Privatisierung der Wasserwirtschaft

Christopher Dömges 24.05.2007 19:49 Themen: Globalisierung Ökologie
NRW. "Ist Wasser bald so teuer wie Benzin?" Das fragt ein kleiner Knirps seinen Opa bei einer Veranstaltung der Initiative 'Unser Wasser' in Dortmund. So weit hergeholt die Frage auch klingen mag, ganz unberechtigt ist sie angesichts anhaltender Dürreperioden und Privatisierungsvorhaben nicht. Denn: Unter dem Motto 'Privat vor Staat' plant die schwarz-gelbe Regierungskoalition etwa in NRW eine umfassende Privatisierung der kommunalen Infrastruktur.
"Unter Ausschluss der Öffentlichkeit soll es nun auch unseren Wasserressourcen an den Kragen gehen", so Thorsten Guzy von der 'Unser Wasser'-Initiative, die es deshalb gibt, um derartiges zu verhindern. Denn die Folgen einer Privatisierung für die Bürger seien dramatisch: "Höhere Preise, geringere Wasserqualität und unkalkulierbare Risiken", sagt Guzy, seien die zwangsläufige Folge. Alle Erfahrungen im In- und Ausland zeigten das.

Tatsächlich weisen die Beispiele aus London und Berlin auf eine deutliche Verschlechterung der Wasserversorgung hin. So war RWE/Thames Water im Sommer des vergangenen Jahres negativ in die Schlagzeilen geraten: Das Unternehmen hatte die Bewässerung von Parkanlagen untersagt, während durch marode Rohrleitungen täglich 894 Mio Liter verloren gingen. Auch nahm die Anzahl der Erkrankungen aufgrund schlechter Wasserqualität nach der Privatisierung in London um 200 bis 600 Prozent zu.

Seit mehreren Jahren lässt sich ein schleichender Prozess der Übernahme kommunaler Wasserbetriebe durch wenige große Wasserkonzerne wie RWE oder EON beobachten. In Hamburg konnte die Privatisierung im September 2006 gesetzlich verhindert werden. Dort hatten sich aktive Bürger, Gewerkschaften und Umweltschutzgruppen zu einer Initiative für den Erhalt der öffentlichen Wasserversorgung zusammengeschlossen.

Die grundsätzlich hohe Wasserqualität in Deutschland, meint Thorsten Guzy, erfordere hohe und langfristige Investitionen, die nur von öffentlichen Unternehmen zu leisten seien. Denn kurzfristig seien mit dem Wassergeschäft keine Gewinne zu machen: "Private Unternhehmen sind vor allem auf Gewinne ausgerichtet - die öffentlich-rechtliche Wasserwirtschaft dagegen auf das Gemeinwohl", verteidigt auch Dr. Jochen Stemplewski, Vorsitzender der Emschergenossenschaft und des Lippeverbandes, die bewährte Struktur der Wasserwirtschaft in Nordrhein-Westfalen.

"Das Wasserkartell und seine politischen Handlanger wollen unsere bewährten Strukturen austrocknen", meint Thorsten Guzy beim Aktionstag in der Diskussion mit Dortmunder Bürgern. Das Thema Wasserprivatisierung birgt auch bundesweit Brisanz: In Hessen etwa hatte Wirtschaftsminister Alois Riehl acht kommunale Wasserversorger wegen zu hoher Preise kritisiert. Eine umfassende Privatisierung lehnt indes auch er ab. Durchaus berechtigt! Denn: Beispielsweise unterliegen Privatunternehmen einer höheren Steuerlast als staatliche Wasserversorger. Das treibt den Preis in die Höhe.

Zudem sind Arbeitsplätze in Gefahr: Die öffentlichen Wasserversorger investieren jährlich rund acht Mia Euro in die Sicherheit unserer Wassernetze. Das schafft Jobs und lässt uns weiterhin ganz unbedenklich das 'Kraneberger' genießen.
Das Gemeinwohl vor den Profitinteressen internationaler Konzerne. Darum sollte es nicht nur in der Wasserwirtschaft gehen!
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Ergänzungen

Privatisierung der Wasserwirtschaft in NRW

Dr. Jens Eugen Baganz 24.05.2007 - 20:56
1999 Wahl zum Oberbürgermeister der Stadt Mülheim an der Ruhr
Hilfe bei der Vergabe der Müllentsorgung an den Unternehmer Hellmut Trienekens und dem Verkauf städtischer Anteile an der Wassergesellschaft RWW für 118 Mio. Euro an die RWE-(RWE Aqua).
Der Verkaufspreis wurde durch ein Gutachten von Frau Dr. Ute Jasper ermittelt.
Frau Dr. Ute Jasper hatte Beratervertrag mit RWE, zeitweise Pressesprecherin.
22. November 2002 Rücktritt aus privaten Gründen vom Amt des Oberbürgermeisters
Von 2003 bis 2005 Beratertätigkeit zuletzt als Partner von Goetzpartners Management Consultants GmbH.
Im Kabinett Jürgen Rüttgers am 30. Juni 2005 zum Staatssekretär im Wirtschaftsministerium ernannt