G8/NL: 4 Personen weiter in Haft - Soliaufruf

gr8chaoskaravaan 06.05.2007 14:16 Themen: G8 G8 Heiligendamm Globalisierung Repression Weltweit
100 TeilnehmerInnen einer friedlichen Fahrraddemonstration im Rahmen der Fahrradkarawanen gegen den G8-Gipfel wurden gestern in Utrecht in einer geplanten und gewaltsamen Polizeiaktion festgenommen, weil sie nicht auf dem Fahrradweg gefahren seien. Bis tief in die Nacht wurden sie unter widrigen Bedingungen - überbelegte Zellen, keine Verpflegung - festgehalten, ihre Fahräder beschlagnahmt. Bis heute sitzen weiterhin vier Personen in Haft, davon wird eine mit Abschiebung bedroht und eine soll weitere zwei Wochen festgehalten werden. Bisher hatten die vier verbliebenen Festgenommenen keinen Anwaltkontakt und ihr Aufenthaltsort ist nicht bekannt. Ein weiterer Karawaneteilnehmer wurde freigelassen, erhielt aber seinen Ausweis nicht zurück, der von der Ausländerpolizei beschlagnahmt wurde. Das Karawane-Infobüro protestiert gegen diese Kriminalisierung von Protestaktionen im Vorfeld des G8 Gipfels in Heiligendamm und ruft zu Solidaritätsaktionen auf "bis alle draussen sind".

Organisiert Soliaktionen in Euren Städten und vor niederländischen Botschaften!
Der Protest hält sich nicht an die Straßenverkehrsordnung!
Break through their holy dam!
HINTERGRUND:

Nach der Festnahme einer kompletten Fahrraddemonstration gegen den
bevorstehenden G8 Gipfel mit rund 100 TeilnehmerInnen in Utrecht
befinden sich vier Personen weiterhin in Haft, darunter mindestens zwei
Mitglieder der Fahrradkarawane "Gr8chaoskaravaan". Eine Person befindet
sich in sogenannter Ausländerhaft und wird mit Abschiebung bedroht, eine
weitere wollen die Behörden wegen einer unbezahlten Geldstrafe zwei
Wochen in Haft behalten. Bisher hatten die vier verbliebenen
Festgenommenen keinen Anwaltkontakt und ihr Aufenthaltsort ist nicht
bekannt. Ein weterer Karawaneteilnehmer wurde freigelassen, erhielt aber
seinen Ausweis nicht zurück, der von der Ausländerpolizei beshclagnahmt
wurde. Zur Zeit finden Vorbereitungen für Solidaritätsaktivitäten statt.

Die Karawane und einige UnterstützerInnen befanden sich am frühen
Samstag Nachmittag auf dem Weg aus der Stadt als die Polizei sie mit
gezogenen Schlagstöcken einkesselte und unter dem Vorwand, sie seien
nicht auf dem Fahrradweg gefahren und würden den Straßenverkehr
behindern, festnahm. Der Polizeiübergriff ereignete sich ohne
Vorankündigung und sehr schnell, wobei u.a. ein mobiles Sonderkommando
zum Einsatz kam . Die Karawane geht aufgrund der guten Vorbereitung und
der Anzahl der anwesenden Polizeikräft von einer eindeutig im Vorfeld
geplanten Aktion aus. "Dieser Einsatz und auch die Gewalttätigkeit, mit
der die Polizei gegen die friedliche Fahrraddemonstration vorging, sind
für niederländische Verhältnisse vollkommen untypisch" erklärt Antje,
eine Teilnehmerin der Karawane. "Wir finden keine andere plausible
Erklärung dafür, als daß auf diese Weise versucht werden soll, den
Protest gegen den G8-Gipfel schon im Vorfeld zu kriminalisieren und
einzuschüchtern."

Die DemonstrantInnen waren bis spät in die Nacht in überbelegten Zellen
bei geringer Sauerstoffzufuhr und ohne Essen festgehalten worden. Ihre
Fahrräder waren beschlagnahmt und abtransportiert, die Schlösser
aufgebrochen und die Räder selbst zum Teil beschädigt worden, ein
Großteil konnte aber heute wieder abgeholt werden. Die Festgenommen
erhielten ANzeige wegen "Schweren Eingriffs in den Straßenverkehr" und
wurden während der Haft schlecht behandelt, mehrere Personen
berichteten, wie Poliezeibeamte ihnen gedroht hätten "das heute war noch
tolerant, aber wenn ihr morgen an der Aktion teilnehmt, werdet ihr uns
richtig kennenlernen." Gemeint war eine antirassitische Besichtigung des
Abschiebelagers in Zeist, an der die Karawane heute teilnehmen sollte.
Die AktivistInnen haben sich jedoch nicht einschüchtern lassen -
obgleich viele nach der Nacht im Gefängnis zu erschöpft waren, hat sich
eine kleine Abordnung zum Abschiebelager begeben.

