IL distanziert sich von autonomer Bewegung

Olga Matuschek 05.06.2007 09:17 Themen: Antifa G8 Medien Soziale Kämpfe
Der Pressesprecher der Interventionistischen Linken (IL) Tim Laumeyer steigert seit Samstag die Distanzierungsdosis gegenüber den sogenannten Autonomen. Mit jedem Interview nimmt die Schärfe der Verurteilung militanter Politik zu. Damit gibt die IL eine neue Strategie vor: mit friedlicher und legalistischer Politik ist mehr zu erreichen. Erlaubt sind nur Regelüberschreitungen, die als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
In einer Presseerklärung von gestern kündigt die linksradikale IL an, mit der Polizei über die Blockaden reden zu wollen. Man wolle sich absprechen, wie die Polizei reagieren wird, wenn Menschen auf dem Boden sitzen, und die Zufahrtswege blockieren. Moderieren soll das Gespräch ein evangelischer Pfarrer aus Rostock. Für die radikale Linke in Deutschland sind derartige Demutsgesten ungewöhnlich. Doch scheinen die Aktivisten zu hoffen, mit diesem Mittel die Staatsmacht von der Harmlosigkeit und Friedlichkeit ihres Protest überzeugen zu können. Ob die Polizei dabei ihr Vorgehen mit den Organisatoren der Sitzblockaden abstimmen wird, ist fraglich.

Unterdessen hat der Pressesprecher der IL seine Ablehnung autonomer Protestformen in einem Interview mit der Zeit betont. Für die IL sei Gewalt keine zeitgenössische Form, um radikale Kritik zu üben. Vermummung sei „retro“. Während Bürgerrechtler wegen der zunehmenden Totalüberwachung des öffentlichen Raums inzwischen wieder die Abschaffung des Vermummungsverbots fordern, scheint die radikale Linke lieber mit offenem Visier den Kampf für eine besser Welt antreten zu wollen.

Die Distanzierungen der IL von den militanten Auseinandersetzungen bezogen sich in den ersten Stellungnahmen vor allem auf die nachmittägliche Demonstration am Samstag in Rostock. Hier wurde immer wieder betont, dass die „Eskalation nicht gewollt war“, dass man „Fehler gemacht hätte, weil man den Autonomen nicht genug vermittelt habe, dass es eine friedliche Aktion sein soll“.
In mehreren Interviews vom heutigen Tage spricht der Pressesprecher auch folgerichtig nicht mehr von „militantem Widerstand“ sondern von sinnlosem Krawall, der vom schwarzen Block angezettelt wurde, und friedlichen Protest delegitimieren würde.
Im Zeitinterview gibt die IL dann auch eine klare Ansage für die geplanten Massenblockaden an die Adresse der Autonomen: „Für diese Aktion wollen wir nur zivilen Ungehorsam (=Ordnungswidrigkeit), keinen Krawall. Wir haben deutlich gesagt, dass die Autonomen dort nicht willkommen sind.“
Dass damit der anfängliche Versuch, alle Protestformen nebeneinander gleichberechtigt stehen zu lassen, gescheitert ist, wird nicht mehr gesagt. Zu hoffen ist, dass die pazifistische Strategie der IL bei den Blockaden erfolgreich ist. Ansonsten dürfte der neue Dachverband der radikalen Linken in Deutschland und bei den GenossInnen im Ausland enorme Glaubwürdigkeitsprobleme bekommen.

 http://zuender.zeit.de/2007/23/g8-interview-interventionistische-linke
 http://www.jungewelt.de/2007/06-05/053.php
 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/tagesthema/659142.html
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Ergänzungen

So ein Quatsch

anna 05.06.2007 - 10:00
Also in den Interviews steht was anderes als du behauptest...
Abgesehen davon, dass es doch offensichtlich ist, dass die Staatsmacht und Presse genau eines vor hat: Das breite Bündnis zu spalten das von Reformisten bis Interventionistische Linke und anderen Linksradikalen geht. Und da ist es völlig bescheuert das Spiel auch noch mitzumachen, als wäre es möglich in Rostock mit Randale gegen Bullen den G8 zu verhindern und die Welt zu verändern. Ich finde die Linie der IL total korrekt und das was Till Laimeyer hier sagt ist ganz schön gewagt und gerade noch an der Grenze dessen was man legal und öffentlich sagen kann. Oder stellst Du Dich mit Namen und Gesicht der Presse und rufst zur Randale auf?

»Polizei trägt erhebliche Mitschuld«
Wenn die Staatsmacht provoziert, läßt sich der schwarze Block nicht halten. Ein Gespräch mit Tim Laumeyer

* Tim Laumeyer ist Sprecher der Interventionistischen Linken

Die Interventionistische Linke firmiert in der Medienberichterstattung über die von gewalttätigen Ausschreitungen überschattete Anti-G-8-Demonstration am vergangenen Samstag in Rostock als eine Art Generalvertretung des sogenannten schwarzen Blockes. Wie richtig oder falsch ist diese Darstellung?
Es ist richtig, daß wir den linksradikalen Block auf der Demonstration organisiert haben. Der umfaßte mit rund 8000 Personen allerdings eine sehr viel größere Gruppe als diejenige der in Schwarz Gekleideten oder Vermummten. Wir selbst begreifen uns auch nicht als »die Autonomen«. Das gilt insbesondere im Rahmen der Gipfelproteste, bei denen wir uns ausdrücklich als Teil des globalisierungskritischen Bündnisses sehen.

