Öl: mehr Fluch als Segen

Oilwatch Südamerika 12.07.2007 20:08 Themen: Globalisierung Ökologie
Anlässlich des ecuadorianischen Vorschlags, die Rohölvorkommen des Yasuni-Nationalparks unangetastet zu lassen und die Industrieländer zur Verantwortung zu ziehen für Umweltschädigungen und Treibhausgasemissionen aufgrund Ressourcenverschwendung, ein erster Text als Einleitung für weitere zu diesem Thema (in Folge)
ZUM ENERGIEGIPEL DER LÄNDER SÜDAMERIKAS

Am 16. und 18. April trafen sich die Präsidenten Südamerikas auf der Insel Margarita zu einem Energiegipfel. Das Netz "Oilwatch Südamerika" (www.oilwatch.org; engl., span.) stellte im Rahmen dieses Treffens ein Positionsdokument über die Vision zu einer "Integration die wir brauchen, wollen und unterstützen" vor..., d.h. eine Integration die weder auf der Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen basiert noch auf dem Zwang zur Erweiterung der Agro-Kraftstoffe, erst recht nicht ohne eine Respektierung der Umweltrechte und der Rechte der Völker/Gemeinschaftskollektive Südamerikas.

VORAB: Das OILWATCH-Netz ist aus der Notwendigkeit heraus entstanden, globale Strategien für die von den Aktivitäten der Ölförderung betroffenenen Gemeinden/Gemeinschaften zu entwickeln und deren Widerstandsprozesse gegen diese Aktivitäten zu unterstützen. Zur Arbeit der Organisation zählen: Der Austausch von Informationen über Operationen der Ölkonzerne in jedem einzelnen Land; Informationen über die Praktiken dieser Konzernaktivitäten sowie über die verschiedenen Widerstandsbewegungen und internationalen Kampagnen gegen bestimmte Firmen. Indem es die einschlagenden Wirkungen der Ölausbeutung auf tropische Ökosysteme und die lokalen Bevölkerungen vor Ort darlegt, setzt OILWATCH sich für ein wachsendes ökologisches Bewusstsein auf globaler Ebene ein. Das Netz veranschaulicht ausserdem die bestehenden Zusammenhänge zwischen Ölausbeutung und der Zerstörung der Biodiversität, dem Klimawandel und der auferzwungenen Verletzung der Menschenrechte. Aktuell gehören dem Netz mehr als 100 Mitgliedsorganisationen aus den Ländern des Südens an.
Dokument in Spanisch und Englisch als PDF unter:
 http://www.oilwatch.org/index.php?option=com_content&task=view&id=591&Itemid=1&lang=es

POSITION VON OLWATCH SÜDAMERIKA
Isla Margarita; April 2007

INTEGRATION IM XXI JAHRHUNDERT

Zweifellos ist die zentrale Achse der Herausforderungen des XXI Jahrunderts die, historisch stornierte, Umweltthematik.

Die Herausforderung auf regionaler Ebene ist, den lokalen und globalen Problemen realistisch ins Auge zu sehen; jetzt und künftig den Wohlstand der Bevölkerungen zu sichern; die geteilten Ökosysteme zu erhalten; die grenzüberschreitenden Kontaminierungen zu verhindern und zu vermeiden, dass manche Regionen zugunsten der Entwicklung anderer geopfert werden.

Traditionell werden als Intergration die Freihandelsabkommen und eine vergemeinschaftete Infrastruktur verstanden, die eine Agenda zum Bau von Gas,- und Ölpipelines, Strassen, Wasserwegen, Stromnetzen, etc. vorgeben. Diese Vision von regionaler Integration ist sehr eingeschränkt, denn sie berücksichtigt weder die Integration der Völker/Gemeinschaften noch den kulturellen Austausch oder die Möglichkeit einer auf dem Erhalt der Umwelt und des Sozialwesens basierenden Einheit in der Vielfalt.

In diesem Sinne stellen sich in einer globalisierten Welt mit Millionen Verlieren und einer handvoll Gewinnern, für Lateinamerika folgende Herausforderungen:

1. DEM KLIMAWANDEL BEGEGNEN

Wie die Tornados, Hurrikanes; die Überschwemmungen oder Gletscherschwunde zeigen, hat der klimatische Kollaps aufgehört, die entfernte Spekulation über eine Bedrohung zu sein. Seine Konsequenzen werden in allen erdenklichen Weisen ebenso offensichtlich wie die Gewissheit, dass Handlungen zu seiner Lösung unaufschiebbar sind. Laut dem neuesten Info der Interregierungsrunde zum Klimawandel ist es für ein Abwenden der weltweiten Katastrophe bereits zu spät; aber noch können viele Dinge getan werden, um auf lange Sicht den Prozess rückläufig zu machen. Wissenschaftlich wird die Ausbeutung und Verbrennung fossiler Brennstoffe als Hauptursache des Klimakollapses anerkannt. Während beständig davon geredet wird, Maßnahmen in die Tat umzusetzen, ist die einzige Möglichkeit diesen Weg aufzuhalten, diese Brennstoffe im Boden zu belassen.

