Hannover / Demonstration gegen Nationalismus

Antinationalistisches Bündnis Nord 03.07.2007 15:14 Themen: Antifa
200 TeilnehmerInnen bei friedlicher und kraftvoller Demonstration am 29.6. durch die City
Gegen 18 Uhr startete ein Demonstrationszug mit 200 TeilnehmerInnen am Ernst-August-Platz zu einer kraftvollen und lautstarken Demo durch die hannoversche Innenstadt.
Mit Parolen wie „Gegen jeden Nationalismus“, „Deutschland in den Rücken fallen“, „Opfermythen angreifen“ und „Vertriebene vertreiben“ bewegte sich der Zug über Kröpcke, Steintor, Schmiedestr. und Osterstr. vor die Markthalle, wo wegen der größtmöglichsten Nähe zur Marktkirche die Zwischenkundgebung mit mehreren Redebeiträgen abgehalten wurde. Gegen 19 Uhr erreichte die Demo den Endkundgebungsort vor dem Sparkassenforum am Schiffgraben, wo ebenfalls eine von der Landsmannschaft Schlesien beworbene Veranstaltung stattfand. Die TeilnehmerInnen der Demonstration empfingen die ankommenden Gäste lautstark, der Veranstaltungsbeginn verzögerte sich um ca. 15 Minuten.

Der Demo vorausgegangen waren bereits Erfolge durch antifaschistische Interventionen. So distanzierten sich die Grünen nach Ansprache mehrerer Gruppen öffentlich von ihrem geplanten Grußwort und die Berichterstattung allgemein wurde kritischer.

Das Antinationalistische Bündnis Nord wertet die Demo als Erfolg. Pressesprecherin Lara Pohl: „Die Entscheidung der CDU-Landesregierung, Revanchisten und Revisionisten mit einem fünfstelligen Betrag zu unterstützen muss revidiert werden, zumal endlich auch die Kontakte und Überschneidungen zu rechtsextremen Gruppen bekannt wurden.“

Antinationalistisches Bündnis Nord
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Ergänzungen

Redebeitrag Redical [M]

Red 03.07.2007 - 22:27
Liebe Genossinnen und Genossen, Freundinnen, Freunde und sonstige Anwesende,

wenn wir gegen völkischem Nationalismus, wie er heute und die nächsten Tage in Form des Schlesiertreffens zum Vorschein kommt, demonstrieren, ist in der Analyse eine andere Form des Nationalismus, der Standortpatriotismus, nicht zu vernachlässigen.

Der Standort Deutschland soll blühen. Diese Aussage würden wahrscheinlich sehr viele unterzeichnen, denn in den meisten Köpfen bedeutet ein blühender Standort, dass es den Menschen, welche in diesem Wert schaffen, auch gut geht, denn nur, wenn es dem Standort gut gehe, könne es auch den Menschen in ihm gut gehen, so die Vorstellung. Doch was ist eigentlich der Standort und warum sprechen sich so viele Menschen für ihn aus? Der „Standort“ ist nichts anderes als ein Synonym für „kapitalistisches Biotop“, und kein Wirtschaftswissenschaftler würde bestreiten, dass der Kapitalismus am Besten dort gedeiht, wo sich die höchsten Profite erzielen lassen. Das ist wiederum der Fall, wenn Rohstoffe und sogenanntes Humankapital, also die wertschaffenden InsassInnen der Nation, billig sind und sich möglichst problemlos ausbeuten lassen. Warum das Humankapital, über den Wegfall sozialer Absicherung, sinkende Löhne und unbezahlbaren Zahnersatz jubeln sollte, bleibt individuell ökonomisch betrachtet kaum zu verstehen. In dem ständigen weltweiten Wettbewerb versucht jede Nation sich selbst in Position zu bringen um überhaupt mithalten zu können oder um die eigene auszubauen. Der Standort braucht, damit der Laden läuft, logischerweise Menschen, die seine Ideologie tragen. Und nicht umsonst ist in naher und ferner Vergangenheit sehr viel mit dem schwarz-rot-gelben Lappen herum gewedelt worden. Egal ob Jung oder alt, reich oder arm, von Geburt an hier lebend oder hergezogen. Alle tragen den Standortnationalismus mit. Und wenn nicht, dann wettert das nationale Kollektiv gegen angebliche Schmarotzer, Zecken bis hin zu vermeintlichen Heuschrecken. Praktisch wird gefordert, dass solche Menschen in Deutschland nichts zu suchen hätten. Bei vielen ohne deutsche Staatsbürgerschaft wird dies dann schnell auch zur unausweichlichen Realität. Wer nichts leistet oder leisten kann, den oder die will der Standort und das deutsche Kollektiv auch nicht.

