G8: Nun doch Demo-Verbot bis zu 10 km um Zaun

niemand 31.05.2007 23:59 Themen: G8 G8 Heiligendamm Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin aufgehoben, welches ein von der Polizei erlassenes Demonstrationsverbot im Umkreis von fünf bis zehn Kilometern um den Zaun deutlich eingeschränkt hatte.
Nachdem das Verwaltungsgerichts Schwerin das von der Polizei erlassenes Demonstrationsverbot im Umkreis von bis zu 10 km um den Zaun stark eingeschränkt hat, hat die Polizei gegen das Urteil geklagt und vom Oberverwaltungsgericht Greifswald recht bekommen.

In der Begründung heißt es, dass die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts, "jedenfalls was die von den Antragstellern dieses Verfahrens angemeldete Versammlung betrifft," rechtmäßig seien und nicht gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verstoßen. Dies erklärten die Richter unanfechtbar bezeichneten Entscheidung.
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Ergänzungen

Amtsgericht

Schwerin 01.06.2007 - 00:34
G8-Gipfel in Heiligendamm

(Do, 31.05.2007) Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern stellt allgemeines Versammlungsverbot um Heiligendamm wieder her, erlaubt aber Demonstration auf der B105

Das Oberverwaltungsgericht hat das o.g. Verbot hinsichtlich einer für den 07. Juni 2007 in Form eines Sternmarsches geplanten Versammlung, deren Route u.a. durch die festgelegten Versammlungsverbotszonen bis vor das Tagungshotel führen sollte, bestätigt und eine teilweise anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 25.05.2007
(Az.: 1 B 243/07) abgeändert (OVG M-V, Beschluß vom 31.05.2007, Az.: 3 M 53/07).

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die räumlichen und zeitlichen Beschränkungen des Versammlungsrechts anlässlich des G8-Gipfeltreffens in Heiligendamm in den festgelegten Zonen I. und II., jedenfalls was die von den Antragstellern dieses Verfahrens angemeldete Versammlung betrifft, rechtmässig und verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG.

Das Oberverwaltungsgericht hat den Antragstellern die Durchführung eines Sternmarsches außerhalb der Schutzzone auf der B105 gestattet.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.

Unanfechtbar?!?

Kontroverso 01.06.2007 - 00:35
Ja, vielleicht für den Staat nicht anfechtbar, da er nicht Grundrechtsträger ist. Den AnmelderInnen steht der Weg vor das Bundesverfassungsgericht offen. Bei der konservativen zusammensetzung dort, muss man aber das schlimmste Befürchten.

EA Nummer aufschreiben!

Ernst August 02.06.2007 - 08:07
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein organisiert (RAV) praktische Rechtshilfe.
Das Telefon des Ermittlungsausschusses ist besetzt.
Telefon: 038204 - 768111

ANWALTLICHER NOTDIENST AUF DEM G8-GIPFEL 2007

Anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm sind großflächige Einschränkungen von Grundrechten zu befürchten. Landesregierung und Polizei reden bereits im Vorfeld gewalttätige Auseinandersetzungen herbei. Es laufen Planungen, Demonstrant/innen an Grenzen zurückzuweisen oder auf dem flachen Land festzusetzen, Demonstrationen vom Gipfeltreffen fernzuhalten sowie eine Vielzahl von Personen in vorübergehenden Gewahrsam zu nehmen bzw. in Schnellverfahren abzuurteilen. Legitime und vielstimmige Proteste am Ort des Geschehens sollen auf diese Weise möglichst unterbunden, zumindest aber eingeschüchtert und kriminalisiert werden.

Zur Sicherung rechtsstaatlicher Verfahren in der Zeit der Proteste rund um den G8-Gipfel haben RAV und die Vereinigung der Strafverteidiger Mecklenburg Vorpommern einen anwaltlichen Notdienst eingerichtet. In diesem Rahmen arbeiten wir eng mit dem in dieser Zeit vorhandenen Ermittlungsausschuss (EA) zusammen und sind über diesen für alle DemonstrantInnen 24 Stunden erreichbar.