Für die Industrieländer des Nordens, deren Reichtum aus ihrer lebensvernichtenden Produktions,- und Konsumweise resultiert, werden die Investitionen in multimillionenschwere Umsetzungsprojekte; gigantische Dämme, schwimmende Städte und andere Vorschläge, langfristig gesehen schlimmer sein, als die globale Erderwärmung. Dazu gehören auch der Emissionshandel, der gezeigt hat, dass sich die Bedingungen in den Käuferländern verlechtert haben; die Invasion von Anbauflächen mit genmanipulierten Pflanzen oder die Agrotreibstoffe, der die Nahrungsmittelsouveränität der Völker des Südens geopfert werden (sollen).
Für die Länder des Südens hingegen ist der Erhalt der tropischen Wälder, insbesondere der Regenwälder, die einzige Garantie für eine Anpassung. Der Klimawandel, als Wirtschaftsthema haupstächlich in den europäischen Ländern, verursacht in den Vereinigten Staaten starke Medienimpulse. Für Lateinamerika bedeutet dies eine Welle von Einmischungen in Verbindung mit dieser Thematik, die uns dazu zwingen, zu definieren was zu tun und zu unterlassen ist; was gestattet und was vorgeschlagen werden soll.

2. SICHTBARMACHEN DES GESCHEITERTEN KYOTO-PROTOKOLLS

Die im Kyoto-Protokoll vorgeschlagene Reduzierung der Emissionen ist bedeutungslos und seine Mechanismen zur Erreichung dieser Ziele sind absolut ungenügend und schadenbringend. Aufgezwungen wurde der Handel mit Emissionen, d.h. der Erwerb der Befähigung zur Absorption, um eine Einschränkung des Konsums fossiler Kraftsstoffe zu umgehen.

Die in Kyoto kreierten Mechanismen belohnen die Kontaminanten, da diesen bei der Festlegung der Emissionsquoten der zur Reduzierung verpflichteten Länder eine grössere Bevorteiligung eingeräumt wurde. Das kontaminierende Unternehmen spart Geld wenn es behauptet technologische Schritte an seinem Ursprungsort durchzuführen und erthält dafür im Gegenzug staatliche Zuschüsse, Kredite der multilateralen Bank und direkte Gewinne aus den Projekten, die in den Ländern des Südens arrangiert werden - Aufforstungen (während parallel in rein schon zeitlich ungleichem Verhältnis die Holzeinschläge und Brandrodungen in gigantischem Ausmaß weitergehen), Biotreibsstoffe (deren negative Auswirkungen immer deutlicher belegt und formuliert werden:  http://de.indymedia.org/2007/06/185388.shtml, den Transfer von Technologien, etc.- und überdies Gelder für die Investition in vermeintlich "grüne" Projekte (deren Kontrolle keiner wirklich garantierten Transparenz verpflichtet ist ) aus den fiskalischen Renditen. Der absurdeste Lösungsvorschlag des Kyoto-Protokolls ist die Wiederbelebung des Enthusiasmus für die Atomenergie, die Megastaudämme und Wasserkraftwerke sowie das leichtfertige Promoten der Biokraftstoffe, wobei nicht nur die Atmosphäre benutzt wird, sondern auch das Land des Südens, um den wachsenden Energie-bedarf? (des Nordens) zu decken.

3. VORSCHLAG EINER ANDEREN INTEGRATION FÜR LATEINAMERIKA

Im XXI Jahrhundert muss Integration durch die Erlangung gemeinschaftlicher Ziele auf den Weg gebracht werden und diese sind fundamentalerweise die Demokratie, die Respektierung der Menschenrechte und ein sich der Naturfügen, da sie das Substrat ist, in/aus dem sich alles Leben entwickelt. Die Pläne zur Errichtung von Mega-Infrastrukturen, wie die Gaspipeline Süd, stehen im Widerspruch zu den kollektiven,- und Umweltrechten der Region und sind Strategien, die gegen jedes Ziel einer alternativen Integration gerichtet sind.

Um von einer Integration der Region zu sprechen, bieten sich zwei Strategien von grösster Wichtigkeit an:

 Das Röhöl und Gas im Boden belassen

Die Haltung hunderter Fischer, Bauern oder Indigenas, die sich der Ausbeutung des Rohöls auf ihren Territorien widersetzen, sind legitime Einklagen, die von der Internationalen Gemeinschaft als konkrete Mechanismen zur Abwendung einer Verschlimmerung der (Klima)-Katastrophe unterstützt werden müssen.