Den hier Anwesenden, zumindest jenen, die nicht aus dienstlichen Gründen anwesend sind, mag es unbegreiflich erscheinen, aber der Großteil unserer Mitmenschen greift tatsächlich bedenkenlos zu dem schwarzrotgelben Label. Das lässt sich zwar überhaupt nicht entschuldigen, aber wenigsten erklären: Noch immer sind die meisten deutschen Staatsangehörigen dies von Geburt an, ohne gefragt worden zu sein, ob sie überhaupt Teil des nationalen Kollektivs sein wollen; dementsprechend ist den Wenigsten überhaupt bewusst, dass die Kategorien „Volk“ oder „Nation“ keine Naturgegebenheiten sind, sondern menschen gemachte Konstrukte mit Zwangscharakter. Auch der Kapitalismus wird als gewachsen und Naturgegeben angesehen. In einem nächsten Schritt wird die vermeintliche Selbstverständlichkeit dann auch noch zur Quelle der Identitätsstiftung. Das wiederum spricht nicht gerade für den Zustand der Gesellschaft, wenn das Individuum unter die Kategorie Nation subsumiert wird.

Je eher den Leuten, und sei es noch so vage, dämmert, dass der Zweck ihres Lebens in der kapitalistischen Gesellschaft gleichbedeutend mit ihrer Verwertbarkeit ist, umso eher begeben sie sich auf die Suche nach einer gemeinsamen sinn stiftenden Ideologie. Und gerade in Deutschland ist man ja traditionell gerne bereit, das eigene Ich zugunsten der Nation aufzugeben.
Das Ganze passt umso besser zusammen, als dass sowohl Nationalismus als auch Kapitalismus nur als Konkurrenzkampf funktionieren – was dem völkischem Durchschnittsrassisten seine Verachtung von allem „Nichtdeutschen“, das ist dem Standortpatrioten der Exportweltmeisterschaftstitel.

Die Mischung aus dem völkischen Nationalismus und dessen Geschichtsrevision, gepaart mit dem aktuellen Standortpatriotismus kann einfach nichts gutes verheißen und führt zu so mancher Entgleisung. Wie so oft spricht in den letzten Tagen die Bild-Zeitung scheinbar direkt aus Volkes Seele: Einen potentiellen Vergewaltiger will sie „raus aus dem Türken-Knast“ schreiben und auch keine obszönen Bilder der Kanzlerin Merkel mehr in polnischen Zeitungen sehen. Die europäischen Partnerstaaten sollen sich nicht entdreisten Deutschlands Weg zum Platz an der Sonne, der mehr sein soll als nur Mallorca, zu stören.
Die radikale Linke sieht sich jeden Tag mit dieser Kombination von Verwertungslogik und Nationalwahn konfrontiert. Davon darf sie sich jedoch nicht in die Resignation treiben lassen; vielmehr muss sie an ihrer Erkenntnis festhalten, dass die Abschaffung des Kapitalismus ohne das Ende der Nation nicht zu haben ist. Wenn also eine freie Gesellschaft freier Individuen, welche im hier und jetzt einfach nicht zu haben ist, das Ziel ist, dann darf sich die radikale Linke nicht mit ihrer eigenen Subkultur als besseren Welt zufrieden geben, sondern muss aktiv und organisiert gegen die herrschenden Verhältnisse vorgehen!

