Gießen: Verfassungsgericht hebt Urteil auf

K.O.B.R.A. Antirepressionsplattform 25.05.2007 21:35 Themen: Repression
Das Unglaubliche wird Wirklichkeit: Der absurde politische Prozess gegen zwei Projektwerkstättler, der für einen von beiden mit einer Haftstrafe von 8 Monaten endete (inzwischen nach einem weiteren Prozess auf 10 Monate erhöht, weitere Verfahren warten) muss wiederholt werden – zumindest was den Hauptanklagepunkt betraf. Denn der Verurteilte kam mit seiner Verfassungsklage durch. Die Karlsruher RichterInnen ordneten eine Wiederholung ab der Stufe Landgericht (Berufung) an. Im Urteil machten sie zudem deutlich: Die Polizei Gießen hat das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit Füßen getreten, der Innenminister höchstpersönlich hatte den illegalen Angriff befohlen – und alle Gerichte und sonstigen Stellen hatten brav mitgezogen. Wie es nun weitergeht, ist zur Zeit noch offen. Gerichte und Staatsanwaltschaft Gießen schweigen gegenüber den Medien ebenso wie die Landesregierung. Die hat aber auch noch etliche Leichen mehr im Keller ...
Die Vorgeschichte wird im Bericht des Gießener Anzeiger nochmals aufgewärmt – und zwar so:

Weil der 42-Jährige sowie andere Mitstreiter im Verdacht "den Wahlkampf störender Aktivitäten" standen, war am 10. Januar 2003 die Projektwerkstatt in Saasen durchsucht und Computer waren beschlagnahmt worden. (Diese Durchsuchung war rund sechs Wochen später vom Landgericht als rechtswidrig eingestuft worden.) Bei einer Demo in der Fußgängerzone sollte auf die Durchsuchung aufmerksam gemacht werden. Vor einem Infostand der CDU zur bevorstehenden Landtagswahl. Und dort hielten sich an jenem Morgen auch Hessens Innenminister Volker Bouffier und der damalige Polizeipräsident Manfred Meise auf. Und beide teilten dem Einsatzleiter der Polizei mit, dass man sich "das" - die Aktion des 42-Jährigen - nicht bieten lassen wolle, heißt es in dem Karlsruher Urteil. Es kam zu dem Tumult. Das Bundesverfassungsgericht stellt eindeutig klar: "Von der Demonstration sei keine Gefahr ausgegangen". Weiter heißt es: "Das Interesse eines CDU-Wahlstandes vor Ruhestörung durch eine zehn Minuten lange Rede sei nicht höherrangig einzustufen als das Recht auf freie Versammlung." Die Lärmbelästigung sei folglich kein Grund, "ohne Vorwarnung, Auflösung oder dergleichen sofort eine zwangsweise Zerschlagung der Demonstration durchzuführen."

Das ist peinlich für den Innenminister und den Ex-Polizeipräsidenten, aber auch für Amts- und Landgericht, Staatsanwaltschaft Gießen und Oberstaatsanwaltschaft, das Oberlandesgericht und die Polizei Gießen. Denn sie alle hatten Instanz für Instanz den absurden Angriff auf die Demonstration für rechtmäßig gehalten – obwohl es keinen Grund gab, keine Auflösung erfolgte, keine anderen Mittel versucht wurden, sondern einfach auf Anweisung des Innenministers Bouffier blindlings loslegten. Fraglos: Ganz blöd sind die JuristInnen nicht. Sie wussten selbstverständlich, dass das dem Versammlungsrecht nicht entsprach. Es ist die alltägliche Rechtsbeugung, die in Gerichtssälen abläuft. Normalerweise reicht das auch, denn den meisten Angeklagten fehlt Wissen und Zähigkeit, um sich zu wehren. RechtsanwältInnen gehören kulturell eher zur anderen Seiten, selbst die AnwältInnen und die Beratung in politischen Zusammenhängen geht meist auf Schadensbegrenzungskurs. Nicht so in Gießen: Die Prozesse mit der ersten Instanz am 15.12.2003 ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/haupt_1instanz.html), der wegen CDU-Führungspersonen im Gericht geplatzten ersten Berufung im Frühjahr 2004 ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/haupt_2instanz1.html) und dann der vollzogenen vom 10. März bis 3. Mai 2005 ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/haupt_2instanz2.html waren ein immer umfangreicherer Schlagabtausch, angereichert mit massiver Polizei- und Justizkritik, absurden Sicherheitsvorkehrungen und einer stattlichen Ansammlung von Falschaussagen, Beweismittelfälschungen und Rechtsbeugungen. Die Reihe der Justizunverschämtheiten setzte das Oberlandesgericht in der Revision fort – abgelehnt ohne jegliche Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Punkten. Doch selbst dieses höchste hessische Gericht behauptete, dass Demonstrationen genehmigt werden müssten. Doch einer der Angeklagte machte weiter – auch wenn Zusagen für Unterstützung von Anwälten, Repressionsschutzgruppen und Jurastudenten aus politischen Gruppen just in dem Moment zurückgezogen wurden, als es drauf ankam.

