Der 8. Mai in Hannover

Münchner 09.05.2007 15:55 Themen: Antifa
Über 100 Leute nahmen gestern an der Kundgebung des 8. Mai Bündnis Hannover auf dem Küchengarten in Hannover teil. Es gab Sekt und Kuchen und ein nettes Kulturprogramm, um den Tag der Befreiung gebührend zu feiern. Denn wer den 8. Mai nicht feiert hat verloren! Auch das Wetter spielte mit und aufgrund der verkehrsgünstigen Lage der Veranstaltung konnten hunderte von Flyern verteilt werden, welche die Bedeutung dieses Tages deutlich machten.
In den Redebeiträgen machten die teilehmenden Gruppen deutlich, dass es sich bei dem 8. Mai um einen Tag der Befreiung, ohne Wenn und Aber handelt. Es wurde darüber hinaus klar gestellt, dass die Wurzeln des Faschismus leider immer noch nicht beseitigt sind. An den Infoständen konnten sich Passanten ein Bild über die teilnehmenden Organisationen machen. Mit dabei waren die "Kulturbanausen", die ihr politisches Kabarett zum besten gaben und der Braunschweiger Rapper "Buxe 38", von der Crew "Reimeit", der politischen Hip Hop brachte. Alles in allem eine gelungene Veranstaltung, mit der offensiv antifaschistische Politik in die Öffentlichkeit getragen werden konnte.

Hier der Text des 8. Mai Bündnis:

08. Mai Tag der Befreiung!

Ein Grund zum feiern und erinnern! Tag der Befreiung Der 8. Mai ist der Jahrestag der militärischen Zerschlagung des Nationalsozialismus. Das menschenverachtende, nationalsozialistische Regime hatte einen vorher nie da gewesenen Vernichtungskrieg begonnen. Die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht markierte das Ende dieser Terrorherrschaft, die Ursache für den Tod von Millionen von Menschen war. Ohne das militärische Eingreifen der Alliierten wäre die Zerschlagung des Nationalsozialismus nicht möglich gewesen. Besonders wollen wir dabei den WiderstandskämpferInnen und PartisanInnen überall in Europa gedenken, die unter besonders schweren Bedingungen gegen den Faschismus und für die Freiheit ihr Leben einsetzten. Der 8. Mai 1945 markiert aber nicht nur den militärischen Sieg über Deutschland, er ist auch das Datum der Niederlage des mörderischen Systems der Nazis. Für Antifaschistinnen und Antifaschisten ist dieser Tag ein Grund zum feiern. Der Griff der deutschen Faschisten nach der Weltherrschaft hat sich an diesem historischen Wendepunkt zum Glück erledigt. Die Frage stellt sich, wie dieser Feiertag angemessen begangen werden kann und wie ein Gedenken aus linker Perspektive aussehen kann. Ohne in dogmatische Rituale zu verfallen, sollten wir uns an diesem Tag freuen, dass die westlichen Alliierten und die Rote Armee die Vernichtungsmaschinerie der Nazis stoppen konnten und dadurch vielen Menschen das Leben retteten. Für fortschrittliche Kräfte kann es nicht ausreichend sein, nur still Kränze nieder zu legen. Der 8. Mai ist ein geeigneter Tag für einen aktiven, offensiven Antifaschismus. An diesem Tag wollen wir Präsenz zeigen und deutlich machen, dass der Kampf gegen den Faschismus immer noch nicht beendet ist.

