Atomstaat Frankreich: Geschichte, Aktuelles

ecureuil 22.05.2007 16:07 Themen: Atom G8 Heiligendamm Weltweit
Der G8 Gipfel in Heiligendamm rückt immer näher. Energiepolitik (und Atompolitik) wird auf dem Gipfel sicherlich Thema sein.
Die Gipfelgegner machen ihrerseits schon seit Monaten mobil. Am 29. April fand eine Antiatom-zaundemo in Heiligendamm statt, der 8. Juni wurde zu Klima-Aktionstag erklärt. Es ist auch die Gelegenheit die globalisierte Energiepolitik mit zahlreichen Analysen unter die Luppe zu nehmen. Dieser Artikel ist ein Versuch, die Energiepolitik Frankreichs zu belichten – aus Sicht einer jungen französischen Aktivistin.
Atombombe, Atomare U-Bote, M 51 , 58 Reaktoren und 80% Atomstrom . Ein weiterer Reaktor in Bau in Flamanville, und ein 10 Milliarden Euro teuren internationalen Forschungsreaktor namens ITER in Cadarache. Bure soll desweiteren Endlager werden. Der Atom-Befürworter Sarkosy wird Präsident. Kein Grund zum feiern.
Aber die Schlagzeilen lauten auch mal anders : lebhafter und fantasievoller Widerstand, 60 000 auf der Straße gegen EPR, Strommastbesetzung, geheimes Dokument veröffentlicht, Genfeld zerstört, 10 Jähriges Bestehen vom Réseau sortir du nucléaire (Netzwerk Atomausstieg).
Frankreich: Zwei Seiten einer Médaille.


Etwas Geschichte

Wer in Frankreich von Energiepolitik spricht wird schnell feststellen, dass es vor allem um Atompolitik geht. Die Erklärung dafür liegt unter anderem in der Nachkriegs-Geschichte des Landes.
Kurz nach dem Krieg wurde der CEA (comissariat à l'énergie atomique ; Staatliche Atomare Forschung) gegründet. Dem Général De Gaulle war der Besitzt der Atombombe und der dazugehörigen Technologie eine Priorität. Die ersten Graphit-reaktoren zur Plutoniumerzeugung wurden infolgedessen bebaut. Die Plutoniumfabrik La Hague wurde 65 in Betrieb genommen und später zur Zeit der (internationalen) zivilen Atomgeschäften erweitert. Es kam schon zu dieser Zeit zu zahlreichen Zwischenfällen. Aber die Menschen wurden nicht darüber in Kenntnis gesetzt, der Betrieb von Atomanlage war Verteidigungssache und verlief streng geheim – heute ist es kaum anders. 1969 und 1980 kam es aber zum Beispiel in Saint Laurent des Eaux (bei Orléans) beinahe zum GAU (zwei mal 4 auf der INES-Skala), als eine Teil-Kernschmelze sich ereignete . Plutonium wurde noch Jahre später in der Loire gemessen. (1)

Seit der 70er-80er Jahre wurde die zivile Nutzung der Atomenergie durch den Bau von zahlreichen AKWs - gegen der Wille der Bevölkerung- vorangetrieben und durchgesetzt. Nach der ersten Ölkrise versprach der damalige Staatschef Destaing die Energie-unabhängigkeit Frankreichs durch den Aufbau der Atomernergie. Dabei vergaß er zu sagen, dass Uran aus Kanada, Afrika und Australien importiert wird, dass Atomkraft Erdöl nicht ersetzen kann.

Natürlich gab es Widerstand gegen diese Politik. Einen starken Widerstand, sogar. Es ist bestimmt unmöglich diesen großartigen Widerstand in wenigen Zeilen zusammen zu fassen. Und ältere Hasen, die das Geschehen miterlebt und mitgestaltet haben, würden sicherlich besser darüber berichten können. Aber es ist trotzdem der Versuch Wert, diesen Widerstand anhand diverser Beispiele zu erwähnen (2).
Widerstand auf der Strasse hat Tradition in Frankreich. Die Menschen beziehen sich selten auf die Französische Revolution, aber es mag sein, das sie im Unterbewusstsein eine Rolle spielt. Strassenprotest ist für viele Franzosen selbstverständlich. Und Barrikaden gehören auch dazu, vor allem, wenn die Polizei Tränengas in die Menge wirft. Auch bei Antiatom-Demonstrationen.