Zu diesen Initiativen kommen weitere hinzu, wie die aus Ecuador, deren Vorschlag es ist, das Rohöl auf dem Ölfördergelände ITT ( im Nationalpark Yasuni gelegen ), im Boden zu belassen. Dieser neuartige Vorschlag verdient die Unterstützung der Region und eine Ausschreibung in internationaler Kooperation.
Als ein Land dessen Emissionen pro Kopf 20 mal niedriger sind als die der Vereinigen Staaten, hat Ecuador weder die (ökonomische) Option, diese zu reduzieren noch sich ausschliesslich einer solchen Politik anzuschliessen. Ebensowenig kann es diesen Vorschlag einfach umsetzen, da seine Wirtschaft hauptsächlich von Öleinnahmen abhängig ist. Der Vorschlag beinhaltet u.a., dass die für den Klimakollaps verantwortlichen Industrieländer, das im Boden belassene Rohöl symbolisch erwerben, jedoch mit der Verpflichtung es niemals auszubeuten. Durch die Einnahmen aus diesem Symbolkauf sollen wenigsten 50% des für Ecuador entstehenden Verlustes abgedeckt werden. ( Vorschlag in Spanisch und Englisch siehe unter: www.amazoniaporlavida.org ). Dies wäre ein Präzidenzfall für andere Staaten, dieselbe Initiative zu ergreifen und dadurch ihre Ökosysteme zu bewahren; die darin lebenden Völker/Gemeinschaften zu schützen; ihre Wirtschaften zu erhalten und einen Beitrag zum praktischen Umgang mit dem Klimawandel zu leisten. ( auf www.oilwatch.org - Englischversion kann dieser Vorschlag elektronisch unterstützt werden)

 Die Forderung realer internationaler Verpflichtungen

Nachdem das Kyoto-Protokoll gescheitert ist, ist das was wir tun müssen, die weitere Ausbeutung fossiler Brennstoffe verhindern und überdies die Tendenz einer Veränderung der Länder des Südens im Rahmen dieser weiteren Geste von Kolonialisierung durch Energieressourcenausbeutung und Agrokraftstoffe stoppen. Wir müssen fortfahren mit den unabhängigen, dezentralisierten und in direkter Betroffenheit erfolgenden Vorschlägen im Energiesektor, um die neuen Energiemuster auf dem lateinamerikanischen Subkontinent in Einklang zu bringen. (Sowie auch der folgende Punkt, ebenfalls Unterstützungsformular unter obigen Link )

 Vorschlag einer Integration unter Respektierung der Umwelt und der Menschenrechte

Wir müssen herauskristallisieren, was die tatsächlichen Bedürfnisse unserer Länder sind. Die indigenen Völker/Gemeinschaften, die bäuerlichen Gemeinden, die umliegenden Dörfer, die besonders aktiven Gemeinschaften und Verarmten in den Städten reklamieren ihr Recht auf Land, Wasser und eine Zukunft; drei Prioritäten ihrer Existenz, die von den neuen CO 2 - Projekten bedroht sind.

Eine wahrhaftige Integration ist die, welche durch Gerechtigkeit und Mäßigkeit geschaffen wird..., beide sind unmöglich, wenn die Umwelt gefährdet wird und in keinem Fall ist eine Verletzung der Menschen,-und Kollektivrechte zu rechtfertigen.

OILWATCH SUDAMERICA
www.oilwatch.org
 sudamerica@oilwatch.org

Quelle:  http://www.oilwatch.org/index.php?option=com_content&task=view&id=591&Itemid=1&lang=es

Freie Übersetzung: tierr@

Themenverwandte Links:

Die Mythen über Bio-Treibstoff:
 http://de.indymedia.org/2007/06/185388.shtml,
Agrotreibstoffe - Mehr neue Probleme als Lösungen
 http://www.askonline.ch/aktuell.htm
Volkstribunal verklagt Repsol - Ökoflucht
 http://de.indymedia.org/2007/07/186822.shtml

MONSANTO TÖTET- Teil 1
 http://de.indymedia.org/2007/06/186303.shtml
www.CGBnetwork.org

Agrogifte in Chiapas
 http://de.indymedia.org/2007/06/185840.shtml
Plan Puebla Panama
 http://de.indymedia.org/icon/2007/04/173347.jpg
Die Ausbeutung Südamerikas - Teil 1-4
 http://de.indymedia.org/2007/03/170690.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/03/170852.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/03/171355.shtml
 http://de.indymedia.org/2007/03/171894.shtml

Zu Beginn der kommenden Woche mehr Detaills über den Quito-Vorschlag, den Yasuni-Nationalpark und die Auswirkungen der Röhlausbeutung
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Ergänzungen

Ergänzung

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Agrosprit:Aufruf zu Moratorium
Ein international unterzeichneter Aufruf zu einem sofortigen Moratorium gegen die EU- Agrokraftstoffpolitik, Monokulturen und den Import von Biosprit...
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