Dunkle Wolken ziehen auf..

Die Ereignisse der Großdemonstration in Rostock am Samstag, 2. Juni waren überschattet von Ausschreitungen zwischen der Polizei und gewaltbereiten Demonstrierenden. Den kommerziellen Medien - gerade den konservativen - spielten die Bilder, die sich ihnen dort bot ebenso in die Hände wie für die staatlichen Repressions- und Sicherheitsorgane. Diese können nun wohl mit einer erhöhten gesellschaftlichen Akzeptanz hinsichtlich härteren Durchgreifens rechnen.
Eine Menge wurde geschrieben im Vorfeld über den G8 und die darauf bezogenen Proteste. Den "Gipfel der Gewalt" fürchtete >>Die Zeit<< dieser Woche zum Beispiel. Mit dem Angriff der Polizei auf den 'Make Capitalism History' Block an der Hafenstraße auf der Großdemonstration setzte eine Gewaltspirale ein, welche jenen kommerziellen Medien die heisersehnten Bilder in die Hände spielte. Die weiterhin laufenden Programme erschienen wie eine Farce. Dies ist vor allem ärgerlich für all jene involvierte Menschen, welche sich um Inhalte (egal ob nun reformistisch oder revolutionär) beschäftigten, diese gingen gnadenlos unter. Was nun die Auslöser für die Gewaltausbrüche waren, darüber gehen die Meinungen auseinander.

In einer Zeit wo sich soziale und progressive Kämpfe in Deutschland hauptsächlich um den Geist der Bevölkerung dreht, also eine klare Gewichtung auf der abstrakten Ebene hat, sind jene Ereignisse vom Samstag ohne Frage nicht gerade zuträglich für die Bewegung/en und ihr Mobilisierungspotenzial.
Dies wirft nun zwangsläufig Fragen über Gewalt und deren Umgang auf. Auf die latente Gewalt eines jeden Staates und deren rechtliches Monopol soll hier nicht eingegangen werden, dessen Scheuslichkeit steht ausser Frage! Jedenfalls, Gewalt per se zu verurteilen straft jenem Widerstand lügen wie er sich z.B. während des 2. Weltkrieges zur Wehr setzte und betrachtet im Endeffekt den jeweiligen Kontext nicht. Dieser Kontext scheint zentral für die Anwendung von Gewalt.
Gewalt als Methode oder politische Aktion einzusetzten ist nie mit anderen Aktionen zu vergleichen wo die körperliche Unversehrtheit von Menschen nicht betroffen ist. In einer Auswahl von Handlungsmöglichkeiten sollte Gewalt als letztes kommen, wenn alle anderen Möglichkeiten sich erschöpft haben. Des weiteren muss sie kommunizierbar sein, d.h. für Außenstehende der Sinn in ihrer Ausübung erkennbar sein; ohne dieses Element scheitert die Aktion auf früh oder spät und die Konsquenzen können verheerend sein (dies meint nur die Gruppen- oder Bewegungszusammenhänge nicht aber das Opfer).
Hinsichtlich Rostock lässt sich sagen, dass ein erfolgreicher Eilantrag für den kommenden Donnerstag wohl kaum mehr in Sicht ist. Nun, ob mit oder ohne die Protestierenden werden wohl sowieso versuchen zum Zaun - und hoffentlich darüber hinaus - zu gelangen, doch hätte eine Genehmigung die letzten paar Meter entspannter gestalten können. Wesentlich klüger wäre es gewesen die Kräfte für die eh heisseren Tage der Blockaden und Sternmarsches zu sammeln statt unsinnig Leute zu verheizen, obs nun diejenigen sind die festgenommen wurden oder jene welche Wurfgeschosse der tobenden Demonstrierenden selbst abbekamen. Letzteres zeugt wohl ausschließlich von dem Rausch blinder Wut Steine o.ä. einfach nur grob in die Richtung der Polizei zu werfen, mit Vernunft lässt sich das nicht erklären.

