Augenzeugenbericht Anti-G8 Demo Rostock

Philipp Stern 03.06.2007 00:09 Themen: G8 Heiligendamm
Meine subjektiven Eindrücke von der internationalen Großdemonstration in Rostock. Ich bin bisher keiner politischen Gruppe beigetreten und nur als Einzelteilnehmer nach Rostock gefahren. Auch habe ich bisher wenig Demoerfahrung. Ich hoffe also, einen unvoreingenommenen Blick zu haben.
Vorweg sei gesagt, dass ich natürlich nur subjektiv von dem Berichten kann, was ich gesehen habe. Ich werde auch die eine oder andere Meinung einstreuen, aber kritisches Lesen sollte man ja sowieso immer pflegen :)

Der Start war absolut friedlich und blieb es auch den ganzen Demozug bis zur Abschlusskundgebung. Die Polizeipräsenz war bis dahin allerdings auch eher gering, direkt sichtbar waren nur vereinzelt ein paar Trupps in den Seitenstraßen oder auf Brücken und vor dem Interconti Hotel, in dem wohl irgendwelche Gipfelteilnehmer wohnen sollten. Der Zug ist friedlich am Hotel vorbeigezogen, auch der "Make Capitalism History" Block, der einige Autonome beinhaltete, verhielt sich absolut friedlich.

Auf dem Platz für die Endkundgebung angekommen blieb es dann leider nicht so. Ich stand ca. 100m vom Rand des Platzes entfernt, als plötzlich die umstehenden Demoteilnehmer in Richtung Platzmitte flüchteten. Scheinbar prügelte sich die Polizei eine Schneise in die Menge hinein, in der Luft flogen Steine in die Richtung, aus der vermutlich die Polizei kam. Aus den ca. 20m Entfernung, die ich von den flüchtenden Leuten zu halten versuchte, konnte ich leider meist nur vereinzelt Polizeihelme sehen. Es war für mich leider nicht erkennbar, wer mit der Gewalt angefangen hat, ganz offensichtlich wurden aber auch viele friedliche Teilnehmer zurückgedrängt und wer nicht schnell genug flüchtete, wurde sicherlich auch von der Polizei geschlagen, wenn er keinerlei Gewalt angewandt hatte (was ich aber nicht direkt gesehen habe).

Nach einiger weiterer Konfrontation beruhigte sich die Lage dann etwas und die Polizei zog sich zuerst an den Rand des Platzes zurück. Etwas später dann marschierten Trupps von ca. 30 Polizisten mitten in die Menge der Demonstranten hinein, was von den Autonomen mit Steinwürfen beantwortet wurde. Soweit ich es mitbekam, wurden die Polizisten dabei einige Zeit von Demonstranten eingekesselt, allerdings nur von einer Seite beworfen (hinter ihnen befand sich eine Brüstung, auf der sich weitere Demonstranten hinter einem Zaun befanden). Es wurde allerdings wohl zuerst auch kein Rückzug des Trupps versucht, denn nach einiger Zeit konnte dieser dann scheinbar relativ problemlos erfolgen. Leider habe ich die meiste Zeit einigen Abstand gehalten, so dass ich nichts genaues hiervon berichten kann.

Nach diesen Aktionen beruhigte sich die Situation dann wieder, die Polizisten blieben am Rand des Platzes stehen und es flogen auch keine Steine mehr. Nur der Polizeihubschrauber über der Veranstaltung verhinderte durch seine Lautstärke, dass die Kundgebung bzw. die Konzerte fortgesetzt werden konnten. Die Veranstalter wiesen über Lautsprecher darauf hin, dass sie mit der Polizei besprochen hätten, dass diese den Hubschrauber und die Polizeieinheiten vom Platz entfernen wollten. Der Hubschrauber entfernte sich auch nach einiger Zeit etwas, die Polizisten allerdings nicht.