Besetzung in Fessenheim, Steine gegen Gewehr in Plogoff.
Der Widerstand ist vielfältig gewesen : Großdemonstrationen, Bauplatzbesetzungen, etc. Einige AKWs wurden dadurch verhindert, vor allem am Rhein. Das erste AKW entstand nach langem Kampf in Fessenheim. Es ist inzwischen 30 Jahre alt geworden und verzeichnet Störfälle ohne Ende.
Bei Großprojekten schreibt das Gesetzt einen Planfeststellungsverfahren mit „Enquête publique“ vor. Die Akte wird 6 Wochen lang der BürgerInnen im Rathaus zugänglich gemacht und sie dürfen Kommentare dazu schreiben. Am Ende entscheidet eine „Expertenkommission“ über die Zulässigkeit des Antrags. Es ist aber nur Formalia. Die Entscheidung ist in Paris schon längst getroffen worden. In Flamanville -wo 2 Reaktoren gebaut wurden und der EPR noch dazu kommen soll- haben sich die Antiatominitiativen in der 70er darauf eingelassen, bei dieser „Enquête publique“ mit zu machen. Die Bürger haben sich massiv gegen das AKW ausgesprochen. Die Genehmigung wurde trotzdem erteilt. In Plogoff dürfte wenig Jahre später nicht ein zweites mal der gleiche Fehler passieren. Die Bevölkerung entschied sich für einen Boykott. Der Oberbürgermeister verbrannte die Akte. Der Staat schickte die Gardes Mobiles (Teil der gendarmerie, militärische Polizei) und weitere Soldaten nach Plogoff ( 2 000 Einwohner), um ein kleines „mobiles Rathaus“ mit den Akten drin zu schützen. 6 Wochen lang wurde in Plogoff gekämpft – 6 Wochen Ausnahmezustand Jeden Tag das gleiche Ritual: Frauen und Kinder, so wie einige Männer (die meisten waren ja Fischer und waren über See) standen den Soldaten gegenüber und antworteten mit der Zwille auf Tränengas- und Angriffsgranaten. Es waren zum Teil auch Soldaten gegenüber ehemalige Soldaten, die damals gegen deutsche Besatzung kämpften. Und wer hätte es gedacht? Aus ganz Frankreich und sogar aus Deutschland (Die Deutschen waren damals nichts anderes als der Erbfeind!) kamen AktivistInnen zur Unterstützung des Widerstandes! Die Dorfbewohner errichteten täglich rießiege brennenden Barrikaden; die Ondnungshütter konnten nur mühsam voran kommen. Der Staat antwortete mit harter Repression. Menschen wurden zusammengeschlagen und ihnen wurde der Prozess gemacht und sie gingen in Knast. Die Zwille -wie die Xe im Wendland- wurde zum Symbol des örtlichen Widerstandes.
Am ende wurde die Genehmigung erteilt, aber der Bau erwies sich als politisch nicht durchsetzbar. Der Konflikt trug zum Mißerfolg von Destaing bei den Präsidentschaftswahlen 1981 bei. Das AKW wurde nie gebaut.
2005 erschien ein Buch darüber :„Plogoff, Un combat pour demain / Plogoff, ein Kampf für morgen“ Noch ist es nicht zu spät : der Bau weiterer Reaktoren kann noch verhindert werden, auch wenn die Arbeiten schon angefangen haben. Widerstand, und zwar vielfältiger Widerstand ist nötig.

Maleville : der Schock
Plogoff wurde verhindert, aber die Atomlobby setzte sich trotzdem weit und breit durch. Die Ereignisse um den Reaktor Superphoenix (schnellen Brüter) in Maleville haben hierzu eine wesentliche Rolle gespielt.
Bei einer Demonstration kam ein Demonstant, Vatal Michon, 1977 ums Leben. Er wurde von einer Angriffsgranate getroffen und starb an einem Herzinfarkt. Viele AktivistInnen wurden ebenfalls getroffen und verloren ein Bein oder eine Hand (Granaten NIE mit der Hand zurückschicken !!!) Maleville ist für viele ein Schock gewesen. Nach Maleville neigte die Bewegung desweiteren dazu, sich zwischen „gewaltfrei“ und „nicht gewaltfrei“ zu spalten.
„Maleville hat die Bewegung erheblich geschwächt.“ so Marc A., einem älteren Aktivist aus Toulouse. „ Der Tschernobyl-effekt ist von kurzer Dauer gewesen, weil es einfacher und bequemer war, die Lügen von der Regierung zu glauben. Es herrsche Fatalismus. Natürlich haben wir weiter gekämpft. Der Widerstand ist vielfältig geblieben: In Golfech (bei Toulouse) wurde in der 80er und 90er auch versucht die „Enquête publique“ zu boykottieren, es gab Besetzungen, Demonstrationen und sogar sämtliche Anschläge gegen EDF. Aber wir waren einfach nicht mehr so viele. Ein klarer Sieg von Repression. Heute freue ich mich darauf, eine neue junge Generation von AktivistInnen auf der Strasse zu sehen!“
Der Reaktor Superphoenix wurde 1998 von der rot-grünen Regierung abgeschaltet. Er hat nie wirklich funktioniert (9 Monate am Netz für 10 Jahre Betriebszeit!). Der Abbau bereitet große Sorge vor, weil das Kühlungssystem mit Natrium lief.


