. Die Internetseite wurde über den Computer des Nachbarn aktualisiert, weil sein „Computer gerade kaputt“ sei. „Außerdem bat Reinhold, der sich mit der Grußformel 'Heil Dir' rabschiedet, uns ein Schreiben an die 'Wixer von der Stadt“ abfzufassen“ berichtet Kurt Gloger.
In diesem sollten die vermeintlichen „Kameraden“ ihre Bereitschaft erklären, als „Versammlungsleiter“ zur Verfügung zu stehen. Förmlich begeistert zeigte sich Krug dann am vergangenen Dienstag, nach einigen Tagen Flehen und Betteln, als er diese Erklärung dann endlich an die „Wixer von der Stadt“ senden konnte. Er hatte nämlich Angst, dass seine „Kundgebung“ verboten wird.
„Auf der verzweifelten Suche nach einem Versammlungsleiter hat Krug sogar angerufen und gesagt, dass dieser auch Minderjährig sein könne“ erzählt Kurt Gloger. Die anderen Nazigruppen aus Wilhelmshaven, haben nämlich ihre Unterstützung abgesagt und mobilisieren nach Bad Nenndorf, an dem ein Aufmarsch von „Freien Kameradschaften“ statt finden soll. „Das Schreiben das Reinhold Krug heute an die Stadt gesendet hat, ist in jedem Fall gefälscht.“ Die AntifaschistInnen, die sich als Nazis ausgegeben haben, haben nie eine Unterschrift geleistet.
Mitlerweile hat die Stadt Wilhelmshaven die geplante Kundgebung NBD verboten. Nach Auskunft der Stadtverwaltung wurden bis dato keine Rechtsmittel vom Veranstalter gegen das Verbot eingelegt.

... Lautsprecher aus Bremen?

... oder doch die von der Antifa?

Andere Besonderheiten.
In Wilhelmshaven scheint man sich aber mittlerweile mit der Kundgebung abgefunden zu haben. Zwar mobilisiert ein bürgerliches Bündnis gegen die Nazikundgebung und spricht sich gegen das Wegschauen aus: „Wer ignoriert, unterstützt die Nazis! Wer verharmlost, wird zum Mittäter!“
Doch werben sie mit einem schwarz-rot-goldenen Apfel und dem Schriftzug: „Für ein Land ohne braune Flecken“.
Die Polizei kündigte bereits im Vorfeld an die Kundgebung des Silvio Reinhold Krug und seinem ein Mann Unternehmen in jedem Fall zu schützen.
Wen wundert es da, dass die Polizei in der Wahrnehmung des selbsternannten Naziführers gut wegkam.
Die AntifaschistInnen, die für gute deutsche "Kameraden" gehalten wurden, sollten „keine Angst“ haben: „wir werden durch eine in der Stadt befindliche Polizeischleuse duchgescheußt.“ Auf das versprochene „Sicherheitskonzept“ angesprochen wurden die AntifaschistInnen wir immer wieder vertröstet und letztendlich wieder auf die Polizei verwiesen: „Polizeischutz wird 100 % gewährleistet, die Umgebnung des Valoisplatz wird bereits Fraitag Abend abgeriegelt (…). die Polizei ist mobilisiert.“

Vom Problem zum Problemfall.
Krug, der die vermeintlichen Kameraden gerne „mit donnerndem 88“ verabschiedet und sie mit „Heil Dir“ begrüßt, veröffentlichte einen Bericht, nach dem er und seine „Organisation“ in Zukunft „keine Aktivitäten der NPD“ mehr „unterstützen“ würden. Wenn er in Zukunft weiter so seine Aufmärsche und Kundgebungen organisiert, dürfte sich das Problem mit dem selbst ernannten Nazi-Führer von selbst erledigen. Aber wahrscheinlich wird Reinhold Krug wieder bei denen mitlaufen, die alles umbringen und ermorden wollen, die nicht in ihre Sandkastenwelt passen.
So wie am 2. Juni 2007, als er mit einer „Delegation“ des „NBD“ , im Rahmen einer „spontanen“ NPD Demonstration in Greifswald marschiert war.

