Naziübergriffe in Ellwangen

Jemand 10.05.2007 16:08 Themen: Antifa
Am 06. Mai diesen Jahres kam es in Ellwangen zu einer unangemeldeten Nazidemo. Mit Parolen wie "Antifa - An die Wand!" sowie rassistischen und antisemitischen Parolen zogen mehr als 20 Nazis durch die Stadt und veranstalteten regelrecht eine Hetzjagd auf MigrantInnen. Weiter kam es zu Sachschäden. Als die Polizei auftauchte, zogen die Nazis ab.
Als Anlass dafür genommen wurde, dass ein Tag zuvor ein Teil des ehemaligen Gasthofes "Goldenes Kreuz" in Hohenberg abbrannte. Das Haus wurde im Jahr 2005 von dem vorbestraften Nazi Andreas Thierry gekauft und zum Nazischulungszentrum umgebaut, in dem fortan mehrere Schulungen, Seminare und ähnliches stattfand. Mehrere bekannte und vorbestrafte Neonazis gingen nicht nur ein und aus, sondern wohnten zeitweise, neben anderen Nazis, auch im Goldenen Kreuz - allen voran Lars Käppler. Erst Anfang diesen Jahres wurde der ehemalige Gasthof zur NPD Landesgeschäftsstelle umfunktioniert, was es der NPD um einiges erleichterte neue Leute für sich zu gewinnen und die Region für sich zu erschließen.
Bei dem Brand wurden die Büroräumlichkeiten des ebenfalls im Haus befindlichen rechtsextremen Verlages Hohenberg, komplett zerstört. Ebenfalls zerstört wurden, nach Angaben der NPD Heilbronn, das Archiv und die Bibliothek. Die NPD Landesgeschäftstelle blieb nach eigenen Informationen fast unversehrt.

Obwohl die Ursachen des Brandes bisher völlig ungeklärt sind schrieb der NPD Ortsverband Heilbronn, dass die Brandursache mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Brandstiftung" sei und berichtet von einer "regelrechten Pogromstimmung" gegen die NPD, seit deren Einzug bekannt geworden sei, sowie von einer "Hetzkampagne" gegen Andres Thierry seit dieser das Haus erworben habe, die nicht nur von "linken Politkriminellen, sondern v. a. auch von Lokalblättern und von einem Lokalen Bündnis gegen Rechtsextreme, geschürt wurde". Der Vorsitzender des NPD Ortsverbandes Heilbronn ist Lars Käppler, der lange Zeit das Schulungszentrum leitete und bis vor kurzem dort wohnte.
Fakt ist, dass auch wenn es keine direkte Anweisung oder ähnliches gab, dass solche Vermutungen dazu führen, dass Anhänger in Ellwangen Jagd auf MigrantInnen machen und in der Stadt zu randalieren versuchen. Weiter festzuhalten gilt, dass auch wenn sich die Vermutungen bestätigen sollten, dies keine Rechtfertigung für die Vorkommnisse ist!

Die Übergriffe in Ellwangen sind nur ein Beispiel für eine Reihe von rechtsextremistischen Vorfällen und Übergriffen in der Region. Ein gutes Beispiel sind die 12 Naziaufmärsche in Schwäbisch Hall innerhalb der letzten 3 Jahren. Schenkt man dem Verfassungsschutz lauben, so gab es 2006 in Baden Württemberg 99 Gewalttaten und über 1 200 Straftaten mit rechtsextremistischen Hintergrund. Die Dunkelziffer wird um einiges höher sein.
Auch steigen die Mitgliederzahlen der NPD, der einzigen noch relevanten rechtsextremistischen Partei, stetig an. Das ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die NPD sich verstärkt der radikalen Neonaziszene annähert und immer engeren Kontakt zu lokalen Kameradschaften sucht. Denn die Kameradschaften ermöglichen es der NPD ihre menschenverachtende Propaganda und ihre Ideologie auch außerhalb des Parlamentarisch "erlaubten" zu propagieren und auf die Straße zu bringen. (Letztenendes können auch die Übergriffe in Ellwangen in diesem Kontext genannt werden.) Ein weiterer Grund ist die angebliche "Radikalisierung" der Partei, die sich immer mehr versucht als Alternative zu den herrschenden Verhältnissen darzustellen und sich selber als nationalrevolutionäre Partei sieht und sich auch als diese verkauft. Dies führt durch die angebliche "Radikalisierung" bei der militanten Kameradschaftsszene zu einer größeren Identifikation mit der NPD. Dadurch, dass die NPD sich versucht als die "soziale Alternative" zu den herrschenden Verhältnissen darzustellen, bekommt sie auch aus bürgerlichen Kreisen immer mehr Zuspruch. Da diese enttäuscht von der jetzigen Politik, lassen sich immer mehr von den angeblichen Lösungsansätze der NPD, da diese die tief in der Gesellschaft verwurzelte Ressentiments, wie Rassismus und Antisemitismus, mehr als bedienen - "Ausländer nehmen den Deutschen die Arbeitsplätze weg" oder der Unterscheidung von gutem, also deutschem Kapital und schlechtem, also fremden, womöglich jüdischem Kapital - finden immer wieder Gehör. Dass die NPD und Faschismus/Nationalsozialismus für eine deutliche Verschlechterung der Zustände steht sollte uns eigentlich die Geschichte gelehrt haben, allerdings ist die wohl noch nicht bei allen angekommen: Faschismus ist die offenste Durchsetzung der Interssen des Großkapitals und bedeutet eine verschärfte Ausbeutung der Lohnabhängigen, sowie ein repressiver Staat, der sich auf Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus stützt und kann damit nicht im Interesse der Menschen sein!

Auch wenn diese Entwicklungen von der Gefahr des Faschismus zeugen, darf die aktuelle Situation nicht übertrieben werden. Die Nazis stehen nicht kurz vor der Machtübernahme, allerdings versuchen sie sich immer mehr zu etablieren und haben es in vielen Regionen schon erreicht. In vielen Regionen sind sie nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken und sind fest verankert in diesem. In Hohenberg sind die Nazis auf einem guten Weg dorthin. Mittlerweile stört sich nur noch eine Minderheit an ihnen.

Was tun? Was tun!

Dieser Entwicklung gilt es mehr als entschlossen entgegenzutreten und es gilt sie in ihrem Vorhaben sich zu etablieren scheitern zu lassen.
Es gilt den Kampf gegen Faschismus auf allen Ebenen mit verschiedenen Mitteln fortzuführen!


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Ergänzungen