Doch zwischen Einreichen der Klage und dem jetzigen Beschluss unter dem Aktenzeichen 1 BvR 1090/06 vergingen nicht nur Monate, sondern Polizei und Justiz steigerten sich in ihrem Verfolgungswahn in immer neue Eskapaden. Trauriger Höhepunkt: Der Mai 2006. Nach mehreren Attacken auf die Anwaltskanzlei des Innenministers (zur skandalösen Person und ebensolchen Kanzlei sowie zu den damaligen Aktionen siehe  http://www.im-namen-des-volkers.de.vu) schickte dieser nicht nur eine Spezialpolizeieinheit nach Saasen ( http://www.projektwerkstatt.de/weggesperrt/mek_140506.html). Der Verurteilte wurde zur Haft geladen, aber in einer spektakulären Polizeiaktion und mit frei erfundenen Vorwürfen schon fünf Tage vorher eingelocht. Der Gießener Staatsschutz tischte dabei dem Richter Gotthardt, der früher selbst Bulle war, eine Lügengeschichte von Straftaten auf und bat ihn, das zu verschweigen. Gotthardt war so blöd, das zu notieren und in die Akten zu tun. Artig folgte er dem Wunsch der Polizei, belog den Verhafteten und ließ ihn einsperren (die ganze unglaubliche Geschichte unter  http://www.projektwerkstatt.de/14_5_06). Hier funkte erstmals das Bundesverfassungsgericht dazwischen und hob die Haft auf – immerhin schafften es die hessischen Behörden noch, die Freilassung um einen Tag zu verschludern, der Staatsschutz hatte schon drei Tage vorher einen sicheren Unschuldsbeweis schnell verschwinden lassen, um die Haft nicht zu gefährden. Aber das ist alles nicht neu Gießen ( http://www.polizeidoku-giessen.de.vu und  http://www.justiz-giessen.de.vu) ... und wird anderswo auch so sein.
Was in Gießen aber das Besondere war, war die Hartnäckigkeit der Zielpersonen von Repression. Jahr für Jahr veröffentlichten sie präzise Dokumentationen über die Polizeiaktionen ( http://www.projektwerkstatt.de/materialien/da_antirep.htm). In den örtlichen Medien aber herrschte Zensur pur – gleiches gilt für die meisten überörtlichen, sog. linken Medien, wo penibel darauf geachtet wird, dass aus dem Umfeld der Projektwerkstatt wenig oder nichts nach draußen dringt (schließlich kommen von dort auch unerwünschte Kritiken an bewegungsinternen Hierarchien usw.). Am 30.4.2007 (Urteil jetzt zugegangen) beschloss dann des Verfassungsgericht, dass alle hessischen Repressionsbehörden das Versammlungsrecht gebrochen hätten. Das Urteil enthält deutliche Watschen für die Verfolgungsbehörden, die ihre Lieblingsfeinde aus der Projektwerkstatt so gern hinter Gitter sehen würden. Das ist zwar immer noch möglich (das BVerfG hat für eine erneute Verurteilung einige Scheunentore offengehalten), aber jetzt muss erst mal wieder neu verhandelt werden – und das bedeutet in Gießen immer aufwändige Prozesse voller grundsätzlicher Auseinandersetzungen zwischen Staatsgewalt und herrschaftskritischen Angeklagten/Publikum.


Wie weiter?

