Lindau: Prozess wegen Squat-Party

Gerüchteübermittlungsdienst 31.05.2007 12:04 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
Das Verfahren gegen Djabba Liberin wegen Hausfriedensbruch (Besetzung der alten Gießerei in der Walpurgisnacht 2006) wurde gegen Geldauflage eingestellt.
Das Verfahren wegen der Hausbesetzungs-Maiparty letztes Jahr in der alten Gießerei (siehe  http://de.indymedia.org/2006/05/145770.shtml) fand diesen Mittwoch Abend endlich statt. Wegen Unregelmäßigkeiten im Stadtbusverkehr musste der angeklagte Djabba Liberin mit dem Fahrrad kommen, auf die Gefahr hin, dass er aus dem Gerichtssaal heraus verhaftet wird und das Rad dann all die Jahre vor dem Gericht herumsteht.

Angekündigt für 16:45, startete die Verhandlung mit über einer Stunde Verspätung und wurde in 20 Minuten abgewickelt. Weder die Richterin noch der Staatsanwalt hatten noch große Lust, sich mit den verfassungsrechtlichen Bedenken Djabbas zu befassen, der der Ansicht war, dass ein Eigentümer, der seine Gebäude seit 30 Jahren nicht nutzt und nur vergammeln lässt, seine Verpflichtung aus Art. 14 (2) GG (Eigentum verpflichtet) nicht erfüllt und daher eine Nutzung als antifaschistisches Kulturzentrum, die dem Gemeinwohl und somit "höheren Gründen" dient, nicht einfach als Haufriedensbruch kriminalisieren lassen könne. Auch habe man dort keinen Schaden verursacht, sondern im Gegenteil Räume nutzbar gemacht.

Das Beispiel der Richterin, wenn sie ihre Wohnung zusperre und ein Jahr lang auf Reisen gehe, wolle sie anschließend in ein ungestörtes Eigentum zurückkehren können, ließ Djabba nicht gelten, da in diesem Fall eine Weiternutzung beabsichtigt sei, während die Gießerei (irgendwann einmal) komplett abgerissen und mitsamt den obersten Bodenschichten entsorgt werden solle, mithin also gar nichts, was er dort tue, diesen "Nutzungsabsichten" zuwiderlaufen könne, nicht einmal, wenn die Gebäude durch Partys ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen würden. Immerhin war dem Staatsanwalt die Bemerkung zu entlocken, dass das Vermögensrecht in dieser Hinsicht grundsätzlich überarbeitet gehört, aber jetzt halt so sei, wie es ist.

Auch der Wunsch Djabbas, einen Vertreter der Firma Axima als Zeugen vorzuladen, um die "Nutzungspläne" darzulegen, wurde als prozessunerheblich abgetan; schade, so hätten endlich einmal direkte Verhandlungen mit der Axima stattfinden können. Das Gericht meinte aber, für die Anbahnung solcher Verhandlungen nicht zuständig zu sein.

Nachdem Djabba formal anerkannte, einzusehen, dass er keine fremden Grundstücke zu betreten habe, und sich Staatsanwalt und Richterin sich beharrlich weigerten, bei ihm irgendwelche Anzeichen von Renitenz zu erkennen, boten sie ihm die Einstellung gegen eine Geldauflage (keine Buße) von 250 Euro an (der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft hatte zuvor auf 500 Euro gelautet), was Djabba schließlich annahm, vor allem, weil die öffentliche Mobilisierung zum Prozess hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben war und er daher weder die Unterstützung noch den öffentlichen Druck sah, der nötig wäre, um seine verfassungsrechtliche Position anhand dieses Verfahrens durchzuklagen. Nachdem die Richterin zunächst den Tierschutzverein begünstigen wollte, wurde auf Djabbas Wunsch der Club Vaudeville als Spendenempfänger festgelegt, womit die Kohle immerhin im Bereich selbstverwalteter antifaschistischer Kulturzentren bleibt. (Richterin: Na, da nehmen wir doch lieber den Tierschutzverein... Djabba: Club Vaudeville wäre mir lieber, aber Sie sind der Chef. Richterin: Also Tierschutzverein. Gerichtsschreiberin: Der Club Vaudeville ist auch gemeinnützig. Richterin: Also gut, Club Vaudeville.)

Die Richterin wünschte noch viel Erfolg bei den Verhandlungen mit der Axima, Djabbas Fahrrad war gerettet, und der Orden der Liberins verbrachte anschließend einen netten Abend mit Strategiegedanken, Pizza und Räucherwerk an der Gießerei.

Der Fall ist damit noch nicht erledigt, denn einerseits hat Djabba jetzt über seinen Anwalt der Axima ein konkretes Verhandlungsangebot für ein Nutzungskonzept unterbreitet, und andererseits wurde den Cops von der Axima hinterbracht, dass in der Gießerei seit der Demo zur bzw. Belagerungsparty an der Gießerei vor vier Wochen (siehe  http://de.indymedia.org/2007/05/175006.shtml) noch gewisse Partyutensilien untergestellt sind, die möglicherweise in Djabbas Verantwortung fallen; am Rande der Verhandlung erhielt dieser deswegen eine höfliche Einladung der Polizeiinspektion fürs Wochenende.
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Ergänzungen

Mangelnde Unterstützung beim Prozess?

- 31.05.2007 - 14:12
Sagt mal, das mit dem mobilisieren habt Ihr in Lindau auch nur mittelmäßig drauf ...

Weder meine Freundin noch ich haben etwas von dem Prozess mitbekommen und wir sind regelmäßig auf Linken Seiten der Bodensee-Region... Sei es nun Linksrhein, Rotes Hall, Infoladen Ludwigsburg, die Antifa Ravensburg und und und ... Unserem Wissen nach war dort nirgends etwas zu lesen... Wie wären gerne gekommen, um euch zu unterstützen. Also, das nächste Mal bitte auf den Regionalen Seiten ankündigen!

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