Kohlekraftwerke mit Bündnis90/Die Grünen

Dschugan Rosenberg 18.05.2007 17:10 Themen: Ökologie
Derzeit inszenieren sich die Grünen als Kraft gegen umweltfeindliche Kohlekraftwerke, die in Planung sind.
Doch die jetzt bekannten Planungen neuer Kohlekraftwerke basieren auf einer Energiepolitik, für die unter Rot/Grün im Bund die Weichen gestellt wurden. Auf Landesebene ist Garzweiler II dafür ein Beispiel. Dieses große Abbaugebiet für Braunkohle wurde in Deutschland unter einer grünen Ministerin genehmigt. Zangsenteignung von Bewohnern inklusive.
Kurzer Vergleich: Braunkohle

Braunkohle stellt zweifellos eines der umwelt- und klimaschädlichsten Energieträger dar. Man kann sie getrost direkt hinter der Atomkraft einordnen, deren Risiken u.a. wegen der ungelösten Entsorgung stark strahlender Abfälle über längere Zeiträume nicht kalkulierbar sind.
Die Braunkohle toppt Gas- und Steinkohle durch ihre besonders großen Nachteile für die Umwelt:
Auf Grund des geringen Energiegehaltes und des schlechten Kohle-Abraumverhältnis bezogen auf das Gewicht treten bereits bei der Gewinnung riesige Landschaftsschäden auf, da pro Kilowattstunde etwa fünfzehnmal soviel Substanz abgebaut werden muß als etwa bei Steinkohle.
Da Braunkohle besonders viel Schwefel enthält, tritt bei der Verfeuerung besonders viel Schwefeldioxid auf. Schwefeldioxid ist chemische Vorstufe des so genannten „sauren Regens“, der als Auslöser für das Waldsterben in Deutschland angesehen wird. Denn dieses Gas regagiert mit Wasser zur schwefligen Säure, die sauer und chemisch reduzierend wirkt.
Auf Grund des geringen Energieinhaltes treten außerdem bei der Verbrennung wesentlich mehr Stäube und Asche auf als bei anderen fossilen Energieträgern. Stäube aus thermischer Verbrennung gelten als Hauptauslöser asthmatischer Erkrankungen bei Kindern (Pseudokrupp usw.).

Grüne Genehmigung von Garzweiler II

Im März 1995 genehmigte das „grüne“ Umweltministerium in NRW die Mondlandschaft „Gartzweiler II“. Eine Abstimmung im Landtag, welche die Grünen jederzeit hätten beantragen und durchsetzen können fand nicht statt. 19000 Einwendungen wurden durch einen s.g. „Braunkohleausschluss“ zurückgewiesen.
Um die grünen Wählerschäfchen zu halten, um Regierung und Opposition gleichzeitig zu spielen, hat man für Gartzweiler II folgende Sprachregelung gefunden,: „die rot-grüne Koalitaion wäre FAST geplatzt“.

Zerstörung von Dörfern, Vertreibung und Zwangsenteignung

Die Planung der rotgrüne Mondlandschaft Garzweiler II umfaßte auch Gebiete mit bewohnten Dörfern. Die Menschen mußten natürlich weg und hier zeigte sich, wie es um die Bürgerrechte bestimmt ist. Die Zwangsenteignung von Grundstücken wurde betrieben und Klagen dagegen abgewiesen. Es läuft bei den Indianern: Juristen übertragen die Eigentumsrechte von kleinen, ortsansässigen Leuten auf dem Papier an andere. Wer nicht freiwillig abzieht, wird mit Zwangsmitteln (Räumung etc) vertrieben.
So berichtet der WDR über einen Betroffenen: "Ich habe dieses Haus in einem Alter gebaut, wo ein Mann ein Haus gebaut haben sollte. Jetzt fange ich mit 60 Jahren nochmal von vorne an. Dabei will ich das eigentlich gar nicht. Ich brauche kein neues Haus. Aber man ist gezwungen, da mitzumachen, sagt der Senior, um Fassung ringend.“
 http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/wirtschaftsbranche/energie/kohleland_nrw/menschen/braunkohle/reportage_otzenrath/index.jhtml?rubrikenstyle=politik (Quelle:  http://www.wdr.de/themen/politik/nrw/garzweilerII/immerath/index.jhtml?rubrikenstyle=kohleland_wirtschaft)