Frankreichs Atompolitik heute

Militärische Atompolitik:
Frankreich führt seine militärische Atompolitik fort. Das Land besitzt zahlreiche Atombomben und atomaren U-Boote und droht immer wieder damit, sie gegen „Terroristen“ einzusetzen. (siehe Deklaration von Präsident Chirac am 1. Januar 2006) Millionen Gelder werden trotzt Atombomben-Sperrvertrag weiterhin in dieser Technologie investiert: Laser Méga-joules in Bordeaux (Computersimulation von Atombomben), Missile M 51 (Interkontinentalrakete).
Die Geschädigten der Atomversuchen unter freiem Himmel und im Pazifik-Ozean warten immer noch auf Anerkennung. Sämtliche Klage von ehemaligen Militärs und Insel-bewohner gegen den Staat sind anhängig. Aber der Staat weigert sich seine Verantwortung anzuerkennen.
Im Fall Tschernobyl läuft es übrigens ähnlich. Die Behörde behauptet immer noch, die Wolke habe die Deutsch-Französische Grenze nicht passiert. Über 400 Menschen haben gegen den Staat wegen Gefährdung und Vernachlässigung geklagt, die Akte ist inzwischen über 10 000 Seiten dick geworden.

„Zivile“ Atompolitik

Heute deckt die Atomkraft etwa 80% des Strombedarfs, aber diese Energiequelle entspricht nur 17% des Energieverbrauchs. Politiker wie der neue Staatschef Sarkosy haben keine Ahnung von Atomkraft und Energiepolitik, aber sie befürworten trotzdem den Bau neuer Reaktoren. Beim TV-Duell vor dem 2. Durchgang der Präsidentschaftswahlen, behauptete Sarkosy, Atomkraft würde 50% des Strombedarfs decken.... Das Netzwerk Atomausstieg bot ihm neulich einen Kurs an, um seine Kenntnisse auf dem Stand zu bringen.

Atommüll:
Frankreichweit gibt es etwa 2000 Standorte, wo Atommüll jeglicher Kategorie mehr oder weniger legal gelagert wird - oder herumliegt. Es gibt 3 Standorte für schwach und mittel-radioaktivem Müll (die Fässer werden 2-3 Meter unterirdisch in Beton endgelagert). 2 davon sind schon voll (La Hague und Soulaines). Und die ersten Verseuchungsskandale kommen zu Tage: Die Fässer sind undicht, in La Hague droht alles aubzusaufen und die Menge an Plutonium birgt erhebliche Gefahren. Abgebrannte Brennelemente wurden seit dem Anfang in La Hague „wiederaufbereitet“. Der Müll liegt insofern zum großen Teil in La Hague herum und wartet auf Endlagerung – obwohl es weltweit keinen Endlager gibt. Ein geringer Teil vom in La Hague erzeugten Plutonium wird nach Tricastin oder Pierrelatte transportiert, um dort in MOX (Brennstäbe aus Uran zu 93% und Plutonium zu 7% - noch gefährlicherer Brennstoff) verarbeitet zu werden.

