Schwerverletzter bei der Blockade am Westtor

anonimo 15.06.2007 09:52 Themen: G8 Heiligendamm
Beim Blockadeversuch vor genau einer Woche in Hinter Boltenhagen im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel ist eine Person durch Wasserwerfer schwer verletzt worden. Er hatte mit mehreren Tausend anderen Leuten die Wiese neben der Hauptzufahrtsstraße besetzt und damit ein passieren der einzigen freien Route nach Heiligendamm für Stunden be- bzw. verhindert.
Dementsprechend hart ging die Polizei gegen die DemonstrantInnen vor. Während am Osttor nach kurzer Zeit und einigen Räumungsversuchen am Mittwoch Ruhe eingekehrt war, setzte die Polizei am Westgate alles daran die Straße freizuhalten. Was wir dort sehen konnten waren keine oder wenige offen gewalttätige Übergriffe mit Knüppeln, sondern gezielte Schüsse mit dem Wasserwerfer auf Köpfe und Oberkörper der Blockierenden, sowie unbegründete Angriffe mit Pfeffergas, das den DemonstrantInnen direkt ins Gesicht gesprüht wurde.

Der Angriff mit dem Wasserwerfer durch den unser Freund am linken Auge verletzt wurde, ereignete sich im Zeitraum zwischen 12.30 und 13.00 Uhr, also ziemlich am Anfang der Blockade und Stunden vor der eigentlichen Räumung der Wiese. Die Situation hatte sich gerade beruhigt, als die Polizei unvermittelt damit begann den Leuten die Plastikplanen abzunehmen, die bis dahin zum Schutz vor dem Wasser über die Köpfe gezogen wurden. Unterstützt wurde diese Maßnahme durch gezielte, einzelne Wasserstöße scheinbar um Leute aus Gruppen zu entfernen und/oder die Blockierenden zu zerstreuen.
Uns wurde berichtet, daß ein Bulle direkt vorm Wasserwerfer mit seinem Knüppel auf Leute gezeigt hat, um die „Mannschaft“ des Wasserwerfers zu dirigieren. Was dort stattfand war demnach nichts weiter als ein Zielschießen durch die Polizei, auf eine große Gruppe, die bis dahin durchweg friedlich die Wiese besetzt hielt.
Unser Freund ist inzwischen seit einer Woche ohne Unterbrechungen im Krankenhaus, wurde bisher zwei Mal operiert und wird unter Umständen seine volle Sehfähigkeit nie wieder erlangen, bzw. sogar auf einem Auge blind bleiben.Wir suchen Leute, die ebenfalls verletzt worden sind, bzw. gesehen haben, wie unser Freund verletzt wurde. Gedächtnisprotokolle, Fotos oder Filmausschnitte der betreffenden Situation könnten helfen diese zu rekonstruieren. Außerdem suchen wir Hinweise auf die Identität der Wasserwerfermannschaft (Bundesland, Nummernschild, Zahlencode auf der Seite des Werfers, usw.), es handelte sich dabei um den mittleren von drei in der Situation eingesetzten Fahrzeugen.

Die Soligruppe hat eine e-mail Adresse eingerichtet an die ihr schreiben könnt:  w.werfer@yahoo.de oder meldet euch über den Indymediakontakt.
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Ergänzungen

@ sani

... 15.06.2007 - 12:49
das gängige verfahren zwischen schwer- und leichtverletzt zu unterscheiden:
leichtverletzt = ambulante behandlung
schwerverletzt = stationäre behandlung (aufnahme ins krankenhaus)

nach diesem kriterium geht zumindest die polizei in ihren veröffentlichungen. inwiefern das medizinisch sinnvoll ist bzw. über die tatsächliche schwere der verletzung etwas aussagt, sei dahin gestellt.

trotzdem ist diese klassifiezierung richtungsweisend - weshalb es auch eng für die pr der polizei wurde, als öffentlich wurde, dass nach den (für die beamten) angeblich lebensgefährlichen ausschreitungen von rostock statt 40 lediglich 2 (!) cops stationär behandelt wurden. dreister täuschungsversuch.

da die person nun schon seit mehr als einer woche ununerbrochen im krankenhaus liegt, ist der begriff schwerverletzt sehr wohl richtig. das hat nicht mit effekthascherei zu tun.