Entzieht es sich also Ihrer Kontrolle, wenn plötzlich Flaschen- und Steinwerfer ihr Unwesen treiben?
Wir haben im Vorfeld klargemacht, was wir politisch wollen, und dazu gehörte es, daß die Demonstration ohne Ausschreitungen ihr Ziel erreicht. An diese Vorgabe haben sich alle Beteiligten über weite Strecken auch gehalten. Kleinere Scharmützel, wie etwa das Abfeuern von Leuchtspurmunition vor dem Hotel, in dem die amerikanische Delegation untergebracht ist, sollte man nicht überbewerten. So etwas geht aus unserer Sicht in Ordnung, solange keine Menschen zu Schaden kommen. Zum Ende der Demo ist die Situation aber in einem Maße eskaliert, wie wir dies nicht wollten und ausdrücklich verurteilen. Aber klar ist auch: Wir können nicht 8000 Linksradikale unter Kontrolle halten, vor allem dann nicht, wenn Gewalt von der Gegenseite provoziert wird.

Ging der plötzliche Gewaltausbruch demnach auf das Konto der Polizei?
Zumindest trägt sie eine erhebliche Mitschuld. Los ging es, als ein Polizeifahrzeug unserem Block sehr nahe kam. Nachdem dieses von Steinen getroffen wurde und es weggefahren war, beruhigte sich die Lage wieder, bis wenige Minuten später eine Berliner Polizeieinheit in die Menge stürmte, um wild und wahllos um sich schlagen. Dabei wurde eine ganze Reihe von Menschen verletzt. Faktisch war dieser Angriff der Auslöser der Eskalation.

Im Internet kursiert ein Video, das eine wie inszeniert wirkende »Prügelei« zwischen einem Vermummten und einem Zivilisten zeigt. Außerdem sollen die »ersten Steinewerfer« am Vorabend mit Polizeieinsatzleitern in einem Lokal gesehen worden sein. Waren in Rostock sogenannte Agents provocateurs im Einsatz?
Ich habe dazu keine Kenntnisse. Ohnehin rate ich bei dieser Thematik zur Vorsicht, solange es keine handfesten Beweise gibt. Denn auf der anderen Seite sollte nicht vergessen werden, daß es in der linksradikalen Szene in der Tat auch Protagonisten gibt, die Straßenschlachten, »Entglasungen« und ähnliches als politische Ausdrucksform für richtig halten.

Für diese war dann also die Attacke der Berliner Einsatzhundertschaft ein willkommener Vorwand, selbst loszuschlagen?
In diesem Falle würde ich eher von Zurückschlagen sprechen. Die Brutalität der Beamten war durch nichts zu rechtfertigen. Gleichwohl existierte auch bei dieser Demo ein Potential an Menschen, denen Bündnisarbeit ab einem gewissen Punkt weniger wichtig ist als die eigenen Ausdrucksformen.

Haben Sie dieses Potential unterschätzt?
Es ist uns offenbar nicht gelungen, unsere Botschaft, daß ein friedlicher Protest die größte Wirkung erzielt, allen Beteiligten zu vermitteln. Deshalb trifft uns auf jeden Fall eine Teilschuld an den Ereignissen und daran, daß die Demonstration medial so verzerrt wiedergegeben wird.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus für die anstehenden Proteste?
Bilder wie die aus Rostock werden sich nicht wiederholen, von gezielter Militanz wollen alle Beteiligten bei den geplanten Massenblockaden Abstand nehmen. Wir können dabei aber nicht für die Gegenseite sprechen. Wir hoffen jedoch, daß die Polizei ihre vielbeschworene Deeskalationsstrategie ernst nehmen wird.

Peter Wahl von ATTAC will die Autonomen nicht mehr als Bündnispartner dulden. Was nun?
Wir sehen diese Äußerung sehr gelassen. Wir haben jedenfalls große Zweifel, daß sich diese Sichtweise durchsetzen wird.

Interview: Ralf Wurzbacher

Offizielle IL-Stellungnahme

ausgefüllt 05.06.2007 - 18:08
von der ALB-Seite:

Zwischenbilanz der IL zu den G8-Protesten
05.06.2007 | Antifaschistische Linke Berlin

In den letzten Tagen haben im Minutentakt Pressegespräche stattgefunden. Nicht alles was geschrieben wurde, wurde auch so gesagt und andere Äußerungen waren dem Umstand geschuldet, dass Leute rund um die Uhr unter den Polizeihubschraubern den aufgeregten Pressevertretern Rede und Antwort gestanden haben.

