Rechtliche Schritte gegen Beschlagnahme

Rabbit 02.07.2007 21:43 Themen: G8 Heiligendamm Repression
In der Nacht zum 05. Juni wurde von der Polizei in der Nähe des Camp Rostock eine umfangreiche Personenkontrolle durchgeführt. Dabei wurden nicht nur viele Personen kontrolliert und durchsucht, sondern neben zwei Ingewahrsamnahmen auch zum Teil rechtswidrige Beschlagnahmen vorgenommen. Ein Betroffener wehrt sich nun gegen die Beschlagnahme seines Funkgerätes und bereitet eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Schwerin vor, um die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststellen zu lassen.
Verglichen mit den über 1000 Ingewahrsamnahmen und Festnahmen, stellen die unzähligen Beschlagnahmen sicher nur eine geringfügige Form der Repression dar. Dennoch muss die rechtswidrige Beschlagnahme von ungefährlichen Gegenständen wie Funkgeräten und Kleidungsstücken nicht einfach hingenommen werden. Vor allem, wenn kein direkter räumlicher oder zeitlicher Zusammenhang zu Versammlungen besteht, bietet sich eine genaue Prüfung des Sachverhaltes an. Denn dann bestehen an der üblichen Begründung "Gefahrenabwehr" deutliche Zweifel.

Wer während des Gipfels von einer Beschlagnahme betroffen war und Widerspruch eingelegt hat, hat evtl. schon den Widerspruchsbescheid von der Polizeidirektion Rostock erhalten. Meiner (siehe Bild) ist auf den 20. Juni datiert und informiert mich über die Einstellung des Widerspruchsverfahrens. Die Entscheidung ist in meinem Fall völlig korrekt. Nicht korrekt hingegen ist der Bescheid selbst, denn es fehlt die Rechtsmittelbelehrung gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Diese sollte man auf jeden Fall einfordern, wenn man Rechtsmittel einlegen will. Zusätzlich bietet dies eine kostengünstige Form der kreativen Anti-Repression, da ausser dem Porto keine Kosten für das Einfordern der Rechtsmittelbelehrung entstehen. Ich gehe davon aus, dass der Widerspruchsbescheid in der Form als Serienbrief verschickt wurde und alle bisher verschickten Bescheide ebenfalls fehlerhaft sind. Deshalb meine Bitte an alle Betroffenen: Fordert eine Korrektur Eures Bescheides an, ein Musterbrief liegt hier als PDF vor. Der zuständige Regierungsrat bei Kavala freut sich sicher über Post ;-)

Ich persönlich werde nach Erhalt des korrigierten Widerspruchsbescheides Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO vor dem Verwaltungsgericht Schwerin erheben und unter diesem Artikel weiter zu dem Fall berichten.

Zusätzlich würde ich mich freuen, wenn sich so viele Betroffene wie möglich bei mir melden würden. Eine kurze Mail mit Angaben zum Sachverhalt und Aufzählung der beschlagnahmten Gegenstände reicht völlig, Angabe des Namens ist nicht nötig. Ich werde die Berichte dann auswerten und eine Statistik veröffentlichen. Theoretisch wäre das zwar etwas für den EA bzw. den RAV, aber die haben z.Z. sicher genug mit der Aufarbeitung der schwerwiegenden Grundrechtsverletzungen zu tun.
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Ergänzungen

Dennoch: bitte EA/Legal Team informieren

Roter Helfer 03.07.2007 - 22:22
Das klingt gut, was du vorhast. Doch ich würde dich dennoch bitten, den EA oder besser noch die AnwältInnen vom Legal Team über dein Vorgehen zu informieren. Die arbeiten gerade an einer umfassenden Nachbereitung und Dokumentation der Geschehnisse. Die haben zwar wohl auch mit "schwereren" Grundrechtsverletzungen zu tun, aber dennoch gibt es dort AnwältInnen, die sich nur mit den Beschlagnahmungen beschäftigen. Zu allen möglichen Themen gibt es dort AnsprechpartnerInnen, die die jeweiligen Verfahren koordinieren. Eine solche Koordination kann wichtig sein, um ggf. Sammelklagen anstrengen zu können, dann muss nicht jede/r allein klagen (zumal Klagen vor dem Verwaltungsgericht auch nicht wenig Kohle kosten). Daher die dringende Bitte an dich: melde dich bei denen, zumindest informiere sie kurz. Sie werden dir dann sicher sagen können, warum aus ihrer Sicht eine Koordinierung wichtig ist. Ich würde es dringend epmfehlen.

Viel Erfolg!

Rechtsbehelfsbelehrung

Jurist 03.07.2007 - 23:34
Wenn das Widerspruchsverfahren negativ verbeschieden wurde, hat man nur 1 Monat Zeit um vor dem Verwaltungsgericht Klage zu erheben. Ist die Frist verstrichen kann gegen den Widerspruch kein Rechtsmittel mehr bei den Verwaltungsgerichten eingelegt werden. Setzt allerdings voraus, daß der Widerspruchsbescheid eine Rechtsmittelbelehrung erhält. Enthält der Widerspruchsbescheid keine Rechtsmittelbelehrung, verlängert sich die Frist um 1 Jahr gemäß § 58 Verwaltungsgerichtsordnung.
Wenn der Widerspruchsbescheid keine Rechtsmittelbelehrung enthält ist dies Absicht der Behörde um den Empfänger im Glauben zu lassen, er könne dagegen nichts mehr unternehmen. Methoden die eigentlich nur in Bananenrepubliken vorkommen.

Klagefrist

Rabbit 04.07.2007 - 09:32
@Jurist

Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Du Jurist bist. Denn sonst würdest Du nicht behaupten, daß für die Fortsetzungsfeststellungsklage eine Klagefrist von 1 Monat bestehen würde.

Nach allg. Rechtsmeinung (im Internet nach Fortsetzungsfeststellungsklage und Klagefrist suchen) ist die Möglichkeit zur Klage in diesen Fällen erst nach einem Jahr verwirkt.

Wer liest ist klar im Vorteil

Jurist 05.07.2007 - 13:09
Ich habe niergendswo Bezug auf die Fortsetzungsfeststellungsklage genommen. Das mit der Frist und der Rechtsbehelfsbelehrung gilt allgemein für Klagen vor dem Verwaltungsgericht. Siehe §58 Absatz 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Im Übrigen ist bei der Fortsetzungsfeststellungsklage umstritten, ob eine Frist einzuhalten ist. Einschlägige Vorschrift wäre eigentlich §74 Absatz 1 Satz 2 VwGO. Nach neuerer Rechtsprechung entfällt eine Klagefrist bei Erledigung des Verwaltungsaktes vor der Klageerhebung. Das ist aber für die Gerichte nicht bindend.

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