Metaller bekommen 3,2% mehr

Wal Buchenberg 04.05.2007 15:53 Themen: Soziale Kämpfe
Die Lohnarbeiter der Metallindustrie in Baden-Württemberg bekommen 3,2 Prozent mehr Lohn und Gehalt.
Die Einigung gilt als Pilotabschluss für die gesamte Branche mit bundesweit 3,4 Millionen Mitarbeitern.
Offiziell wird zwar von einem Abschluss von 4,2% gesprochen, aber das ist Lüge.
Der Abschluss ist gesplittet über eine Laufzeit von 19 Monaten. In den ersten 12 Monaten gilt eine Erhöhung von 4,1 %. In den Monaten 13-19 kommt noch eine Erhöhung von 1,7 Prozent.

Rechnen wir einmal durch:
(12 Monate mal 4,1) plus (7 Monate mal 1,7) ergibt eine Erhöhung von 61,1 geteilt durch 19 Monate macht durchschnittlich 3,2 Prozent.

Der Abschluss liegt also sogar unter 50% der Gewerkschaftsforderung. Die Einmalzahlungen von 400 Euro für April und Mai werden zwar dringend benötigt, um die tiefen Löcher in den Lohntüten etwas zu stopfen, aber es sind eben nur Einmalzahlungen, die nicht in den Tariflohn eingehen.

Der neue Tarif soll ab Juni gelten. Die Laufzeit beträgt insgesamt 19 Monate, der Vertrag endet am 31.10.2008.

Die Einigung gilt zunächst nur für die 800.000 Beschäftigten in Baden-Württemberg. Sie hat aber den Charakter eines Pilotabschlusses für die gesamte Branche mit bundesweit 3,4 Millionen Beschäftigten.

Die IG Metall war mit der Ausgangsforderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt in die Tarifrunde gegangen. Die Arbeitgeber hatten zunächst 2,5 Prozent mehr Entgelt und einen Konjunkturbonus von 0,5 Prozent für zwölf Monate angeboten.

Das Ergebnis zeigt: Die IGMetall-Führung fürchtet Kampfmaßnahmen und Streiks nicht weniger als die Kapitalseite. Schon länger wurde von einem schnellen Abschluss gemunkelt, um den angeblichen Wirtschaftsaufschwung nicht zu gefährden - sprich: die sprudelnden Profite der Unternehmen nicht zu gefährden.

Die Gewerkschaftsführung blamiert sich einmal mehr vor den Kollegen - erst recht, wenn sie auch die Lüge verbreitet, es sei ein Abschluss mit einer Vier vor dem Komma. Die Gewerkschaftslinken, die für eine volle Durchsetzung der 6,5%-Forderung eintraten, blieben wieder mal ohne Einfluss. Alles wie gehabt.

Wal Buchenberg, 4. Mai. 2007
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Lügen

Rechenkünstler 04.05.2007 - 16:53
Notwendige Kritik an der IGM-Führung in allen Ehren, aber wie Wal Buchenberg hier lügt, ist ja an Plumpheit nicht mehr zu überbieten. Oder kannst Du wirklich nicht rechnen?

Die Erhöhung in den Monaten 13 bis 19 ist zusätzlich - in Deinem Beispiel bekämen die Kollegen nach dem ersten Jahr plötzlich fiel weniger Geld. Nun ja, Dummeheit oder Absicht...

Ich verstehe im Moment nicht, ob die 1,7 Prozent auf den jetzigen Lohn gerechnet werden oder auf den dann schon einmalig erhöhten... so ergeben sich entweder:

12 Monate lang: 104,1 Prozent des jetzigen Gehalts, 7 Monate lang: 105,8 Prozent des jetzigen Lohns, im Schnitt: 104,72 Prozent des jetzigen Lohns in den nächsten 19 Monaten (+4,72%)

oder

12 Monate lang: 104,1 Prozent des jetzigen Lohns, 7 Monate lang: 105,9 Prozent des jetzigen Lohns, im Schnitt: 104,75 Prozent des jetzigen Lohns in den nächsten 19 Monaten (+4,75%)

Hinzu kommen die Einmalzahlungen.

Schlechtes Rechnen und schlechtes Benehmen

Leser 04.05.2007 - 20:20
Wal hat ganz richtig gerechnet.
Prozenterhöhungen von Lohntarifen sind ähnlich zu rechnen wie Zinsen, die man über einen gewissen Zeitraum erhält.