Die Vernichtung der Wurzeln des Faschismus bleibt unser Ziel

Diese Losung der Überlebenden des Konzentrationslagers Buchenwald ist für uns als Antifaschistinnen und Antifaschisten das Bekenntnis, auch heute gegen rassistische, antisemitische und autoritäre Tendenzen vorzugehen. Der Faschismus hat am 8. Mai 1945 eine historische Niederlage erlitten. Doch die Ideologie der Nazis verschwand an diesem Tag nicht. Ohne die aktive Mithilfe vieler Deutscher und das Schweigen der Mehrheit der Bevölkerung wären die Verbrechen der Nazis nicht möglich gewesen. Schon seit 1945 versuchen die Nazis, den Holocaust zu leugnen und die Geschichte umzudeuten. Parallel dazu hat in Deutschland nach der Wiedervereinigung eine Diskussion begonnen, in der Deutschland hauptsächlich als Opfer dargestellt wird. Im Gegensatz zu den Nazis wird der Holocaust nicht geleugnet, aber im gleichen Atemzug werden auch die Opfer der deutschen Bevölkerung genannt. Historische Zusammenhänge werden einfach ausgeblendet. Es geht nicht darum, das Leiden von Menschen gegeneinander auszuspielen. Es geht darum, die geschichtliche Wahrheit anzuerkennen und die besagt eindeutig, dass die Unmenschlichkeit, die Verbrechen, der Rassenwahn und der Krieg von deutschem Boden ausgingen. Guernica, Coventry, Warschau, Rotterdam und Auschwitz waren vor Dresden! In der Konsequenz der aktuellen Debatten entfernt sich die Mehrheit der Gesellschaft immer weiter von einer kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte und entzieht sich damit der Verantwortung für aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Heute marschieren wieder Nazis, an fast jedem Wochenende durch irgendeine Stadt in diesem Land. Gewalt von Nazis gegen Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, ist an der Tagesordnung. Ihre Strategie und Taktik lehnt sich heute wieder direkt an die NSDAP an, wenn die Vertreter der NPD vom Kampf um die Strasse, dem Kampf um die Köpfe und vom Kampf um die Parlamente sprechen. In Fortführung der Handlungsweise ihrer geistigen Vorfahren geben sich auch die neuen Nazis antikapitalistisch. Doch es geht ihnen nicht um die Abschaffung des kapitalistischen Wirtschaftens. Gegen die bestehende kapitalistische Politik mit ihren sozialen Missständen propagieren sie den Ausschluss aller, die nicht ihrer selbsternannten „Volksgemeinschaft“ angehören. Und in der Globalisierung sehen sie die „Volksgemeinschaft“ bedroht. Tatsächlich verwenden sie Globalisierungskritik als Vehikel, um eine antisemitische, antiamerikanische Politik zu betreiben. Der Faschismus ist nicht vom Himmel gefallen, er ist stark mit der kapitalistischen Verwertungslogik verbunden. Eine Ursache für den Faschismus liegt in einer Gesellschaft begründet, die die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zur Bedingung des Zusammenlebens macht und somit die Mehrheit der Menschen vom gesellschaftlichen Reichtum ausschließt. Er ist untrennbar verbunden mit der Aufteilung von Menschen in nationalstaatliche Zusammenhänge, welche die Menschen ebenfalls voneinander trennen. Genau dieses Konkurrenzprinzip wenden auch die Nazis an, wenn sie von ihrer Volksgemeinschaft sprechen. Für alle, die nicht dazu gehören, hat die Durchsetzung dieses Konstrukts mörderische Folgen. Es ist von daher unsere Überzeugung, dass der Faschismus eine Ausprägung der kapitalistischen Klassengesellschaft gewesen ist. Die Zerschlagung der deutschen ArbeiterInnenbewegung macht deutlich, dass die Nazis nicht soziale Gerechtigkeit und Freiheit brachten, sondern genau das Gegenteil! Wir meinen, dass es deshalb an diesem Tag auch notwendig ist den Kapitalismus zu kritisieren, wenn wir über den Faschismus sprechen.

Nie wieder!

Wir werden die Verharmlosung nationalsozialistischer Verbrechen auch in Zukunft nicht dulden. Entschieden wehren wir uns gegen die Relativierung der Zeit des Nationalsozialismus. Der industrielle Massenmord an Jüdinnen und Juden, an Sinti und Roma und Millionen von anderen Menschen bleibt ein einzigartiges Verbrechen in der Geschichte der Menschheit. Die offizielle Geschichtsverarbeitung des Nationalsozialismus war in der BRD immer mehr als nur die Trauer um die Opfer der von Deutschland begangenen Gräueltaten. So ist es seit der Rot-Grünen Regierung möglich geworden, Auschwitz als moralische Legitimation für Deutsches Großmachtstreben zu benutzen. Im Gegensatz dazu warten ehemalige KZ-Häftlinge und ZwangsarbeiterInnen bis heute auf ihre finanzielle Entschädigung. Deshalb gilt es für uns am 8. Mai Farbe zu bekennen. Unser Widerstand gegen Nazis, die Logik der Verwertung, erstarkenden Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus wird nicht nachlassen. Am heutigen Tag jedoch feiern wir erstmal die militärische Niederlage des Nationalsozialismus.

8.Mai Bündnis: Alerta – Hannover in schwarz, Antifaschistische Aktion Hannover [AAH], Avanti Projekt undogmatische Linke Hannover, DGB-Jugend Hannover, Offen Uni-Antifa Hannover, SJD Die Falken Hannover
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Ergänzungen

Es gibt kein ruhiges Hinterland

Landei 09.05.2007 - 18:58
Auch im Umland von Hannover, im Landkreis Schaumburg, gab es zwei Aktionen zum 8. Mai.

Details dazu gibt es hier:  http://de.indymedia.org/2007/05/175962.shtml

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Fotos — Stalin