Against

Against 15.06.2007 - 15:20

W-Werfer Einsatz

der doberaner 15.06.2007 - 21:29
Kannst Du nochmal den genauen Zeitpunkt beschreiben? Ich war als Unmittelbarer Anwohner der Region am Mittwoch von ca. 14.00 Uhr bis ca. 16.00 Uhr in Hinter Bollhagen bei den Clowns gewesen! Zu dem Zeitpunkt war dort ein Wasserwerfer nicht zu sehen gewesen! Die kamen erst so gegen 18 Uhr/18.30 Uhr, wo in Hinter Bollhagen ca. 3.000 Leute gewesen sein sollen. Da bin ich mit dem Auto von Wittenbeck nach Steffenshagen gefahren. Oder besser gesagt, ich habe es versucht! Da standen mehrere W-Werfer, Räumfahrzeuge, und unzählbare Mannschaftstransporter und haben die Straße in 2-Reihen dicht gemacht! Meines erachtens waren diese aus Hannover gewesen! Ich kann es aber leider nicht bezeugen! Ich weis nur (auch anhand von Fotos) das am Nachmittag Kölner Truppen mit einem Räumfahrzeug die Straße frei gehalten haben! Von den Clowns! Habe gerade auf einem Foto gesehen, dass Gruppen aus Niedersachsen die Kölner Gruppe mit Ihrem Räumfahrzeug freies geleit gegeben haben, und alle aus Hinter Bollhagen abgedrängt haben! Auch wir Anwohner mussten das Gebiet bis hinter die Schleuse an der Kreuzung zwischen Wittenbeck und Steffenshagen verlassen!Am Strand von Hinter Bollhagen stand ein Wasserwerfer! Kann aber leider absolut nicht sagen, von wo der gewesen ist, und ob der zum Einsatz gekommen ist!

@der doberaner

kiwi 15.06.2007 - 23:33
Zeitpunkt kommt gut hin, wobei ich nicht weiss, warum wir auch vor Ort wenig bis gar nichts davon mitbekommen haben.

Waren gegen 10.30/11.00 bei der ersten spontanen Blockade dabei, an der sich ca. 200 beteiligt haben. Hier schon 2 Wasserwerfer postiert, wovon einer abrückte und der andere zum Einsatz kam. Herkunft unbekannt. Cops selbst kamen z.T. aus Bremen, was man an der Behelmung gut gesehen hat.
Während wir zwischen dem Standort der Räumpanzer (an der größeren Kreuzung am Wald) und dem Tor von der Strasse gehalten wurden, fuhr der eine WaWe Richtung Tor und auch ne Einheit Schwarzkittel rannte im Laufschritt Richtung Tor. War also anzunehmen, dass die große Gruppe aus Reddelich mittlerweile angekommen ist und die Cops wohl etwas durch ihre Anwesenheit überrascht hat.
Nun eben durch die angrenzenden Wälder und Felder zur besagten Wiese, wo wir gegen 14/15 Uhr ankamen. Hier schon 3-4 WaWe auf der Strasse, Stimmung aber sehr entspannt. Kein Wort von dem Angriff der Cops gegen 12/12.30 zu hören, auch nix von den heftigen Verletzungen. Hat mich verwundert, dass wir davon erst Abends im Camp was gehört ham.
Wenn das früher bekannt geworden wäre (zur Deeskalation bewusst verschwiegen?), hätte man sich Nummern und Herkunft der Fahrzeuge notieren können. Lage hier trotz angespannter Erfurter Cops (hatten zumindest Thüringer Abzeichen) in voller Montur immernoch halbwegs in Ordnung. Immer wieder Spielchen Helm auf - Helm ab mit den Cops durch kleinere Gruppen. Irgendwann grob 1-2.000 Richtung Zaun, woraufhin die 11 Helis ankamen und im Tiefflug über die Menge brausten. Hier erster Vormarsch der zaunbewachenden Cops, die auf der Strasse wie versteinert dagestanden. Immernoch alles recht entspannt. Erst als sich in den ersten Reihen Ketten bildeten fuhren die WaWe in Position (wodurch sie die Strasse erfolgreich blockierten), aber noch kein Feuerbefehl.
Ne halbe Stunde vor der Räumung dann gegangen, weil wir fix und fertig waren und die Lage auch nicht als brenzlig einschätzten.
Anscheind dann die Räumung, da einer mit Leuchtspur rumgeballert hat (unbestätigtes Gerücht), wozu aufeinmal 9 WaWe dastanden. Wo die so plötzlich herkamen ist mir ein Rätsel. Kann gut sein, dass die irgendwo halbwegs versteckt geparkt wurden und dir deshalb keine aufgefallen sind.
Waren aber definitiv den ganzen Tag über welche an der Wiese.

war auch vor ort

demo-sani 16.06.2007 - 15:41
War an jenem Tag als Demo-Sani vor Ort, leider erst ab ca. 12:30/13:00, nachdem Berichte reinkamen, dass es zu WaWe-Einsatz gekommen sei. Habe u.a. eine Frau versorgt, der unvermittelt Pfeffer-Spray direkt ins Auge gespritzt wurde, die anschl. kollabierte und der anschl. von der Polizei Hilfeleistung + Abtransport über eine Stunde verwehrt wurde. Ich habe - verständlicherweise - nicht genau auf die Kennzeichnungen der Polizei + ihres Geräts geachtet, aber wenn ich mich recht erinnere trugen die drei zu der Zeit vor Ort befindlichen WaWe die Nummern "1", "2" und "3", mehr habe ich nicht erkannt. Polizei war aus versch. Bundesländern vor Ort, u.a. BaWü, Thüringen, Niedersachsen, BGS sowie ungekennzeichnete (!) Einheiten.