Presseerklärung vom 1. Juni 2007
Entscheidung des OVG Greifswald für Totalverbot von Demonstrationen „schwarzer Tag für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“

RAV fordert politisch Verantwortliche auf, das Totalverbot aufzuheben
RechtsanwältInnen begleiten DemonstrantInnen in Zügen und Bussen, um Grundrechte zu schützen und polizeilichem Fehlverhalten vor Ort zu begegnen

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat gestern das komplette Demonstrationsverbot der Polizeiaufbauorganisation Kavala in einem Umkreis von 40 Quadratkilometern rings um Heiligendamm bestätigt. Damit wurde die Entscheidung des VG Greifswald aufgehoben, den für den 7. Juni 2007 geplanten Sternmarsch von GlobalisierungskritikerInnen entgegen der Allgemeinverfügung der BAO Kavala bis auf einen Abstand von 200m am so genannten Sicherheitszaun zuzulassen. Der RAV befürchtet, dass dieses Totalverbot zu einer weiteren Eskalation der ohnehin schon angespannten und von repressiven Polizeimaßnahmen bestimmten Situation beitragen wird. „Nun sind die politisch Verantwortlichen gefordert, das Totalverbot von Demonstrationen in der Sperrzone II wieder aufzuheben,“ so Rechtsanwalt Carsten Gericke vom Bundesvorstand des RAV.

Die Entscheidung des OVG Greifswald bedeutet konkret: Weder in der Verbotszone I, der Roten Zone, die vom Sicherheitszaun markiert wird, noch in der Verbotszone II, die eine Fläche von mehr als 40 Quadratkilometer umfasst, dürfen Demonstrationen jeglicher Art stattfinden.

„Die Entscheidung des OVG Greifswald stellt einen schweren Rückschlag für den Versuch dar, friedlichen Protest gegen den G8-Gipfel zu artikulieren,“ sagt Rechtsanwalt Carsten Gericke als Vertreter für die OrganisatorInnen des Sternmarsches. „Dies ist zugleich ein schwarzer Tag für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit insgesamt.“ Schließlich betone das Bundesverfassungsgericht regelmäßig, dass das Recht auf kollektive Meinungskundgabe zu dem ‚unentbehrlichen und grundlegenden Funktionswesen eines demokratischen Gemeinwesens zu zählen und besonders zu achten sei.

Geht es nach den Sicherheitsbehörden und dem OVG Greifswald, sollen die Proteste nach Kröpelin und Bad Doberan abgeschoben werden. Dort ist es jedoch weder möglich, einen Sternmarsch durchzuführen, noch irgendeine räumliche oder inhaltliche Nähe zum Protestobjekt herzustellen. Das OVG Greifswald begründet seine Entscheidung u.a. mit der Befürchtung, die auswärtigen Beziehungen der Bundesregierung zu „fremden Staaten“ könnten durch Demonstrationen belastet werden. Die Protestkundgebungen in unmittelbarer Nähe der Staatsoberhäupter könnten als „unfreundlicher Akt“ empfunden werden. Dabei verzichtet das Gericht ebenso wie die Polizei auf den Nachweis konkreter Gefahren für die Staatsgäste und ihr Gefolge. Es läge "im außenpolitischen Interesse, wenn Gefährdungen für jeden Delegierten schon im Vorfeld einer konkreten Gefährdung abgewendet werden," so das Gericht.
„Das Gericht ordnet sich damit im Ergebnis einer - teilweise dreisten - ordnungs- und sicherheitspolitischen Argumentation der Polizei unter. In dieser Sichtweise droht das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zur Bedeutungslosigkeit zu verkümmern,“ sagt Carsten Gericke.