In diesem Sinne:
Fuck völkische Freaks!
Gegen Nation, Volk und Kapital!
Für den Kommunismus!

Redebeitrag von solid.org

solid.org 04.07.2007 - 00:19
Liebe Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen, liebe MitdemonstrantInnen,
„Für Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.“
„Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes.“
„Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über einen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.“

Was Marx bereits im Jahre 1844 zur Kritik der Religion schrieb, lässt sich - fast uneingeschränkt – auf die heutigen Verhältnisse und den Nationalismus übertragen.
Dies zeigt einmal mehr, wie wenig sich unsere Gesellschaft in ihren Grundzügen von der vor 150 Jahren unterscheidet.
Nach wie vor leben wir in einer kapitalistischen Gesellschaft, deren Hauptzweck nicht die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse im Sinne einer freien Entfaltung aller, sondern die Maximierung der Profite einer kleinen Oberschicht ist. Einer Gesellschaft die quasi urwüchsig und notwendig für ihren Bestand Ideologie produzieren muß.
Die rasante Produktivkraftentwicklung der letzten 150 Jahre hat ein selbstbestimmtes Leben aller für alle objektiv möglich gemacht. Der Privatbesitz an Produktionsmittel allerdings versperrt diese historische Chance und so gehören materielles Elend, Ausbeutung, Unterdrückung und Kriege nach wie vor zum alltäglichen Ausdruck des bestehenden Falschen.

Die Angriffe auf sämtliche gewerkschaftliche Errungenschaften, der Zwang zur Flexibilisierung der eigenen Arbeitskraft, ALG2, „ein-Euro-Jobs“ u.v.m. hat in den letzten Jahren zu einer Verarmung von Teilen der Gesellschaft geführt..
Da es einem Großteil der Menschen an einer Erklärung der Verhältnisse geschweige denn einer Perspektive zur Überwindung dieser mangelt, kommen Ideologien wie der Religion zu Marx’ Zeiten oder dem Nationalismus heutzutage die Aufgabe zu, dem scheinbar unvermeidlichen Elend wenigstens einen höheren Sinn zu geben.
So schuftete es sich vor 150 Jahren einfacher, wenn mensch sich dabei einen Platz im Paradies erhoffen konnte während heute das vorankommen des Standortes ein Trost für die alltäglichen Entbehrungen zu sein scheint.

„Es handelt sich darum, den Deutschen keinen Augenblick der Selbsttäuschung und der Resignation zu gönnen. Man muß den wirklichen Druck noch drückender machen, indem man ihm das Bewußtsein des Drucks hinzufügt, die Schmach noch schmachvoller, indem man sie publiziert. Man muß jede Sphäre der deutschen Gesellschaft als den Schandflec| der deutschen Gesellschaft schildern, man muß diese versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zwingen, daß man ihnen ihre eigne Melodie vorsingt!“

Der Kampf gegen die Erscheinungsformen und Ideologien, die diese Gesellschaft hervorbringt, wird zu einem Kampf gegen Windmühlen, wenn er nicht mit einem Kampf um deren materielle Basis einhergeht. Solange Menschen in unmenschlichen Verhältnissen leben ist das aufkommen solcher Ideologien geradezu notwendig.

„Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift. Die Theorie ist fähig, die Massen zu ergreifen, sobald sie am Menschen demonstriert, und sie demonstriert am Menschen, sobald sie radikal wird. Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen. Die Wurzel für den Menschen ist aber der Mensch selbst.“

Deswegen halten wir es für notwendig uns, als radikale Linke, in soziale Kämpfe im Alltag, d.h. in Betrieben, an Schulen oder Universitäten, einzumischen, um dort die Menschen zu erreichen und schließlich den Klassenkampf als Gegensatz zur Volksgemeinschaft wieder auf die Tagesordnung zu setzten.

