Gewalt in Rostock, wie ich sie erleb(t)e

Block-G8 04.06.2007 14:22 Themen: G8 G8 Heiligendamm
Gewalt in Rostock/Heiligendamm, wie ich sie erleb(t)e
Ich schildere hier meine subjektive Sicht der Dinge als Teilnehmer der Demonstration.

Ich bin seit Samstag (26. Mai) als Helfer im Camp Reddelich - einem der drei Anti-G8-Protest-Camps.
google-map:
 http://www.tagzania.com/item/51481
 http://www.camping-07.de/content/view/79/94/lang,de/

Zu den Ausschreitungen:
Am Freitag habe ich mich der großen Demonstration in Rostock angeschlossen. Einer der wesentlichen Gründe, weshalb ich hier bin.

Die Demonstration lief friedlich, bis die ersten Blocks der Demo den zentralen Sammelplatz für die Kundgebung erreichten.

An einer Seite des Platzes, an der viele stark gepanzerten Polizisten und auch ein sog. schwarzer Block stand, kam Hektik auf. Daraufhin marschierten Polizeieinheiten auf dem Platz auf und ab.

Gewaltbereite Demonstranten ließen sich davon provozieren und warfen Steine in Richtung Polizei. Sobald die Polizei sich zurückzog, beruhigte sich die Lage.

Die Polizei marschierte allerdings nach kurzer Zeit wieder auf und ab. Es wirkte wie eine russische Militärparade aus vergangener Zeit,da sie nicht einfach nur beobachteten oder patrouillierten, sondern im engen Block und Gleichschritt liefen.
Wenigstens mehrere Hundert Demonstranten in Sprechchören und die Redner der Veranstaltung am Mikrofon forderten die Polizei auf, die Veranstaltung nicht weiter zu stören.

Erwartungsgemäß gingen wieder Demonstranten auf die Provokation ein und es flogen nach kurzer Zeit wieder Steine und jetzt auch Flaschen.

Das danach ablaufende Muster war stets das gleiche. Die Polizei blieb im Block stehen, wartete aus welcher Richtung die meisten Wurfgeschosse kamen und prügelte sich dann in diese Richtung durch, um wieder zu ihrer Einheit zurückzukehren.
Demonstranten, die mit erhobenen Armen herumstanden, um zu zeigen, dass sie waffenlos, wurden dabei mit Schlägen und Tritten von der Polizei mit niedergeprügelt.

Auffällig war, dass Gruppen von vier bis sechs Mann der Polizei, sich immer wieder (aus meiner Sicht ohne Not und ohne dazu gedrängt zu werden) in die hinteren Reihen der Demonstranten begaben. Dort bildeten Sie einen Block,Keil o.ä. und schlugen sich aus der Formation heraus den Weg zu ihrer Einheit zurück frei. Auch dabei haben sie blind in alle Richtungen Schläge und Tritte verteilt.

Ich selbst stand an einer Stelle an einer Getränkebude, ohne zu wissen, dass auf der anderen Seite Polizisten hinter dem Wagen standen. Als ich bemerkte, dass sie in meine Richtung losrannten, nahm ich die Arme hoch, um zu signalisieren, dass ich mich nicht wehre und keine Steine, etc. habe. Ein Polizist rammte mir die Faust ins Gesicht und trat mir ins Kniegelenk. (Ich war übrigens zu keinem Zeitpunkt vermummt und habe in keiner Form körperliche Gewalt ausgeübt - geschweige denn Dinge geworfen,etc.)

Auch jetzt noch stellte sich stets wieder Ruhe ein, wenn die Polizei an den Rand des Geländes ging.

Mein Eindruck ist, dass es keine weiteren Ausschreitungen auf dem Platz gegeben hätte, ohne das ständige Aufmarschieren der Polizei.

Ganz deutlich möchte ich dabei allerdings auch signalisieren, dass ohne das Werfen von Steinen u.ä. durch Demonstranten, das ständige Auf-und Abmarschieren der Polizei auf eine Lachnummer reduziert worden wäre und die Polizeieinheiten noch weniger Rechtfertigung gefunden hätten, wild um sich zu prügeln.

Unbeschreibliche Szenen spielten sich ab als die Polizei Tränengas einsetzte. Da das Gelände zu einer Seite vom Wasser und an anderen Seiten eingezäunt oder durch Polizei abgesperrt war, gab es an einigen Stellen kaum Fluchtmöglichkeiten.

Ich habe gesehen, wie Mütter und Kinder, die vorher auf dem vermeintlich ruhigen Teil des Geländes waren, panisch versuchten, dem Tränengas zu entkommen oder bereits kleinere Mengen abbekommen hatten. Ein Teil der Menschen hatte Angst in das Wasser flüchten zu müssen. Einige Demonstranten forderten durch Gesten die Polizei erfolglos auf, den Menschen zu helfen anstatt weiter Tränengas einzusetzen.

Ich werde in nächster Zeit versuchen, von mir gesammelte Fotos und Videoclips der Polizteibrutalität von dieser Demonstration im Internet zu veröffentlichen. Dies sind Aufnahmen, die mir von anderen Demonstranten zu Verfügung gestellt wurden, die die Bilder vor einer Beschlagnahmung o.ä. ihres Aufnahmegerätes durch Polizei bei Verhaftung sichern wollen.

Meine Einschätzung ist, dass der Weg verbaut ist, dass weitere größere Demonstrationen und Blockaden in den nächsten drei Tagen, gewaltfrei ablaufen, da sich beide Seiten (Demonstranten wie die Führung der Polizei) provoziert fühlen.