Derweil finden in Utrecht und anderen Städten Vorbereitungen für
Solidaritätsaktionen statt. AktivistInnen hatten bereits gestern zu
internationlen Solidaritätsaktionen aufgerufen. "Die Grenze für
Festnahmen wird immer fadenscheiniger, der ganze Vorgang zeigt, daß
jeglicher Protest gegen den G8 Gipfel unerwünscht ist und bereits im
Vorfeld kriminalisiert werden soll. Das ist ein massiver
Grundrechtseingriff, den wir nicht hinnehmen werden. Wir haben zu
Solidaritätsaktionen aufgerufen, bis alle Gefangenen frei sind und ihre
Fahrräder zurückgegeben wurden" sagt Andree Narres vom Infobüro der
Fahrradkarawanen.

Die Fahrradkarawane wollte später eigentlich in Nimwegen eintreffen, wo
heute der Auftakt der lokalen Aktionstage gegen den G8-Gipfel
stattfindet. Nun wird wohl zumindest ein Teil der Karawane in Utrecht
bleiben, bis sich die Situation der inhaftierten Karawanemitglieder
klärt. Andree Narres: "Die Behörden lassen anscheinend nichts
unversucht, um den Zeitplan der Karawane zu stören. Es gbt außerdem die
Befürchtung, daß der Karawane durch diese Kriminalisierung die Einreise
nach Deutschland erschwert werden soll. Ein absurdes Szenario:
Einreiseverbot wegen Radfahren abseits der Fahrradwege!" meint Andree
Narres. Deutschland will im Vorfeld des G8 Gipfels das Schengener
Abkommen vorübergehend außer Kraft setzen um die Einreise von
DemonstrantInnen zu be- und verhindern.

Insgesamt finden sechs Fahrradkarawanen statt, um im Vorfeld des
G8-Gipfels durch Aktionen und Veranstaltungen in verschiedenen
europäischen und deutschen Städten auf den Protest zum bevorstehenden G8
Gipfel aufmerksam zu machen und Protestthemen wie Migration,
Biotechnologie, Umwelt, Landwirtschaft, soziale Gerechtigkeit und
Bürgerrechte sowie bestehende Kämpfe in diesen Bereichen an die
Öffentlichkeit zu bringen.

Informationen über die Gr8chaoskaravaan - westeuropäische
Fahrradkarawane gegen den G8-Gipfel:
 http://dissentnetzwerk.org/wiki/Bicycle-Caravan_%22West%22

Weitere Berichte über den Verlauf des gestrigen Tages:
 http://de.indymedia.org/2007/05/175412.shtml

Informationen über alle Fahrradkarawanen:
 http://dissentnetzwerk.org/wiki/Fahrradkarawanen_/_bicycle_caravans

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Informationsbüro für alle Karawanen
Karawanen-info-büro
G8-Protestzentrum Ehm-Welk-Schule
Knut Rassmussenstr. 108
18106 Rostock
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Ergänzungen

Verstehe ich das richtig

? 06.05.2007 - 16:04
Die Polizei begründet ihre Aktionen damit, daß ein paar Radfahrer die STVO nicht beachtet haben? Gefängnisstrafe für Nichftfahren auf Radwegen? Das ist doch nicht mal eine Ordnungswidrigkeit, da es keine Radwegepflicht gibt. Na da kann und sollte man doch sicher juristisch dagegen vorgehen, oder? Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch sind ja auch keine Kavaliersdelikte.

Recht verstanden

1karawahnist 06.05.2007 - 18:33
Hallo!
Ja, das hast Du richtig verstanden. Worum es sich genau nach niederländischem Recht handelt, kann ich Dir leider nicht verraten. Das Legal team in Utrecht wird sich natürlich auch weiterhin um die Verfahren kümmern und es sind Anwälte kontaktiert worden. Mein Eindruck ist aber, dass die lokalen und regionalen Strukturen gerade vieles tragen müssen, die Karawane zusätzlich das Problem hat, daß sie weder ihre MitfahrerInnen im Stich noch die geplante Route gänzlich aus dem Auge verlieren will. Kurz: Wer noch Kapazitäten hat, um bei der Antirepressionsarbeit o.ä. zu helfen, ist hochwillkommen.
Abgesehen davon stellen diese Vorfälle in meinen Augen einen derart krassen Fall völlig unverhältnismäßiger Repression dar, dass eigentlich gerade überall Soliaktionen und sogar bürgerliche Kritik aufflammen müsste. Leider ist dem - trotz im Rahmen unserer geringen Möglichkeiten intensive rÖffentlichkeitsarbeit - bisher nicht so - und das erleichtert natürlich auch die heftigste Repression.
Solidarität ist eine Waffe, halten wir sie scharf!