Denn nach wie vor gilt es „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“

Antinationalismus und Deutschland

higa 04.07.2007 - 01:45
Folgendes Flugblatt von der "Hannoverschen Initiative gegen Antisemitismus" wurde anlässlich der Demo "Gegen Nationalismus - in jeder Form und Tracht" am 29.6. in Hannover verteilt.


Antinationalismus und Deutschland

"Deutschland wird politisch immer stärker durch eine neue Querfront geprägt, in der der alte Rechts-Links-Gegensatz zunehmend seine Bedeutung verliert. (...) Lafontaine vertritt außenpolitisch lupenreine und völlig authentische NPD-Positionen: Abzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan, Feststellung der Völkerrechtswidrigkeit der US-Kriege im Irak und in Afghanistan, Lösung der Konflikte im Nahen Osten durch politische Eindämmung des Aggressionsstaates Israel. (...) Wer weiß, vielleicht sieht Deutschland schon in ein paar Jahren gemeinsame Aktionen der NPD mit dem antiimperialistischen Flügel der Linken."
NPD-Generalsekretär Peter Marx: "Solidarität mit Oskar Lafontaine!", 21.06.07 (npd.de)

Wessen Nazi-Großeltern, die, nachdem sie Hitler gewählt und zugejubelt haben, von nichts gewusst, sowieso alle im Widerstand waren und mindestens einen Juden versteckt haben wollen, so sie nicht gerade von den "guten Seiten" des Nationalsozialismus schwärmen, wie die Autobahn, das Recht auf Arbeit und den Eintopftag, berichten einem nicht, dass ja alle Nationen "Dreck am Stecken" hätten: Zum Beispiel von der "Indianerausrottung" oder der "Palästinenservertreibung", von den Gulags "des Russen" und von den Briten, die das KZ erfunden hätten, weswegen Deutschland auch nicht schlechter sei als andere Nationen. Warum gerade gerne von Indianern und Palästinensern die Rede ist, wenn es um Deutschlands Schuld geht, sollte klar sein: Hierin sollen Deutscher Krieg und Deutsche Vernichtung nachträgliche Sinnstiftung erhalten, schließlich wollten die Deutschen den Menschheitsverbrechern und Weltverschwörern, die sie selben waren und sind, dies aber auf die Anderen projizieren, das Handwerk legen. Der Hinweis auf vermeintliche oder tatsächliche Untaten Anderer dient den Deutschen zur Relativierung ihrer eigenen Verbrechen und der Entlastung von ihren Schuldgefühlen. So antinational, dass ja irgendwie alle Nationen schlecht seien, so dass Deutschland dabei gut weg kommt, sind die rüstigen Rentner mit dem guten Gewissen und den Erfahrungen aus erster Hand in HJ und BDM, Volkssturm und Einsatzgruppe allemal, und diese Anschauung ist in Deutschland heute hegemonial.

