Gentechnik-Maisfeld in Gießen zerstört

feldbefreierIn 23.05.2007 18:17 Themen: Biopolitik Ökologie
Das Gentechnik-Maisfeld in Gießen ist Geschichte. In der Nacht auf den 21.5.2007 wurde es zerstört. Einen Tag später hat der Auftraggeber, das Bundessortenamt angewiesen, den Versuch zu beenden. Aus, schluss, vorbei. Damit fehlen auch Monsanto und Unterfirmen acht Sortenprüfungen für den Mon810-Mais. Etliche weitere Maisfelder in D-Land, das Gerstenfeldversuchsfeld in Gießen und viele, viele Gentechnikfelder und –versuchslabore weltweite haben den 21.5.2007 aber leider überlebt. Noch viel zu tun ...
BekennerInnenschreiben scheint es bislang nicht zu geben. Deshalb hier der Auszug aus der Polizeipresseinfo vom 21.5.2007, 16.20 Uhr):
POL-GI: Gen-Mais-Versuchsfeld der Uni Gießen weitgehend zerstört
Gießen: Unbekannte Täter zerstörten in der Nacht zum Montag, dem 21.5.07 einen Großteil des Gen-Mais-Feldes der Uni Gießen Gemarkung Weilburger Grenze. Sie zerschnitten den Zaun des Grundstücks und hackten einen Großteil der Pflanzen aus. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs. Der Sachschaden ist bisher nicht zu beziffern. Ein Tatverdacht besteht nicht, die Ermittlungen dauern an.


Über den Ticker erreichte es die Medien. In Gießen selbst ging es langsamer, denn wie üblich wird hier erstmal alles mit den Herrschenden rückgeklärt, was berichtet werden darf und dann kommen in den Medien vor allem die armen Profs zu Wort.

So war es in der FAZ noch am besten, weil unverfilzter (alle Links auf  http://www.projektwerkstatt.de/gen/befreiung07.htm):

faz.net am 21.5.2007 (:
Feld mit Gen-Mais zerstört (Von Thorsten Winter)
Eine Absperrung hat nicht ausgereicht, um den Überfall auf das Versuchs zu verhindern
Ein Feld am Rande von Gießen, auf dem unter anderem gentechnisch veränderter Mais ausgesät worden war, ist in der Nacht zum Montag in Teilen verwüstet worden. Dort wollten Forscher der Universität bis zum Herbst auf rund 700 Quadratmetern 60 Maissorten wachsen lassen, darunter acht gentechnisch veränderte Saaten, um deren die Anbau- und Verwertungseigenschaften zu testen. Doch nach dem Überfall können sie ihren Plan, der auf einem Auftrag des Bundessortenamts in Hannover fußt, zu den Akten legen. Auf etwa der Hälfte des Feldes sind die jungen Kornpflanzen in einem Ausmaß geschädigt worden, dass die sogenannte Wertprüfung abgebrochen wird. Dies sagte Volker Klemm, der beim Bundessortenamt für Wertprüfungen von Mais und Futterpflanzen zuständig ist, gestern dieser Zeitung. Die Behörde verantwortet die Zulassung von Pflanzensorten, ohne die es nicht möglich ist, das jeweilige Saatgut in Deutschland zu vertreiben.
Wie eine Sprecherin der Universität mitteilte, wurde der Zaun um das Versuchsfeld an zwei Stellen aufgeschnitten, bevor es zu den Übergriffen kam. Der Überfall auf das Maisfeld kam nicht überraschend. Die Wissenschaftler um Professor Wolfgang Friedt vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung mussten nach einer Drohung auf einer einschlägigen Internetseite mit Übergriffen rechnen. Angesichts dessen war die Polizei gebeten worden, regelmäßig auf dem Maisfeld nach dem Rechten zu sehen. Um den Acker aber rund um die Uhr bewachen zu lassen, fehlte es den Forschern nach seinen Worten am nötigen Geld. Im Gegensatz dazu lässt Friedts Kollege Karl-Heinz Kogel vom Gießener Institut für Pflanzenkrankheiten ein Feld auf Universitätsgelände, auf dem ein Versuch mit gentechnisch veränderter Gerste im zweiten Jahr läuft, ständig bewachen. Denn am Pfingstwochenende des vergangenen Jahres war es auch dort zu Übergriffen gekommen.
Polizei fehlen noch Hinweise auf Täter
Die nun zwangsweise abgebrochene Wertprüfung in Gießen war einer von drei Feldversuchen mit gentechnisch veränderten Getreidesorten in Hessen. Ziel war, Maissorten deutscher Hersteller zu untersuchen, die ein von dem amerikanischen Unternehmen Monsanto entwickeltes Gen gegen den Schädling Maiszünsler enthalten: Diese Pflanzen erzeugen ein Gift und wehren sich damit gegen den Maiszünsler, einen bräunlichen Falter, dem Mais sonst als Nahrungsquelle dient. Der Freilandversuch war von verschiedener Seite, so von Imkern und auch anderen Forschern, kritisiert worden. Friedt hatte ihn aber mit dem Hinweis auf den Nutzen für die Landwirtschaft verteidigt.
Wer für den Überfall verantwortlich ist, liegt noch im dunkeln. Die Gießener Polizei hat nach Angaben eines Sprechers noch keine Erkenntnisse, die auf die oder den Täter hindeuten. Die Universität und das Bundessortenamt wollen dessen ungeachtet Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs stellen.