Die Endlagerung soll bei der kleinen Ortschaft Bure in Lehm in etwa 400 Meter Tiefe erfolgen. Der Betreiber Andra (Agence Nationale pour la gestion des Déchets RAdioactifs) hat 1998 dort ein unterirdisches Laboratorium, also Versuchslager gebaut. 2006 wurde entschieden, dass die Experimente in Bure fortgesetzt werden. Das Gesetzt sieht jetzt 10 zusätzliche Jahre für Probebohrungen im Landkreis vor. Aber eines ist allen klar: Jede neue Bohrung zementiert Bure als Endlager. Fankreichweit laufen nämlich keine weiteren Untersuchungen. Der Widerstand war in den anderen Regionen zu Stark für die Lobby, die weggeschickt wurde.
In der Tat: Bure wurde nicht aus wissenschaftlichen Gründen ausgewählt - im Lehm sind schon Risse festzustellen- sondern aus politischen Gründen: Das Dorf zählt 80 Einwohner und liegt in Lothringen „am Ende der Welt“. Die Bevölkerungsdichte in der Region liegt bei sechs bis acht Einwohner pro Quadratkilometer. In der Bevölkerung herrscht Konservatismus oder Fatalismus. Den Kommunen wurden viel Geld und Arbeitsplätze versprochen und die meisten Politiker sind damit zufrieden. Der Widerstand hat es schwer in der Gegend.

Epr:
In Flamanville, wird gerade ein EPR-Reaktor gebaut, obwohl Frankreich eigentlich keine neuen Meiler braucht. Die Produktion von etwa zwölf Reaktoren wird ins Ausland exportiert. Allein diese Tatsache zeigt die internationale Dimension des Problems: Der Strom wird u.a. nach Deutschland exportiert, aber der Müll bleibt in Frankreich. Der EPR ist desweiteren ein deutsch-französisches Projekt. Siemens ist mit einem Drittel am EPR-Vorhaben beteiligt, Areva NP mit zwei Dritteln. Der EPR soll laut Areva NP „effizienter“ und „sicherer“ sein. Die Werbung der EDF spricht von einem Reaktor „dritter Generation“, aber es handelt sich alles in allem um einen klassischen Druckwasserreaktor. Er soll 15% weniger Atommüll produzieren, aber die Entsorgungsfrage bleibt weiterhin unbeantwortet. Ob er sicherer ist, bleibt fraglich. Eine Studie von IPPNW hat erwiesen, daß „beim EPR auf Grund der gewaltigen Leistung ein Kernschmelzunfall nicht auszuschließen ist.“ Aber Achtung! Die der Sicherheit betreffenden Informationen unterliegen dem Militärgeheimnis. Die Standortauswahl richtete sich nach lediglich politischen Kriterien. In Flamanville gibt es bereits ein AKW mit zwei Reaktoren, die EDF besitzt schon das Grundstück. Der Standort liegt 15 Kilometer entfernt von der Plutoniumfabrik La Hague und Cherbourg mit einem Militärhafen (nukleare U-Boote, 2500 Arbeitsstellen) liegt gleich in der Nähe. Das örtliche Parlament (Mehrheit aus Sozialdemokraten und Grünen) hat sich für den Neubau ausgesprochen.
Die Regierung in Paris, hat Mitte April, die Endgültige Genehmigung erteilt. Diese Entscheidung mitten im Wahlkampf hat Niemanden überrascht. Das ganze Genehmigungsverfahren ist nur eine demokratische Farce gewesen. Keiner hat an diese Scheindemokratie geglaubt, wo unter dem Vorwand des Militärgeheimnis, jegliche Kritik zensiert wurde.

Iter
Die (EU)Gelder fließen weiterhin in die atomare Forschung , vor allem in das ITER-Projekt (Fusionsreaktor), das in Cadarache (Provence) entstehen soll und 20 Milliarden Euro kosten wird (10 Milliarden für die ersten 10 Jahren, davon soll Frankreich die Hälfte tragen). Deutschland ist Teil dieses Projektes, weil die EU finanziell dazu beiträgt. Die weiteren Beteiligten sind Japan, China, Russland und Südkorea.
Im Streit um den Standort setzte sich Frankreich mit Cadarache gegen Japan durch. Frankreich hat den japanischen Kollegen viele Begünstigungen und Arbeitsplätzen versprochen. Ein weiteres Argument hieß, das Cadarache am Meer liegt. Aber wer die Provence-Landschaft um Aix-en-Provence kennt, weiß, dass es nur eine Lüge ist. Cadarache liegt in einem Erdbeben gefährdeten Gebiet und ist von zahlreichen Kalkfelsen umgeriegelt. Um die Bauteile nach Cadarache zu befördern wird gerade ein Großteil des Waldes (182 Hektar) abgeholzt. (75 Hektar sind schon weg). Die einzige Straße, die nach Cadarache führt ist desweiteren zu eng, so dass überlegt wird, über einen abgetrockneten Fluss zu fahren.