Hier beginnt nun der Teil, den ich selbst als eindeutige Provokation der Polizei ansehe. Bei allen anderen Aktionen kann ich leider nicht genau genug sagen, wer wann wo wie angefangen hat. Aber zu diesem Zeitpunkt befand sich die Lage auf dem Platz eigentlich unter Kontrolle. Es wurden keine Steine mehr geworfen und die Kundgebung hätte fortgesetzt werden können. Trotzdem marschierten mehrmals Truppen der Polizei (jeweils ca. 20 Personen) ohne erkennbaren Grund durch die Demonstrierenden. Nach einem Rundgang entfernten sich die Trupps immer wieder ohne für mich ersichtlich Festnahmen oder anderes vorgenommen zu haben. Natürlich habe ich die Trupps nicht die ganze Zeit im Auge gehabt, aber ich sah, wie sie auf den Platz kamen und diesen ohne weitere Personen wieder verliessen. Während dieser Aktionen flogen auch nur sehr vereinzelt Steine, oft gar keine. Getoppt wurde diese Provokation dann nur noch von einem einzelnen Polizeifahrzeug, welches vollkommen ohne Begleitung in die Menge hineinfuhr, einen Kreis drehte und wieder abfuhr. Alle diese Aktionen kann ich zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort nur als Provokation deuten, es schien mir als Beobachter so, als wenn die Polizei es darauf anlegte, angegriffen zu werden.

Als wir dann den Platz verlassen wollten, gerieten wir noch ohne Vorwarnung in eine Tränengasattacke der Polizei, wie es zu dieser kam kann ich allerdings nicht sagen. Wir flüchteteten, leider nur wieder in eine Polizeikette hinein, welche uns auf die Bitte hin, den Platz ohne Tränengasangriffe verlassen zu dürfen nur anbrüllte, zurück in die Richtung der Attacke zu gehen. Von dem Angriff war auch ein Rollstuhlfahrer betroffen, der an der gleichen Kette um Durchlass bat. Trotz des unebenen Untergrunds und der für ihn besonderen Situation wurde auch ihm kein Durchlass gewährt, was mir absolut unverständlich war. Steine werfen hätte er sicher nicht können.

Es gelang uns dann aber über einige Nebengassen, den Platz zu verlassen. Auf dem Weg zum Rückreisebus sprach ich noch einige Polizisten auf die Vorfälle an, 2 gaben allerdings vor, von nichts zu wissen und ein weiterer redete nur irgendetwas vom Schutz der friedlichen Demonstranten vor den Randalierern und zwei schwerletzten Polizisten. Er leugnete außerdem, dass die Polizei Tränengas eingesetzt hätte. Sehr unsympathischer Typ...
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Ergänzungen

Polizei wollte die Eskalation..

Borfa 03.06.2007 - 01:08
Dieser Bericht stimmt mit dem des Stern v. 2.6. überein, in dem ein Vertreter des republikan. Anwaltvereins ebenfalls von "Greifertrupps" sowie davon zu berichten wusste, dass Sanitäter zeitweise nicht zu verletzten Demonstranten durchgelassen wurden: Muss sich denn die Polizei derart dilettantisch verhalten und die Dinge bewusst und gezielt anheizen ? Müssen Greifertrupps in so unsäglicher Weise agieren ? Warum sind die Bemühungen der Demo-Veranstalter, mäßigend einzugreifen und den Ball flach zu halten, ausgerechnet von der Polizei unterlaufen worden (so der Vertreter des republikan. Anwaltvereins) ?? Weiß die Polizeiführung nicht, was sie damit anrichtet ? - Oder wollte sie das alles, damit nun Presse und Öffentlichkeit von suggestiven Bildern geschockt werden, die - abgesehen von der Polizei - keiner wollte ? Wer hat hier die Lunte angezündet ? Die Augenzeugenberichte belegen: Die Polizei(führung). Damit sind die Chancen gestiegen, dass das weiträumige Demo-Verbot justiziell hält und "wasserdicht" wird. - Wie schön für die Polizei...

es war gar nicht so leicht...

vdfsagvfag 03.06.2007 - 01:33
Es war gar nicht so leicht eine Eskalation in dieser Friedlichen Demo herbei zu fühern. Hochachtung vor der Polizei für diese Leistung. Das was in den Medien als "Schwarzer Block" bezeichnet wurde war ein Haufen 15 Jähriger, weit davin entfernt in irgenteiner Form Organisiert zu sein. Es war erstaunlich, wie leicht es jeweils war, die Menge auseinander zu treiben.