Was wir aus den Vorfällen lernen sollten ist das Potenzial zivilen Ungehorsams richtig einzuschätzen und Gewaltausbrüche zu unterbinden, wenn sie keinerlei Sinn machen. Die Möglichkeiten die uns am Samstag in Rostock offen standen haben wir im Ansatz gesehen, ob nun der subversive Widerstand der Clownsarmy oder einfach die schiere Masse an Menschen, zu deren Teilung die gewaltsamen Auseinandersetzungen samstags maßgeblich beitrug.
Argumente wie mit Lichterketten eine bessere Welt erschaffen werden soll verstehe ich ebensowenig wie mit Steinwürfen ein herrschaftsfreies Leben geschaffen werden soll. Vielleicht sollte jene dähmliche Schwarz-Weiß Malerei mal überdacht werden, dieser Verunglimpfung sehen wir uns schon zur genüge in den (meisten) kommerziellen Medien ausgesetzt.

la lucha sigue!
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Ergänzungen

Ich fühle mich nicht missbraucht

paula 04.06.2007 - 07:17
Ich fühle mich überhaupt nicht missbraucht. Und ich würde das ganze Geschehen auch in zwei Situationen trennen. Ich war auf dem Platz und habe mit eigenen Augen gesehen, wie grundlos eine Hundertschaft (Berliner?) Polizei, begleitet von irgendwelchen schwarzvermummten und maskierten Spezialtruppen versucht haben die Demo zu spalten und den Lautsprecherwagen anzugreifen. Dabei hat es viele Verletzte gegeben. Dabei wäre ich von den schwarzvermummten Staats-Chaoten mit Sturmhaube fast über den Haufen gerannt worden. Der Angriff ist aber zum Glück von mehreren hundert Leuten, die sich sowas zutrauen, zurückgeschlagen worden. Das fand ich völlig in Ordnung, wer weiss, was sonst noch passiert wäre. Die Polizei war im Übrigen bis auf die Zähne bewaffnet und gut geschützt, im Gegensatz zu den DemonstrantInnen.

Viel später hat es dann viel weiter hinten auf dem Gelände ein stundenlanges Katz- und Mausspiel zwischen einigen Spezialeinheiten der Polizei und DemonstrantInnen gegeben, von denen viele ziemlich alkoholisiert waren. Den Sinn dieser Keilereien habe ich überhaupt nicht verstanden, da gab es niemanden zu beschützen, das sah eher so aus, als wollten die Testosteron-Träger beider Seiten ihren Spass miteinander haben.

richtig

Dein Name^ 04.06.2007 - 08:55
Îm Prinzip wurde es ja schon oft hier geschrieben,
ich kann hier auch nur nochmal zustimmen.

Zusehen ist das Ausmass schon an der brügerl., rechten Presse die langsam anfängt zuhetzen:
 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,486398,00.html

Also Leute, erst denken, dann handeln oder besser auch nicht.

Wer hat angefangen?

abc 04.06.2007 - 10:02
Offensichtlich waren die meisten der hier schreibenden Demoteilnehmer/innen auf einer anderen Demo als ich. So wie ich das mitbekommen habe fing die Gewalt damit an, dass sich ca. 200 Bullen ungefähr 500m durch die Demo prügelten und sie daraufhin mit Steinen und Flaschen angegriffen wurden. Wenn es stimmt dass der Auslöser dafür wiederum war, dass bei einem Polizeiauto Scheiben eingeworfen wurden, kann natürlich argumentiert werden, ja der „Schwarze Block“ hat angefangen. Andererseits müsste die Polizei ein kaputtes Auto über sich ergehen lassen, da sonst jede Großveranstaltung von fünf Leuten gekippt werden könnte.
Auch das zweite Aufflammen der Gewalt ging damit los, dass eine Polizeieinheit auf der Verfolgung von zwei Leuten in die Menge stürmte, wahllos um sich prügelte und dann mit Steinen und Flaschen vertrieben wurde. Besoffene sind mir übrigens nicht aufgefallen. Von daher sehe ich den Ursprung der Gewalt eindeutig bei der Polizei und mir ist unverständlich, dass große Teile der Demoleitung die Schuld einseitig beim „Schwarzen Block“ suchen. Allerdings stimmt es leider auch, dass viele (vermutlich die meisten) durch Steine verletzt wurden, die ohne Rücksicht auf Demoteilnehmer geworfen wurden.