Um den Ängsten von DemonstrantInnen, an der Anreise zur morgigen Großdemonstration gehindert zu werden und polizeilichen Schikanen ausgesetzt zu sein, Rechnung zu tragen, werden RechtsanwältInnen des Legal Teams/ Anwaltlichen Notdienstes Busse und Züge der anreisenden GlobalisierungskritikerInnen begleiten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 10 Kommentare

fuck justizia

me 01.06.2007 - 06:31
erst werden die bullen, die für den tod des überfahrenen jungen verantwortlich sind, verurteilt: 9 monate auf bewährung, damit sie nicht vom dienst suspendiert werden - eine farce.

jetzt darf der protest nur mehr als aus der hörweite stattfinden - das ist der blanke hohn.

da kommen ja echt zweifel auf, ob man noch rechte hat, sofern man nicht bulle ist.

fuck justizia, fuck the government!

@ me

egal 01.06.2007 - 06:59
was für eine tolle und sachlich fundierte inhaltliche ergänzung...

@egal

corny 01.06.2007 - 09:17
was für eine tolle und sachlich fundierte inhaltliche ergänzung...

Sind wir flexibel?

Heyerdahl 01.06.2007 - 10:07
Das ist hier die große Frage. Ich bin dafür, wir stellen das Gesamtkonzept der Schergen und Sicherheitswahnsinniger Behörden völlig auf den Kopf und ziehen sponatn mit all unseren Aktionen nach Hamburg und zeigen der Stadt was es heißt das Maul aufzumachen. Stellt Euch folgendes Szenario vor:

- 16.000 Bullen in der Steppe von MV und 0 Demonstranten/innen
- 20.000 laute und entschlossene Demonstraten/innen in Hamburg und ein kleiner Haufen Bullen

Wie geil wäre das bitte. Also let's meet in Hamburg and fight them here!


Kämpferische Grüsse
Heyerdahl

Rechtsweg und BVerfG

(muss ausgefüllt werden) 01.06.2007 - 10:43
@egal & Corny - was für eine ... ist euch das nicht selbst zu albern?

Andere Baustelle:

Unanfechtbar meint - wie anderer Stelle von Kontroverso - lediglich vor den Verwaltungsgerichten. Formal ist dies das Ende des Rechtsweges. Das Bundesverfassungsgericht prüft nicht, ob die sachlichen Voraussetzungen für so ein weitreichendes örtliches Versammlungsverbot tatsächlich vorliegen, sondern lediglich summarisch ob die Allgemeinverfügung in ihrer Reichweite bei dem von den Behörden postulierten Gefahrenszenario - soweit die Richter dies unbedingt übernehmen - nicht trotzdem die so wesentlichen Demokratiegrundrechte der Meinungs- und Versammlingsfreiheit vereiteln bzw. leer laufen lassen.

Es ist mA nach schwer einzuschätzen wie das BVerfG entscheiden wird; letztmalig in einem vergleichbarem Szenario grundlegend zugunsten der bedeutsamen Versammlungsfreiheit entschieden hat das BVerfG in den Brockdorfentscheidungen, auf welche es sich dann immer wieder gestützt hat. Leider ist derzeit das BVerfG sehr konservativ besetzt. Vielleicht schätze ich die Lage nicht richtig ein, aber ich befürchte, dass es bei der Bannmeile bleibt. Ohnehin sind die damaligen Urteile bis heute nicht unumstritten geblieben und einzelne heutige Verfassungsrichter haben in ihrer akademischen Zeit die Brockdorfentscheidungen im Schriftentum sehr kritisiert.

Zudem konnte man bei den ASEM-Demonstrationen in Hamburg deutlich erkennen wie sehr die Einsatzleitungen an einer Eskalation interessiert gewesen zu sein schienen. Derart aggressive Bullen hab ich persönlich auch abseits der Kameras der Mainstream-Medien selten erlebt. Jetzt wird sich bei der kommenden verfassungsrechtlichen Entscheidung herausstellen, ob sich die Eskalationsstrategie der Bullen in HH zur Rechtfertigung der großen Bannmeile rechtlich gelohnt hat oder ob es in Heiligendamm erheblich frustrierte Turtles geben wird, vor deren Schlagstöcken man noch mehr Respekt haben und Abstand halten muss als gewöhnlich.

Man hätte das ganze tatsächlich geschickter angehen können...