Interessant auch, dass die ganze Demo am Hotel der US Delegation vorbei geht, und noch nicht mal einen Sprechchor hinkriegt, und dann genau an dem Ort es eskaliert, wo die Abschlusskundgebung seinen sollte, genau da wo gerade ca 6 Hundertschaften bereit standen.

Und ebenfalls interessant, dass ausgerechnet am 40. Jahrestag von Benno Ohnesorg diese riesige anzahl von Verletzten PolizistInnen zu stande kommt. Damals wurde behauptet, dass ein Polizist abgestochen wurde, heute das selbe Spiel mit der selben Wirkiung: Ich habe gesehen, wie ein Polizist einem Demonstraten von hinten mit dem Schlagstock mit voller Wucht auf den Schädel schlug. Juristisch mag das versuchter Totschlag sein, ich nenne das Versuchter Mord!

Vielleicht erinnert sich noch jemand an Genua und daran, wie die Riots von der Polizei gesteuert wurde. Alles Verschörungtheorie? Selbst das öffentlcih Rechtliche hat es damals besser gewusst....

Ich bestätige das

DocT 03.06.2007 - 02:38
Ich kann den Bericht von Philipp nur bestätigen. Auch ich habe natürlich nur meinen Eindruck. Aber ich (alt, also > 40, vor langer Zeit demoerfahren) bin *u.a.* deshalb gekommen, weil ich gaaaanz genau sehen wollte, wie Medien und Wirklichkeit übereinstimmen. Und habe mich deswegen hauptsächlich mit dem Beobachten, Begleiten und Stehenbleiben an der "Front" beschäftigt.

Diese Vorstösse kleiner Schikanetrups machten auf mich sofort den Eindruck, nur der Provokation zu dienen. Klar, dass auch die ruhigeren dann irgenwann einen Hals bekommen. Noch dazu der elende Krach des Hubschraubers. Und immer wieder diese sinnlosen Vorstösse in die Bereiche der geärgerten Normaldemonstranten. Ich finde, die Popelei hätte hier sehr gut deeskalieren können, wenn sie hinter der Uferstrasse geblieben wäre. Es beruhigte sich ja auch jedesmal, wenn sie wieder abzogen.

Die Krönung war aber mein Heimweg: Am Doberaner Platz wurde ein Döner Imbiss umzingelt. Es sei in der Nähe ein Stein geworfen worden. Die Verdächtigen seien in den Imbiss gegangen. Tja, es wusste so recht keiner von den Jungs, was er denn nun mit den Eingekesselten anfangen sollte. Vielleicht rührt daher auch die momentane Unruhe am Doberaner Platz.

meine subjektiven Eindrücke

js-lg 03.06.2007 - 08:31
Ich bin etwa auf dem letzten Kilometer des Demonstrationszuges in der Nähe des "MAke Capitalism History" Wagens gegangen und habe keine Einschränkungen oder Provokationen seitens der Polizei registriert. Böllerschüsse und Flaschenwürfe in Höhe des Hotels, in dem die amerikanische Delegation residiert, wurden auch lediglich zur Kenntnis genommen. Was dann zum Ende hin die Eskalation auslöste kann ich nicht beurteilen, da ich sie erst wahrgenommen habe, als Steine flogen.

Mir sind im Vergleich zum Widerstand im Wendland einige Dinge aufgefallen:
- es war echt wenig Polizei und Bundespolizei vor Ort
- es wurde unwahrscheinlich viel Alkohol konsumiert

Die Polizei hat sich im weiteren Verlauf auch eher zurückhaltend gezeigt(Ich habe zumindest keine Verfolgung oder Einkesselung von Unbeteiligten wahrgenommen). Ich bin mir übrigens ziemlich sicher, dass sich im Verlauf des "Katz und Maus" - Spiels am Rande der Innenstadt auch Nazis unter den Teilnehmern befanden.
Und das - liebe Leute - hat mich am meisten irritiert!!

links

ein leser 03.06.2007 - 09:38
Ich hab hier mal einige links im netz gefunden, die auch zeigen wie aus dem schwarzen block während der demo steine und flaschen fliegen. Also deutlich bevor die bullen angreifen.
Ich glaube das hier der krawall von dem sogenannten schwarzen block ausging.
Wenn ihr euch die videos anseht, dann stellt euch mal folgende fragen
1.warum spuckt der/die mensch aus dem schwarzen block auf die beiden frauen?
2.kann ein bullenwagen (welches den verkehr regelt) provozieren?
3.warum wurde die feuerwehr angegriffen?!?