Der Nationalsozialismus ist der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft entsprungen. Das heißt, er hat zwar seine Grundlage durchaus in dieser, er schreitet aber aus dieser hinaus, bezeichnet dadurch etwas elementar Anderes. Er löst die Dialektik der Aufklärung im negativen, regressiven Sinne auf, indem er die hehren, uneingelösten Ideale und das Glücksversprechen der bürgerlichen Gesellschaft zwar als Lügen begreift, aber nicht – und das ist der Unterschied ums Ganze - um sie wahr zu machen, nicht um in der Aufhebung des falschen Ganzen den Vorschein des guten Lebens zu bewahren – wie es das Projekt emanzipatorischer Kritik sein muss - sondern um sie ein für allemal abzuschaffen, ihre Verwirklichung auf ewig unmöglich zu machen. In diesem Sinne ist er beides zugleich: Fortschritt der falschen Gesellschaft und entfaltete Barbarei. Keineswegs ist der Nationalsozialismus das, was die doktrinäre Linke fortdauernd behauptete: die zugespitzte Herrschaft des personalisierten Finanzkapitals. So malten Linke ein Bild von den "Hintermännern" der Nazis als nach Weltherrschaft strebende "Finanzhyänen", das dem der Nazis von den Juden weitgehend entsprach. In Weimarer Zeit kursierten entsprechende antisemitische Witze in "kommunistischen" und sozialdemokratischen Kreisen, nach denen hinter den "Hakenkreuzlern" die "Hakennäsler" stünden. So kompatibel sind "Antifaschismus" und Antisemitismus dann doch – eine Kombination, die erneute Aktualität Ende der 1960er Jahre erlangte, als der SDS darin vorpreschte, auf die den deutschen Vernichtungstaten entgangenen Juden, die den Selbstschutzstaat Israel gründeten, das Nazi-Sein zu projizieren, worin ihm dann innerhalb kürzester Zeit beinahe die gesamte deutsche Linke folgte.(1) Welche grandiose Selbstbezeichnung der politischen Hochschulgruppen der Partei "Die Linke" als "Die Linke.SDS", deren Hannoversche Regionalfiliale unter den Aufrufern der hiesigen Antinationalismus-Demo ist, die damit ganz freiherzig an antizionistisch-antisemitische Traditionen anknüpfen.(2)

Im Sinne der antibürgerlichen, also das emanzipatorische Beiwerk der bürgerlichen Gesellschaft angreifenden, konformistischen Rebellion des Nationalsozialismus, vertritt der Nationalsozialismus - neben einem antiliberalen, regressiven Antikapitalismus, der die dem Kapitalismus inhärenten Interessensgegensätze und Ungleichheiten in der Volksgemeinschaft aufhebt und nach außen projiziert, als Kampf des schaffenden, prolet-arischen Deutschlands gegen die imperialistischen Ausbeuterstaaten, hinter denen das "parasitäre Finanzjudentum" als "Weltfeind" stünde (3) - eine Feindschaft gegen den bürgerlichen Nationalismus, so dass man von einem antibürgerlichen Antinationalismus der Nazis sprechen kann, so paradox dies im ersten Moment klingen mag.

Der Nationalsozialismus als Ganzes war also antinational in dem Sinne, dass nicht die bürgerliche Nation sein Bezugspunkt ist, sondern das transnationale "Volk". Der liberal-bürgerliche Nationalismus, mit seinem Insistieren auf gewisse Mindeststandards von Freiheitsrechten, mit einer rationalen Geschäftsgrundlage der Staatsangelegenheiten, der das Verhältnis von Staat und Rechtssubjekten verbindlich festlegt und gerade daher von den Gesellschaftsmitgliedern reflektiert und gar kritisiert werden kann, war und ist den Nazis und allen anderen Anhängern mystischer Schicksalsgemeinschaften, aus denen es kein Entrinnen gibt, in denen der Einzelne nicht mal mehr seine Arbeitskraft wert ist, wenn es um den Bestand des "Volksorganismus" geht, auf den Tod verhasst. Denn die bürgerliche Spielart des Nationalismus lässt die Möglichkeit der Reflektion und Kritik auf die falschen Verhältnisse überhaupt noch offen und stellt damit das totale Aufgehen des Einzelnen im Kollektiv der willigen Untertanen und Vollstrecker, also der Abschaffung des Individuums, des Menschen als solchen, noch infrage, welche die politische Religion, die als "Herrenrasse" oder "islamische Umma" daherkommen kann und die mit dem Begriff "Nationalismus" völlig unzureichend gekennzeichnet ist, bewerkstelligen will.