Einfachstes Beispiel:
Ein Jahr erhältst du 4% Zins, im nächsten Jahr erhältst du 2% Zins,
dann hast du (vom Zinseszins abgesehen) über den Zeitraum von 2 Jahren einen Durchschnittszins von 3% erhalten.
Genauso ist es mit der Tariferhöhung.
Über den Zeitraum von 12 Monaten erhalten die Metall 4,1% mehr. Über einen Zeitraum von 9 Monaten erhalten sie 1,7% mehr. Das macht, wie Wal richtig gerechnet hat über den gesamten Zeitraum eine durchschnittliche Erhöhung von 3,2%.

Wer nicht rechnen kann, sollte das Maul nicht aufreißen, wenn es um Zahlen geht.
Zu deinem schlechten Rechnen kommt auch noch dein schlechtes Benehmen, wenn du (Mit)Linke dissen und schlecht machen willst und als Lügner diffamierst.

Ziemlich mies.

Arbeitgeber sagen: höchstens 3,3 Prozent mehr

Leser 04.05.2007 - 20:27
In ARD.de heißt es:
"Die Arbeitgeberseite errechnete eine Kostenbelastung von höchstens 3,3 Prozent über den gesamten Zeitraum. Verhandlungsführer Jan Stefan Roell sagte, das Ergebnis sei angesichts der guten Entwicklung der Metall- und Elektroindustrie angemessen und ausgewogen."

Addition zweier gewichteter Größen

Mathematt 04.05.2007 - 20:51
Hallo,
man kann auch so rechnen:
12 geteilt durch 19 (Gewichtung der ersten Erhöhung) mal 4,1 plus 7 geteilt durch 19 (=Gewichtung der zweiten Erhöhung) mal 1,7 macht 3,21 (= relative Erhöhung für den Gesamtzeitraum).

Linke sollten rechnen können.

Nochmal nachgerechnet

Wal 05.05.2007 - 06:48
Hallo
Normalerweise haben Tariferhöhungen eine Laufzeit von 12 Monaten.
Eine Tariferhöhung von 4,1 Prozent mit einer Laufzeit von 12 Monaten ergibt für diesen Zeitraum ein um 4,1 Prozent erhöhtes Gehalt.

Wird jedoch die Laufzeit um 7 Monate auf 19 gestreckt, dann gibt es in diesen letzten sieben Monaten KEINE Erhöhung. Auf die Laufzeit gerechnet ergibt sich dann eine rechnerische Erhöhung von 12 geteilt durch 19 mal 4,1 macht nur eine Erhöhung von 2,6%.

In diesem Fall gibt es in der verlängerten Laufzeit eine GERINGE Erhöhung statt keine. Diese geringe Erhöhung von 1,7 muss/kann ebenfalls auf die gesamte Laufzeit umgerechnet werden:
7 geteilt durch 19 mal 1,7 macht 0,62.

Die 0,62 addiert zu 2,6 macht 3,22.
Das ist die wirkliche (durchschnittliche) Erhöhung des Tarifs über die ganze Laufzeit berechnet.

Nicht anders rechnen die Kapitalisten:
Auf ARD.de heißt es: "Die Arbeitgeberseite errechnete eine Kostenbelastung von höchstens 3,3 Prozent über den gesamten Zeitraum."

Alles andere heißt die Sache schön rechnen.

Gruß Wal

Grafische Darstellung der Sache

Mathematt 05.05.2007 - 12:52
Hallo,
es geht um die Vergleichbarkeit von Tariferhöhungen mit unterschiedlichen Laufzeiten.
Da normalerweise Tariferhöhungen eine Laufzeit von einem Jahr haben, und nach diesem Jahr mit einer weiteren Erhöhung zu rechnen ist, tritt wirklicher Verlust ein, wenn die Laufzeit länger als 12 Monate beträgt.
Grafisch stellt sich das dar als verlängerte Treppenstufe.
Man zeichnet nun die Diagonale ein: Von der linken unteren Kante der Stufe bis zum rechten höchsten Punkt.
Daran sieht man, dass die gleiche Erhöhung bei verlängerter Laufzeit tatsächlich eine geringere Steigerung bedeutet.
(Steigungswinkel b).

Um die Wirkung unterschiedlicher Laufzeiten zu berechnen, rechnet man sie alle auf Jahresbasis um (12 Monate).
In der Grafik: Man liest die Höhe ab, die eine Diagonale nach 12 Monaten erreicht hat.

Siehe unten die Grafik.

Relative und absolute Größe der Erhöhung

Wal 05.05.2007 - 14:05
Hallo,
du beharrst auf der absoluten Höhe der Tariferhöhung in 19 Monaten. Die ist tatsächlich 4,1 plus 1,7 gleich 5,8 Prozent.
Wovon ich rede ist die relative Erhöhung auf Jahresbasis.