 http://www.spiegel.de/videoplayer/0,6298,18675,00.html
 http://www.stern.de/
 http://www.stern.de/video/:Video-Zahlreiche-Verletzte-Krawallen-Rostock/590313.html?backref=%2Fpolitik%2Fdeutschland%2F%3AKommentar-Schwarzer-Tag-Gipfelgegner-Polizei%2F590312.html
 http://www.n-tv.de/809860.html
 http://www.rtl.de/news/rtl_aktuell_artikel.php?article=16&pos=1

auffällig

ist schon... 03.06.2007 - 11:01
dass die Polizei die Antifa-Demo in Schwerin kurzfristig verbietet. Dabei war doch klar, dass viele Gewaltbereite dann nach Rostock ausweichen würden.
Während in Schwerin das Verbot mit angeblichem Polizeimangel begründet wurde, gab es dort Straßensperren, Kessel und schweres Gerät. Welch Zufall.
In Rostock marschieren dann, wie im o.g. (und sehr objektiven) Bericht geschildert, Greiftrupps sinnlos (!) hin und her, bis es zu den bekannten Reaktionen kommt. Das Ganze wird dann auf einem kleinen Gelände (Hafen) provoziert, um die Innenstadt zu schützen und nur einen Krisenherd zu haben, wo man alles schön kontrollieren/kesseln kann. Dem einzelnen Cop kann man keinen Vorwurf machen, er ist intellektuell nicht in der Lage das zu durchschauen. Aber die Polizeiführung hat m.M. nach diese Einheiten bewußt "verheißt", um dann die die ganze Veranstaltung in schlechtes Licht zu stellen und ihre künftigen Aktionen (Demo-Verbote, auch die Camps werden wohl noch "Besuch" bekommen, welch Zufall) rechtfertigen zu können. Nach den Medienberichten haben die Rostocker und alle anderen natürlich kein Verständnis mehr für die Demos und Aktionen. Auch die friedlichen Demonstranten verließen fluchtartig das Hafengelände. Vor Gericht kann man, mit Verweis auf die riots, alles schön begründen und verbieten. Schön geplant und gesteuert, die Auschreitungen. Dennoch war es auch o.k., die Einheiten des BFE und die Berliner Einheiten, welche als Frauenschläger und Gewaltfetischisten bekannt sind, mal in die richtige Richtung rennen zu sehen:-) Alle die jetzt das abgebrannte Auto betrauern sollten sich den Spruch vergegenwärtigen: "Wenn Scheiben klirren schreien sie, wenn Menschen brennen schweigen sie".

urheber?

püroh 03.06.2007 - 13:28
also ich kenne die angespuckte. der mitschnitt ist im prinzip ein gutes beispiel, wie man situationen durch zielgerichtetes "unkommentiert-lassen" verdrehen kann. der spuck-angriff galt einem provozierenden presseheini.. die überraschung, die frauen getroffen zu haben sieht man dem "täter" meiner meinung nach auch an.

der verkehrspolizeiwagen war insofern provozierend, dass der die route tangierte, was eindeutig nicht abgemacht war. die eskalation, den bullen in lebensgefahr zu bringen ist erschreckend und zeigt dass auch der black-block schwarze (haha) schafe in seinen reihen hat, das lässt sich nicht leugnen. und anders kann und möchte ich mir entglaste löschfahrzeuge nicht erklären.

festzuhalten bleibt trotz alle dem, dass die ausschreitungen eindeutiges produkt der repressionspolitik sind und bewusst provoziert worden. das demo-verbot in schwerin und die danach zugelassene umleitung des blocks nach rostock nahm randale in rostock in kauf und war gewollt, um die friedlichen protestler abzuschrecken und den widerstand zu schwächen.

feuer und flamme!

