Was passiert in Peru?

diverse 25.07.2007 13:07 Themen: Bildung Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Ähnlich wie in Oaxaca überzieht derzeit eine der stärksten Protest- und damit auch Repressionswellen den Andenstaat Peru. Mehr als 300 Personen wurden bislang inhaftiert; mindestens drei Menschen sind getötet worden. Was sind die Hintergründe und Ursachen? - ¿Qué pasa en el Peru?
Proteste im ganzen Land - Die Regierung antwortet mit Gefängnis

Cusco, Puno, Arequipa, Ucayali, Apurímac, Tacna, Lima, Ayacucho... LehrerInnen, MinenarbeiterInnen, Bauern/Bäuerinnen, ArbeiterInnen... alle Regionen und verschiedene Sektoren kämpfen um Arbeitsrechte, den Schutz der Umwelt, gegen Preiserhöhungen (...) und lehnen aktiv das Freihandelsabkommen (TLC) und den wachsenden Autoritarismus der Regierung ab. Deren Antwort sind Repressionen (bei welchen mehrere Menschen zu Tode kamen und zahlreiche schwer verletzt wurden) und Inhaftierungen. Indymedia Peru beklagt ein Totschweigen der Situation seitens der Massenmedien und ruft zu einer laufenden Berichterstattung aus Stadtteilen, Orten und Regionen auf. Es muss von daher - wie eigentlich immer in solchen Situationen - als die zuverlässigste und direkteste Informationsquelle betrachtet werden.

Eine Zahlenangabe etwa besagt: 115.000 LehrerInnen arbeiten 12 Stunden gratis und weitere 140.000 GrundschullehrerInnen arbeiten 7,5 Stunden unentgeltlich. Das geplante Gesetz zur LehrerInnenausbildung (Ley 29062), gegen welches die Bildungsgewerkschaft SUTEP zu einem Streik aufgerufen hatte, würde zu einer Gehaltsreduzierung der Lehrkräfte um 25 bis 40% führen. Ein weiterer Brennpunkt der Prostete ist die Forderung nach einer größeren Finanzuwendung aus dem Staatsetat für die Entwicklung in den einzelnen Regionen sowie die Zurücknahme von Preiserhöhungen für Treibstoff und Grundnahrungsmittel.

Bereits am 06. Juli hatten mehr als 20.000 Lehrkräfte, streikende Bedienstete des Gesundheitswesens, StudentInnen und Teile der arbeitenden Bevölkerung versucht, diese Forderung durch Straßenproteste durchzusetzen. Daran hatten Delegationen aus den Provinzen Azangaro, Melgar, Huancané, Lampa, Carabaya, San Román und Puno teilgenommen. In Arequipa hatten die LandwirtInnen am 11. Juli zu einem Generalstreik aufgerufen und die gesamte Provinz lahmgelegt. Verhandlungen mit der Regierung sind bislang gescheitert. Die SUTEP hat beschlossen ihren Streik unbefristet fortzusetzen. Vom 21.Juli gibt es die über Radio erfolgte Information, dass während eines Besuches von Präsident Alan García Pérez in Trujillo der Versuch von 500 Demonstrierenden der SUTEP, dessen Veranstaltung zu stören, von der Polizei und apristischen Sympathisanten verhindert worden ist.

García proklamiert indessen, das Volk wünsche eine Beendigung der Unruhen, die von einigen Wenigen verursacht würden, die Straßen blockieren und die Öffentliche Ordnung verletzen. Für die "Gewaltaktionen" macht er kommunistische Gruppen verantwortlich, deren Ideologie "von der Geschichte überholt sei". Der Staat sei zum Dialog mit den Sektoren bereit, "wird aber niemals zulassen, dass Parteien, die keine Wahlen gewonnen haben, die Möglichkeit erhalten, ihre Sichtweise aufzuzwingen", so der Präsident. (Wie ernst dies gemeint ist, zeigt bspw. die Verhaftung des Kongressabgeordneten der Sozialistischen Linken, Javier Diez Canseco). "Der Kommunismus weigert sich zu sterben, so Alan García Pérez, und immer ist er es, der hinter der Gewalt und den innerperuanischen Konfrontationen steht. Ich befürworte den Dialog, aber er muss sich um das drehen, was ich will, denn das Volk hat seine Institutionen gewählt, damit sie es regieren". Das Blockieren von Straßen und Zügen bezeichnete der Präsident als kriminell.

