Der Protest in den Medien

hh 11.06.2007 12:54 Themen: G8 Heiligendamm Medien Repression
Wie der G 8 Protest in der Medienlandschaft transportiert wurde - und was wir daraus lernen können.
Erstaunlich objektiv und aktuell berichtete die Welt Online Redaktion. Es klang aus dem Springer Hause durchaus kritisch, was so manch Journalist unter die Bilder schrieb. Von "Ein Polizist tritt einem Demonstranten in den Hintern, dass hätte er besser nicht in Anwesenheit von Fotografen getan" bis hin zu "Wer provoziert hier wen?" (Polizist prügelt auf Demonstrantin ein). Die Welt berichtete als erstes auf der Titelseite vom Agent Provocateur.

Spiegel (Online) blieb eindeutig verhalten. Von dem investigativem Journalismus unter Augstein ist wohl nichts mehr übriggeblieben. Streckenweise schien man sich hier auf dem rechten Focus Niveau zu bewegen. Ausnahme: Die Video-Beiträge von Yasemin Yüksel.

Focus (Online) hat sich eigentlich selbstdisqualifiziert. Mit Nichthinterfragen der Polizei-PMs und der Tagebuchveröffentlichung eines Polizisten: Dort durfte munter geschrieben werden "Protestler mit 50 Molotow-Cocktails nähern sich dem Kontrollpunkt..." So viel zum Thema Deeskalationsstrategie...

Die Tagesschau und ZDF berichteten nur am Rande von den Protesten. Meldungen waren erstaunlicheweise eher auf privaten Sendern zu finden.

n.tv sendete zwar (zumindest an einem Tag) ununterbrochen von den Blockaden, nur leider ließ man das ganze von dem äußerst agressiven und anscheinend auch rechten 1. Stellv. Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kommentieren. Da gab es dann zu den unverhältnismäßigen Wasserwerfer- und Knüppeleinsätzen bei Hinter Bollhagen das Kommentar: "Sie müssen verstehen, dass sind die gleichen, die zuvor Steine geworfen haben..." (ungefährer Wortlaut).

Wendt forderte auch bei Sabine Christiansen Gummi- oder Schaumstoffgeschosse, denn "Prellungen und Rippenbrüche bei Demonstranten" seien ihm lieber als verletzte Polizisten. Die anwesende Anwältin des EA, Ullmann, bekam das Wort abgeschnitten, als sie sich über die gesetzeswidrige Auflösung der Migrationsdemonstration beschwerte.

Wen interessiert, wie man erfolgreich die Presse schmiert und von Brennpunkten fernhält, der sehe sich dieses Video hier an - Strand, Champagner und Massagen:  http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,18932,00.html

Durch die ganze Medienlandschaft hinweg muss aber auch gesagt werden, dass viele kritische Themen durchaus ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Wenn auch nur in gemäßigter Form, so wurden in vielen Talkshows kritische Gäste seriöser als sonst dargestellt. Dieser Erfolg ist ganz klar den Menschen zu zuschreiben, die ihre Körper bei Blockaden und Protesten den immer wieder agressiven Hundertschaften gegenübergestellt haben.


Abschließend bleibt festzuhalten:

Die Macht der Bilder siegt immer noch über Inhalte. Während Polizeigewalt und -provokateure kein großes Medienecho erzeugen, gehen die "Käfigbilder" der Gesa sofort um die Welt. Das gleiche gilt für die Blockaden. Stundenlang flimmerten die Bilder von durch Felder ziehenden Menschen über die Bildschirme. Nicht ein Sender hat sich aber dabei die Mühe gemacht, über die Forderungen von Block G8 zu berichten.

Daraus sollten wir lernen. In Zukunft müssen wir unsere Botschaften so in die medialen Bilder einweben, dass die Fernsehsender sie automatisch mitsenden. Greenpeace hat das mit dem "G8 act now - failed" Plakat ganz gut hinbekommen. Ein kleines Beispiel zu den Blockaden: Hinter Bollhagen haben Menschen den Wasserwerfen hinter einer Plane getrotzt. Solche Planen müssen wir für kurze, prägnante Botschaften nutzen. Wie z.B.: "G 125 now!", "Globalize Social Standards!" oder "Capitalism kills!".