WaWe aus Köln

(muss ausgefüllt werden) 17.06.2007 - 13:34
Also zumindest die beiden rechten Wasserwerfer waren aus Köln, wenn ich mich recht entsinne.

Die Bullen, die den ganz rechten Wasserwerfer schützten, und die auch besonders durch aggressive Pfefferspray-Attacken aus kurzer Entfernung direkt ins Gesicht auffiehlen, waren Hessen.
Links daneben, also vor dem mittleren (in dem Artikel angesprochenen) WaWe die Bullen waren aus Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, da bin ich mir nicht sicher.

unterlassene Hilfeleistung Donnesrtag

sonyandshare 20.06.2007 - 17:30

 http://www.youtube.com/watch?v=WzIjQ_YiMTk

zu sehen: Polizisten weigern sich verletzten Demonstranten behandeln zu lassen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

"schwerverletzt"

sani 15.06.2007 - 12:26
es gibt keine begriffsbestimmung für schwerverletzt.
auch wenn es sich hier durchaus um eine schwere verletzung handelt, wäre es sinnvoll sich von diesem sensationslüsternen begriff endlich zu trennen.
"schwerverletzt" kann nicht eindeutig definiert werden.. für die einen ist es sobald irgendwie blut zu sehen ist, für andere wenn ein organ zu xprozent beschädigt ist und wieder anders wenn bewuslosigkeit oÄ vorhanden ist....
afaik gab es mal eine konferenz von presseleuten um so einen begriff zu bestimmen.. ohne ergebnis...
wenn wir berichten, sollten wir berichten und keine sensationen oder katastrophen oÄ verbreiten...

Laut aktuellem Spiegel

Leser 15.06.2007 - 13:27
wurde einer Person am gleichen Tag von einer Bochumer Einheit mit dem Knüppel das Auge zerschlagen. Weiss da jemand was von oder kann der Spiegel nicht zwischen Wawe und Tonfa unterscheiden? Im Spiegel las sich das so, als wäre der Reporter Augenzeuge gewesen.

Die Sehkratf verlieren ist schrecklich

tms 15.06.2007 - 15:17
Anzunehmendes Trauma durch die Art und Weise des Zustandekommens der Verletzung + 2 chirurgische Eingriffe + Stationäre Behandlung + so gut wie sichere Nichtwiedererlangung der vorherigen Sehkraft + wahrscheinlicher totaler Verlust der Sehfähigkeit eines der Augen + anzunehmendes Trauma durch die Folgen der Verletzung = definitiv eine körperlich und seelisch extrem einschneidende Erfahrung. Es darf zu Recht von einer schweren Verletzung die Rede sein, das steht außer Zweifel. Erschwerend kommt hinzu, dass unterschiedlichste Menschen bei den Wasserwerfereinsätzen den Eindruck hatten, dass der Wasserstrahls mehrmahls gezielt (und das auch noch in einer einschlägegen Kommunikationskette) auf ausgewählte Personen angesetzt wurde.

Ein weiterer Artikel zum Thema Augenverletzungen ist hier:

 http://de.indymedia.org/2007/06/184723.shtml

Zum Spiegel-Bericht: die Darstellung des Vorfalls mit der Augenverletzung durch Schlagstock hört sich tatsächlich sehr authentisch an.

"schwerverletzt"

Helge 15.06.2007 - 16:50
sani schrieb: "es gibt keine begriffsbestimmung für schwerverletzt."

Als schwerverletzt gilt, wer 24 Stunden oder länger in ärztlicher Behandlung bleibt.

schwerverletzt

medischlumpf 15.06.2007 - 21:15
Die einzige wirkliche klassifikation für Verletzungsgrade kommt aus demn Straßenverkehr und ist folgende:
leicht verletzt: ärztliche Behandlung und/oder stationäre Aufnahme ins Krankenhaus bis 24h dauer
schwer verletzter: stationäre aufnahme, länger als 24h

Wenn die Cops von Schwerstverletzten reden, meinen sie vermutlich Polytraumatisierte: Verletzungen an mindestens zwei verschiedenen Körperregionen, die einzeln oder zusammen Lebensbedrohlich sind.

Naja.. davon hatten die Cops trotz "bis zu 130 zum teil schwerstverletzten" keinen.. und von den x schwerverletzten waren nur ein oder zwei wirklich welche.
Die arme person, über die hier geschrieben wird ist deffinitiv schwer verletzt und ich hoffe, dass das wieder wird...