Impressionen aus dem Knast in Bruchsal

Thomas Meyer-Falk 15.05.2007 14:23 Themen: Repression
Impressionen aus dem Knast in Bruchsal
Impressionen aus dem Knast in Bruchsal

Nach fast neun Jahren Iso-Haft in Bruchsal (und davor saß ich schon knapp zwei Jahre in Stammheim in Einzelhaft) ging am 05.Mai 2007 gewissermaßen die Zelle auf, sprich die Absonderung wurde aufgehoben und ich kann mich nun werktags hier im Haftbereich des 3.Flügels morgens und vormittags knapp je eine halbe Stunde, sowie nachmittags knapp zwei Stunden frei bewegen; an Wochenenden ist die Zelle knapp sechs Stunden geöffnet. In den ersten Tagen galt es unzählige Hände zu schütteln, denn viele Mitgefangene kamen auf mich zu und meinten, sie würden sich für mich freuen. Das Klima unter den Gefangenen erscheint mir einigermaßen erträglich, wobei ich durch die Kürze der Zeit noch keinen wirklich tieferen Einblick gewonnen habe. Jedoch ist der allgemeine Umgangston durchweg höflich und wenn man sich etwas kennt auch scherzhaft-ironisch.

Da ich nun – von einem Tag auf den anderen- als nicht mehr besonders gefährlich gelte, erfreue ich mich nun am Metallbesteck; knapp 11 Jahre durfte ich nur mit Plastikbesteck essen, wie man es von Imbissbuden her kennt- und es ist auf Dauer frustrierend, wenn einem ganz plötzlich Messer oder Gabel zersplittern.
Selbst meinen Nagelclip darf ich nun behalten, früher musste es nach Benutzung im Beamtenzimmer deponiert werden.

Aber dies sein Petitessen im Vergleich zu den geänderten Besuchsbedingungen: die Trennscheibe wurde aufgehoben, d.h. Besucher und ich sind nicht mehr nur durch eine Panzerglasscheibe voneinander getrennt; außerdem sitzt kein Wärter mehr mit im Raum. Dennoch bleiben diverse besondere Sicherungs-/Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen bestehen. Für Besuche heißt das, dass via Gegensprechanlage die Unterhaltung mitgehört wird und hinter einer verspiegelten Wand sitzen Beamte und schauen zu.
Briefe werden auch weiterhin zensiert, sprich überwacht, und manches mehr.

Zum Schluß zwei aktuelle Geschichten aus dem Alltag hier:

1.)Wie renoviere man das Revier?
Der Sanitätsbereich wird im Gefängnis „Revier“ genannt, und für viel Steuergeld wurde hiesiges Revier auf Vordermann gebracht. Es wurden neue Möbel, neue Medikamentenschränke und Einrichtungsgegenstände gekauft und eingebaut. Als alles fertig war, schön sauber, die Wände frisch gestrichen, da kam man auf die Idee nun den Boden auszutauschen. Also wurde das Revier für Tage geschlossen, sprich es fand keine ärztliche Sprechstunde statt- und die zuvor schön eingebauten Möbel mussten allesamt wieder ausgebaut und rausgeschafft werden….
Eine Aktion die auf der nach oben offenen „Schildbürgerstreich-Skala“ im guten Mittelfeld einzuordnen ist.

2.) Fliegende Kiwi…
In dem 1848 erbauten Zuchthaus wird immer irgendwo gebaut, renoviert, eingerissen. Suchen Beamte nach verborgenen Verstecken wird auch mal eine Zelle komplett zerlegt, sprich die Wände aufgeklopft, was mit viel Lärm verbunden ist. Nun besteht offenbar ein Wärter der Sicherungsgruppe (diese SG fällt in den Anstalten ein, um Sonderrazzien durchzuführen) auf einer Anzeige wegen versuchter Körperverletzung. Ein sich vom Lärm belästigt fühlender Gefangener, im Stockwerk unter seinem wurde gerade eine Zelle „auseinander genommen“ von den Beamten, soll erst einen Apfel und sodann eine Kiwi „in Richtung“ des SG-Beamten geworfen haben.
Einen solchen Vorwurf weist besagter Gefangener weit von sich, und wir dürfen gespannt sein, ob tatsächlich Strafanzeige erstattet wird. Die Strafrechtsgeschichte dürfte bereichert werden in diesem Fall.

Thomas Meyer-Falk, z.Zt. JVA – Z. 3117
Schönbornstraße 32, D-76646 Bruchsal
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Ergänzungen