Durch den vom Bundesverfassungsgericht in die Wiederholung gezwungenen Prozess erhöht sich die Zahl der größeren juristischen Auseinandersetzungen in Gießen auf drei: Eben der zu wiederholende, dann ein schon in der ersten Instanz vollendeter Prozess um eine justizkritische Farbattacke gegen Amtsgericht und Staatsanwaltschaft, die nun natürlich an politischer Brisanz gewinnt und eventuell wiederholt werden muss, weil die Vorstrafe weggefallen ist ( http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/farbgericht/haupt.html). Zum dritten ist Anklage erhoben worden wegen der Gentechnik-Feldbefreiung Pfingsten 2006 ( http://www.gendreck-giessen.de.vu).
Wann welche Prozesse stattfinden und welche Rahmenbedingungen herrschen werden, ist offen. Amtsrichter Wendel hat eine erste Entscheidung getroffen. Die Pflichtverteidigung, die er dem Angeklagten beim letzten Prozess reindrückte, um diesen über einen Anwalt an der Seite ruhig zu stellen, wird es nicht mehr geben. Des Richters Plan war nämlich überhaupt nicht aufgegangen, stattdessen harmonierten Anwalt und Angeklagter mit einem offensiven Wechsel von Anträgen, Erklärungen und druckvollen Vernehmungen der vielen BelastungszeugInnen.


Rechtstipps

Die ganzen Erfahrungen in den vergangenen Prozessen sind zu Internetseiten und Broschüren mit vielen Tipps zusammengefasst worden. Alles ist zu erreichen über  http://www.prozesstipps.de.vu und die Materialbestellseite  http://www.aktionsversand.de.vu.
Die Verteidigungsstrategie in Gießen traf in etablierten Repressionsgruppen auf massive Kritik. Dort wird eher auf Akzeptanz der bestehenden Rechtsordnung, Schweigen vor Gericht und Unterwürfigkeit unter anwaltliche Vertretung gesetzt. Die Gießener Gerichtsauseinandersetzungen sind daher auch ein Experimentierfeld für eine offensivere Strategie gegen Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte. „Recht und Ordnung sind nicht nur Mittel zur Durchsetzung der Interessen von Macht und Profit, sondern selbst Symbole von Macht und Unterdrückung. Gerichte sind Fabriken, in denen Urteile am Fließband produziert und Menschen in soziale Isolation getrieben werden. Es ist Zeit für einen offensiven Angriff gegen diesen Schrecken!“ resümierten AktivistInnen aus Repressionsschutz-Plattform K.O.B.R.A. die Abläufe in Gießen.


Informationsseite zum Urteil des Verfassungsgerichts:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/revision/verfklage_jb.html.

Download des gesamten Urteils als PDF:  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/verf/urteil.pdf

Presseberichte und mehr zum Urteil über  http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/revision/verfklage_jb.html
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Der Kampf lohnt sich

unrockBaR 25.05.2007 - 23:50
Erst einmal Glückwunsch für die Entscheidung aus Karlsruhe und weiterhin bei euch in Giesen viel Erfolg. Vor knapp 2 Monaten kam es auch in Krlsruhe zu einem positiven Urteil bezüglich Demonstrationen. Hierbei wurde gegen die von einer Stadt (Pforzheim) auferlegten Demonstrationsgebühren geklagt, da diese aus Sicht der KlägerInnen rechtswidrig seien. So wurde auch vor dem Gericht klar, dass die Stadt Pforzheim sclicht keine Ahnung von Grundrechten und einer Meinungsfreiheit hat, was man durch die Argumentation der Vertreter der Stadt merkte. So wurde u.a. der Gebührenkatalog für das Bauwesen mit den Gebühren für Demonstrationen verglichen. Dass dies nicht rechtens und vor allem sehr unglaubwürdig ist, haben auch die Richter erkannt und so wurden sämmtliche Gebührenbescheide der Stadt Pforzheim, gegen die geklagt wurden, aufgehoben.

Bisher liegt leider noch keine Urteilsbegründung vor, sobald diese öffentlich ist, wird sie sicher auch hier verkündet.

In dem Sinne immer wieder weiter Kämpfen, denn nur so können wir uns ein Stück Freiheit erkämpfen....