Übereinstimmungen mit meinem Eindruck

friedlicher Montagsdemonstrant 03.06.2007 - 14:29

Meine Erlebnisse decken sich eng mit denen von Philipp:
Ich bin mit Bus angereist, also nicht vom Hauptbahnhof gestartet: Habe mich zu Anfang an der Spitze dieser Demo gesetzt und mir erstmal den kompletten Zug angeschaut. Bei so einer breiten Straße ist es schwer zu zählen. Habe so 25.000-30.000 Teilnehmer überschlagen (subjektive 1000er Blöcke). Dann habe ich den Zug wieder eingeholt (gerade noch kurz vor Ankunft an der Abschlusskundgebung geschafft) und wollte mir den anderen Demonstrationszug vom Bahnhof kommend anschauen: Ziemlich zu Anfang sah ich den 'schwarzen Block'. Es waren mehr als 2000 schwarz gekleidete junge Menschen, teilweise vermummt. Sie hatten alle ihre Seitentransparente über ca. hundert Meter zusammengeknotet. Sah sehr eindrucksvoll aus. Von den vermeindlich vorhergehenden Übergriff auf das Einsatzfahrzeug habe ich allerdings nichts mitbekommen.
Nach den Block kamen noch sehr viele weitere schwarzgekleidete Demonstranten, wobei diese sich immer mehr mit nicht-schwarz gekleideten vermischen. Im ersten Block (der mit den Seitentransparenten) wurden auf einige Antifa-Fahnen getragen, sowie zwei FAU-Fahnen. Als der Zug schon etwas fortgeschritten war, hielt er bei mir genau beim eigentlichen Block der FAU. Nicht mal eine Minute später kamen die beiden FAU-Fahnenträger aus dem Frontblock mit ihren Fahnen aufgeregt angerannt und übergaben sie dem FAU-Block, weil es wohl im Frontblock zu übergriffen kam.
Neugierig setzte ich mich auch in Richtung Frontblock und sah ca. 30 Polizisten in Kampfbekleidung halb eingekesselt stehen, wobei die erste Reihe mit erhobenen Armen zu deeskalieren versuchte. Es flogen schon vereinzelt (aber wirklich sehr wenig und vereinzelt!) Steine auf den Polizeiblock, wobei dies Kritik aus den eigenen Reihen hervorrief. Ich war zu weit weg, so dass ich nur gesehen habe, dass sich ab und zu (stoßweise) die Demonstranten in der ersten fluchtartig vom Polizeiblock (ca. 30 Polizisten) wegbewegte. Was genau los war, konnte ich erstmal nicht erkennen. Das Spielchen ging ein paar mal so, bis auch von der Haupttribüne die Forderung des Veranstalters an die Polizei kam, sich vom Gelände zu entfernen und nicht unnötig zu provozieren. Zudem standen zwei Hubschrauber über dem Gelände, welche den Fortgang der Veranstaltung aus akustischen Gründen nur sehr beschränkt möglich machte. Es gab eine Unterbrechung für mehrere Minuten bis die Hubschrauber und die Polizisten sich endlich vom Gelände entfernten! Es gab einen großen Jubel alle Demonstranten darüber und Applaus!
Doch die Freude wehrte nicht sehr lange. Nach ca. 20-30 Minuten begaben sich immer wieder Trupps von ca. 30 Polizisten am Rande des Geländes in das Gelände rein und gingen scheinbar wahllos auf Demonstranten zu (es befanden sich nicht nur schwarz-vermummte Autonome dort, sondern auch Leute wie ich, die eher neugierig waren und sich selbst ein Bild machen wollte). Es war ein regelrechtes Katz- und Mausspiel, bei denen sie auch immer einige wenige Steinwürfe auf die Polizisten entlocken konnten (vermute das war die Absicht?). Die Medien kamen so auf ihre Bilder. Die ganze Zeit war ein Wagen mit Kamera und Beschallungsanlage (der überwiegend versuchte zu schlichten und beruhigen, aber dennoch die ganze Zeit filmte). Es kam wie es kommen musste: Die Situation eskalierte nach einiger Zeit richtig und da kann ich den Autonomen (die natürlich keine Unschuldslämmer sind) auch fast keinen Vorwurf machen: Ich selbst stand diesmal unmittelbarer am Geschehen, so dass ich mehr mitkriegte. Die erste Reihe (überwiegend schwarz gekleidete mit erhobenen Händen, welche zu schlichten versuchte) kesselten die Polizisten wieder U-förmig ein (sicher keiner hätte sie zumindest daran gehindert sich zurückziehen zu können). Neben mir war ein älteres (vermutlich) Paar so mitte 40, die sich auch ein Bild machen wollten und entsetzt waren über das Vorgehen der Polizei. Sie griffen mich dann um Ketten zu bilden. Es ereignete sich nämlich folgendermaßen:
Die eingekesselten Beamten wurden von vereinzelten(wirklich wenige!) Steinwürfen aus der hinteren Menge attackiert. Dass die Idioten auch die eigenen Leute hätten treffen können (ich habe nicht erlebt, dass dies auch geschehen ist? Wenn Nazis darunter waren vielleicht sogar absichtlich?) sei mal dahingestellt. Aber es war mehr als unverhältnismäßig, als die Polizei dann mit Knüppeln immer brutaler auf die friedlichen, mit erhobenen Händen stehenden, Demonstranten an der Spitze einschlugen und immer wieder stoßweise in die Demoteilnehmer stürmte anstatt sich zurückzuziehen: Die Steinwürfe und Gewalt galt einzig den Polizisten: Keiner der Anwesenden Demonstranten fühlte sich in Gefahr durch andere Demonstranten, so dass sie auf den Schutz der Polizei angewiesen wären.