Rot/Güne „Energiewende“ auf Kohle ausgerichtet

Vor kurzem ist die Planung und Genehmigung neuer Braunkohlekraftwerke öffentlich geworden und es gab Demonstrationen dagegen. Doch es handelt sich nicht um eine „Blitzidee von Merkel“, sondern um eine „folgerichtige“ und „logische“ Entscheidung auf Grund von Fakten, die unter einer Rot/Grünen Bundesregierung und einer Rot/Grünen Landesregierung geschaffen wurden.
Die Zeitung „Junge Welt“ berichtete am 16.3.2003 über ein Spitzengespräch bei Kanzler Schröder unter dem Titel „Mehr Kohle, weniger Wind und Sonne im künfigen Energie-Mix“. Ins Kanzleramt wurden die Chefs der vier größten Energiekonzerne, Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und der IGBCE-Vorsitzende Hubertus Schmoldt. Über das Ergebnis gab es Stillschweigen: Weder mündlich noch schriftlich informierten die Teilnehmer über die Ergebnisse des dreistündigen Spitzengesprächs.
Umweltminister Jürgen Trittin war zu diesem Gespräch nicht eingeladen worden. Seine Aufgabe war es, die Energiepolitik der rotgrünen Regierung als „weltweit beachtete Energiewende“ zu verkaufen. (Quelle:  http://www.bmu.de/reden/archiv/bundesumweltminister_juergen_trittin/doc/677.php).
Wie die Regierung Rot/Grün die Braunkohle förderte, ist aus den damaligen Worten von Wirtschaftsminister Clement zu entnehmen:
„Die Braunkohle habe sich mittlerweile zum wichtigsten heimischen Energieträger entwickelt und behauptet sich subventionsfrei im liberalisierten Strommarkt. Braunkohle, so Clement, ist nicht nur kostengünstigster Anbieter im Grundlastbereich, sondern auch struktur- und beschäftigungspolitisch wichtig. Der frühzeitig vollzogene Strukturwandel der Branche sei erfolgreich bewältigt, stellte Clement fest. Deutschland habe heute die weltweit modernsten und effizientesten Braunkohlekraftwerke, die erhebliche Beiträge zur Erreichung unserer klimapolitischen Ziele leisten“ (Quelle:  http://www.visavis.de/modules.php?name=News&file=article&sid=1186).
Sicher ist Clement auch von grüner Seite kritisiert worden. Die Grünen beherrschten die Kunst, Opposition und Regierung gleichzeitig zu spielen.
Trittin boykottierte die EG-Altautoverordnung, verhinderte den Dieselpartikelfilter, unterzog Luxus-Offrod-Pkws bei der Kfz-Steuer der verbilligten Lkw-Steuer und inszenierte sich gleichzeitig als Umweltkämpfer und Opfer der SPD.
Doch Clement erhält für seine Energiepolitik Zuspruch. Als er am 27.3.03 auf der „Energiekonferenz“ von Bündnis90/Die Grünen für neue Kohlekraftwerken auftritt, erhält er großen Apllaus (Wortlaut seiner Rede:  http://www.bmwi.de/Navigation/Presse/reden-und-statements,did=25818.html).

Posten der Politiker bei Energieversorgern

Wie korrupt und verfilzt die Netzwerke zwischen Energiewirtschaft und Politik sind, zeigen viele Politikerkarrieren an, unter anderem die des SPD-Kanzlers Schröder oder die von Simone Probst, der grünen Staatssekretärin unter Trittin, heute bei EON. Ich möchte lediglich zwei herausgreifen:

Clement im Aufsichtsrat von Garzweiler II

Bundeswirtschaftsminister a.D. Clement, der nach eigenen Angaben in der Kerner-Show unfähig ist, einen PC zu bedienen (sinngemäß „ich lerne jetzt mit einem PC umzugehen“), wechselt in den Aufsichtsrat der RWE-Power AG, dem Betreiber von Garzweiler II.
Damit wird deutlich, warum Clement bereits als Minister umweltfreundlichere Wettbewerber wie das Gaskraftwerk Hürth ausbremste ( http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/wirtschaftsbranche/gaskraftwerk/index.jhtml).