Wir haben einen super Protest hingelegt. Ich hoffe, wir tragen diesen Protest von Heiligendamm jetzt in alle deutschen Städte. Denn: Nach G8 ist vor G8 - Shut down Capitalism!
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Ergänzungen

Christiansen in Höchstform

Fritz Güde 11.06.2007 - 13:36
Christiansen in Höchstform

Christiansen selbst in ihrer Anfangsmoderation erwies sich als total abgedichtet gegen Information. Bei ihr gab es immer noch die vierhundert Verletzten unter den Polizisten. Auch gefielen ihr die Kartoffeln, mit Rasierklingen gespickt, über alles. Irgend ein Unglückswurm tischte auch wieder den Aufruf zum Krieg vom Podium herunter auf.
Sonst überbot Wendt dieses Mal Beckstein um einiges. Solche Gewerkschafter braucht der DGB und wir alle. Mit Beckstein zusammen allerdings entwickelte er die Idee der modernen Demo: jeder in einer Hand das Transpi- zugestanden, in Gottes Namen!- in der anderen aber das Photo-Handy. Und dann geblitzt, was das Zeug hält. Und nicht lang gefackelt: Bild sofort der Polizei rübergemailt. Betreffende Nummer- ist anzunehmen- wird vom Hubschrauber per Himmelsschreiber weithin sichtbar gemacht. Das soll die Demo der Zukunft werden: jeder beäugt jeden. Hauptaufgabe- der Polizei nicht im Weg stehen, wenn sie ihre schwere Aufgabe des Greifens erfüllt. Solidarität, wie Wendt sie träumt. Und ab zehn Aufnahmen, die zum Erfolg führen, gibt es ein Fleißkärtchen.



DPolG nicht im DGB!

Pampe 11.06.2007 - 13:48
Die Deutsche Polizeigewerkschaft ist KEINE DGB-Gewerkschaft. Die GdP (Gwerkschaft der Polizei) ist im DGB.
Dass die DPolG so aggressiv auftrat hat vermutl. auch viel damit zu tun, dass sie der GdP, die den Einsatz von Gummigeschossen wie Beckstein ablehnt, Mitglieder abjagen will.

wobei

tagmata 11.06.2007 - 15:53
man muß dem focus eins zugute halten: sie haben die nachricht von den "geschönten" verletztenzahlen als erster detailliert bearbeitet.

insgesamt interessant, weil die paar wirklich wichtigen sachen, die es bis in den mainstream geschafft haben, vorwiegend von rechtslastigen blättern berichtet wurden. hm.

medien und das rumgeheule deutscher linker

indylovingperson 11.06.2007 - 16:01
schon früh hat es angefangen - das spiel mit den medien.
alle jahre wieder scheint die linke in deutschland zu vergessen, was sie in jahrelanger erfahrung vorher gewonnen hatte - mainstreampresse taugt nix.
da wird von "erfahrener pressearbeit" geredet, vom "richtigen umgang mit den medien" -
und die selbstbestimmtheit geht flöten.
da waren wir schonmal weiter, da hatte sich doch mal so ein projekt namens indymedia
gegründet. nein, das war nicht als "neuestes szeneblatt" gegründet worden, auch nicht
als "sammelbecken von szeneblättern im internet" wie manch ein crossposting hier manchmal glauben machen will - es ist als ein neues medium geschaffen worden, als antwort auf die mainstreammedien.
es ist auch nicht geschaffen worden, wie oft falsch gedacht wird, um die presse zu zwingen die wahrheit zu schreiben - vielmehr ist die differenz zwischen dem, was in der mainstreampresse steht und dem was auf indymedia zu lesen ist doch gerade ausdruck und beweis für das nicht-funktionieren der mainstream-presse.
indymedia - 1999 beim battle of seattle gegründet - sendete damals bilder live vom scheitern des gipfels, vom erfolg der demonstrierenden, von der schockierenden polizeigewalt. genau das, was die mainstreampresse eben nicht zeigen wollte. gesprochen haben nicht irgendwelche pressefuzzies, sondern aktivistinnen der straße, die selbst dabei waren, die selbst erklärten, warum sie dies taten und das nicht irgendwelchen bezahlten leuten überließen, das für sie zu tun (zdf, bildzeitung und wie sie alle hießen erklären den schwarzen block). kurz - der umgang mit der presse war scheiß egal, weil eigene pressestruktur geschaffen war, die sich nicht an die herkömlichen methoden halten musste und somit ein progressives muster neuer medienarbeit in gang brachte.
acht jahre später, g8 gipfel in deutschland, indymedia hat längst einen lokalen zweig, doch die aktivistinnen auf der straße scheinen ihn nicht mehr zu nutzen. statt dessen wird doch wieder mehr geschielt auf das, was die presse schreibt. wird sich aufgeregt über die lügen die sie unhinterfragt verbreitet und über die sichtweise, die zdf und co an den tag legen, das so heiß geliebte spiegel-online entpuppt sich als bild-zeitung für besserverdienende.
welch neue erkenntniss. indymedia arbeit wird denen überlassen, die es können - muster, die die mainstreampresse durchziehen, werden auch hier übernommen und weitergepflegt - als gipfel sogar jetzt dieser artikel auf indymedia gepostet, der erklären soll, wie WIR mit den medien umgehen können, damit sie endlich auf uns hören.
indymedia gute nacht.