Am Folgetag verkündete das Bundessortenamt dann das Aus.


Possenspiel bei den Grünen (in Gießen gibt’s eine schwarz-grüne Koalition ... was beachtlich ist angesichts des autoritären Männerclans Bouffier – Haumann – Möller – Gail, der in Gießen das Sagen hat). Die den Maisversuch im März länger vertuschende und dann im Schmusekurs mit dem CDU-Koalitionspartner handlungsunfähige grüne Bürgermeisterin nach Gießener Anzeiger: „Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich, ebenfalls von den Grünen, verurteilte die Zerstörung. ‚Es ist klar, dass wir solche Aktionen nicht gutheißen können.’“
Das ist auch deshalb lustig, weil ein Grünenvorständler im selben Text sagte: „Die Grünen in der Stadt halten sich mit einer Einschätzung zu den jüngsten Ereignissen zurück. ‚Erst, wenn das im Vorstand besprochen ist, geben wir eine Stellungnahme ab’, betonte Walter Bien vom Stadtverbandsvorstand.
Tja, so eine angepasste Karrierebürgermeisterin ist halt wichtiger als die ganze Partei! Es dürfte kein Zweifel daran sein, dass die Partei sich das gefallen lassen wird und Weigel-Greilich eine neue Lerneinheit der Marke "Die Partei bin ich" kassiert.

Ganz abweichend die Grüne Jugend (auch im Gießener Anzeiger)): „Anders die Reaktion der Nachwuchsorganisation der Öko-Partei: Bei der Grünen Jugend Gießen hat die Zerstörung des Feldes nach eigenen Angaben Feierlaune ausgelöst. ‚Die Universität hätte die massiven Proteste der Bürger ernst nehmen müssen, deshalb respektiert die Grüne Jugend den Entschluss einiger Bürger, das Feld zu zerstören’, erklärte der Vorsitzende Michael Bandt. ‚Weiterhin fordern wir die Universität auf, keine Strafanzeige gegen die Feldbefreier zu stellen.’"


Die Schäden im Feld sind recht deutlich zu erkennen, allerdings ziemlich unterschiedlich verteilt. Auf einer Hälfte des Ex-Maisfeldes war akkurat die zentrale Fläche zerlegt, auf der anderen Seite (ein Zaun teilt das Feld ja) sah es sehr chaotisch ist, aber auch recht zerwühlt (siehe Fotos). Die Bewässerungsanlage war am 22.5. nachmittags verschwunden.