Garcías Wirken zwischen 1985 und 1990

Es gab 22 Preiserhöhungen während die Reallöhne bei 53% stagnierten; das Pro-Kopf-Einkommen sank von 2.800 Dollar in 1985 auf 1.900 Dollar 1990; der Staat zerbrach an einer Senkung der Steuerabgaben von 14 auf 4%. In der Hauptstadt Lima schnellte die Zahl der Armen von 16,9 auf 44.3% an. Eine Million Arbeitsplätze wurden zerstört und die Arbeitslosenzahl in der Metropole stieg von 42.5 auf 73.1.%. Zu diesen wirtschaftlichen und sozialen "Heldentaten" muss die systematische Verletzung der Menschenrechte hinzugezählt werden (Massaker "von Rechts wegen", von Cayara, von selbsternannten Paramilitärs wie Rodrigo Franco, etc.) sowie die allgemeine Korruption (22% der EinwohnerInnen Limas sehen die aktuelle Regierung als die korruptetste seit Fujimori an).

Garcías Wirken im ersten Jahr seiner zweiten Regierungsphase

Der Präsident hat seine bescheidene Einlösung in rapider Weise wiederholt: Umgehen einer Steuerreform; methodischer Ausschluss der AFP (private Rentenversicherungen); Elliminierung des Nationalrats für Dezentralisierung; administrative Grundlagen für "soziale" Politik; die hastige Einstufung der Lehrkräfte; Schock gescheiterter Investoren; Gesetz zur Kontrolle der NGO´s; Fusion einiger OPD; Freihandelsakommensverhandlungen; das neue Gesetz zur Regelung der Ausbildung der Lehrkräfte.

All dies hat nicht mit einer Umverteilung des Reichtums zu tun, den die ArbeiterInnen dank großzügiger natürlicher Ressourcen, die allen PeruanerInnen gehören und basierend auf der wachsenden Ungleichheit und Verarmung, produzieren. Durch das neue Bildungsgesetz werden die Lehrkräfte nicht nur benachteiligt, ihnen und der SUTEP wird auch die gesamte Verantwortung für die schlechte Bildungsqualität zugeschoben.Sowohl Präsident García als auch Premier Del Castillo erscheinen in diesen Tagen als kriegsführende Generäle, die Beleidigungen provozieren und Windmühlen erfinden. Die Polizei hat sich in ein Kriegsheer verwandelt und agiert wie in alten Zeiten, als die Militärs meinten, der einzige Weg die öffentliche Ordnung zu erhalten, sei es, die APRA auszulöschen und umgekehrt. Diesesmal aber wurde die Rolle der Militärs von der APRA ausgeübt und deren Rolle wiederrum wurde von den unzufriedenen und mobilisierten sozialen Sektoren übernommen. Es ist die althergebrachte Kultur der Konfrontation, die Verhandlungen und Dialog ablehnt und die Gewalt privilegisiert. (http://peru.indymedia.org/news/2007/07/33038.php)

Die Rebellion der Massen

Eine Reihe von Volkskämpfen kennzeichnte bislang den Weg des Widerstands gegen den Neoliberalismus. Die Rolle der ProtagonistInnen hatten dabei die öffentlichen Massen, die ihre Einheit und Fähigkeit zu kämpfen und sich zu organisieren gezeigt haben. Die Avantgarde die das Land braucht, konstituiert sich aktuell durch das Beispiel der mutigen Masse "von unten"...

Im Rahmen der heiklen politischen Situation und den an verschiedenen Orten des Landes ausbrechenden sozialen Konflikten, versuchte die Gewerkschaft am 11. Juli ihren eigenen Kampf zu entfesseln. Es könnte der Höhepunkt eines wellenförmigen Prozesses sein, der aus der Unzufriedenheit der Massen und der Verzweiflung eines Volkes das einmal mehr seine Frustration zeigt, genährt wird.

Die Generalkönförderation der ArbeiterInnen Peru´s - CGTP - hat zu einem Kampf aufgerufen, der auf verschiedene Weisen zum Ausdruck gebracht wird.: Arbeitsniederlegungen; Mobilisierung der ArbeiterInnenschaft; verschiedene kämpferische, organisatorisch abgestimmte Aktionen unter gewerkschaftlicher Verantwortung. Der gemeinsame Nenner bei allen ist jedoch immer die Ablehnung der Regierungspolitik von Präsident García, der auf der Durchsetzung des neoliberalen Modells besteht, das in Peru gescheitert ist und von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnt wird.