Den 2.Ss des OLG Frankfurt a.M. outen

Ulrich Brosa 27.05.2007 - 00:49
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde nach meinen Informationen
von Hohmann-Dennhardt produziert. Juristisch wird dadurch der 2. Strafsenat
des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. gedemütigt.
Entscheidungen des 2.Ss sind an Aktenzeichen der Art 2 Ss ... erkennbar.
Vorsitzender des 2.Ss ist ein Mann namens Gürtler.
 http://www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/revision/olg_ablehnung.htm

Mit dem 2.Ss haben mehr Leute schlechte Erfahrungen gemacht.
Bergstedt ist nicht der einzige, der diesem 'Senat' Rechtsbeugung vorwirft.
 http://www.althand.de/guertler.html

Zur Zeit eskalieren die Auseinandersetzungen um Gürtler.
Justizminister Banzer (CDU) reagiert, indem er neue
Richterstellen im Oberlandesgericht einrichtet.
Die Neuen sollen Korruption bekämpfen, sehr komisch.
Andere Leute versuchen schrottige Autos aufzumotzen,
indem sie noch mehr Lack über den Rost kleistern.
 http://www.redtram.de/go/57236014/

K.O.B.R.A.-Pressemitteilungen zum Urteil

K.O.B.R.A. Antirepressionsplattform 28.05.2007 - 22:58
Nach Verfassungsgerichtsurteil in Gießen

K.O.B.R.A. fordert Konsequenzen bei Polizei und Justiz


„Die Selbstgefälligkeit Gießener Uniform- und Robenträger muss ein Ende haben“, fordert die Gießener Antirepressionsplattform K.O.B.R.A. nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das vor wenigen Tagen die Verurteilung eines politischen Aktivisten aufhob, weil nicht dieser, sondern die eingesetzte Polizei, der die Aktion veranlassende hessische Innenminister, die dann Anklage erhebende Staatsanwaltschaft und alle befassten hessischen Gerichte das Recht gebrochen hatten. Das Landgericht muss den Fall nun neu verhandeln. „Wir werden genau hinsehen, ob die Serie von Rechtsbeugung und Lügen weitergeht, um politisch unerwünschte Personen trotz der Schelte aus Karlsruhe mundtot zu machen“, kündigte die Gruppe an.

In der Entscheidung 1 BvR 1090/06 hatte das Verfassungsgericht allen Instanzen und Beteiligten bescheinigt, das Versammlungsrecht krass missachtet zu haben. Innenminister Bouffier hatte am 11.1.2003 eine seine Politik kritisierende Versammlung von der Polizei angreifen und den Redner festnehmen lassen. Dieser soll sich dagegen gewehrt haben und wurde deshalb zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Dass Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte einem Irrtum unterlegen waren, der jetzt durch das Verfassungsgericht korrigiert wurde, glaubt bei K.O.B.R.A. niemand: „Die haben absichtlich das Recht gebrochen. Der Angriff auf die Demo war derart haarsträubend, dass es jedem Richter und jeder Richterin selbstverständlich aufgefallen ist. Sie wollten aber verurteilen und haben deshalb bewusst falsch geurteilt. Das sind deutliche Fälle von Rechtsbeugung!“