So steht zu fragen: Was soll und will Antinationalismus? Oder was mag seine Funktion, zum Teil auch gegen die Intentionen seiner Urheber, sein? Fehl geht ein Antinationalismus, der diesen universal im Hier und Jetzt formuliert, der Nationalismus also "in jeder Form und Tracht" bekämpft und dieses nicht primär auf deutsche bzw. völkisch-essentialistische Formen von Glaubens- und Schicksalsgemeinschaften bezieht, der also nicht in dem Bewusstsein sein Denken und Handeln einrichtet, dass natürlich letztlich alle Nationen abgeschafft gehören, aber gerade deshalb, um dieses Ziel überhaupt noch erreichen zu können, radikal Position gegen Bewegungen beziehen müsste, die den bürgerlich-liberalen Nationalismus zugunsten einer essentialistischen und mythischen Gemeinschaft, in dem das Leben des Einzelnen keine Bedeutung hat, abschaffen wollen.

In Deutschland wurde die ohnehin defizitär entwickelte bürgerliche Gesellschaft 1933 gänzlich abgeschafft und west seit 1945 als Begriff und formaler Ordnungsrahmen über einem Kollektiv, dass danach dürstet, diese Fessel des "gesunden Volksempfindens" zu sprengen und wieder ganz Volksgemeinschaft zu sein. Unspezifischer Antinationalismus ist hier eine willkommene Möglichkeit, deutsche Schuld zu negieren und an andere zu delegieren. Deutsche Staatspolitik besteht bereits seit Jahren darin, sich als Weltmeister im Menschenvernichten und anschließender "Vergangenheitsbewältigung" besonders geläutert zu fühlen und anderen Staaten ihre Vergehen vorzuhalten, vornehmlich dem ehemaligen Kriegsgegner und heutigen Weltmachtskonkurrenten, den USA, sowie dem Staat der Überlebenden, Israel, der qua Existenz den Deutschen als Erinnerungshilfe eine Last ist, der Zeuge ist dafür, dass Deutschland jegliches Existenzrecht durch seine Menschheitsverbrechen verwirkt hat. Dass Deutschland weiterexistiert, und dass Israel als hochgerüsteter und dennoch ständig bedrohter Staat existieren muss: Was gibt es Eindrücklicheres als Beweis dafür, dass die bestehende Welt falsch und ungerecht eingerichtet ist, in der die Menschheit im Selbstwiderspruch vegetiert und sich von einer drohenden Barbarei zur nächsten schleppt?

Ein "Antinationalismus", der es mit einer Emanzipation von solchen Zuständen ernst wäre, der freilich dann einen anderen Namen trüge, würde seinen Aktionseifer nicht auf NPD und Vertriebenentreffen beschränken, sondern müsste genauso gegen den völkischen Nationalismus der Partei "Die Linke" vorgehen, die ja erst kürzlich von der NPD eine Solidaritätserklärung erhalten hat (s.o.) wegen der zurecht festgestellten großen inhaltlichen Schnittmengen. Weiter würde er sich gegen Deutschland als Ganzes und sein transnationales Projekt der "Germanisierung" Europas und gegen jede Form von Antisemitismus und Antiamerikanismus aussprechen müssen und er würde überdies aktuelle Formen der fortschreitenden Barbarei wie den politischen Islam und seine Helfershelfer in allen politischen Spektren hierzulande bekämpfen. Linke und Rechte, die überall "ausländische Heuschreckenschwärme" das "heimische schaffende Kapital" verschlingen sehen, die, wenn sie von "Globalisierung" reden, eine "Amerikanisierung" und "Judaisierung" meinen und fürchten, weil sie alle "autochthonen, echten, ursprünglichen Kulturen und Gemeinschaften" zersetze, eine Rechte und Linke, die den politischen Islam für eine legitime Widerstandsveranstaltung der unterdrückten Völker gegen die Herrscher der Welt halten (gemeint sind wiederum Juden und Amerikaner), betreiben nur das Werk fortschreitender und bald verewigter Barbarei.