fotos

gr8chaoskaravaan 06.05.2007 - 18:49
Erste Bilder von gestern ...

noch mehr fotos

gr8chaoskaravaan 06.05.2007 - 19:05
weitere fotos von gestern

Update:3 freigelassen/Nimwegen/Antira-Aktion

gr8chaoskaravaan 06.05.2007 - 20:33
Wie wir eben aus Utrecht erfahren haben, wurden inzwischen drei weitere Personen freigelassen, darunter auch jene, die zunächst wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe für zwei Wochen in Haft bleiben sollte. Eine Person, die sich weigert, sich zu identifizieren, bleibt weiterhin in Haft. Die niederländischen Bullen dürfen Personen, deren Identität nicht festgestellt werden kann, bis zu drei Tage festhalten, ehe sie freigelassen oder einem Haftrichter vorgeführt werden müssen. Nun wird gehofft, daß die Person morgen freikommen wird.

Gegen 19 Uhr fand eine kleine aber sehr lautstarke Demonstration vor dem Hauptquartier der Polizei in Utrecht statt, an der ca. 50 Personen teilnahmen.

Die Fahrradkarawane hatte heute Mittag beschlossen, nicht wie ursrpünglich geplant in voller Stärke nach Nijmegen weiter zu fahren, sondern in Utrecht zu bleiben, damit jene, die von der Polizeiaktion erschöpft sind, wieder zu Kräften kommen und jene, die noch im Knast sind, unterstützt werden können. Nur eine kleine Delegation von ca. 5 RadlerInnen ist bereits nach Nijmegen aufgebrochen, und sollte heute Nacht dort eintreffen. Der Rest plant nun, morgen loszufahren und wir vermutlich gegen Abend des morgigen Tages eintreffen.

Somit sind die umfassenden Planungen der lokalen Strukturen in Nijmegen für gemeinsame Anti-G8-Aktionstage mit der Fahrradkarawane zumindest heute für die Karawane ins Wasser gefallen. Die lokalen Gruppen gingen aber umso entschlossener zu Werk und so kam es heute in Nijmwegen bei herrlichem Wetter zu einer erfolgreichen Kundgebung mitten im Stadtzentrum. Verschiedene lokale Gruppen und Organisationen informierten über Themen wie Migration, Umwelt und Natur, alternative Ökonomie und Rechtshilfe ... Die Clownsarmee war da und Straßentheater, sowie viel lokale und regionale Presse. Ein paar Bilder gibt es unter  http://indymedia.nl/nl/2007/05/44287.shtml

Eine weitere Aktion, an der sich die Karawane heute ursprünglich in voller Stärke hatte beteiligen wollen, war die antirassistische Inspektion des Abschiebelagers "Camp Zeist". Immerhin stiess auch hier eine kleine Abordnung unermüdlicher KarawanistInnen zur Aktion dazu. Dort gab es viel und laute Musik. Nachdem den AktivistInnen der Inspektionsgruppe der Zutritt zum Lager verwehrt wurde, versuchten es einige auf alternativen Wegen, was jedoch von der Polizei verhindert wurde. Eine Person konnte sich dem polizeilichen Zugriff entziehen, zwei wurden vorübergehend festgenommen. Bei der heutigen Aktion handelte es sich um einen Probelauf bzw. Besichtigung für eine großangelegte Inspektion des Lagers, welche die Anarchistische Antideportationsgruppe Utrecht (AAGU - www.aagu.nl ) am 15. September durchführen will.

Bleibt zu erwähnen, daß die Ereignisse in Utrecht nicht nur ein Nachspiel für die festgenommenen DemonstrantInnen haben wird, denen eine Geldstrafe wegen "Mißachtung polizeilicher Anweisungen" ins Haus steht, sondern auch für die Bullen; die Rechtshilfe Utrecht will erreichen, daß sie sich wegen der unverhältnismässigen Aktion rechtfertigen und die entstandenen Schäden an Schlössern und Fahrrädern begleichen müssen.

Karawane radelt weiter

happy unemployed 08.05.2007 - 14:46
...um 12:00 Uhr ist die Karawane in Nijmwegen losgeradelt =)

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