Interventionistische Linke: Zwischenbilanz

IL 06.06.2007 17:00 Themen: G8 Heiligendamm Medien
In den letzten Tagen haben im Minutentakt Pressegespräche stattgefunden. Nicht alles was geschrieben wurde, wurde auch so gesagt und andere Äußerungen waren dem Umstand geschuldet, dass Leute rund um die Uhr unter den Polizeihubschraubern den aufgeregten Pressevertretern Rede und Antwort gestanden haben.
Wir sind beeindruckt von der großen Beteiligung an den verschiedenen
Demonstrationen, Aktionstagen, Camps, Workshops und Diskussionen. Wir
haben alle eingeladen und alle sind gekommen: Umweltschützer,
Friedensaktivisten, Anarchisten, Pazifisten, Gewerkschafter und
selbstverständlich auch Autonome. Dieses breite Bündnis ist ein Erfolg
langen und sorgfältigen Vorbereitung. Es hat sich die Einsicht
durchgesetzt, dass die Bewegung nur gemeinsam erfolgreich ist.

In den Camps - in denen sich mehrere Tausend Personen aufhalten - herrscht trotz der heftigen Angriffe seitens Polizei und Medien eine solidarische und gelassene Stimmung. Besonders erfreut sind wir über die Anwesenheit der vielen internationalen Teilnehmern.

Die internationale Großdemonstration am Samstag (2.6.07) war für die
globalisierungskritische Bewegung ein großer Erfolg. Insgesamt nahmen
circa 60.000 Personen an der Demonstration teil. Allein am linksradikalen Block der Interventionistischen Linken beteiligten sich rund 8.000 Menschen. Rostock erlebte einen vielfältigen und kämpferischen Auftakt gegen die kriegerische, neoliberale und ausbeuterische Politik der G8-Staaten.

Zum Ende der Demonstration hat die Polizei ihre "Deeskalationsstrategie" aufgegeben, die Teilnehmer angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Überrascht hat dies nicht, weil gerade die anwesenden Berliner Polizeieinheiten dafür bekannt sind, sich über Einsatzpläne hinwegzusetzen und gezielt die Eskalation suchen.

Die Polizei ist mit Wasserwerfer und unter Knüppeleinsatz auf dem
Kundgebungsplatz gestürmt und hat wahllos Menschen verletzt und verhaftet.

Vor diesem Hintergrund erscheint es uns, dass sich Teile der Medien zum Spielball von Rechtsaußen-Hardlinern wie Innenminister Schäuble und anderen Law-And-Order-Einpeitschern machen lassen. Nicht schwarz
gekleidete Demonstranten verhindern, dass die Forderungen und Inhalte der Bewegung aufgegriffen werden, sondern eine Medienmaschinerie, die allein auf spektakuläre und reißerische Schlagzeilen setzt. Kurz: brennendes Auto verkauft sich besser als Worshop und Diskussionsrunde.

Die "Gewaltdebatte" hat drei Ziele/Effekte. Der globalisierungskritischen Bewegung soll ihre breite Zustimmung entzogen werden, die sie in Deutschland wie in der ganzen Welt genießt. Wir sind beeindruckt, dass sich viele tausend Gipfelgegner trotz dieser Hysterie nicht spalten und einschüchtern lassen. Am Sonntag beteiligten sich weit über 5.000 Menschen am Aktionstag Globale Landwirtschaft und am Montag demonstrierten 15.000 Menschen für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für MigrantInnen.

Zweites Ziel der "Gewaltdebatte" ist es, die weitere Demontage des
Demonstationsrechts und den Abbau von elementaren Grundrechten zu
legitimieren. Die kopflose Debatte um Plastikgeschosse gegen
Demonstranten, Kleiderordnung und den Einsatz der GSG9 zeigt, dass der
Staat an einer Eskalation interessiert ist und einzig auf Repression
setzt.

Drittes Ziel ist, davon abzulenken, dass einerseits beim G8-Gipfel keine Lösungen für die drängenden Probleme der Welt erarbeitet werden.
Andererseits soll von der tatsächlichen Gewalt abgelenkt werden: Krieg, Folter, Hunger, Abschiebung und Ausbeutung. Diese dringen Probleme werden von den G8-Staaten nicht gelöst werden, da ihre Politik selbst die Ursache ist.

Zur erwarteten Anreise von US-Präsident Bush am heutigen Dienstag werden erneut Tausende auf die Straße gehen. In den nächsten Tagen sind massenhafte Blockaden mit zivilem Ungehorsam geplant. Die verschiedenen Blockadebündnisse umfassen erneut die gesamte globalisierungskritische Bewegung.

Wir rufen nochmals alle Menschen auf, nach Rostock zu kommen und sich an den Aktionen gegen den G8-Gipfel zu beteiligen. Zur
globalisierungskritischen Bewegung gehören zu einem nicht unwesentlichen Teil Linksradikale und Autonome. Deren Aktionsformen sind legitim und gehören zur Vielfältigkeit einer Bewegung, die ohne die Ereignisse in Rostock kaum wahrgenommen worden wäre. Zeigen wir, dass wir uns nicht spalten und einschüchtern lassen und eine andere Welt möglich ist.


Wir sind die Guten. Interventionistische Linke
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Ergänzungen

Nachfrage

Interessierter 06.06.2007 - 18:19
Schön wäre es im Statement der IL zu lesen, welche der in den Medien verbreiteten Statements denn nicht so gesagt wurden und welche dem Stresszustand geschuldet waren. Interessant wäre dies insbesondere bzgl. des Interviews, das Tim Laumeyer hier

 http://zuender.zeit.de/2007/23/g8-interview-interventionistische-linke

gegeben hat und in dem er u.a. Vermummung als "retro" bezeichnet. Interviews werden in Deutschland nicht ohne Autorisierung des Interviewten veröffentlicht. Da sollte also genügend Ziet zum Nachdenken geblieben sein.

Passender taz-Artikel

Dein Name 06.06.2007 - 22:17
Wie man die Macht und den Einfluss sozialer Bewegungen bricht, wird an den Geheimdienstschulen dieser Welt als Lehrfach angeboten: "Counterinsurgency" heißt das Konzept. Man setze sich an die "Spitze der Bewegung", indem man durch die Wahl möglichst radikaler und gewaltsamer Mittel eine "Führungsrolle" beansprucht. Alle anderen werden als Weicheier denunziert.
 http://www.taz.de/dx/2007/06/06/a0214.1/text.ges,1

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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inkonsequenz — schweisstuch

Peinlich peinlich — Note sechs

@Note sechs — sechs minus

Schwarzer Balken statt schwarzer Block ??? — "eine Zensur findet nicht statt"

Fataler Fehler — spaltung der spaltung