Silvio Reinhold Krug (Links im Mantel) auf einem Aufmarsch in Greifswald

In solch einem Rahmen dürften AntifaschistInnen auch wieder mit ihm zu tun bekommen. Ohne Unterstützung dürfte der NBD-Bundesvorsitzende Krug allerdings aufgeschmissen sein. Für den 2. Oktober Juni kündigte Krug jeden falls telefonisch eine „Doppel-Demonstration“ in Oldenburg und Wilhelmshaven an. „Wir müssen ihm auf diesem Weg eine Absage erteilen“ sagt Kurt Gloger: „Sollte es allerdings doch einen Versuch der Nazis geben, in unserer Region zu marschieren, werden sie noch mehr Probleme bekommen“.
Sollte er dies für den 2. Oktober gelingen, durfte Oldenburg eine witzige Politsatire ins Haus stehen. Schließlich wird die Polizei, wie sie es auch schon in Wilhelmshaven tun wollte, den legitimen antifaschistischen Protest kriminalisieren und solch verrückten Einzeltätern wie Reinhold Krug die Möglichkeit durchprügeln, ihre antisemitische Hetze und ihren Traum von der „deutschen Volksgemeinschaft“ zu propagieren.

"Die wollen das Ding verbieten."

Eine positive Bilanz.
Kurt Gloger, der Sprecher der AntifaschistInnen, zieht jedenfalls eine positive Bilanz: „Durch unsere unkonventionellen Methoden ist es uns gelungen, die gesamte Durchführung der Kundgebung von unserer Mitwirkung abhängig zu machen.“ Dadurch sei es möglich gewesen die komplette Infrastruktur lahm zu legen.
Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die vom „NBD“ geplante Kundgebung nicht statt finden wird, weil Silvio Reinhold Krug, alleine nicht in der Lage sein wird, diese durch zu führen. Ihm fehlen nun Lautsprecherwagen, Anmelder, Transparente und Ordner, die ihn, von den angeblichen Nazis, zur Verfügung gestellt werden sollten. Egal ob nun Nazis aus NPD, „freien Kameradschaften“ oder NPD, sei es wichtig einzugreifen, meint Kurt Gloger: „Leute wie Krug sollten gewarnt sein: Wenn wir wollen, können wir ihre Bemühungen in der Region Strukturen aufzubauen, auch noch ganz anders ‚honorieren’. In diesem Sinne rufen wir dazu auf einen entschlossenen antifaschistischen Widerstand gegen die Nazibanden in Bad Nenndorf auf die Strasse zu tragen.“


1] Vgl.: „Enough is enough“, Nr. 27, Seite 23.
2] Name von den AutorInnen geändert.
3-7] Siehe Grafiken.
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Ergänzungen

Video und Artikel

.... 26.07.2007 - 16:11
 http://www.youtube.com/watch?v=eMlnSBrci-c
Da ist das Video.
Der Artikel sieht hier irgendwie nicht so toll aus. Eine lesbarer Version gibt es bei Provinzkritik:
 http://provinzkritik.blogsport.de/2007/07/26/der-coup-ist-gelungen/

vorsicht

nachdenker 26.07.2007 - 16:50
zumindest wegen dem angeblich passierten überfall, wenn nicht zusätzlich noch wegen ein paar anderen sachen, haben auch die antifas, die dieses zugegeben geniale ding durchgezogen haben, sich eindeutig strafbar gemacht. sie sollten sich also konsequent bedeckt halten und ihre spuren in der sache nicht nur gegenüber den faschos sondern auch gegenüber den ermittlungsbehörden verwischen.

Jetzt nur nicht nachlassen!

Belustigt 26.07.2007 - 18:58
Oh, man. Die Kameraden machen aber gerade einen richtigen Sturzflug durch. Die einen outen sich als Idioten, die anderen boykottieren sich gegenseitig und die anderen beschimpfen sich einfach. Jetzt dürfen wir nur nicht nachlassen!
Versetzen wir den organisierten Nazis den Todesstoß (sinnbildlich, Herr Worch. Nicht gleich zum Gericht rennen ;-)).
Und nicht vergessen 1. September mal wieder Nazi-Zoo in Dortmund.
 http://www.youtube.com/watch?v=1Zdt5e1NZ6s

Weiterer Artikel

. 07.08.2007 - 10:38
Die Reaktion der Nazis und die Reaktion des Silvio Reinhold Krug werden im folgenden Artikel beleuchtet:  http://provinzkritik.blogsport.de/2007/08/07/veraergerte-nazis/

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Super! — Weiter so!

was — ist

aus FfM — Frau Rauscher

Genial — Gelber Donner

genial! — Norm

Der arme Kerl — Verschenknix

Geile Aktion — der rote Baron

Jaja — Andi Fa

coup ????? — eremitos

Sauber — tut nix zur sache

@ho — nachdenker

@ Frau Rauscher — xxx

irgendwie arm — tyler