K.O.B.R.A. fordert nun, die Anklage fallenzulassen: „Das Opfer der Polizei- und Justizwillkür hat damals in Haft gesessen sowie im Jahr 2006 nochmals mehrere Tage. In allen Fällen war das rechtswidrig. Den Tätern dieser Freiheitsberaubung ist bislang nie etwas passiert. Die Gießener Staatsanwaltschaft ist immer nur angriffslustig, wenn es gegen ihre Kritiker geht. Vertreter aus Polizei und staatlichen Institutionen werden dagegen gedeckt“. Als weitere Forderung sollen Vorgänge endlich aufgearbeitet werden, die in den vergangenen Jahren ähnlich wie die jetzt vom Verfassungsgericht gekippte Haftstrafe der Unterdrückung justiz- und polizeikritischer Meinungen galten. „Wir fordern die Aufarbeitung der bislang verschwiegenen Polizeiaktionen, Hausdurchsuchungen und Festnahmen vom 14.5.2006, bei denen Straftaten erfunden wurden, um Inhaftierungen vornehmen zu können! Auch da war der hessische Innenminister der Initiator der Übergriffe!“ Ebenso verweist K.O.B.R.A. auf die schon eingestellten Skandalfälle, angefangen von den Straftaten führender Politiker in Gießen wie der Falschaussage des CDU-Stadtverordneten Gail oder der erfundenen Bombendrohung des Bürgermeisters Haumann über Manipulationen in Gerichtsverfahren wie erfundene Fußabdrücke, ständige Falschaussagen und illegale Beweismittel bis zu den Höhepunkten völlig frei erfundener Straftaten wie dem vermeintlichen Brandanschlag, zu dem eine Gedichtelesung am 9.12.2003 mutierte. „Was hier von Seiten der Staatsanwaltschaft und etlicher Gerichte vertuscht und verbogen wird, ist reihenweise Rechtsbeugung. In dieser Verfassung sind die Gießener Polizei- und Justizbehörden selbst die Quelle umfangreicher Straftaten, die nie in irgendeiner Statistik auftauchen. Konsequent wären eigentlich Anklagen wegen Bildung krimineller Vereinigungen!“ heißt es in der Antirepressionsgruppe. Zudem wirft sie Innenminister Bouffier vor, der Hauptdrahtzieher im Hintergrund zu sein: „Bouffier stammt aus Gießen, darum stört ihn die Kritik hier besonders. Er hat etliche der Polizeiattacken veranlasst. Wenn nicht die Medien in Gießen den wichtigsten Politiker der Stadt ständig schützen würde, wären seine kriminellen Energien im Umgang mit Opposition längst offensichtlich!“


Mehr Informationen:

- Politische Verfahren in Gießen (mit Link zum Verfassungsgerichtsurteil): www.projektwerkstatt.de/prozess
- Download des Urteils: www.projektwerkstatt.de/antirepression/prozesse/verf/urteil.pdf

- Skandalöse Repressionsmaßnahmen der Gießener Polizei: www.polizeidoku-giessen.de.vu
- Besondere Seite zum 14.5.2006: www.projektwerkstatt.de/14_5_06

- Veranstaltungsangebot „Fiese Tricks von Polizei und Justiz“: www.projektwerkstatt.de/fiesetricks
- Rechtstipps: www.prozesstipps.de.vu

- Literaturtipp: „Widerstand ist Pflicht“, Dokumentation von Justiz- und Polizeiskandalen im Raum Gießen (2006 im SeitenHieb-Verlag, www.seitenhieb.info)

nicht ganz richtig zitiert

chris 21.01.2010 - 22:09
Ich will ja nicht kleinlich sein, aber ein Großteil der Zitate aus dem Urteil sind nicht Feststellungen des BVerfG:

---- snip ----
Das Bundesverfassungsgericht stellt eindeutig klar: "Von der Demonstration sei keine Gefahr ausgegangen". Weiter heißt es: "Das Interesse eines CDU-Wahlstandes vor Ruhestörung durch eine zehn Minuten lange Rede sei nicht höherrangig einzustufen als das Recht auf freie Versammlung." Die Lärmbelästigung sei folglich kein Grund, "ohne Vorwarnung, Auflösung oder dergleichen sofort eine zwangsweise Zerschlagung der Demonstration durchzuführen."
---- snap ----

Diese Zitate sind aus dem Teil des Urteils, in dem die Auffassung des Beschwerdeführers, wiedergegeben wird (daher auch der Konjunktiv). Das eignet sich also nicht um zu sagen, was das Gericht "eindeutig klargestellt" hat.

Auch wenn das ein erfreuliches Urteil ist, fände ich es gut, es nicht einfach zu hypen sondern in kürze zu erklären, was das davon über den Einzelfall hinaus relevantes festgestellt hat (schließlich kommen ähnliche Situationen immer wieder vor).

Als Nicht-Jurist scheint mir ein wesentlicher Punkt zu sein, dass die Polizei es versäumt hat, die Kundgebung aufzulösen. Weil es keine Auflösung gab, durften den DemonstrantInnen annehmen, dass sie weiterhin im Schutz der Versammlungsfreiheit agieren und sich ausnahmsweise (!) den Zwangsmaßahmen widersetzen. Was gewesen wäre, wenn sie das getan hätten, scheint mir rechtlich auch nach dem Urteil völlig ungeklärt.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

ich schmeiß mich weg... — amüsiert