Die Atomlobby und ihre Forscher versprechen uns die „Sonnenfeuer auf Erden“, „die unendliche Energie“. Dieses Projekt ist aber in der Tat sehr gefährlich, die „Erfolgschancen“ sind sehr gering und Ergebnisse eigentlich nicht vor 100 Jahre zu erwarten. ITER, als „Forschungsprojekt, wird eigentlich keinen Strom produzieren, sondern nur verschwenden.
Die Atomlobby freut sich aber auf das Projekt. Atomkraft ist „in“ und die Propaganda wird an der Schule verbreitet. Lehrer aus der Académie Aix-Marseille (Landkreise in der Gegend von Cadarache) haben neulich Anweisungen von der Schulbehörde bekommen. Demnach sollen sie Akzente auf die Atomtechnologie und vor allem auf die Fusionstechnologie im Physik-Programm setzen. Ferner sollen sie die Schüler für ein wissenschaftliches Abitur begeistern, damit diese Ingenieure beim Projekt ITER werden können.


Wachsender WIDERSTAND

Allein machen sie dich ein. Viele AktivistInnen sind sich dessen bewusst und sie organisieren sich schon seit Jahrzehnten in Gruppen, Bürgerinitiative,etc. 1997 gingen sie einen Schritt weiter. Zahlreiche Antiatominitiativen schloßen sich zusammen und gründeten Sortir du Nucléaire (Netzwerk Atomausstieg). Das Bündnis feiert heute sein 10 jähriges bestehen. Über 750 Gruppen gehören dem Bündnis an. Dabei sind diverse Bürgerinitiative, lokale Antiatomgruppen, libertären Gruppen (wie die CNT), grössere Organisationen wie Greenpeace und politische Parteien wie die LCR (Trotzkisten) oder die Grünen. Die Zusammenarbeit ist keine einfache Sache, aber sie ist notwendig, um sich gegen die Pläne der Atomlobby und der Regierung zu Wehr zu setzen.
Sortir du nucléaire stellt u.a. Infomaterial zur Verfügung, und führt diverse Kampagne durch. Aktuell wird vor allem gegen Bure, EPR und Iter mobilisiert. Die Ortsgruppen und Mitgliederorganisationen dürfen selbstverständlich unabhängig davon auch eigene Aktionen und Kampagnen durchführen.
Zahlreiche Großdemonstrationen haben in den letzten Jahren statt gefunden und der Widerstand wächst. Immer mehr Menschen beteiligen sich an Protestaktionen. Viele AktivistInnen haben auch die Notwendigkeit von direkteren Aktionen erkannt. Sortir du nucléaire geht jetzt in die Offensive und das Netzwerk bietet Ausbildungen zu gewaltfreien direkten Aktionen: Sitzblockade, Ankettaktionen an der Schiene gegen Atomtransporte, Klettern und Besetzungen in Luftiger Höhe (z.B. Strommast), etc.
Widerstand ist nötiger denn je. Gegen die Atomlobby, gegen die Plänen des neuen rechts-populistischen Präsident Sarkosy.

Ein paar Beispiele:

Militär:
In Biscarosse an der Atlantikküste finden regelmäßig aus Protest gegen M51 (massen)Zivilinspektionen des militärischen Gelände statt. Die nächste ist für den 20. September 2007.
Die Ordagnisation ACDN (Inititiative für die (atomare) Abrüstung) unterstützt ehemalige Soldaten, die für die Anerkennung ihrer Krankheiten in Folge der französischen atomaren Versuchen vor Gericht kämpfen.

Bure:
6000 demonstrierten 2005 in Bar le Duc.
Im Departement Haute Marne haben über 25 000 Bürger eine Petition unterschrieben. Sie verlangen ein Referendum zum Thema Endlagerung in Bure. Im angrenzenden Departement Meuse wurden 20 000 Unterschriften gesammelt.
Im Juli 2005 wurde das Widerstandshaus Bure Zone Libre (BZL) in Bure eingeweiht. Es ist inzwischen zu einem Stützpunkt für die Anti-Atombewegung in der Gegend geworden. Das Haus ist noch stark renovierungsbedürftig, eure Hilfe ist jederzeit willkommen!
Im Sommer 2005 und 2006 wurden 2 Widerstands-kulturfestivals organisiert, um die 2 500 Menschen beteiligten sich daran. Die militärische Polizei ging gegen AtomkraftgegnerInnen die vor der Baustelle aber äußerst gewaltsam vor. Es wurde immer wider Trännengas in die Menge geschossen, menschen wurden zusammengeprügelt, anderen wurde in schnelle Verfahren vor Gericht zu Bewährungsstrafen und hohen Bußgeldern verurteilt. Die Initiativen gegen die Endlagerung wollen 2007 keinen Festival auf die Beinen stellen, sondern neue Formen der Widerstandes in der Gegend verankern. Kommenden Sommer (nach der Ernte) soll die ANDRA mit neuen Bohrungen in der Gegend anfangen. AtomkraftgegnerInnen planen zahlreiche Aktionen, u.a. mit Platzbesetzungen.

