Alarmzustand wegen Punks in Husum

weniger als 45 Zeichen 14.07.2007 17:47 Themen: Repression
Eigentlich ist nichts passiert: Am 6.7. verabreden sich Husums Punks zum Trinken auf dem Marktplatz. Von vornherein ein ziemlich harmloses unpolitisches Unterfangen. Trotzdem ist die Husumer Polizeiwache im Alarmzustand. Ein interessantes Beispiel, wie sich die Realitätswahrnehmung in einer Sicherheitsbehörde bedenklich verschiebt, wenn PolizistInnen anfangen, an ihre eigenen „sicherheitspolitischen“ Projektion zu glauben...
Es ist Freitag, gegen 14 Uhr. Die ersten Punks sind bereits farbenfroh gekleidet mit einem ordentlichen Vorrat an Alkohol eingetroffen. Doch ein Neuankömmling bringt ungewöhnliche Neuigkeiten. „Ey, voll krass. Die Bullen ham bei mir angerufen, und wollten wissen, was wir heute vorhaben...Hab die abgewimmelt. Keine Ahnung, was die wollten!“ Schnell ist klar: Kein Einzelfall. Bei mehreren Husumern riefen laut deren Aussagen in den Vortagen PolizistInnen an, um sich über die „Veranstaltung“ am Freitag zu erkundigen.

Da erscheint der Polizist Johansen auf dem Marktplatz, und geht sehr zielstrebig auf einen jungen Mann zu, den er und seine Kollegen laut des Betroffenen einerseits ständig als „Rädelsführer“ konstruieren, und anderseits dementsprechend zu behandeln pflegen. „So Herr XY, was ist hier nun eigentlich geplant?“ beginnt laut den Anwesenden Johansen das Gespräch. „Äh keine Ahnung, was sie meinen....“ „Herr XY, was glauben Sie, wie viele Polizisten wir gerade hier vor Ort haben?“ „Äh, so 50?“ Die Antwort wird wie eine Drohung ausgesprochen: „70, Herr XY! Wir haben 70 Bereitschaftspolizisten vor Ort!“ Nach diesem Dialog sei Johansen wieder gegangen, berichten die anwesenden Punks. Ein weiterer Polizist habe noch im Laufe des nachmittags behauptet, die gesamte Wache sei im Alarmzustand gewesen. Erwartungsgemäss wollte sich die Pressestelle der Cops zu der Sache trotz Anfrage nicht äußern. Der Nachmittag geht völlig unspektakulär im Regen zu Ende.

Sicherheitsfanatismus
Das Beispiel entlarvt deutlich, wie Sicherheitswahn funktioniert: Ein allgemein in der Bevölkerung akzeptierter Sicherheitssektor steht deutlich vor dem Problem, dass es all die Gefahren, die er lösen soll, so gar nicht gibt. Und auf der anderen Seite kann er die Gefahren, die es real gibt, aufgrund ihrer strukturellen Bedingtheit gar nicht lösen. (z.B. Migrationsprobleme ohne die Ursachen anzutasten, oder Gewalt verhindern, indem massiv mit Gewalt gearbeitet wird, z:B. Im Knast). Deshalb wird zu einer Pseudo-Betätigung übergegangen. Was passiert, wenn viele der handelnden Personen auch noch sozialrassistische Standpunkte vertreten, sieht mensch in Husum. Polizisten haben nun einmal eine Uniform, einen Knüppel, und dürfen diesen benutzen. Es ist absurd, anzunehmen, das sie dies deshalb nicht tun würden....

Den politischen Kontext selbst erfinden
Interessant ist auch, dass ein Polizist ein Besäufnis als „Punker-Soli-Treffen“ bezeichnet. Hier wird die politische Komponente völlig frei in die Geschehnisse hinein halluziniert. Offenbar haben die Cops die Urteile gegen zwei Punks keine 14 Tage vorher noch gut in Erinnerung. Und da sie offenbar das Bild einer total gefährlichen Szene vor Augen haben, scheinen die Verantwortlichen fest davon ausgegangen zu sein, es müsste jetzt irgendwas passieren. (Tat es aber nicht....). Doch da Realitätswahrnehmung subjektiv ist, wird das Erwartete herbei erfunden oder halluziniert. Für Aktionen ist dieser Zustand nicht unbedingt schlecht, da eine derartige Situation die Vermittlung einfacher macht....

Sonstiges aus Husum: Die GeschäftsführerIn des Speichers, Constanze Koch hat mittlerweile in einem Interview mit der Flensborg Avis eingeräumt, intensiv mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Das sie auch beim Staatsschutz im Speicher aktive Menschen als „Antifaschisten“ diffamiert, wird jedoch nicht erwähnt.
Artikel in der Flensborg Avis:
 http://www.flensborg-avis.de/index.php?c=v2129898.339

Bericht über die Prozesse gegen die Punks in Husum:
 http://www.husuma.de.vu

Bericht über Repression in Husum:
 http://de.indymedia.org/2006/12/164752.shtml

Verfahren gegen Schülerinnenzeitung wegen eines Artikels über Husumer Neonazis:
 http://de.indymedia.org/2007/02/168654.shtml

Punk in Haft:
 http://de.indymedia.org/2007/03/171732.shtml

Repression von Links:
 http://de.indymedia.org/2006/12/163718.shtml
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Ergänzungen

krasse repression auch hier

dosenbier 15.07.2007 - 02:35
heute abend konnte ich beobachten, wie sich vier punks in unserer fußgängerzone zu einem unpolitischen besäufnis trafen. um halb eins wird die siebenunddreißigste dose hansa pils geöffnet. gegen 1:00 fährt eine wanne vorbei. die punx sind jetzt völlig dicht. gegen zwanzig vor zwei fährt noch 'ne wanne vorbei. krass! die polizei befindet sich scheinbar im alarmzustand. kommt alle!

@ leider kein dosenbier

proll 16.07.2007 - 16:21

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

"als Antifaschisten diffamiert"? — tut nichts zur sache

bla — blubb

Is´ja gut... — Ihr dürft...

Armutszeugnis — Hans Wurst

@dosenbier — leider kein dosenbier

@hans wurst — anarchopunk

Oh weh — AGO

Besäufnis — Blubb