Wir sind beeindruckt von der großen Beteiligung an den verschiedenen Demonstrationen, Aktionstagen, Camps, Workshops und Diskussionen. Wir haben alle eingeladen und alle sind gekommen: Umweltschützer, Friedensaktivisten, Anarchisten, Pazifisten, Gewerkschafter und selbstverständlich auch Autonome. Dieses breite Bündnis ist ein Erfolg der langen und sorgfältigen Vorbereitung. Es hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass die Bewegung nur gemeinsam erfolgreich ist.

In den Camps – in denen sich mehrere Tausend Personen aufhalten – herrscht trotz der heftigen Angriffe seitens Polizei und Medien eine solidarische und gelassene Stimmung. Besonders erfreut sind wir über die Anwesenheit der vielen internationalen Teilnehmern.

Die internationale Großdemonstration am Samstag (2.6.07) war für die globalisierungskritische Bewegung ein großer Erfolg. Insgesamt nahmen circa 60.000 Personen an der Demonstration teil. Allein am linksradikalen Block der Interventionistischen Linken beteiligten sich rund 8.000 Menschen. Rostock erlebte einen vielfältigen und kämpferischen Auftakt gegen die kriegerische, neoliberale und ausbeuterische Politik der G8-Staaten.

Zum Ende der Demonstration hat die Polizei ihre „Deeskalationsstrategie“ aufgegeben, die Teilnehmer angegriffen und zum Teil schwer verletzt. Überrascht hat dies nicht, weil gerade die anwesenden Berliner Polizeieinheiten dafür bekannt sind, sich über Einsatzpläne hinwegzusetzen und gezielt die Eskalation suchen.

Die Polizei ist mit Wasserwerfer und unter Knüppeleinsatz auf dem Kundgebungsplatz gestürmt und hat wahllos Menschen verletzt und verhaftet.

Vor diesem Hintergrund erscheint es uns, dass sich Teile der Medien zum Spielball von Rechtsaußen-Hardlinern wie Innenminister Schäuble und anderen Law-And-Order-Einpeitschern machen lassen. Nicht schwarz gekleidete Demonstranten verhindern, dass die Forderungen und Inhalte der Bewegung aufgegriffen werden, sondern eine Medienmaschinerie, die allein auf spektakuläre und reißerische Schlagzeilen setzt. Kurz: brennendes Auto verkauft sich besser als Worshop und Diskussionsrunde.

Die „Gewaltdebatte“ hat drei Ziele/Effekte. Der globalisierungskritischen Bewegung soll ihre breite Zustimmung entzogen werden, die sie in Deutschland wie in der ganzen Welt genießt. Wir sind beeindruckt, dass sich viele tausend Gipfelgegner trotz dieser Hysterie nicht spalten und einschüchtern lassen. Am Sonntag beteiligten sich weit über 5.000 Menschen am Aktionstag Globale Landwirtschaft und am Montag demonstrierten 15.000 Menschen für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte für MigrantInnen.

Zweites Ziel der „Gewaltdebatte“ ist es, die weitere Demontage des Demonstationsrechts und den Abbau von elementaren Grundrechten zu legitimieren. Die kopflose Debatte um Plastikgeschosse gegen Demonstranten, Kleiderordnung und den Einsatz der GSG9 zeigt, dass der Staat an einer Eskalation interessiert ist und einzig auf Repression setzt.

Drittes Ziel ist, davon abzulenken, dass einerseits beim G8-Gipfel keine Lösungen für die drängenden Probleme der Welt erarbeitet werden. Andererseits soll von der tatsächlichen Gewalt abgelenkt werden: Krieg, Folter, Hunger, Abschiebung und Ausbeutung. Diese dringen Probleme werden von den G8-Staaten nicht gelöst werden, da ihre Politik selbst die Ursache ist.

Zur erwarteten Anreise von US-Präsident Bush am heutigen Dienstag werden erneut Tausende auf die Straße gehen. In den nächsten Tagen sind massenhafte Blockaden mit zivilem Ungehorsam geplant. Die verschiedenen Blockadebündnisse umfassen erneut die gesamte globalisierungskritische Bewegung.

Wir rufen nochmals alle Menschen auf, nach Rostock zu kommen und sich an den Aktionen gegen den G8-Gipfel zu beteiligen. Zur globalisierungskritischen Bewegung gehören zu einem nicht unwesentlichen Teil Linksradikale und Autonome. Deren Aktionsformen sind legitim und gehören zur Vielfältigkeit einer Bewegung, die ohne die Ereignisse in Rostock kaum wahrgenommen worden wäre. Zeigen wir, dass wir uns nicht spalten und einschüchtern lassen und eine andere Welt möglich ist.

Wir sind die Guten. Interventionistische Linke.

alb distanziert sich von gewalt

sz-leser 09.06.2007 - 22:50
die alb hat sich doch schon längst von gewalt distanziert. trotzdem wird sie noch vom vs beobachtet. das ist gemein.
lesen sie bitte hier:
 http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/468/114354/?recommended=1

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 11 Kommentare an

wer ist laumeyer? — autonome, die zuhause bleiben musste

Überschrift ist falsch — werliestistimvorteil

hä? — also

das macht aktl. die npd aus dem protest — (aus der npd mv-seite)

wellen — schlagen

auf die fresse — nix

Laumeyer — Steffen