Hannoversche Initiative gegen Antisemitismus, Juni 2007
 gegen-antisemitismus@gmx.net
www.gegen-antisemitismus.de.vu

(1) Der SDS war es auch, der 1967 erstmals das auch heute noch in diversen Kreisen beliebte sogenannte Palästinensertuch aus den Fatahlagern, in denen gerne auch mal Neonazis ihre militärische Zusatzqualifikation erhielten, nach Deutschland als dezidiert politisches Ausdrucksmittel im Kampf gegen Israel und den "Weltzionismus" (meint: jüdische Weltverschwörung) importierten. Zuweilen erscheinen die ritualhaft ausgetragenen Straßenwettbewerbe von Neonazis und "Antifas" durch das Verwenden eben dieses gleichen politischen Symbols als zwanghafte Brüderzwistigkeiten, die ihre durchaus partiellen Gemeinsamkeiten nicht ertragen und um Massenzuspruch beim "guten deutsche Volk" buhlen. Kann es da verwundern, wenn die NPD, besorgt um die Volkseinheit, ihre versöhnende Hand ihren Widersachern entgegenstreckt, wohl auch anknüpfend an die Kooperationen von Nazis und "Kommunisten" in der Weimarer Zeit?

(2) Es stellt sich angesichts des Charakters der Partei "Die Linke", die gegen "Fremdarbeiter" und "ausländische Heuschrecken" hetzt und einen nationalistischen "Antikapitalismus" vertritt, die Frage, ob die Mitglieder der Hannoverfilialen von "Solid" und "Die Linke.SDS" nun in den falschen Organisationen sind, oder auf die falsche Demo gehen. Die Lösung liegt wahrscheinlich darin, dass, ganz entsprechend der Staatsantifa-Kampagne vor einigen Jahren und der immer wieder aufwallenden Empörung über rechte Umtriebe, man versucht, den "bösen" deutschen Nationalismus auf die Nazis zu reduzieren, und einen "guten" deutschen Nationalismus von links davon abzuheben – wie sollte man auch sonst eine für Herrschaft benötigte Massenbasis in diesem postnationalsozialistischen Land erringen?

(3) Diese nationalsozialistische Anschauung reaktivierte sich in der hiesigen Begeisterung für die sogenannten Befreiungsnationalismen der Dritten Welt bis hin zum heutigen Verständnis für den islamistischen Jihad. "Das faschistische Wunschbild heute verschmilzt ohne Frage mit dem Nationalismus der sogenannten unterentwickelten Länder (…). Einverständnis mit denen, die in der imperialistischen Konkurrenz sich zu kurz gekommen fühlten und selber an den Tisch wollten, drückte schon während des Krieges in den slogans von den westlichen Plutokratien und den proletarischen Nationen sich aus." (Adorno, Theodor W.: Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit. In: Gesammelte Schriften, Bd. 10-2, Frankfurt am Main 1997, S.564f)

@dan

ich 04.07.2007 - 12:00
Also,
folgendes habe ich letzte oder vorletzte Woche darüber gehört, ich glaub im Funkhaus Europa:
das Land Niedersachsen hat früher schonmal Geld an die Vertriebenen - oder genauer: die Schlesier - gezahlt, zur Begründung hieß es damals zur Kultur- und Traditionspflege.
Als Schröder dann Ministerpräsident wurde, hat er diese Zahlungen abgeschafft und die offiziellen Verbindungen gekappt. Ich weiß: was, der Schröder hat auch sinnvolles gemacht?! Ich konnte es auch nicht glauben.
So, irgendwann kam dann die CDU wieder an die Macht und die entschloss sich, offizielle Kontakte wieder aufzunehmen, d.h. z.B. eine Abordnung zu den Schlesier-Kongressen schicken, etc., und halt die Zahlungen wieder aufzunehmen.
Links kann ich dir leider keine bieten, aber ich würde einfach mal die Stichworte Niedersachsen und Schlesier oder Vertriebene bei div. Nachrichtenseiten einzugeben, z.B. Junge Welt, NDR, funkhaus europa, Phoenix, Tagesschau bzw. Tagesspiegel.
Hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

Noch ein bild

antifa 09.07.2007 - 16:44
hab noch ein bild vom anfang der demo

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Nachfrage — Dan

Naturgegeben — Mein Dame

kigo — @meine Dame