Clements grüner Staatssekretär „Rezzo Schlauch“ bei EnBW

Rezzo Schlauch, Kinderfreund von Fischer und als sein alter Kumpel verläßlicher Fraktionsvorsitzender der Grünen in Baden-Würtemberg wurde unter Clement Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Bekannt wurde der ehemalige Burschenschaftler als Thailand-Experte (Bonusmeilenaffaire). Als Staatssekretär war er an das Beamtenrecht gebunden, welches jegliche Vorteilsnahme oder Nebentätigkeit mit Interessenkonflikt verbietet (Abgeordnete dürfen dies bei uns in beliebiger Weise tun).
So hieß es auch zunächst, dass er nach seinem Ausscheiden eine Beratertätigkeit beim Energiekonzern und Atomkonzern EnBW angenommen hat.
Die Grünen verteidigten diesen Wechsel. Grünen-Chef Loske sagte, die Grünen wollen „eine differenzierte Debatte“. Ees geht auch nicht darum, die Berufsfreiheit von Abgeordneten und ehemaligen Ministern einzuschränken. Im Gegenteil: „Ich glaube, dass der Wechsel zwischen Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Publizistik sogar eher gefördert werden sollte.“
Unzulässig sei der unmittelbare Wechsel aus Regierungsämtern in Vorstände und Aufsichtsräte von Energiekonzernen, mit deren Regulierung man früher selbst zu tun hatte. (Quelle:  http://www.zeit.de/online/2006/11/schlauch).
Doch offensichtlich hatte Schlauch nicht richtig informiert. Denn er war wohl nicht nach seinem Wechsel, sondern bereits während seiner Amtszeit als beamteter Staatssekretär bei EnBW beschäftigt ( http://www.focus.de/politik/deutschland/rezzo-schlauch_nid_26332.html). Offensichtlich ein klarer Verstoß gegen das Beamtenrecht. Mittlerweile ist Schlauch allerdings in verschiedenen Lobby-Organistaionen der Großindustrie in Aufsichtsräten tätig. Gegen Menschen mit dieser Machtfülle und Beziehungen zu den Vorstandvorsitzenden der Energiekonzerne wird in der BRD nicht das Beamtenrecht angewendet.

EnBW setzt Journalisten unter Druck

Wie die DPA am 3. Juli 2006 meldet, werden immer mehr Reporter in Baden-Württemberg wegen ihrer kritischen Berichterstattung unter Druck gesetzt. "Die Pressefreiheit in Baden-Württemberg wird zunehmend auch durch Teile der Wirtschaft bedroht", kritisierte der DJV-Landesvorsitzende Karl Geibel in Stuttgart. Das Verhalten einiger Firmen grenze an Schamlosigkeit. Vor allem der Karlsruher EnBW-Vorstandschef Utz Claassen könne "offensichtlich kritische Berichterstattung von Journalisten nur schwer ertragen", sagte Geibel. (Quelle:  http://www.energieverbraucher.de/de/Umwelt_und_Politik/Energie__und_Verbraucherpolitik/Deutschland/Machtkartell_der_Energiewirtschaft/site__1404/)
Utz Claassen war bei den Grünen „gern gesehener Gast“ bei der Klausurtagung der Grünen in Wörlitz und für die Einstellung von Grünenchef Schlauch verantwortlich.

Was lernen wir daraus

Was die SPD im Bereich des Sozialen vorexerziert hat, nämlich von sozialen Reformen zu sprechen und gleichzeitig Hartz IV einzuführen, betreiben die Grünen im Bereich der Umwelt. Wobei sicher nicht zu übersehen ist, dass auch Hartz IV mit und nicht gegen die Grünen eingeführt wurde.
SPD-Politiker stimmten im Bundestag für Hartz IV, doch im Ortsverein geben sie den Kritikern recht und damit das Gefühl, sie seien eigentlich dagegen.
Genauso haben die Grünen letztlich doch die Weichen für neue Kohlekraftwerke mitgetragen und nun demonstrieren gegen sie. Dieses Spiel, gleichzeitig dafür und dagegen zu sein, dafür zu handeln und dagegen zu reden ist uralt. Es gehört zum Instrumentarium der Grünen wie der SPD, um sich Gefolgschaft und Zuspruch bei den kleinen Leuten zu holen ( http://de.wikipedia.org/wiki/Double_Bind).