Alle erreichbaren Erklärungen, Berichte und Presseteste auf  http://www.gendreck-giessen.de.vu. Da stehen auch Infos zu dem weiteren, deutlich teureren, riskanteren und extrem gesicherten Gengerstefeld in Gießen. Und eine Seite mit Aktionsideen und Links zu mehr Gentechnik-Protesten.
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Ergänzungen

sinnvoll?

Dein Name 24.05.2007 - 03:55
... frag mich, was die Aktion soll.

Der Maiszünsler (ein Kleinschmetterling, dem der Gen-Mais zur tödlichen Mahlzeit wird) vernichtet in den Bereichen seines Auftretens - er kommt derzeit in Deutschland fast nur im Osten vor) bis zu 50% der Ernte. Nicht-Genmais wird durch Spritzbrühen (synthetische Pyrethroide und Aufschwemmungen genau des Bakterien-Toxins, das der Genmais selbst erzeugt) vor dem Befall zu schützen versucht, was nur mäßig gelingt.

Da stellt sich also die Frage: lieber gespritzten Nicht-Gen-Mais (wobei an der Spritzbrühe unzählige andere, auch nützliche, Insektenarten verrecken und die Hauptmaisverbraucher, nämlich das Zuchtvieh, das Zeug im Fettgewebe speichern) anbauen ODER DIE Pflanzen aussäen, die einen selektiv nur auf den Zünsler wirkenden Wirkstoff erzeugen und Insekten, die keinen Mais mögen, kaum gefährlich werden können.

Die Antwort liegt auf der Hand, oder?

Radikale Alternative: Maisbau einstellen und Hafer anbauen, der, kein Mensch weiß so genau warum eigentlich, gegen sehr viele Schädlinge resistent ist.

Übrigens ist gegen den Zünsler per Geneinschleusung geschützter und von der EU zugelassener Gen-Mais (sog. Bt-Mais, von dem eine neue Sorte auf dem Feld angebaut wurde) längst in mehreren Sorten erhältlich und wächst seit Jahren auf Deutschlands Fluren. Das zerstörte Feld sollte lediglich der Prüfung einer bisher nicht zugelassenen Variante dienen, und ob mensch mit dem mühsamen Ausgraben irgendwas erreicht hat, ist sehr fraglich.

"In Spanien, Deutschland und der Tschechien Republik werden in diesem Jahr zusammen über 20.000 ha Bt-Mais angepflanzt. Weltweit findet der Anbau von gentechnisch verändertem Saatgut (darunter auch Bt-Mais) auf mehr als 90 Millionen Hektar statt. Das entspricht einem Vielfachen der gesamten deutschen Ackerfläche (ca. 16 Millionen Hektar)."

 http://de.wikipedia.org/wiki/Transgener_Mais

Guten Appetit!

Korrekturen zur Ergänzung

feldbefreierIn 24.05.2007 - 09:01
Also ... Dein Einleitungsabsatz soll sicher anzeigen, dass Du voll die Fachahnung hast. Leider ist das ziemlich daneben gegangen. Der Maiszünsler kommt nämlich im (Nord-)Osten, wo der meiste BU-Mais steht, gar nicht vor! Das allein zeugt davon, dass es hier um ganz anderes geht.
Auch ansonsten liegst Du falsch. Bei allen gentechnisch veränderten Pflanzen geht es nicht um Nahrungsmitteln für Menschen. Das wäre auch nicht nötig, denn davon gibt es genug - genauer: Ungefähr doppelt so viele wie für alle Menschen reichen würde (Quelle: FAO). Zudem werden extrem viele Pflanzen nur angebaut, um verfüttert zu werden. Das ist unter Ernährungsgesichtspunkten überflüssig, unter weiteren Aspekten (Klima, Naturschutz, Tierrechte ...) richtig scheiße. Beim BT-Mais sieht es aber noch schlimmer aus. Der ist ja Futtermais, so dass Deine Argumente schon von daher gar nicht stimmen. Inzwischen wird aber der BT-Mais aus Deutschland so umgesteuert, dass er vor allem zur Bioethanolherstellung genutzt werden soll.
Und noch zu Deinem Argument vom Gift: Warum soll es besser sein, wenn eine Pflanze von innen ein Gift produziert, also überall beinhaltet und auch noch bis zu dem Zeitpunkt produziert, wo Du das Ding in den Kochtopf schmeißt? Gegenüber dem Spritzen, was in konkreten Zeitkorridoren geschieht und zeitlich weiter entfernt von dem Moment, wo Du das Zeux ißt?
Ich glaube, dass Du nur fachliche Ahnung vortäuschst und ansonsten mit ganz billigen Argumenten für die Gentechnik streitest.
Der Mon810-Mais ist ja ansonsten so offensichtlich daneben, dass selbst die Gentec-Lobbyisten im BVL ihn jetzt gestoppt haben. Das ist zwar kein Argument - aber die habe ich ja auch oben genannt.