Weitere Polizeiaktion:

- Demonstranten, die per Fahrrad auf dem Weg zu einer Demo waren, wurden aus einem fahrenden Polizeiwagen mit offener Schiebetür von einem Polizisten mit Pfefferspray besprüht und anschließend von einem weiteren mit einem Schlagstock geprügelt.

Für mich ist offensichtlich:

Schäuble hat sich die Nachrichten, die er zur Rechtfertigung seines Sicherheitswahns und zur Kriminalisierung der G8-Proteste benötigte, selbst geschaffen.

Auch um der Medienhurerei vom Spiegel und anderen Mainstream-Medien etwas entgegenzusetzen, schildere ich meine Erfahrungen von den Anti-G8-Protesten.Die Einseitigkeit der Berichte der o.g. Presse erweckt den Eindruck, dass sie das Fazit Ihrer Berichterstattung schon vor dem Stattfinden der Ereignisse in Rostock gezogen haben.
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Ergänzungen

die polizei rasstet aus

radio forum 04.06.2007 - 14:50
Nach einem weitgehend ruhigen Aktionstag zur Landwirtschaft kam es am Sonntag Abend kurz nach 22 Uhr dann doch noch zu einer Auseinandersetzung mit der Polizei. Mehr dazu im folgenden Beitrag:

ganz meine Erfahrung

²³ 04.06.2007 - 15:15
Der Bericht entspricht dem, was ich auch erlebt habe. Um die Medienhetze zu entkräften: Ich habe selbst erlebt, wie einige offensichtlich Geisteskranke aus der Menge heraus teils sehr große Steine ins Ungewisse warfen, Steine, die beim Treffen eines unbehelmten Demoteilnehmers den Tod bedeutet hätten. Diese Wahnsinnigen sind auch von denen, die heute kriminalisiert werden, sofort bedrängt und zurückgewiesen worden.
Zu sagen bleibt auch noch, daß die Polizei über der friedlichen Kundgebung etwa eine Stunde lang einen Hubschrauber in 50 bis 100 Meter Höhe kreisen ließ, der aufgrund von Lärm die Abhaltung der Kundgebung unmöglich machte. Auch die Angriffe mit Tränengas richteten sich oftmals gegen Unbeteiligte, die beschriebenen Szenen, in den Kinder und ältere Menschen panisch versuchten, dem Gas auszuweichen waren erschreckend. Gipfel war dann schließlich, als ein Wasserwerfer von hinten in die bis dahin völlig friedliche Kundgebung hineinfuhr und ungezielt die Menge beschoß. Schäuble hat nun die Bilder bekommen, die er wollte.
Zu sagen sei aber auch, daß der sog. "Schwarze Block" eine große Mitschuld trägt. Natürlich ist es schwer, sich angesichts der vielen Angriffe physischer und verbaler Art zurückzuhalten. Auch der schwarze Block muß endlich begreifen, daß er sich hier zum Spielball der Interessen von Schäuble und Co. gemacht hat. Diese Faschisten benötigen die Bilder um ihre Repressions- und Kriminalisierungsstrategie, die immer weniger Anklang in der Bevölkerung fand, zu rechtfertigen. Das ist in Rostock auf jeden Fall gelungen. Wenn es also in den nächsten Tagen Angriffe auf die Camps geben sollte - und das wird der Fall sein - dann ist der schwarze Block daran mitschuldig.

Medien bereiten eine neue gewaltstufe vor

Bild+Spiegel 04.06.2007 - 16:24
Während die Linke sich den aparten Luxus leistet, sich auf das Spiel von Staat und
(Medien)Kapital einzulassen und eine Gewaltdebatte in der Art betreibt, daß die von der
Politik gewünschte Spaltung der Bewegung in Gute=Attac und Böse=Autonome
gefördert wird, bereiten Polizeigewerkschaft
 http://news.google.de/news/url?sa=t&ct=de/0-0&fp=46640220cb814274&ei=Ch5kRqakO5mMoQONvMThDg&url=http%3A//www.lvz-online.de/aktuell/content/28042.html&cid=1104529005
in Allianz mit den reaktionärsten Medien
 http://www.bild.t-online.de/BTO/news/2007/06/04/g8-neue-ausschreitungen/autonome-randalieren.html
einträchtig eine neue Stufe der staatlichen Gewalt vor:
So soll Künftig mit Gummigeschossen gegen Randalierer vorgegangen werden.
Wer schon einmal eines von diesen Geschossen abbekommen hat, weiß welche neue
Qualität der staatlichen Repression dies bedeutet.

Wie die "Gewalt" von Seiten der Demonstranten aussieht, bzw.
wie der bürgerliche Medienapperat arbeit kann man gut an dem neusten Video des Spiegels erkennen.
 http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,18711,00.html
Man beachte die Differenz (zum Teil mit unfreiwilliger Komik) zwischen den Aussagen des
Kommentators und den gezeigten Bildern.

der 2. juni warn samstag

genaugenommen 07.08.2007 - 16:40
Auch subjektive Berichte sollten noch verständlich sein: die Demo am 2. Juni war ein Samstag oder von welcher Demo ist hier die Rede?
Habe am Bericht wenig auszusetzen, aber das von Unbekannten angesteckte brennende Auto, hat die Situation entscheidend eskaliert. Aus meiner Sicht kein Akt von Selbstverteidigung. Stattdessen war damit ein Vorwand geschaffen worden, der es der Polizei weiter erlaubte brutal gegen die Leute vorzugehen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 16 Kommentare an

! — blabb

@ 45 — geht's noch?

Gewaltdebatte — Anarchokommunist

@15:03 — tagmata

eine Ergänzung zu IM — Dein Name

Bild+Spiegel — Fight!

@ fight! — neutrum

neutrum — noname

nothing new under — the sun...

WARUM? — tramp