wie szene-blind kann man sein?

mannheim-68erz 04.06.2007 - 10:19
Wer hat provoziert? Wie hats angefangen? Solche Fragen lassen sich wunderbar aus dem eigenen Blickwinkel betrachten. Natürlich sind die Bullen, als die Randale liefen, grundlos in die Menge rein, haben rumgeprügelt oder was sie sonst noch alles 'können'. Der Auslöser war allerdings offensichtlich die unkontrollierte Gewaltentladung einiger Demoteilnehmer an einer einzelnen Wanne. Wer jetzt sagt, die Polizei sei doch generell einen Angriff wert, egal wie provokativ sie auftritt, der hätte auch so mutig sein müssen und das vorher ankündigen. Alles andere ist nur ziemlich feige und außerhalb des Demokonsens.
Dafür, dass viele im 'Gewaltmodus' (Vernunft aus) waren, gibt es mehrere Indizien:

- friedlich gesinnte Leute, die deeskalierten, wurden ignoriert oder sogar beschimpft, wenn nicht noch mehr.
- ein Feuerwehrauto (mit Kollegen drin!!) wurde mit Steinen beschmissen (wie scheiße ist denn sowas??!!)
- jedesmal wenn die Polizei sich zurückgezogen hat, wurde man plötzlich wieder mutig und ist 'draufgegangen'
- Das angezündete Auto war ne Familienkarre auf nem Behindertenparkplatz. Wahrscheinlich hat der-/diejenige das Auto (wegen der Behinderung?) nicht rechtzeitig wegbekommen, wer weiß. Das nenn ich emanzipatorische Politik (LOL!)

Suma Sumarum: DAS BEDÜRFNIS DER ANDEREN DEMOTEILNEHMER WURDE KOMPLETT DEM EIGENEN BEDÜRFNIS NACH AUSEINANDERSETZUNGEN UNTERGEORDNET. Leute! Solidarität ist keine Einbahnstraße! Die Solidarität unter den Blöcken war zunächst da! Am Anfang war ich auch noch der Meinung die Bullen hätten eskaliert (haben sie auch, aber nicht initial). Doch nach Gesprächen mit anderen DemonstrantInnen und manchen selbst erlebten Szenen kam ich zu einem anderen Schluss. Jetzt sind die gewünschten Bilder da, auch die Rechtfertigung für eine niedrige Eingreifschwelle.

Hätte es denn effektivere Aktionsformen gegeben? Ja: Die ganzen unkoordinierten Straßenschlachten haben nur dazu geführt, dass am immer mehr Polizei in die Demo reingegangen ist. Erst als die Hools ihr Pulver verschossen hatten, gelang es ansatzweise, Ketten zu bilden und positiven/entschlossnen Widerstand zu leisten. tatsächlich wurden auch einzelne Trupps aus der Kundgebung rausgedrängt. Die Stimmung war dabei großartig und die gelieferten Bilder eignen sich nicht für Gruselmärchen der Springerpresse.
ICh bin generell gegen eine Entsolidarisierung, aber was da von einigen ablief, nein danke! Das Polizeiverhalten war auch unter aller Sau, das wurde ja schon oft genug geschrieben. Glücklicherweise haben sich ja dann die richtigen gefunden (Sarkasmus)...

Presse

rofl 04.06.2007 - 12:11
In wieweit sich die diskussion um die Vorfälle zuspitzt, sieht man anhand dieses fotos(montage) eines öffentlich rechtlichen senders.