Während der letzten Wochen haben die ArbeiterInnen wichtiger Produktionsbereiche ihre Streiks ausgedehnt und Opfer gebracht. Einer der herausragendsten Konflikte war jener, der Mine Casapalca, ein gemischtes Konsortium aus peruanischen Unternehmen, die mit nordamerikanischen Geldern in der Zentralregion des Landes Kupfer und Zink fördern. Die Situation der ArbeiterInnen dort veranschaulicht die barbarischste Form menschlicher Ausbeutung: Eine tägliche Arbeitszeit von 11 bis 14 Stunden täglich, für einen Lohn, nicht höher als 5 Dollar. Davon müssen die Unterbringung und Ernährung der ArbeiterInnen und ihrer Familien (fast 4000 m über dem Meeresspiegel bestritten werden.) Entgegen aller anderslautender Versicherungen erwies sich der Präsident als unfähig, das Problem von fast tausend von der Firma entlassenen ArbeiterInnen zu lösen und das Gesetz zur Wahrung ihrer Rechte geltend zu machen.

Der Bergbau ist einer der rentabelsten Wirtschaftssektoren in Perú. 2006 bspw. lagen die Einahmen der Unternehmen 83% über denen des Vorjahres und entsprachen 3.500 Millionen Dollar netto ohne dass sich dies auch nur im Mindesten in einer Lohnerhöhung der ArbeiterInnen niedergeschlagen hätte. Nicht einmal ganze 5% dieser Summe kamen dem Land zugute. Da die Ausbeutungslogik im Minensektor konzentriert ist, existieren aktuell schwere Konflikte bei Yanacocha, der Souther Cooper Corporation und Mismimayo, eine Niederlassung des brasilianischen Giganten Vale Do Rio Doce, der sich gegen seine ArbeiterInnen, vom Staat abgesegnet, mit bewaffnetem Gesindel verteidigt.

Aber nicht nur die MinenarbeiterInnen sehen sich ernsthaften Problemen ausgesetzt. Auch die für den Textilexport produzierenden Belegschaften befinden sich in dieser Situation. Ein Beispiel ist die Firma Topy Top, eines der grössten Exportunternehmen in diesem Sektor mit 5000 Beschäftigten, von denen jedoch nur ganze 93 in einer Gewerkschaft sind. Bzw. handelt es sich um 23 Personen, die anderen wurden entlassen. Die meist unter 20jährigen ArbeiterInnen arbeiten zwischen 12 und 14 Stunden täglich, ohne Bezahlung. (zum Thema "Saubere Kleidung", Situation der Textilarbeiterinnen in Lateinamerika siehe auch: www.ci-romero.de)

Im Inneren des Landes kommt es zu Momenten extremer Erschütterungen. Im peruanischen Osten, war die industrielle Haupstadt der Region Ucayali, Pucallpa, zwei Wochen lang in der Hand der EinwohnerInnen, die Strassen und Plätze besetzten und den Flughafen unter ihre Kontrolle gebracht hatten, um das Einfliegen von Polizeieinheiten zu verhindern.

In Ayacucho, wo sich während der letzten Jahrzehnte die scheusslichsten Gewaltakte abgespielt haben, wurde am 03. Und 04. Juli ein erfolgreicher Generalstreik durchgeführt.

So auch in der Grenzstadt zu Bolivien, Puno. Die aymarische Hauptstadt empfing den Staatschef mit Steinwürfen und verhinderte aus Protest gegen den siebenmaligen Aufschub der Aufnahme zu Arbeiten an transozeanischen Strasse, gewaltsam seinen Auftritt.

In Tacna, Arequipa, Apurímac. Cusco, Huancayo und anderen Städten kam es im Verlauf der letzten Wochen zu Mobilisierungen und Lahmlegungen in Ablehnung der Regierungspolitik. Zur Wehr gesetzt wurde sich auch gegen die Verleumdung, die Kämpfe der Bevölkerung seien "isolierte Aktionen ohne Bedeutung".

Entgegen der offiziellen Version kam es in verschiedenen Städten des ganzen Landes zu täglichen Bewegungen enormer Massen. An der Küste, in der Sierra (Gebirge) und in der Selva (Hochwaldgebiet) organisierten sich die Menschenmengen ohne zentralisierte Direktion oder ein Orientierungskommando, das ihnen Forderungen vorgegeben hätte. Trotzdem handelte es sich nicht um spontane Aktionen, sondern um die legitime Artikulation eines Volkes, das an Kampfesqualität und kämpferischer Erfahrung zunimmt.

