Verbot baskischer Listen bestätigt

Ralf Streck 12.05.2007 17:21 Themen: Repression Soziale Kämpfe Weltweit
Das Verfassungsgericht spanische Verfassungsgericht schreibt erneut Rechtsgeschichte. Es hat den Ausschluss von fast 400 baskischen Wählerlisten bestätigt. Auffällig ist, dass die Auffassung der Regierung komplett von allen Gerichten übernommen wurde und mehr als die Hälfte der Listen einer legalen Partei verboten wurden. Auffällig auch, dass die Richter nach dem Urteil plötzlich einen Absatz aus dem Urteil streichen, der der Regierung sicher nicht gefallen hat, weil er auf die Illegalisierung der gesamten Partei zielte. Für die Großdemo am Samstag in Bilbao gab es auch weitere Gründe. Der Nationale Gerichtshof hat ein Hauptverfahren gegen die verbotene Tageszeitung Egunkaria angekündigt. Dabei hatte selbst die Staatsanwaltschaft die Einstellung geforderte, weil es keine Hinweise gibt, dass die der ETA untergeordnet war.
Das Verfassungsgericht hat in der Nacht zum Freitag den Ausschluss von fast 400 baskischen Wählerlisten zu den Kommunal- und Regionalwahlen am 27. Mai in Spanien bestätigt. Das ist ein neuer Rekord, der auch unter der rechtsradikalen Volkspartei (PP) vor vier Jahren nicht geschafft wurde Getroffen hat es alle 246 Listen der Neugründung Abertzale Sozialistak (AS/Patriotische Sozialisten). Erstaunlicher ist noch die Rechtsauslegung der höchsten Richter im Fall der Traditionspartei Eusko Abertzale Ekintza (Baskisch-Patriotische Aktion/EAE-ANV).

133 ihrer Listen wurden verbannt, dass sind mehr als die Hälfte und betrifft etwa 85 % der Wähler. Das bedeutet, dass die fast 80 Jahre alte Partei in einigen Gemeinden gewählt werden kann, während sie in den Nachbargemeinden verboten ist. So wird EAE-ANV in den Gemeinderat von Iruña (Pamplona) einziehen, nicht aber in das Regionalparlament der Provinz Navarra nebenan. In einigen Hochburgen der linken Unabhängigkeitsbewegung wird die ultrarechte spanische Volkspartei (PP) regieren, wenn sie die Hürde von fünf Prozent nimmt, weil dort alle anderen Listen ausgeschlossen sind und außer der PP sonst niemand antritt.

Spanien schreibt erneut Rechtsgeschichte und dehnt das Parteiengesetz, dass zum Verbot der Partei Batasuna (Einheit) 2003 extra geschaffen wurde, repressiv aus. Das Gesetz und die Ausschlüsse verurteilen alle baskischen Parteien. Sie sind erstaunt, dass die höchsten spanischen Richter das Urteil des Sondergerichts für Parteiverbote bestätigten, welches das Gesetz nun auf einzelne Listen einer legalen Partei anwendet hat.

Angeblich wollte Batasuna ihre Tätigkeit über die ausgeschlossenen Listen von EAE-ANV fortführen, heißt es im Urteil. Das Gericht will sogar zwei unterschiedliche Führungen der Partei ausgemacht haben. Dabei sind sich die Richter ihrer Widersprüche bewusst. Sie erklären, "in einem bestimmten Moment kann es zur letzten Konsequenz kommen", womit das Verbot von EAE-ANV gemeint ist, die weiter beobachtet wird. Doch dieser Absatz wurde später wieder gestrichen. Es ist klar, dass er der Regierung nicht gefällt und eher der PP zuneigt, die EAE komplett verbieten wollte und damit eine Kritik an den Sozialisten darstellte. Es fällt auf, dass kein Gericht irgend etwas an den Kriterien rüttelte, welche die sozialistische Regierung für die Verbotsanträge aufstellte. Es reichten drei Personen auf einer Liste waren, die schon früher einmal legal für Batasuna oder einen Vorgänger kandidiert hatten, um sie auszuschließen. Es ist sogar noch gravierender, denn es reichten Teilnehmer auf Listen, die schon früher ausgeschlossen wurden, weil sich darauf Batasuna-Kandidaten befanden. Es war also möglich Listen auszuschließen, obwohl darauf tatsächlich keine Ex-Kandidaten von Batasuna oder ihre Vorgänger waren.