Die Demozug setzte sich auch noch weiter fort. Als der TKIP-Block (oder zumindest mit gelben Fahren und Banner) eintrafen, kam es wieder zu übergriffen. Sogar die TKIP beteiligte sich dabei (ich konnte vom weiten fliegende Fahnenstöcke in den Polizeibloch beobachten)
Durch das immer brutalere Vorgehen gegen friedliche, deeskalierende Demonstranten mit erhobenen Händen luden sie den Zorn immer mehr Demonstranten auf sich (auch meinen!). Die Zahl der fliegenden Steine nahm rapide zu und es fehlte wohl nicht mehr viel und ich hätte auch mitgeworfen!
Dieses Katz und Mausspiel eskalierte immer weiter. Man sah an den Gesichtern (hinter Helmvisir) der 30 Polizisten, dass das ein Adrenalinschub bei Ihnen auslöste. Ich habe mich echt gefragt, ob die einfach nur den 'Kick' suchen wollten? Ich weiß echt nicht, welchen Zweck diese Aktionen dienten außer zu provozieren? Warum diese Aktionen auch immer nur ca. 30 Polizisten und nicht mit mehreren? Mit mehreren hätten sie leicht die Überhand gewinnen können und wären auch nicht so leicht 'einzukesseln' gewesen. Ich unterstelle denen da echt Absicht. Es war sicher keine Gruppe, die ängstlich, widerwillig und sich nur auf Grund des Befehls des Vorgesetzten darein bewegt! Ich würde fast behaupten, dass denen das Spaß macht oder die eben auf diesen 'Kick' stehen! Ist halt nicht so langweilig wie Streife? So können sie mal Ihre ganze Autorität und Macht spielen lassen? Sorry, aber diesen subjektiven Eindruck erweckte deren auftreten bei mir wirklich, wenn man den Menschen(!) mal ins Gesicht schaute.
Überhaupt nicht begeistert war ich, als etwas in der Menge in meiner unmittelbaren Nähe explodierte. Ich ging erst davon aus, dass irgendwelche halbstarken Autonomen, wie üblich, wieder ein paar Feuerwerkskörper gezündet hätten. Erst als ich den brennenden Schmerz in Augen und Nase merkte (und mich dann fluchtartig in Richtung Bühne bewegte), wusste ich, dass dies sicher kein Böller von Autonomen war! Das war richtig asozial, weil sich dort (etwas am Rand des Platzes) eben nicht nur autonome Steinewerfer befanden, sondern auch viele friedliche Demonstranten (wie ich) die versuchten zu deeskalieren oder sich ein eigenes Bild zu schaffen.
Als irgendwas brannte und die Feuerwehr eintraf, befand ich mich wieder etwas weiter entfernt. Das diese am Löschen gehindert wurde, kann ich nicht beurteilen. Zuvor wollte ich schauen was da brennt. In unmittelbarer Nähe habe ich nur gesehen, dass Autonome die Gehwegplatten des Bürgersteigs am Rausreißen waren und diese zu handlichen Wurfgeschossen verarbeiteten, die auch unmittelbar gegen die sich nun etwas weiter zurückgezogene Polizisten eingesetzt wurden. Spätestens hier war ein Wendepunkt erreicht, wo jegliche Deeskalationsversuche sinnlos gewesen wären. Ich zog mich zurück und beobachtete von weiten die eintreffende Feuerwehr, die auch bis zum Brandstelle durchkam (sie wurde zumindest nicht vorher aufgehalten). Zeitgleich tauchten dann die Wasserwerfer auf, deren Opfer noch viel mehr friedliche Demonstranten wurden, da sie ziemlich weit in die Veranstaltung einrücken und sich nicht nur auf die Randgebiete beschränkten. Ich konnte noch einige vergebliche Versuche die WW mit Steinen zu bewerfen beobachten, bis sie wieder abrückten. Der Veranstalter war darüber wohl auch sehr empört (es gab ständig Lautsprecherdurchsagen). Dann (so 18:30) machte ich mich zurück zu meinen Bus.
Fazit: Die Autonomen sind sicher keine Unschuldslämmer (wobei ich nicht alle über einen Kamm scheren möchte. Zumindest anfangs waren die Steinewerfer wohl an einer Hand abzählbar gewesen). Aber erst auf Grund des Handelns der Polizei eskalierte die Situation dermaßen dort am Veranstaltungsort! Hätten sie den 'schwarzen Block' anfangs nicht aufgehalten und wäre dieser zur Veranstaltung überhaupt erst mal durchgekommen, hätte das alles sicher ganz anders (friedlich!) enden können. Für das brutale vorgehen der Polizei, wobei ganz klar Übergriffe auf unbeteiligte in Kauf genommen werden, habe ich kein Verständnis. Für die Steinewerfer zu Anfang(!) auch nicht. Auf Grund der Ausschreitungen der Polizei kann ich die Wut der Steinewerfer gegen Mitte/Ende aber durchaus nachvollziehen! Soweit hätte es nicht kommen müssen.