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Jaja, dein Strom kommt aus der Steckdose

äjököjüijpoäikpoäjiöhiugtzd 18.05.2007 - 22:18
Meiner aus irgendeinem Kraftwerk, und da find ich Kohle besser als Atom. Aber jedem das seine. Das die Grünen echtes Schweinepack sind, wird niemand bestreiten, insofern hast Du schon recht.

x

y 18.05.2007 - 22:44
klasse maulenb aber keine ideen bringen ... typisch computerlinke

Glücklich ist, wer sich spalten kann

Provinzler 18.05.2007 - 22:58
Ja, ja,

im Überfluß an politischen AktivistInnen muß jemand leben, damit man so schön gegen die anderen ätzen kann.

Ich sitze hier in Greifswald (auf der Deutschlandkarte ganz weit oben im Norden und dann nach Osten bis kurz vor Polen) und östlich von Greifswald, in Lubmin will die dänische Firma DONG AG eines der größten SKW (Steinkohlekraftwerk) Neubauten Deutschlands errichten (dazu in einer Region in der es für die Restwärme keine Abnehmer und für den Strom sowieso nicht gibt - aber zum Glück gibt es ja noch die Hochspannungsmasten, die in der DDR für das AKW Lubmin gebaut wurden, dann kann der Strom direkt nach Berlin gebracht werden).

Aber das ist ja nicht so wichtig. Viel interessanter ist hier die Koalition, die von den Grünen und einer extrem bürgerlichen BI (www.lubminer-heide.de) angeführt wird. Mit im Boot sind die PDS, die SPD und z.T. auch die CDU.
Und wer hier gegen die Grünen lästern würde, der hätte wirklich ein Wohlstandsproblem. Hier ist mensch froh, wenn überhaupt jemand mal gegen die Regierungspläne meckert.

Aber hier ist auch Provinz und Spaltung können wir uns hier nicht leisten...

nien, natürlich nicht

tagmata 19.05.2007 - 05:51
"Umweltminister Jürgen Trittin war zu diesem Gespräch nicht eingeladen worden."

mußte er auch gar nicht. denn in der brd ist energiepolitik sache des wirtschafts- und nicht des umweltministeriums.

An Provinzler

ökoaktivist 19.05.2007 - 16:49
Deine Anmerkung ist sicher nicht von der Hand zu weisen, indes ist es allzu einfach, hier "Spaltung" zu rufen. Das Verhältnis zu den Grünen in der Umweltbewegung ist ein super schwieriges. Man lässt sich von Menschen, die in großen Teilen "Öko" allerhöchstens noch im Programm, aber längst nicht mehr im politischen Handeln verankert haben, die Definitionsmacht nehmen.

Ein bißchen Geschichte: zw. 1995 und 1998 gab es einen enormen Sympatieanstieg bei den Anti-Castor-Aktionen. Der Niedergang und der heutige Zustand der Anti-AKW-Bewegung lässt sich ohne die grüne Regierungsbeteiligung nicht erklären. Indes, Abgeschaltet wurde wegen rot-grüner Atomkonsense kein einziges Kraftwerk. Stade war zu alt, Obrigheim hat ein paar Bonusjahre bekommen. Ob Biblis A abgeschaltet wird, wird abzuwarten sein.
Es klingt nur allzu pathetisch, aber von einem "Verrat" zu sprechen ist denke ich das einzige, wie man rot-grüne Atompolitik treffend beschreiben kann.

Ähnliches gilt für die Gentechnik. Während Grüne lokale Demonstrationen zu Wahlkampfveranstaltungen umfunktionierten (so traurig erlebt in Leingarten und Karlsruhe, während des BaWü-Wahlkampfes), Renate Künast allenthalen vom "Verbraucherschutz" sprach, geht nur allzu schnell unter, welche Regierung das heutige Gentechnikgesetz erlassen hat, von welchem Ministerium die Aussaat von (inzwischen illegalem) MON810-Mais genehmigt wurde.

Auf der Demo gegen das Kohlekraftwerk Mainz/Wiesbaden (in Wiesbaden wird übrigens für die nächste Bundestagswahl schon geübt - Jamaika-Koalition) beschloss die Organisation, keine Parteien sprechen zu lassen. Grüne, SPDler und Linksparteiler liefen in der Demonstration mit - neben FAU und anderen sympatischen Gruppen und Menschen. Damit kann ich leben.
Wenn die Demoredner aus Wahlkämpfern von SPD und Grünen, sowie Pfarrern, bestehen - so geschehen letztes Jahr bei der Anti-Gentech-Demo in Leingarten - dann finde ich das, ehrlich gesagt, zum Kotzen.