15./16.Prozesstag Dessau Oury Jalloh

Prozessbeobachtergruppe: prozessouryjalloh.de 20.06.2007 18:42 Themen: Antirassismus
15. Prozesstag - 19. Juni 2007

„Das ist hier mehr oder weniger eine Verarsche, was hier stattfindet.“

Der Leiter des Dessauer Polizeireviers 7 Stunden im Zeugenstand // Polizeidirektor widerspricht Aussagen seines Kollegen
„Ich sehe, man liest schon fleißig“, sagt der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff zur Nebenklagevertreterin Regina Götz und eröffnet damit gleichzeitig den 15. Prozesstag. Noch bevor die Hauptverhandlung heute so richtig beginnt, wird sie nach 10 Minuten für eine halbe Stunde unterbrochen. Hintergrund der Pause sind Zeugenvernehmungen, die der Richter veranlasst hat. Dabei wurde u.a. ein Herr Sp., der Systemadministrator des Polizeireviers, befragt, der auch für die Telefonanlage des Polizeireviers zuständig sei. Konkret ging es bei der Vernehmung u.a. um die Frage, welche Telefonapparate im Januar 2005 über ein Display verfügten. Die entsprechenden Protokolle stellt er den Prozessbeteiligten heute zu Beginn zur Verfügung. Die Nebenklage beantragt daraufhin eine Unterbrechung um bewerten zu können, ob die Aussagen für die heutige Befragung relevant sind.



Nach der Pause betritt der Revierleiter Gerald K. (52) den Zeugenstand. Von Beruf sei er „Werkzeugmacher“, gibt der Zeuge an. „Aber jetzt doch bestimmt nicht“, meint der Richter dazu. Gerald K. gibt dann an, das er „Polizeivollzugsbeamter“ sei und seit 1996 das Polizeirevier Dessau leite. „Mein Büro befindet sich in der 1. Etage in der Wolfgangstr.25“, beschreibt der Revierleiter seinen Arbeitsplatz. Auf dieser Etage befinde sich auch die Leitstelle. Links würde sich die Büros der Verwaltung befinden und rechts der DGL-Bereich. „Vorzimmer heißt das nicht mehr, dass ist eine kombinierte Geschäftsstelle“, beantwortet der Zeuge eine Frage des Richters nach dem Büro, in dem die Verwaltungsangestellte Iris F. arbeite.

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16. Prozesstag - 20. Juni 2007

„Die Anhaltspunkte sind im Kopf ihres Mandanten“





Nebenklage gibt Erklärung zu gestrigen Aussage des Revierleiters ab // Richter Steinhoff appelliert an den Angeklagten, seine Aussagen zu überdenken // Verkehrspolizist Hartmut Sch. befragt





„Das Mikro ist an und ich denke da kommt was“, sagt Richter Steinhoff zur Nebenklägerin Regina Götz und eröffnet mit dieser Feststellung den 16. Verhandlungstag. Zur gestrigen Aussage des Revierleiters Gerald K. gibt die Anwältin für die Nebenklage im Strafverfahren eine Erklärung ab. So habe die Zeugenaussage des Vollzugsbeamten K. die Angaben des Beamten Mö. dahingehend untermauert, dass es kein Gespräch zwischen dem Leiter des Einsatzdiensten Heiko Kö. und dem damaligen Dienstgruppenleiter Andreas S. aus der Hauswache gegeben habe, in dem der Angeschuldigte S. dem Beamten Kö. mitgeteilt haben will, dass im Gewahrsamsbereich etwas nicht in Ordnung sei.



Folgendes spricht unter anderen aus Sicht der Nebenklage gegen ein mögliches Telefonat zwischen Kö. und S. aus der Hauswache. Erstens. Es sollen sich zum Zeitpunkt des Eintreffens von K. im Bereich der Hauswache mehrere Personen, u.a. auch die Zeugin Anette F., aufgehalten haben. Dort habe „viel Aufregung“ geherrscht, so Götz. Weiterhin könne sich die Zeugin F. nicht daran erinnern, dass der Angeschuldigte S. aus der Hauswache telefoniert habe. Zweitens. Die Beamtin Beate H. soll 12.11 Uhr nach Aufforderung des Revierleiters K. die Feuerwehr aus dem DGL-Bereich über den Brand im Gewahrsamsbereich informiert und angefordert haben. Außerdem sagte die Nebenklägerin an die Adresse des Angeklagten S., „sie hatten ja gar nicht die Zeit, das alles zu machen“ und meint damit die Aktivitäten des ehemaligen Dienstgruppenleiters S. im Gewahrsamsbereich in diesem Zeitfenster.

„S. (der Angeklagte Andreas S., Anm. d. Red.) habe unverzüglich reagiert“, zitiert Götz aus der Hausmitteilung vom 12. Januar 2005 und merkt dazu an, dass sich die Dessauer Polizei damit sehr früh auf die „Variante“ des Angeschuldigten S. festgelegt habe. Durch die internen Hausmitteilungen könne eine „massive Manipulation“ von Zeugen, „gewollt oder nicht“, nicht ausgeschlossen werden, so die Rechtsanwältin. Weil „viel zu früh, zu viel erzählt wurde“, merkt Richter Steinhoff hierzu an.

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Ergänzungen

Falschaussage im Jalloh-Prozess (?)

radio corax 21.06.2007 - 20:03
Das Landgericht Dessau hat vor wenigen Tagen den Prozess im Fall Oury Jalloh verlängert. Nochmal zur Erinnerung: Der Asylbewerber war im Januar 2005 qualvoll in seiner Zelle an einem Hitzeschock gestorben, denn seine Feuerfeste Matratze war angezündet worden. Angeblich von ihm selbst. Wie er das mit Handschellen und im alkoholisierten Zustand geschafft haben soll, bleibt weiterhin fraglich. Die beiden diensthabenen Polizisten sind nun weiterhin angeklagt, weil der Richter mehrer Polizeibeamter in zweifel zieht. Die Aussagen widersprechen sich und so muss also wenigstens einer von ihnen falsch ausgesagt haben. Julaine hatte den Anwalt der Hinterbliebenen von Oury Jalloh, Ulrich von Klinggräff, am Telefon.