Mieses Ergebnis fehlender Militanzdebatt

denken hilft 04.06.2007 - 13:29
Ich kriege hier teilweise wirklich n Hals, wenn ich die Kommentare lese. Mit der autonomen Militanz der Achziger hatte diese Deppenaktion am Samstag doch nix zu tun; sich hier noch mit dem Prädikat "autonom" zu schmücken ist zum Brechen! Das Frontkonzept der Achziger ging von Solidarität der Blöcke untereinander aus, in alle Richtungen; von politischem Engagement auf vielen Wegen zum selben Ziel. Davon war am Samstag nix zu spüren; da lag eher was in der Luft von "die friedlichen, das sind doch eh alles bürgerliche Idioten, auf die müssen wir keine Rücksicht nehmen." (In Klammern: Ihr Geld und ihre Infrastruktur nutzen wir aber selbstredend gerne.)
Dieses Geheule darüber, wie die Cops provoziert haben, nervt. Ja, sie haben provoziert, ja, sie provozieren immer, nein, das war keine Überraschung - und genau deshalb konnte man sich vorher überlegen, wie man mit der Situation umgehen will. Und erzähl mir keine/r, diese Reaktion hätte man sich nicht "im Falle einer Bullenprovokation" - also für einen 100%ig eintreffenden Fall - auch schon _genau so_ vorgenommen.
Ebenso das Gequake "Gewalt, das ist doch, was die G8 macht" - genau, das ist es. Und auch das wusste man schon vorher. Mir geht es um den Punkt: Es war vorher schon klar, dass Ihr - zum Glück nicht der komplette Schwarze Block, sondern nur die Deppenfraktion - das dort abziehen wollt. Dass sich dann ein weiterer Teil des Blocks aus falsch verstandener Solidarität da noch drangehängt hat, ist eine andere Geschichte. Man hat halt seine Reflexe.
Und dann gibt es da eine große Demo, organisiert von einem breiten Bündnis, das sich nunmal auf einen Konsens geeinigt hat. Und das ist dann einfach scheißegal. Es ist auch scheißegal, dass selbstredend nach dieser Aktion
- sich niemand mehr für politische Inhalte interessiert
- nachträglich jeder lächerlich wird, der sich gegen die Repression im Vorfeld langgemacht hat
- reihenweise alle OrganisatorInnen der Demo in einen Topf geworfen werden
- die Stimmung, die in den Wochen vor G8 deutlich "gegen G8, pro Proteste" war, ins Gegenteil umschlägt
- die Akzeptanz von Globalisierungskritik in der Bevölkerung um Jahre zurückgeworfen worden ist
- ...to be endlessly continued.

Ich fasse zusammen: Leute, die einen anderen Weg gehen, sind Euch scheißegal (sollen umgekehrt aber gefälligst solidarisch sein...), die militärisch-strategische Wirksamkeit Eures Auftritts ist Euch scheißegal (ich hab noch nie gehört, dass Steine auf die Feuerwehr einen WaWe-Einsatz verhindert hätten... *an den Kopf pack*), die politisch nachhaltige Wirkung Eures Auftritts ist euch scheißegal, aber man darf auf keinen Fall sagen, dass Ihr Hools seid - die sich dadurch definieren, dass sie halt aus Spaß an der Freude draufhauen.

Militanz macht Sinn - wenn sie einen strategischen Zweck erfüllt. _So_ war sie dermaßen kontraproduktiv, dass man nur hoffen kann, dass es sich um Hools und nicht um "Politische" gehandelt hat, sonst ist die Szene noch ärmer als befürchtet.

Für eine neue, schonungslose Militanzdebatte!

fotos und ein video

dessau_hakenstein@gmx.net 19.06.2007 - 02:20
fotos von der großdemo am 2.6.07

(drauf klicken um mehr zu sehen)

ein kurz-video von den bullenattacken bei der kundgebung in lichtenhagen am 4.6.07

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 30 Kommentare an

zustimm — neutrum

jaja der böse black block — früher warens "die Juden"

die erste provokation — wir sind die guten

auch zustimm — nicht bürgerlicher spalter

tja — ein bayer in rostock

gewalt vom schwaren block — demobesucher

@querfunk — zorro

rechtfertigung — kein block

Berliner Hundertschaften — Stoppt Polizeigewalt

@Neutrum, das Mensch — keine Heulsuse

Au ja, — wir sind die Guten!

nur — mal

Wer hat angefangen? — kein Block

... alle Jahre wieder... — der wo da nich

@ruth — funky

denken dann — schreiben

@neutrum — Logiker

Hallo? — Schmidt

gewlatfrei? — ragl

Sündenbock? — gewöhnlicher spiesser

@rofl — funker