Verletzte Polizisten

Christoph 03.06.2007 - 14:45
Man muss sich doch nur mal vor Augen halten, wie diese verletzten Polizisten zustanden kommen, bzw. gezählt werden.
Da geht jeder Polizist, der einen blauen Fleck hat oder eine kleine Prellung zur Einsatzleistung, die freuen sich über einen mehr und er kann sich vielleicht über einen freien Tag freuen.
Überlegt doch mal, wie oft ihr schon nach einer Demo durch die Polizei Blessuren mitbekommen habt, die zwei, drei Tage weh getan haben und dann war auch gut. Oder mal eine blutende Nase oder ein blaues Auge. Und keiner erfasst euch in irgendeiner Statistik.

Ich denke, dass ein durchschnittlicher Demoeinsatz der Berliner Polizei einige hundert "Verletzte" auf Seiten der Demonstranten zur Folge hat. Nur beschweren die sich nicht, weil es ihnen nichts bringt.
Guckt euch doch die Walpurgisnacht an, mehr als 150 verletzte Polizisten, die teilweise vier Wocher später merken, dass sie verletzt worden sind? Dass ich nicht lache...

Die Krawalle waren übel und teilweise wohl auch überzogen. Aber die Zahl der verletzten Polizisten ixt so, wie sie da steht, nicht ernst zu nehmen.

ergänzungen

ichauch 03.06.2007 - 16:00
Bin gestern auch auf der Demo gewesen und die gesamte Strecke neben dem Black Block gelaufen.

Was ich bisher noch nirgendwo lesen konnte ist, dass

1. 30% oder etwas mehr schon während der Zug gelaufen ist vermummt waren (ja viele Kidiies)

2. aus dem Zug heraus bei erster Gelegenheit einige der wenigen anwesenden Bullen mit steinen und Böllern angegriffen wurden

Alle Radikalität in Ehren - Vermummung zum Selbstschutz oder um insgesamt nicht identifizierbar zu sein OK - aber es gab durch die Aktionen während des Zugs für die Bullen auf jeden Fall Anlässe später in den Block zu gehen und Leute rauszuziehen - das war seitens der Vermummten bzw Steinewerfer kalkuliert oder wurde jedenfalls in Kauf genommen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Videoaufnahmen — Her

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Demo — Antifaschist

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Nur mal so quergedacht — Querdenkerin

nur so... — egal