Wenn m@n zu diesen Elementen der eindeutigen, sozialen Unzufriedenheit noch die emotionelle Belastung hinzuzählt, die sich vor den Augen der Bevölkerung durch den Parlamentsskandal im Rahmen der Mitgliederwahl des Verfassungsgerichts ergeben hat; die Grosszügigkeit, mit der die Mafias und Korrupten geschützt werden und die Arroganz und Anmaßung bestimmter Auitoritäten - zu welchen auch der Präsident der Republik zählt - die kämpfende Organisationen difamieren, erhält m@n ein noch komplexeres Bild der Dimension der aktuellen Krise.

Natürlich verwandelt sich auf diesem Niveau sozialer Konfrontation die Einforderung der ArbeiterInnenschaft in die Flagge des Kampfes Hunderttausender PeruanerInnen, netzt das Blut der ArbeiterInnen den Boden und die herrschende Klasse zittert vor der Furcht, dass ihr der Boden ihr unter den Füssen weggezogen werden könnte. Unter den heutigen Bedingungen hat eine Richtungsänderung stattgefunden. Der öffentliche Protest könnte grössere Dimensionen annehmen als je zuvor, denn m@n weiss, dass die Regierung die Daumenschrauben der Repression rechtfertigt. Wieder werden die gezielten Mechanismen des Staates zum Einsatz gebracht: Fahrzeuge und die nervösen Pferde der Angriffstruppe sprengen Demonstrationen; Schüsse; Tränengasbomben gegen die Massen und die Zensur des Intellektualität werden benutzt um die Öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Zeichen des Entsetzens der Regierenden, die unfähig sind, die legitimen Gründe der Rebellion der Massen zu begreifen.

Gustavo Espinoza (gustavoe@terra.com.pe), Generaldirektor der Assoziation der Freunde von Mariátegui (Casa Mariátegui) und Mitglied des Direktivkollektivs von Nuestra Bandera, 14. Juli 2007 (frei gekürzt)

Die Stunde der Massen

Die von der García-Administration geltend gemachten Einschüchterungsmassnahmen - Massenfestnahmen, missbräuchliche Entlassung von Lehrkräften und der Einsatz der Armee an verschiedenen Orten des Landes - sind die natürliche Folge eines eindeutig rechten Konzepts, eines irrationellen gegen das Volk gerichteten Hasses und der Furcht der herrschenden Klasse gegenüber der Präsenz der Massen.

Diese Handlungsweise verfolgt kalt kalkulierend zwei unmissverständliche Ziele:Die Zerschlagung des Widerstands der Bevölkerung, einhergehend mit der Anpassung an das Bildungsmodell der Weltbank und die Botschaft, dass die Regierung entschlossen ist, jeden Preis zu zahlen, um den Willen ihrer GegnerInnen zu unterwerfen. Denn diese sind gleichzeitig GegnerInnen des mit den USA geschlossenen und ratifizierten Freihandelsabkommens (TLC/ ALCA) und stehen der von den Autoritäten in Lima angestossenen Annäherung an Washington im Wege. Dies und ein entschlossener Antikommunismus der korrupten Klasse, die alle politischen Freiheiten dem Diktat des Imperiums unterwirft, charakterisiert die Vorgehensweise des Kabinetts von Del Castillo. Widerstände gegen diese Politik regen sich jedoch auch in den eigenen Reihen des Präsidenten, bei Jugenddirigenten der APRA und an der apristischen Basis. Gerade deshalb kämpft die Regierung, die weiss, dass ihre Machenschaften der Korruption auf Dauer unhaltbar sind, verzweifelt darum Wahlkonkurrenten wie die PAP auszuschalten oder zu spalten.Der Antikommunismus der peruanischen Regierung macht auch nicht davor halt, die ALBA (die Wirtschaftsassoziation der Andenstaaten) in Bezugnahme auf den venezuelanischen Bolivarismus zu diskreditieren. Die verschiedenen Kerne der Círculos Bolivarianos auf peruanischem Territorium aber haben nichts mit einer vermeintlichen Untergrabung der nationalen "demokratischen Ordnung" gemein. García´s Kampagne wird von der Wirtschaftsrechten und den faschistischen Kernen unterstützt, die hinter den von dem Marine Luis Giampietri hinter den Kulissen geschaffenen Anreizen in Bewegung sind. Giampietri der bedeutende Fäden der Macht in Händen hält, koorperierte eng mit Agustín Mantilla, der seinerseits mit den korruptesten und der Mafia von Fujimori verbundenen Kernen der APRA zusammenarbeitete). Es gibt nur einen Weg dieser Richtung hier und in ganz Lateinamerika entgegenzutreten: den Kampf der Massen; es ist ihre Stunde.