Warum Heiligendamm?

antig8 01.06.2007 - 11:12
Warum muss es unbedingt Heiligendamm sein? Wie schon jemand erwähnte wäre es eher angesagt dort zu protestieren wo nicht zigtausend Bullen auf uns warten. Habt Ihr mitbekommen was in Schwerin passiert? Da wird ein allgemeines Demonstrationsverbot erlassen und die Bullen geben zu, daß das ganze Grünzeug in Heiligendamm ist und deshalb nicht mehr genug für Demos zuhause zur Verfügung steht. Ich finde, das ist ein Zeichen. Wie will denn die ordnungsmacht reagieren, wenn nur wenige nach Heiligendamm fahren und der Rest die kläglichen Grünreste zuhause überfordert.

Bleibt zuhause und bringt sie völlig durcheinander!

[zu] Sind wir flexibel?

egal der 1. 01.06.2007 - 11:20
@Heyerdahl

ich möchte meinen irgendwo gelesen zu haben, das hamburg ihr schlägertrupps während des G8 nicht nach h.-damm abstellen wird.
ich schaue mal, eventuell finde ich die quelle.

@HH

stimmt nicht 01.06.2007 - 11:30
das habe ich auch gelesen, war im spiegel. n genauen link weiß ich aber auch nicht. so gesehen dürfte es sinnvoll sein ne andere stadt auszuwählen deren bullen in heiligendamm sein werden. aber die heiligendamm-mobilisierung ist auch schon so weit fortgeschritten, dass es wohl ziemlich schwierig sein dürfte jetzt alles über den haufen zu werfen.

Mal eine kleiner Kritikpunkt ...

DaLange 01.06.2007 - 11:40

... ich lange bestimmt wieder bei passt nicht ... lach

Ich komme aus Leipzig und muss leider sagen, die Nazis um Worch haben es vorgemacht. Damit meine ich nicht ihr Einsprüche für den Gerichten. Ich meine die Klagen und Verhandlungen die von den Typen nebenbei geführt wurden im Bezug auf Demonstrationsrecht. So dürfen Nazis verschiedene Marken etc. tragen aber das tut nichts zur Sache, was ich meine ...

Die Linke hat es in den letzten Jahren versäumt auch den "Gesellschaftlichen" Weg zu gehen. Es wurde aus meiner Sicht zuviel wert auf die autonomie das anders sein gelegt. Und in diesen Entscheidungen tragen wir die folgen. Es fehlen Entscheidungen aus vorherigen Jahren die vergleichbare Entscheidungen brachten. Aber leider wird dies wohl noch dauern bis sich da was tut. Nicht immer verklagen lassen wir sollten den Spieß umdrehen ...

Und das was sich der Staat geschaffen hat ist eine schicke Maschinerie der Unantastbarkeit. Es ist schön immer vom obersten Gerichtshof zu sprechen ... Aber die Kosten sind nicht zu unterschätzen. Aber wie meine Vorredner schon sagten ist die Besetzung mehr als Konservativ also auch hier funktioniert das System ...

PS: Wer mir genaue Informationen zu Verfahren und Klagen am obersten Gerichtshof geben kann, meldet sich bitte bei mir. Damit meine ich nicht die google Links sondern relevante Entscheidungen in diesem Bereich. Danke

da muss sich die politik nicht wundern

karl 01.06.2007 - 15:53
da muss sich die politik genauso wenig wundern wie die polizei wenn es angesichts dieser gerichtilichen entscheidung zu auseinandersetzungen kommen wird. ein solches demonstrationsverbot schreit danach es einfach zu umgehen und den zivilenungehorsam direkt zu praktizieren. wer solche massnahmen um jeden preis durchsetzen will und dieses auch tut macht sich selbst zur zielscheibe, den damit werden auch die von der polizei erwarteten ca. 27.000 friedlichen demonstranten kriminalisiert und alle über einen kamm geschoben.
es erinnert stark an die sicherheitsmassnahmen diktatorischer staaten die immer gerne die kritiker kriminalisiert haben.
das verbot ist eine schandtat gegen die demokratie und ignoriert faktisch ganz bewusst das brokdorf urteil des bvg.