Atomtransporte:
Seit 2003 unterliegen Atomtransporte das Militärgeheimnis. Sortir du nucléaire veröffentlicht aber immer Fahrpläne von Atomtranporte, um die Bevölkerung zu informieren und die Koordination von Proteste zu fördern -trotzt Verbot. Die Proteste gegen Atomtransporte sind nicht so verbreitet und groß wie in Deutschland. Aber der Transport nach Gorleben kommt immer wieder zum stehen und immer mehr Aktionen von AtomkraftgegnerInnen richten sich gegen Atomtransporte.
Viele Menschen denken noch an den Tod von Sébastien, der 2004 vom Castor-zug erfasst wurde. Es war keine einfache Sache für zahlreichen AktivistInnen, damit umzugehen. Aber 2,5 Jahre später geht es nicht mehr darum zu wissen, wer welche Fehler gemacht haben soll, wer welche Gefahr eingegangen ist. Jeder weiß, dass Sébastien nicht aus Leichtsinn gehandelt hat. Er kämpfte um das Leben, gegen die tödlichen Geschäften der Atomindustrie. Der Widerstand soll und muß weitergehen. Das ist die Botschaft der Gruppe um Sébastien. Aber es darf nicht vergessen werden, das die Atomlobby bewußt den Tod von Menschen in Kauf nimmt – auch bei Protestaktionen. Protestaktionen, u.a. eine Ankettaktionen haben seitdem stattgefunden. Viele unabhängigen Gruppen sind dabei aktiv. Deutsch-französische Aktionen wurden desweiteren gestartet: 60 Personen versammelten sich am 12. Mai 2007 in Perl an der Grenze, um gegen Urantransporte zwischen Pierrelatte und Gronau zu protestieren.
Sortir du nucléaire ging dazu neulich in die Offensive und bot in Februar 2007 ein Training zu Gleisblockaden und Ankettaktionen an. Weitere Trainings finden statt: zu zivilem Ungehorsam , Kletteraktivismus...

EPR:
Sichtbar und stark, ist der Widerstand gegen EPR. Das Bündnis stop-EPR hat zahlreiche erfolgreiche Demonstrationen hinter sich: 30 000 beteiligten sich 2006 an der bundesweiten Demonstration in der Hafenstadt Cherbourg; eine Stadt die hauptsächlich von der Atomkraft lebt. Am 13. März 2007 gingen 60 000 in 5 verschiedenen Städten auf die Strasse. Die AtomkrafgegnerInnen haben bewusst die sogenante „öffentliche Debatte „ boykottiert, weil ihr Beitrag wegen Militärgeheimnis zensiert wurde. In Frankreich darf Mensch nicht beweisen, das der Reaktor eien Fugzeugabsturz nicht Stand halten würde! Ein Pariser Anti-terror-richter ermittelt aus diesem Grund gegen den Sprecher von Sortir du nucléaire.
Auf die Straße gehen reicht aber nicht- vor allem in Frankreich, einem Land, wo Demonstrationen mit Tausende von Menschen quasi zum Altag gehört. Nur andauernde Demonstration mit direct action haben Aussicht auf erfolg.
Gegen EPR sind bisher zahlreiche Aktionen gelaufen. Die 2-Tägige Strommastbesetzung einer Hochspannungsleitung beim Standort Flamanville sorgte unter anderem für Aufregung. Die Aktion fand eine Woche vor dem Präsidentschaftswahl statt und erhielt in diversen Medien eine Große Aufmerksamkeit. Präsidentschaftskandidaten nahmen Stellung zu der Aktion, ein berühmter Bauer rief dazu auf, die Strommaste der HSL zu demontieren, wenn sie gebaut werden... Es gab sogar live Berichterstattung über die Besetzung. TF1 (erstes Fernsehkanal in Frankreich) weigerte sich jedoch darüber zu berichten. Der Hauptaktionär von TF1 ist nämlich Bouygues, die Firma, die für das Betonfundament vom Reaktor verantwortlich ist ! Die AktivistInnen von sortir du nucléaire hatten an einem deratigen Erfolg gedacht. Dazu kommt noch, dass die HSL für beinahe 2 Tage wegen der Aktion abgeschaltet wurde, die Leistung der beiden Reaktoren mußte entsprechend heruntergebracht werden.

