Mit Kreide gegen den Überwachungsstaat

Hamburg-Korrespondent 23.07.2007 12:32 Themen: Freiräume Netactivism Repression
In der Hamburger Innenstadt fand am Sonnabend eine Verschönerung des Straßenbildes mit politischem Hintergrund statt. Durch ein Kreidebild sollte auf die schleichende Aushöhlung der Bürgerrechte im „Kampf gegen den Terror“ aufmerksam gemacht werden.
Als unsere Gruppe aus zunächst einem halben Dutzend hochmotivierter StraßenkünstlerInnen sich um kurz vor zwölf Uhr mittags vor einer Burgerbraterei am Mönckebrunnen - direkt an der Gabelung der beiden Einkaufsmeilen Mönckeberg- und Spitalerstraße - traf, war die Polizei bereits vor Ort.

Das Erschrecken der in puncto Denunziantentum leiderprobten AktivistInnen erwies sich jedoch als völlig unbegründet, wollte doch der kuschelbärige Wachtmeister in sommerlich-luftiger Uniform lediglich mit der Anmelderin die Formalitäten der Aktion klären.
Nachdem diese erledigt- und aus dem benachbarten Drogeriegeschäft letzte Materialien besorgt worden waren, konnte es endlich losgehen.
Ziel des Ganzen war ursprünglich, das Gefühl einer unsichtbaren Bedrohung vonseiten des Staates darzustellen, um auf die bereits vorgenommenen und noch bevorstehenden Gesetzesänderungen unter dem Deckmantel des „Kampf gegen den Terror“ aufmerksam zu machen und die für ihr politisches Desinteresse berüchtigten HamburgerInnen zu
Diskussionen hierüber anzuregen.

Die Passanten, so hofften wir, würden uns schon ansprechen, wenn sie uns so werkelnd erblickten. Daraus wurde allerdings vorerst nichts, einige blieben zwar kurz stehen und schienen durchaus interessiert, fragten aber nicht weiter nach den Hintergründen unseres Schaffens. Und um jede(n) einzelne(n) anzusprechen, waren wir dann doch zu beschäftigt.
So kam es, dass die Nachfragen sich erst mit sichtbaren Arbeitsergebnissen an dem Bild häuften und auch dann von unterschiedlicher „Qualität“ waren. Viele fühlten sich bei den Kampfflugzeugen, den in Kampfmontur bereitstehenden Polizisten und vor allem den ominösen Schwarzgekleideten, die für uns eigentlich die auf eigene Faust und hauptsächlich im Dunkeln arbeitenden nationalen Sicherheitsorgane darstellen sollten, offenbar an die Geschehnisse am Rande des G8-Gipfels erinnert. Als ihnen daraufhin die tatsächliche Intention genannt wurde, zog ein Teil enttäuscht von dannen.
Auch Bedenken bezüglich unserer geistigen Gesundheit wurden geäußert: ein älterer Herr erklärte, er habe in seiner frühen Kindheit mit Kreide gemalt. Folglich seien wir, die dies in unserem Alter noch täten, „Schmutzfinken“.

Dennoch gab es aber auch eine Reihe positiver Erlebnisse. Neben einigen konstruktiven Debatten zum Thema waren es vor allem die Kinder, die den positiven Nebeneffekt unserer künstlerischen Aktivitäten, nämlich jede Menge herumliegender Kreide, hervorragend zu nutzen wussten und den Aktionsradius ein wenig erweiterten. Angesichts solch rührender Bilder und unter Zuhilfenahme einer Portion weiblichen Charmes ließ sich sogar der anfangs störrische Herr Wachtmeister davon überzeugen, dass es sinnlos sei, das Bild knappe zwei Stunden nach seiner Fertigstellung wieder zu entfernen. Stattdessen wurde das Kunstwerk zwölf Stunden später als geplant von den einsetzenden Regengüssen in den Kreidebilderhimmel befördert und dürfte bis dahin noch viele weitere flanierende HamburgerInnen ins Grübeln gebracht haben ob der sonderbaren Aktionsform der „Kreideguerilla“.
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Ergänzungen

Überregionale Anti-Schäuble-Demo 22.9. Berlin

Mobilizer 11.08.2007 - 22:47
Am 22.9. findet in Berlin die Großdemonstration gegen den Polizeistaat Deutschland statt. Kommt deshalb alle nach Berlin und lasst uns den Bullen zeigen, dass wir uns nicht alles gefallen lassen und gegen die andauernde Kriminalisierung der radikalen Linken demonstrieren.

Anbei Plakate zum Ausdrucken und Kleben! Wir müssen JETZT mobilisieren, sonst wird das im September nix!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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wunderbar — bla

Denken — def

Intoleranz — Mensch

Carrot Parrot — Ja

??? — Anonym