von Gustavo Espinoza M., http://peru.indymedia.org




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Ergänzungen

Situation in Peru

radio corax 25.07.2007 - 17:48
"Ein Jahr nach der Amtsübernahme von Präsident Alan García rollt eine Welle von Protesten über das Land. Hauptthemen: Preiserhöhungen. Die Polizei schießt scharf." Das sind die Meldungen der letzte Tage aus Peru...und genau dahin schauen wir jetzt. Gemeinsam mit Helen, die durchaus bekannt ist von der wunderbaren Sendung Tinya auf Radio Corax in Halle. Helen weilt dieser Tage in Lateinamerika und ist momentan in Peru
Peru erlebt gegenwärtig die schwerste Protestwelle seit dem Amtsantritt von Präsident Alan García vor knapp einem Jahr. Aus mehreren Landesteilen werden seit Tagen anhaltende Streiks und Proteste von Lehrern, Landarbeitern und Landwirten gegen die Politik der Regierung gemeldet. Nach offiziellen Angaben sind bisher bei Ausschreitungen drei Menschen ums Leben gekommen. Rund 300 Protestierende sind nach Angaben von Innenminister Luis Alva Castro in Haft, die Mehrzahl davon Lehrer. Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei war erst am Montag ein Demonstrant erschossen und 21 schwer verletzt worden.
Wie es momentan in Peru aussieht, berichtet Helen im Gespräch mit Paul von Radio CORAX.

Das war in Peru schon immer so.

alvaro 26.07.2007 - 13:03
Solche scharfen Massenbproteste gab es in den letzten Jahren in Peru immer wieder. Auch die Reaktion der Staatsmacht ist nichts neues.

Interessant ist dabei eher, dass diese Massenproteste immer wieder von den gleichen Bevölkerungsgruppen (Lehrer, Minenarbeiter, Cacaleros, Bauern) initiiert wurden. Und das schon während der ersten Amtszeit des "Sozialisten" Garcia. Dann während der Amtszeit seines autoritären Nachfolgers Fujimori, dann während der neoliberalen Fortsetzung des Autoritarismus unter Toledo und nun eben wieder unter Garcia.

Dies zeigt uns zweierlei: Erstens hat sich die Lage weiter Bevölkerungsschichten in den letzten Jahrzehnten nicht gebessert, egal welches Regime gerade an der Macht war - sie hat sich teilweise verschlechtert bzw. wird sich z. B. durch dieses Freihandelsabkommen verschlechtern. Und zweitens zeigt es uns, dass diese Massenproteste gegen das jeweilige Regime auch nicht zur Verbesserung der Lage beigetragen haben. Es handelt sich hier eher um ein verzweifeltes Aufschreien, das ohne positives Resultat bleiben wird. Das war in Peru immer so und es wird auch immer so bleiben.

Abseits dieser Massenerhebung kämpften jahrelang mittlerweile niedergeschlagene Gruppen wie der Sendero Luminoso oder das MRTA. Auch dieser Kampf hat nichts positives gebracht, vielmehr hat sich gezeigt, dass so genannte Befreiungskämpfer nicht weniger zum Abschlachten von "Zivilisten" bereit sind wie staatstragende Gruppen wie Militär und Polizei. Und diese so genannten Freiheitskämpfer machen heute gemeinsame Sache mit der Drogenmafia. Diese wiederum ist Teil des reichen Establishments von Peru, welches in der autoritär-neoliberalen Gesellschaft mitsamt einer von Korruption durchsetzten Verwaltung ganz zufrieden lebt.

Peru ist schon längst vor die Hunde gegangen. Nur wann genau das war, weiß man nicht.

es brodelt

huayki 31.07.2007 - 11:11
war im april in Iquitos. die stadt liegt im dschungel und ist nur ueber den schiffs-und flugverkehr erreichbar. auch dort fand einen streik statt, der aber zwei tage dauerte und nicht nur einen tag wie in den anderen landeszonzen.
die strassen wurden mit abfall, straeuchern und glasscherben uebersaeht um so den mototaxiverkehr lahmzulegen.ist nahezu das einzige vortbewegungsmittel.
es fand noch eine demo statt, die friedlich verlief. eine scheibe von einer apotheke ging zu bruch, weil sie sich nicht beteiligte.
die stimmung war rel. entspannt, leute konnten entlich fussballspielen auf der strasse.
-der landweg nach pucallpa ist in einem sehr schlechtem zustand und es finden ueberfaelle auf buese statt.
-gemaess aussagen einiger leute fangen die sendero luminoso wieder an.
-und die zeitungen in peru aehneln einem klatschheft.fuer die bevoelkerung ist es schwer sich obijektiv zu informieren.