dabei gab es dieses jahr sehr gute ansätze - g8-tv z.b. hat es wirklich geschafft, auch technisch mit der mainstreampresse mitzuhalten - natürlich fehlt noch erfahrung und natürlich war es ein redaktionelles konzept und damit auch nicht soooo indymedia-style.
doch immerhin war es wirklich UNSERE redaktion und UNSERE aktivistinnen durften sprechen, UNSERE inhalte wurden vermittelt. kurz - technisch waren wir stärker als 1999.
doch - die nutzung der indymedia-centers hat sich dann doch bei den meisten auf ein surfen und email-checken reduziert, workshops wurden zumindest in hamburg kaum angenommen, hilfe nicht erwünscht, indyprints nicht erstellt, nicht verteilt, nicht kopiert.
es gibt ja eine indy-crew die sich darum kümmert - bestimmt.
und auch jetzt wo der gipfel vorbei ist, wird genauso weiter gemacht.

dabei wäre die lehre aus dem ganzen relativ einfach und ist nicht neu:
wenn es eine gegenöffentlichkeit geben soll, dann muss auch jede/r daran mitarbeiten. es reicht nicht, sie den profis zu überlassen. und erst recht nicht darauf zu hoffen, dass die mainstreampresse ja vielleicht doch mal unsere inhalte transportiert.
wenn du willst, dass deine inhalte transportiert werden, dann musst du es selber machen -
das ist die indymedia erkenntnis. das ist autonome politik.

also anstelle immer nur rumzuheulen, dass die böse böse presse nichts über unsere inhalte schreibt vielleicht einfach mal ne indyprint verteilen oder ein indykino gründen und die clips von g8-tv zeigen. und damit dafür sorgen, dass indymedia über den bisherigen kreis hinaus wächst und so unsere gegenöffentlichkeit tatsächlich eine chance hat, unsere inhalte auch ausserhalb der szene zu transportieren.
und wer weiß - wenn genug leute erfahrung gesammelt haben, vielleicht gibts ja bald einen eigenen, linken, selbstverwalteten nachrichtenkanal?
wer wirklich wissen will, wie aktivistinnen mit mainstreampresse umzugehen haben, der gucke sich das beispiel oaxaca, canal nueve, in mexiko an. SO sollte der umgang mit der mainstreampresse sein.

Alle Mittel nutzen

hh 12.06.2007 - 17:56
Der Artikel ist kein Rumgeheule, sondern sollte lediglich kurz die Lage der Medienlandschaft schildern. Mit einem kleinen Fazit zum Schluss, dass man sich der konverntionellen Medien durch aus bemächtigen kann. Warum sollte man diese Chance liegen lassen, wenn sie sich bietet? Wir werden nur etwas verändern können, wenn wir immer mehr Menschen in unseren Protest einbinden können und wachrütteln. Und die meisten Menschen treiben sich eben nicht auf Indymedia herum, sondern entnehmen ihre Nachrichten anderen Medien.

Der Erfolg des Protests war die große mediale Aufmerksamkeit und dadurch das Anstoßen von Diskussionen unter Menschen, die sich sonst nicht mit der Thematik befasst haben. Ohne die Mainstream-Medien wäre das nicht möglich gewesen!

Also nicht Rumheulen, sondern die abartige Gesetze der Medienlandschaft kennen lernen und für sich selbst nutzen.

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