Die ist ablesbar an der größeren oder geringeren Steigung der Diagonalen in dem obigen Diagramm.
Meine Zahl 3,2% ist relativ auf 12 Monate bezogen. Deine Zahl 5,8% ist absolut auf 19 Monate bezogen. Beide Zahlen sind richtig.

Vielleicht ist dir auch aufgefallen, dass diese absolute Erhöhung von 5,8 Prozent in keiner Veröffentlichung der Mainstream-Medien eine Rolle spielt. Niemand behauptet, es sei ein Abschluss von 5,8 Prozent.

Die Umrechnung der 5,8 Prozent auf Jahresbasis von 12 Monaten macht diese Zahl aber erst vergleichbar mit normalen Tarifabschlüssen.

Am Jahresvergleich wird erst Erfolg und Misserfolg des Tarifkampfes ablesbar, so wie man den Erfolg oder Misserfolg eines Sportwettkampfes nach 100 oder 1000 Meter misst und sich nicht damit begnügt zu sagen: Er ist die 190 Meter in 20 Sekunden gelaufen. So kann man den Erfolg des Tarifkampfes auch nicht beurteilen, wenn man sagt: Die Tariferhöhung bringt 5,8% in 19 Monaten.

Ein Tarifabschluss über 19 Monate ist so ungewöhnlich wie eine wie eine Laufstrecke von 190 Meter.

Beurteilen kann man einen Lauf über 190 Meter durch eine Umrechnung der Leistung auf 100 Meter oder auch 200 Meter. Das habe ich mit meiner Berechnung von 3,2 % gemacht: Ich habe die 5,8% absolute Erhöhung auf vergleichbare 12 Monate umgerechnet: Das Ergebnis sind die 3,2%.

Die Kapitalisten haben (zitiert bei ARD.de) nicht anders gerechnet und die können bestimmt rechnen.

Gruß Wal

Abschluss nur etwa 3,6% wert

DIW 07.05.2007 - 08:40
Ähnlich sieht das Klaus F. Zimmermann, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA). "Auf den ersten Blick hat die Gewerkschaft gepunktet", sagt er SPIEGEL ONLINE. "Tatsächlich gibt es hier aber viel Symbolik." Denn über die Gesamtzeit gerechnet sei der Abschluss nur etwa 3,6 Prozent wert. "Also hält sich die Dramatik in Grenzen."

aus: Spiegel Online

Naja

matz 07.05.2007 - 18:11
Wenn Hal die 5,8 % auf ein Jahr umrechnet ( genaugenommen sind es 5,87, da die 4,1-Erhöhung des Vorjahres ja auch erneut erhöht werden, dann lautet die einfache Rechnung 5,87:19*12.
Kommt also bischen mehr raus.
Ist aber nicht das Problem, sondern die Frage wie verhalten sich diese Erhöhungen zu den Gewinnen der Kapitalisten und wie die Aktionen der Gewerkschaft zur möglichen Kampfkraft der MetallerInnen.
Daraus ergibt sich die Frage, auf welcher Seite die Gewerkschaftsführung steht. und die viel schwierigere: Wie erkämpfen wir eine andere.
Interessiert aber nur Leute, die sich für die arbeiterklasse interessieren.

Grüße von einem unverbesserlichen Gewerkschaftslinken

Kompliziertheit als System

Betriebsrat 08.05.2007 - 10:19
Der Streit um das materielle Ergebniss bleibt hier, einerseits zu sehr an der Oberfläche, andrerseits lenkt er von schwerwiegenderen Fragen ab.

Das möchte ich gerne begründen
1. Die Einmalzahlungen sind zwar nicht tabellenwirksam aber dennoch spürbar in den Geldbeuteln. Man darf sie nicht einfach ignorieren. 400 Euro für Mai und April bedeuten in der EG 7 in Baden-Württemberg immerhin 7,5 %. Das heißt diese Einmalzahlungen steigern über das Jahr gerechnet die Einkommenserhöhung in unteren Lohngruppen. Das vermisse ich in den Berechnungen!

2.Die Betriebe sind derzeit gespalten in ERA-Anwender und die ohne ERA.