Der Kampf geht auf jeden Fall weiter. Vielfältiger Widerstand ist nötiger denn je, vor allem hinsichtlich der Politik der neuen Regierung. Sie wird ihre Atompläne um jeden Preis durchsetzen wollen. Es ist mit starker Repression zu rechnen. Aber noch ist es nicht zu spät. Der Widerstand wird sich vor allem gegen den Bau der Hochspannungsleitung konzentrieren und es gibt Platz für Viele(s). Widerstand ist Handarbeit!

Iter:
Der Widerstand gegen Iter hat es schwerer. Vielleicht, weil die AktivistInnen es nicht schaffen gleichzeitig auf alle Fronten zu Kämpfen. Ein Bündnis gegen Iter hat sich vor Ort gebildet; Sortir du nucléaire unterstützt den Kampf auch. Aber es ist bisher zu keinen größeren Bundesweiten Aktionen oder Demonstrationen gekommen. Wenn die örtlichen Initiativen Demonstrationen organisieren, kommen lediglich ein paar hunderte Menschen. Die Propaganda der Atomlobby breitet sich wie schon berichtet immer weiter aus. Widerstand, sogar internationaler Widerstand ist bitter nötig - nicht wenige Länder sind an Iter beteiligt. Und es wäre einiges möglich : Besetzungen (im Wald gegen die Abholzung), Demonstrationen, direkte Aktionen...

Sommer Aktionstage von Sortir du nucléaire
Die Sommer Aktionstage 2007 sind für den 4.-12 August geplant. Das ist ein Sommercamp, mit zahlreichen Workshops, Aktionen und mehr.
Letztes Jahr haben die Aktionstage in den „Landes“ (Süd Westen) stattgefunden. Die Polizei hat insofern die Atomanlagen in der Gegend bewacht, was AktivistInnen nicht von Aktionen abgehalten hat: ein Genfeld wurde zerstört...
Die Aktionstage werden dieses Jahr in der Bretagne, in der Nähe von Brest stattfinden. In der Bretagne sind vor allem militärische Atomanlagen vorhanden. (Stichwort Militärbasis von L'Ile Longue)
Misch dich ein!

Fazit:
Die Atompolitik spielt in Frankreich seit Jahrzehnte eine besonders wichtige Rolle. Die neue Regierung hält an seine Atompläne fest. Aber der Widerstand ist viel lebhafter als vor wenigen Jahren, und er wird immer größer.
Die Lobby macht jedoch Geschäfte über die Grenzen hinaus. Internationaler Widerstand ist wichtiger denn je. Widerstand hat viele Gesichter. Demos, direct action, gemeinsame Kundgebungen oder lokale Aktionen (z.B. Siemens wegen ihrer Beteiligung an EPR in Deutschland angreifen, etc.).
Wir sehen uns auf jeden Fall in Heiligendamm !
G8 und Atomstaat zerlegen!


1. Quelle: Buch „Golfech, le nucléaire“ und Wikipedia:  http://fr.wikipedia.org/wiki/Centrale_nucl%C3%A9aire_de_Saint-Laurent


2. Quelle: Bücher „Golfech, le nucléaire“ und „Plogoff, un combat pour demain“


Weitere Infos:
Sortir du nucléaire:  http://www.sortirdunucleaire.org/
Zu Bure:  http://burestop.free.fr/
Zu EPR:  http://www.stop-epr.org/
Zu Iter:  http://reacteur.iter.free.fr/
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Ergänzungen

[g8-protest] Klimaschutz - Strom abschalten -

Weltweit 23.05.2007 - 19:13
Betreff: Strom abschalten


> Hallo!
>
> Vom 6. bis 8. Juni 2007 (während des G8-Gipfels) sind alle
> Haushalte in Deutschland aufgerufen, jeweils von 19:45 bis 20:00
> Uhr ihren Strom abzuschalten. Nähere Infos gibt's ab sofort unter
> www.schaltab.net sowie in der untenstehend weitergeleiteten
> Meldung, die ich dem Newsletter "X-News" von X1000 mal quer
> entnommen haben.
>
> Bitte verbreitet diesen Aufruf weiter - aber nur bis Juni 2007 und
> nur an Leute, die Ihr kennt. Beachtet dabei unbedingt den
> Datenschutz: Niemand darf eine ihm nicht bekannte e-Mail-Adresse
> sehen können!
>