Damit wird Kandidaten, denen nie zivile Rechte abgesprochen wurden, faktisch das fundamentale Recht abgesprochen, sich zur Wahl zu stellen. In kleinen Gemeinden ist das zum Teil unmöglich Kandidaten zu finden, die nicht schon bei irgend einer Wahl einmal auf einer Liste kandidierten, die später illegalisiert wurden oder nach dem Ende der Franco-Diktatur schon einmal für die linke Unabhängigkeitsbewegung angetreten sind. Dabei ist auch egal, ob die Leute bei einer legalen Partei antreten, welche die Hürde des Parteiengesetzes nimmt, und sich von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele distanziert. Das hatte auch die neue Partei AS, zu der sich Batasuna offen bekannte. Sie wurde verbannt, weil es ein Nachfolger von Batasuna sei.

Damit wird der baskischen Linken weitgehend die Möglichkeit genommen, sich politisch zu betätigen und inzwischen zahllosen Menschen die Möglichkeit genommen sich zur Wahl zu stellen. Allerdings, das ist es ein offenes Geheimnis, wird Batasuna die Wähler auffordern, EAE-ANV dort zu wählen, wo dies möglich ist. Wie bei der Wahlempfehlung für die „Kommunistischen Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) vor drei Jahren, wird EAE-ANV dort gute Ergebnisse erzielen. EHAK erreichte für das Regionalparlament der Autonomen Baskischen Gemeinschaft (CAV) vor zwei Jahren aus dem Stehgreif vor 12,5 Prozent der Stimmen.

Heute Samstag werden in Bilbao Zehntausende Menschen gegen das Vorgehen demonstrieren und sie haben noch einen weiteren Grund erhalten. In einem kurzen Schreiben teilte der Nationale Gerichtshof am Donnerstag den Journalisten der vorläufig verbotenen baskische Tageszeitung Egunkaria mit, dass ein Hauptverfahren gegen sie eröffnet wird. Ist es schon demokratischer Wahnsinn, dass erst vier Jahre nach einer Zeitungsschließung die gerichtliche Prüfung eingeleitet wird, so kann das fundamentale Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit noch weiter verstümmelt werden. Das Sondergericht eröffnet das Verfahren, obwohl sogar die Staatsanwaltschaft die Einstellung beantragte. Für die Vorwürfe, die Zeitung sei der Untergrundorganisation ETA untergeordnet gäbe es keine Beweise.

© Ralf Streck, Donostia – San Sebastian den 12.05.2007
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Ergänzungen

Tausende in Bilbo

Paul 13.05.2007 - 09:51
Die Demo in Bilbo

Nationalisten bekämpfen

George 28.05.2007 - 14:40
Die Sympathie, die viele hier für die Mörder der ETA und die fanatischen Nationalisten aus dem Baskenland empfinden, ist mir ein Rätsel. Im Kern handelt es sich bei der ETA doch um eine offensichtlich national-sozialistische Bewegung, deren Fans man eher bei NPD & Co vermuten sollte.

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Weg mit dem Staatendreck

A 13.05.2007 - 11:16
Seperatismus setzt einen verinnerlichten Nationalstaatsgedanken voraus. Ich verstehe einfach nicht warum es "Linke" gibt die sich genau das, also die Errichtung neuer Nationalstaaten (in denen dann ja alles viel besser läuft) auf die Fahnen schreiben...

aurrera matxinada!!!!!!!!!!!!!

ekaitza 17.05.2007 - 17:54
FREEDOM FOR ALL COUNTRIES OF THE WORLD!!!!!!!!!!!! FREEDOM FOR THE BASQUE COUNTRY!!!!!!!!!!!
P.S.O.E.; PP, P.N.V. DONT LIKE THE PEACE!!!