Wer das Glück hat noch außerhalb der "ERA-Welt bezahlt zu werden bekommt zusätzliche Einmalzahlungen von 20,9% im Juli und 21,1% im September als "ERA-Strukturkomponente". Seit Beginn der ERA-Berücksichtigung in den Tarifabschlüssen ist eine vernünftige und vergleichbare Berechnung höhere Mathematik und für das Gros der Kollegen nicht mehr nachvollziehbar.
In einem betrieblichen Email bei uns wurde deshalb so gerechnet:

"Betriebe ohne den "tollen" Tarifvertrag ERA könnten rechnen für 2007: 7 x
4,1% / 2 x 7,5 % / 1 x 20,9 % / 1 x 21,1% =

Das macht für die ersten 9 Monate Laufzeit 9,52 % gerechnete
Lohnerhöhung bei einer aufgestellten Forderung von 6,5%. Was wäre da erst drin
gewesen bei Flächenstreik?"

Was haben wir aber davon wenn wir herumposaunen "9,53 % erstreikt!"???

3. 5,8 % als Tarifergebniss wurde sehr wohl von den Mainstream-Medien herausgestellt. Insbesondere sofort nach dem Ergebniss z.B. in der "Welt": "5,8 % mehr für Metaller!" Schaut Euch einmal die BILD vom Samstag an, die den Abschluß euphorisch feiert. BILD ist doch Mainstream?

4. Statt Mathematik sollten wir uns besser mit Politik beschäftigen. Die Angst der Unternehmer vor Streik war leicht wahrzunehmen und die Kollegen fragen zu recht, warum die IG Metall diese Situation nicht besser zu nutzen wußte?


Der bisherigen Erklärung der IGM-Führung, "in der Krise kann man nicht kämpfen!" erfolgte dieses Jahr die Erklärung: "Im Aufschwung kann man nicht kämpfen!" Wann den dann überhaupt?? Und wozu Gewerkschaften, wenn man nicht mehr kämpfen kann? Das wäre eine interesante Diskussion, wichtiger als 1% mehr oder weniger.

Übrigens in der ERA-Welt, stellen insbesondere die sogenannten "Überschreiter" fest: " Ich bekomme eh nur 1 %!" Dort wo neu eingeführt wurde (immer bezogen auf das tarifgebiet BW)wird bei Abgruppierung sogar die gesamte Erhöhung verrechnet. Ob die Einmalzahlungen dennoch stattfinden bleibt abzuwarten.

ERA spaltet die Belegschaften, deswegen muß ERA weg! Dass hätte in dieser Tarifrunde auch aufgeworfen gehört. Ich kenne einen Betrieb, die ERA verweigert haben und den Ausgleichstopf mit 2 mal 1000 Euro in diesem Jahr ausbezahlen. Gegen solche Summen sind die rechnerischen Tariferhöhungen zwischen 2,5 bis 9,5% allesamt Peanuts.

Wer bessere Tarifabschlüße will, muß gegen ERA kämpfen!

Nun aber richtig und nachvollziehbar

einfreunddesmaquis 08.05.2007 - 14:43
Hallo,

also wieviel ist es nun?

Gehen wir mal davon aus, das Gehalt betrüge 2000 Euro pro Monat.

- Dann bekommt man von Juni 07 bis Oktober 08 (= 17 Monate) JEDEN Monat 4,1% mehr (Gehalt dann 2082 Euro), das sind also 17 x 82€ = 1394,- durch den neuen Tarifvertrag zusätzlich.
- Für fünf Monate (Juni - Oktober 2008) bekommt man auf das bereits erhöhte Gehalt (2082 Euro) erneut eine Erhöhung von 1,7% (dann also 2117,- Euro), das sind also 5 x 35 = 177,-.
- Außerdem ist für April und Mai 2007 eine Einmalzahlung von 400,- Euro festgeschrieben.
- Außerdem gibt es für Juni bis Oktober 2008 (5 Monate) eine Einmalzahlung von 0,7% vom dann zwei Mal erhöhten Gehalt (2117,- Euro) sind 5 x 15 = 75 Euro.

Insgesamt gewinnt man durch den neuen Tarifvertrag bei einem Gehalt von 2000 Euro also 1394+177+400+75=2046 Euro, also etwa ein Monatsgehalt.

Normalerweise hätte man 19 x 2000 Euro bekommen, also insgesamt 38.000 Euro (ein Prozent sind also 380 Euro). Nun sind es 40.046 Euro, das entspricht also 105,4% der Ausgangssumme.

Bei allem nicht eingerechnet habe ich die Erhöhung der Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), die prozentual vom Bruttogehalt bestimmt werden und also auch etwas höher ausfallen. Es käme also noch ein wenig oben drauf.

Also man kann ja viel kritisieren an den Gewerkschaften, aber rechnen sollte man schon richtig. Und auch mal nachschauen, wer solche Lohnerhöhungen ohne Gewerkschaft durchsetzen kann.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

danke — xy