Kampagne: "Schalt ab! - fürs Klima" - ist online
>
> * Deutschlands Bürger werden erstmals zu einer gemeinsamen
> Stromabschaltaktion aufgerufen
> * Schirmherr Dr. Franz Alt unterstützt bürgerschaftliches Engagement
>
> Deutschland, im April 2007: Da durch den immer schneller
> voranschreitenden Wandel des Klimas nichts weniger als die
> Zivilisation
> selbst gefährdet zu sein scheint, muss der Menschheit schnellstens
> eine
> Verringerung der Treibhausgas-Emissionen gelingen.
>
> Bürgerinitiative fordert handeln der Nationen
>
> In einer Emnid Umfrage vom März 2007 wurde bereits klar, dass über
> 90 %
> aller Bundesbürger den Schutz des Klimas zu den wichtigsten Aufgaben
> zählen. Laut Umweltminister Gabriel sollen auf dem diesjährigen
> Weltwirtschaftsgipfel vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm, die "echten
> Verhandlungen" beginnen.
> Die Bürgerinitiative "Schalt ab! - fürs Klima" möchte auf die
> Aufforderungen, des früheren UNEP-Chef Klaus Töpfer, zur Mobilisierung
> des bürgerschaftlichen Engagements für wirksame Klimaschutzmaßnahmen
> reagieren und appelliert an jeden Bürger, seinen Willen für
> verbindliche
> Klimaschutzmaßnahmen in einer gemeinsamen Aktion zu unterstreichen.
> Alle Bürger, die sich für mehr verbindlichen Klimaschutz aussprechen,
> werden dazu aufgerufen, in den Tagen des G8-Gipfels, jeweils von 19:45
> bis 20:00 Uhr, den Strom ihrer Haushalte abzuschalten.
>
> Dr. Franz Alt unterstützt die Aktion
>
> Der mehrfach ausgezeichnete Zukunftsexperte Dr. Franz Alt, tritt als
> Schrimherr der Kampagne auf.
> Seine Aussagen über die Aktion: "Es ist Zeit aufzuwachen. Die
> Bürger von
> Sydney haben es geschafft, für eine Stunde den Strom abzuschalten.
> Also
> schaffen wir das auch für 3 x15 Minuten. Geben wir also den Politikern
> in Heiligendamm dieses richtige und wichtige Signal von unten."
>
> Kampagne soll auch Kanzlerin Merkel den Rücken stärken
>
> Die Bundeskanzlerin machte bereits im Januar diesen Jahres, am
> Europatag
> in Berlin, klar: "Wir brauchen ein schnelles wie entschiedenes
> Handeln,
> um den Temperaturanstieg weltweit auf 2 Grad zu begrenzen. Mein
> Ziel ist
> es, möglichst alle Staaten in die Verantwortung für den Klimaschutz
> einzubinden."
> Deutschlands Bürger nehmen Frau Merkel beim Wort und unterstützen mit
> der Aktion: "Schalt ab! - fürs Klima", die von ihr genannten Ziele. In
> einem offenen Brief wurde Frau Merkel bereits auf diese Bürgeraktion
> aufmerksam gemacht.
>
> Historische Chance ergreifen
>
> Gerade für Deutschland, als weltweit führendes Land in der
> Klimaschutztechnologie, eröffnet sich hier zugleich eine historische
> Chance. Wenn wir uns zum Beispiel heute dazu entschließen, unseren
> Strombedarf ausschließlich aus regenerativen Energiequellen decken zu
> wollen, würden wir dieses Ziel innerhalb weniger Jahrzehnte erreichen.
> Von Deutschland aus könnte die dritte Industrierevolution in die Welt
> getragen werden und das hätte, außer konsequentem Klimaschutz, eine
> enormes Potenzial an zukunftsfähigen wie sinnvollen neuen
> Arbeitsplätzen
> zur Folge.
>
> Über die Bürgerinitiative "Schalt ab! - fürs Klima"
>
> Die Initiative "Schalt ab! - fürs Klima" wurde von Bürgern
> unterschiedlichster Altersgruppen ins Leben gerufen. Ziel ist es das
> Engagement der Bevölkerung für mehr und verbindliche
> Klimaschutzmaßnahmen zu fördern. Die Non-Profit-Organisation ist aus
> privater Initiation entstanden und steht in keinem Zusammenhang mit
> Firmen oder Organisationen.
>

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