hier

funky 24.05.2007 - 09:27

@ sinnvoll?

cde 24.05.2007 - 11:40
Hallo Gentechnik-Fan,

volkswirtschaftlich stellt das Auftreten des Maiszünslers ja wohl nur ein marginales Problem da. Den direkt betroffenen Landwirten hilft Bt-Mais auch nicht aus der Patsche. Die hohen Kosten fürs Saatgut gleichen die Verluste durch den Maiszünsler aus.
Warum sollten da die ökologischen Risiken von Genmais in Kauf genommen werden? Bekanntlich ist das Bt-Gift nicht nur für den Maiszünsler giftig und wie es auf andere Insekten wirkt, z.B auf die liebe Honigbiene, das „unerklärliche“ Bienensterben in den USA lässt grüßen, wird ja dank einer gentechnikfreundliche Forschungspolitik nicht hinreichend untersucht.
Monsanto geht es auch nicht darum, mit Bt-Mais irgendwelche Probleme zu lösen. Ziel ist es, weltweit das Saatgut mit patentierten Genen zu verseuchen. Dies gilt es zu verhindern.
Also such Dein Glück lieber in Diskussionsforen der FDP, wo Du hingehörst.

Wider der Gentechnik!

h 24.05.2007 - 11:45
@dein name
Nur weil die EU den BT-Mais zugelassen hast, stellst du diese Aktion in Frage???

Du hast doch gar keine Vorstellungen, was es noch für Kettenreaktionen in der Natur geben kann und wie sich die Nahrungsmittelkette zu unseren Ungunsten verändern kann/wird!

Die Tests, ob diese Pflanzen wie der BT-Mais andere Lebewesen durch ihre genetische Veränderung verändert, ist doch in einer viel zu kurzen Zeit absolviert wurden; es geht auch nur darum den Mais schnellstmöglich gewinnbringend auf den Markt zu bringen!

Klar ist BT-Mais "nur" Futtermais z.B. für Kühe, aber welche Auswirkungen daß für uns hat, spielt wohl für dich keine Rolle oder wie?

Gentechnik ist nicht berechenbar!

Und im übrigen für die Leute, die meinen, es gebe in unseren Supermärkten keine Lebensmittel, die mit Gentechnik nicht in Berührung kommen, die irren! Wenn Kühen genmanipulierter Futtermais zum Fraß vorgeworfen, dann heißt das noch lange nicht, daß dies auf einer Milch, einem Käse drauf stehen muss! Die Kennzeichnungspflicht besteht, glaube ich, derzeit nur, wenn genmanipulierte "Inhaltstoffe" eines Produkts über 1% liegen. Und bei Milch läge das unter diesem Wert!!!

Zur Erinnerung, Beispiel "Landliebe", tolles Produkt?
 http://www.greenpeace.de/themen/gentechnik/lebensmittel/artikel/gen_mais_ausser_kontrolle_campina_lieferanten_verfuettern_gen_mais_an_milchkuehe/

genmais

meiner 25.05.2007 - 00:27
laut tlz werden in thüringen (sömmerda,umgebung von gotha...) mehrere genmaisfelder zu testzwecken gepflanzt...

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Reine Meinungsmache — Hans Franz

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